Beitrag
von Frank Mattheis » 7. Dezember 2008, 23:19
[font=Times New Roman]Hier mein Beitrag zur Koloniegründung und Biologie von Lasius fuliginosus. Er erschien im Januar 2003 im Ameisenschutz aktuell.[/font]
[font=Times New Roman]Vielleicht ist die Arbeit ein Anstoss für andere, die Versuche zu wiederholen oder ähnliche Versuche mit anderen Ameisen anzustellen. [/font]
[font=Times New Roman]LG, Frank.[/font]
Leider konnte ich den Text nicht besser hier reinkopieren. Ich hab ihn mehrmals durchgesehen und in der Vorschau editiert, trotzdem ist die endgültige Formatierung nicht perfekt.
[font=Times New Roman]Bemerkungen zur temporär sozialparasitischen[/font]
[font=Times New Roman]Koloniegründung von Lasius (Dendrolasius)fuliginosus[/font]
[font=Times New Roman]VON FRANK MATTHElS[/font]
[font=Times New Roman]Lasius {Dendrolasius) fuliginosus ist eine temporär sozialparasitische Ameise, die zum Zwecke der Koloniegründung bei den Arten der Chthonolasius-Gruppe parasitiert. Ich habe mich in einem Zeitraum von über zehn Jahren mit temporär sozialparasitischen Ameisen aus den Untergattungen Chthonolasius, Dendrolasius, Raptiformica und Formica beschäftigt. Dabei fiel auf, daß die Fähigkeiten der temporären Sozialparasiten einerseits stets überschätzt werden, es war bei meinen Versuchen keineswegs stets so, daß die sozialparasitischen Königinnen nach dem Eindringen in das Wirtsnest die Wirtsköniginnen töteten, zum anderen fiel auf, daß bei einigen sozialparasitischen Arten wie Raptiformica sanguinea und Formica pratensis die jungen Königinnen durchaus zu verschiedenen Wegen bei der sozialparasitischen Koloniegründungfähig waren.[/font]
[font=Times New Roman]Die Palette der Möglichkeiten dieser Arten reicht vom Einschleichen der Königinnen in eingeeignetes Wirtsnest, gepaart mit einem "einschmeichelnden" Verhalten, das geeignet ist, die Akzeptanz der Arbeiterinnen des Wirtsnestes zu erreichen und ihre Aggressivität zu reduzieren bis zu einem überfallartigen Angriff der sozialparasitischen Königin auf das Wirtsnest. Beide Strategien und alle Zwischenformen sind sehr riskant und so gelingt nur wenigen Königinnen die Übernahme des Wirtsnestes. Die jungen Königinnen der temporär sozialparasitischen Arten der Gattung Lasius verfolgen bei der Koloniegründung einen "gewaltfreien" Weg, wenn man vom atavistischen Verhalten der Lasius umbratus-Königinnen absieht. Die Königinnen dieser Art suchen nach dem Hochzeitsflug die Nesteingänge von Lasius niger oder alienus auf, ohne jedoch sofort in das Nest der Wirtsameise einzudringen. Ziel der jungen Königinnen ist es, eine Arbeiterin der potenziellen Wirtsameisenkolonie zu erbeuten, die gepackt und getötet wird. Dieser[/font]
[font=Times New Roman]Instinktatavismus wird bereits eingehend von GÖSSWALD(1938) und STITZ(1939) geschildert und erläutert. Interessant sind die Schlussfolgerungen, die GÖSSWALD aus seinen Beobachtungen zieht. So hält er den Raub und die Tötung der L. niger-Arbeiterin durch die L. umbratus-Königinnen, jenen Vorgang, den er als Instinktatavismus beschreibt sowie den scheinbaren, oberflächlichen Verzehr der erbeuteten niger für eine Instinkterinnerung aus einer Zeit, in der umbratus noch zur selbständigen Koloniegründung fähig war, jedoch zum Zweck des Nahrungserwerbs regelmäßig das Anfangsnest verlassen musste, um auf Raubzügen Arbeiterinnen verwandter[/font]
[font=Times New Roman]Lasius-Arten zu erbeuten.[/font]
[font=Times New Roman]Erst wenn die jungen umbratus-Königinnen diese atavistische Phase durchlaufen haben, [/font][font=Times New Roman]versuchen sie aktiv in das Wirtsameisennest einzudringen. Diesen Versuch bezahlen jedoch die allermeisten umbratus-Königinnen mit ihrem Leben, die volkreichen Kolonien der potenziellen Wirtsameisen Lasius niger und 1. alienus gehen sehr energisch und aggressiv gegen die Eindringlinge vor. Bei meinen Versuchen gelang es den L. umbratus-Königinnen nie, sich von einer stärkeren, etablierten Lasius niger-Kolonie mit mehr als dreißig Arbeiterinnen erfolgreich adoptieren zu lassen. Die L. niger-Arbeiterinnen zumindest solcher Kolonien, die eine niger-Königin und niger-Brut hatten, attackierten die eingedrungene L. umbratus-Königin derart energisch und heftig, dass diese binnen kurzer Zeit der Übermacht erlag. Auch meine Beobachtungen im Freiland bestätigten meine Einschätzung, dass die L.umbratus-Königinnen bei gesunden, brutpflegenden Wirtsameisenkolonien, die zwischen fünfzig- und hunderttausend Individuen stark[/font]
[font=Times New Roman]sein dürften, ziemlich chancenlos sind und so in den Nahrungskreislauf der niger-Kolonien eingehen.[/font]
[font=Times New Roman]Dies kann nicht verwundern, denn schließlich ist anzunehmen, dass auch die Wirtsameisen im Lauf ihrer Evolution Abwehr- und Schutzmechanismen entwickelt haben, um auch gut angepassten Sozialparasiten widerstehen zu können. Nicht zuletzt auch im Interesse des in diesem Falle temporären Sozialparasiten, für den das Überleben der Wirtsameise als Art ja erst die Basis seines eigenen Überlebens ist, ohne sie sind weitere Koloniegründungen nicht möglich. So gelingt es nur einigen wenigen umbratus-Königinnen, sich unter bestimmten Voraussetzungen adoptieren zu lassen. Nur besondere Phasen in der Kolonieentwicklung der geeigneten Wirtsameisen [/font][font=Times New Roman]schienen bei meinen Versuchen wie auch bei meinen Beobachtungen im Freiland für eine erfolgreiche Adoption und sozialparasitische Koloniegründung von L. umbratus-Königinnen bei Lasius niger oder alienus geeignet zu sein. Im Versuch gelang den umbratus-Königinnen die Adoption durch die niger- Arbeiterinnen und die Übernahme des niger-Nestes am ehesten, wenn es sich um eine junge, einjährige Kolonie mit relativ wenigen, sehr kleinen Zwergarbeiterinnen handelte. Diese winzigen Anfangsarbeiterinnen konnten den umbratus-Königinnen aufgrund ihrer Kleinheit und ihrer geringen Zahl nur selten und unter allergrößten Mühen etwas entgegensetzen.[/font]
[font=Times New Roman]Im Freiland fand ich in den 80er und 90er Jahren fünf gemischte Kolonien von umbratus/[/font][font=Times New Roman]niger, die durch ihre geringe Volkstärke auffielen, ein Indiz für meine Vermutung, dass[/font][font=Times New Roman]hier kleine, junge niger-Kolonien von umbratus übernommen wurden.[/font]
[font=Times New Roman]Die Anwesenheit einer niger-Königin spielte für den Prozess der Adoption der umbratus-[/font][font=Times New Roman]Königin und der Übernahme der niger-Kolonie durch die umbratus-Königin kaum eine [/font][font=Times New Roman]Rolle, die niger-Arbeiterinnen eliminierten ihre eigene Königin stets selbst, ohne Zutun der umbratus-Königin, wenn deren Adoption vollzogen war. [/font][font=Times New Roman]Innerhalb der Gattung Lasius besteht das Phänomen, dass der temporäre Sozialparasit Lasius (Chthonolasius) umbratus, der, wie eingangs beschrieben, den Weg der parasitischen Koloniegründung bei Arten der Lasius niger-Gruppe beschreitet, seinerseits Wirtsameise für den ebenfalls temporären Sozialparasiten Lasius (Dendrolasius) fuliginosus ist. Trotz der engen Verwandtschaft von Chthonolasius und Dendrolasius gibt es unterschiedliche Strategien bei der sozialparasitischen Koloniegründung. Die Möglichkeiten der umbratus, erfolgreich eine Kolonie zu gründen, stiegen offensichtlich, wenn die jungen umbratus-Königinnen auf junge, kleine Wirtsameisenkolonien [/font][font=Times New Roman]stießen, deren winzige Arbeiterinnen den keineswegs unverletzlichen umbratus-Königinnen nur wenig antun konnten. Wenn die umbratus-Königinnen in das Wirtsameisennest eindringen, stoßen sie auf heftige, sehr erbitterte Gegenwehr, die großen, wehrhaften Arbeiterinnen etablierter Wirtsameisenkolonien vermögen die umbratus-Königinnen schon in der Peripherie des Nestes zu stellen und zu töten. So entscheidet sich schon während des Eindringens der umbratus-Königin, ob ihr Vorhaben von Erfolg gekrönt sein wird oder nicht.[/font]
[font=Times New Roman]Lasius fuliginosus ist zwar ebenfalls ein temporärer Sozialparasit aus der Gattung Lasius, jedoch gibt es einige, teils erhebliche Unterschiede bei der sozialparasitischen Koloniegründung, die darauf hinweisen, dass die Strategie des temporären Sozialparasitismus bei Lasius mehrfach parallel entwickelt wurde.[/font]
[font=Times New Roman]Die Koloniegründung von Dendrolasius fuliginosus ist bisher wenig erforscht. Bekannt ist, [/font][font=Times New Roman]dass bei der sozialparasitischen Koloniegründung Lasius umbratus als Hilfsameise dient. Weiterhin wird vermutet, dass die jungen L. fuliginosus- Königinnen im Mutternest wieder aufgenommen werden können und dass neue Kolonien auch durch Zweignestbildung entstehen.[/font]
[font=Times New Roman]L. fuliginosus schwärmt an warmen Sommertagen zwischen 16 Uhr und 22 Uhr. Es finden, [/font][font=Times New Roman]wie auch bei anderen Lasius-Arten, regelrechte Hochzeitsflüge statt, wie auf Kommando schwärmen die jungen Geschlechtstiere verschiedener fuliginosus-Kolonien gleichzeitig und massenhaft.[/font]
[font=Times New Roman]Hierbei werden oft, insbesondere von den Königinnen, durchaus größere Strecken zurückgelegt, so dass die Begattung und das Abwerfen der Flügel nach der Begattung in einiger Entfernung vom Mutternest stattfinden. Eine Wiederaufnahme im Mutternest dürfte damit meist unmöglich sein, eine Aufnahme in anderen Nestern von fuliginosus wird durch die Arbeiterinnen dieser Nester verhindert, sie vertreiben oder töten jede junge fuliginosus-Königin, derer sie habhaft werden können. Auch zeigten junge fulinosus-Königinnen bei meinen Beobachtungen im Freiland und im Versuch kein gesteigertes Interesse, in eine fuliginosus-Kolonie einzudringen, sie zeigten sich jedes Mal erschreckt und wichen fluchtartig zurück. Die Arbeiterinnen von fuliginosus verhalten sich gegen fremde Ameisen der eigenen Art sehr aggressiv, sie verfolgen diese und suchen sie zu töten. Dieses Verhalten zeigen sie auch gegenüber jungen, fremden Königinnen der eigenen Art. Fuliginosus ist ein Nahrungsspezialist, der überwiegend von den Ausscheidungen der von ihm kultivierten Pflanzenläuse lebt, das Revier einer Kolonie [/font][font=Times New Roman]kann einige große Bäume umfassen und wird heftig gegen fremde gleich- wie auch andersartige Ameisen verteidigt. Eine Wiederaufnahme im Mutternest oder gar in anderen fuliginosus- Kolonien scheidet aus diesen Gründen in aller Regel aus.[/font]
[font=Times New Roman]Zudem würde eine Wiederaufnahme bedeuten, dass die fuliginosus-Kolonien theoretisch [/font][font=Times New Roman]zeitlich unbegrenzt lebensfähig wären. [/font]
[font=Times New Roman]In über dreißig Jahren, in denen ich die Ameisen Mitteleuropas [/font][font=Times New Roman]beobachtete und so auch Kolonien von 1. fuliginosus im Freiland immer wieder aufsuchte, sah ich immer wieder neue Kolonien entstehen, aber auch alte Kolonien vergehen. An einem Badestrand am Siethener See, Teltow-Flämig, beobachtete ich schon als kleiner Junge bewundernd die Kolonnen von fuliginosus. Hier befand sich eine enorm starke Kolonie am Fuße einer alten Eiche und die mir damals exotisch erscheinenden Ameisen beliefen diesen Baum wie auch benachbarte Bäume in dichten Reihen auf ihren Duftstraßen. Nach einigen Jahren des Dahinschwindens verschwand die fuliginosus-Kolonie jedoch restlos und dies ohne erkennbaren Konkurrenzdruck durch andere Ameisen.[/font]
[font=Times New Roman]Die größten Feinde der Ameisen sind bekanntlich die Ameisen selbst. Fuliginosus jedoch vermochte sich bei meinen Beobachtungen in Auseinandersetzungen mit größeren, scheinbar kampfstärkeren Ameisen wie zum Beispiel Formica rufa stets erfolgreich durchzusetzen und war zudem meist der Initiator der Kampfhandlungen. Immer ging es bei diesen Kämpfen um die Übernahme von Bäumen und Blattlauskolonien anderer Ameisen durch fuliginosus. Die F. rufa alarmierten zwar ihre Genossinnen und verstärkten ihre Präsenz, um ihre Nahrungsressourcen zu verteidigen, wichen jedoch jedes Mal vor den bald massenhaft anrückenden fuliginosus zurück. Auch beobachtete ich regelmäßige Vernichtungsfeldzüge gegen Myrmica spec. durch fuliginosus, hier wurden die Brut und auch die Imagines der Myrmica erbeutet. Es gibt keine mitteleuropäische Ameisenart, die den Fortbestand einer starken L. fuliginosus-Kolonie ernsthaft gefährden kann, also müssen der Niedergang und das Aussterben alter L.fuliginosus-Kolonien, den ich mehrmals beobachtet habe, andere Gründe haben.[/font]
[font=Times New Roman]Bei der sozialparasitischen Koloniegründung werden die geeigneten Chthonolasius-Kolonien von vielen, wahrscheinlich einigen hundert jungen L. fuliginosus-Königinnen erfolgreich übernommen.[/font]
[font=Times New Roman]Sobald die erste Generation von L. fuliginosus-Arbeiterinnen in diesen gemischten [/font][font=Times New Roman]Kolonien entstanden ist, wird ein weiterer Zulauf von jungen L.fuliginosus- Königinnen, wie ich noch zeigen werde, unterbunden. Die kritische Phase der Koloniegründung, in der sich bereits die zukünftige Stärke und Lebensdauer der entstehenden L. fuliginosus-Kolonie entscheidet, ist so in den ersten zwei, drei Monaten der sozialparasitischen Übernahme der Chthonolasius-Kolonie anzusiedeln. Es ist anzunehmen, dass die L. fuliginosus-Königinnen, die ja den allergrößten Teil ihres Lebens unter optimalen Bedingungen ohne Nahrungsmangel und andere Gefährdungen verbringen, dreißig oder mehr Jahre leben können. Irgendwann jedoch nach Ablauf dieser Zeit kommt es zu einem langsamen Wegsterben der Königinnen der L.fuliginosus-Kolonie, die Nachwuchszahlen an Arbeiterinnen nehmen ab und die Koloniestärke sinkt allmählich unter ein kritisches Maß. Nun sind die L.fuliginosus-Kolonien keineswegs mehr unverletzlich gegen Angriffe durch andere Ameisen, ihr größter Kampfvorteil neben ihrem Mandibeldrüsensekret, ihre zahlenmäßige Stärke und ihre Fähigkeit, sehr schnell große Mengen ihrer Nestgenossinnen zu rekrutieren, schwindet. So wird das Aussterben der Kolonie durch den Effekt verstärkt, dass die Kolonien ihre Aussendienstarbeiterinnen durch größere Verluste bei Auseinandersetzungen verlieren, infolge der schwindenden Kampfkraft ihre Nahrungsressourcen an Konkurrenten abgeben müssen, was wiederum den Rückgang der Nachkommenschaft nun auch durch Nahrungsmangel verstärkt. Zu solchen Niedergängen von L.fuliginosus- Kolonien käme es nicht, würde L. fuliginosus regelmäßig jedes Jahr neue Jungköniginnen der eigenen Art adoptieren.[/font]
[font=Times New Roman]Auch die Neugründung durch Zweigkolonien dürfte äußerst selten sein und kaum ins Gewicht fallen. L.fuliginosus errichtet zwar biwakähnliche Behausungen am Fuße ihrer Nahrungsbäume, auf denen sie Pflanzenlauskulturen bewirtschaftet. Doch diese Biwaks dienen in erster Linie zum Schutz der Ameisen und ihrer Pflanzenläuse bei den in Mitteleuropa typischen Schlechtwetterperioden, und wohl vor allem dazu, eine genügend große Anzahl von Verteidigern der Nahrungsressourcen stets bereit zu halten. Hier findet auch ein Futteraustausch zwischen "Hirten" und "Transporteuren" statt, außerdem dienen diese Biwaks als Aufmarschgebiet bei der Erweiterung des beherrschten Territoriums. L.fuliginosus kann sich Zweignester bei mitteleuropäischen Klimaverhältnissen kaum leisten, der Bau und die Unterhaltung des Brutnestes verschlingen viel Energie.[/font]
[font=Times New Roman]Immerhin geschieht der Bau des kartonartigen Brutnestes unter Zuhilfenahme eines Pilzes, der mit zuckerhaItigen Lösungen ernährt wird, und das Brutnest wird während der Brutperiode durch erhöhte Stoffwechselaktivität permanent auf eine Temperatur von über 30 Grad Celsius beheizt, eine bisher in der Literatur nicht erwähnte Tatsache (SEIFERT&BUSCHINGER 2001). Diese Umstände führen zwangsläufig dazu, dass L. fuliginosus unter mitteleuropäischen Bedingungen ein sehr konzentriertes Brutnest errichtet.[/font]
[font=Times New Roman]So ist die überwiegende Zahl der Neugründungen von L.fuliginosus- Kolonien auf den temporär sozialparasitischen Wegüber die Hilfsameise Lasius umbratus zurückzuführen. L.fuliginosus ist zwar in manchen Gegenden Mitteleuropas nicht selten, jedoch immer seltener anzutreffen als jene Arten, bei denen er, direkt oder indirekt, parasitiert. Am häufigsten trifft man Lasius niger oder alienus an, die als Wirt für den Sozialparasiten Lasius umbratus fungieren, und deren Verbreitung somit indirekt auch für den Fortbestand der 1. fuliginosus Voraussetzung ist.[/font]
[font=Times New Roman]Es gibt in der Fachliteratur Hinweise, dass fuliginosus zum Zwecke der temporär sozialparasitischen Koloniegründung auch Lasius niger, alienus und brunneus heimsucht. Im Freiland konnte ich dies nie beobachten. Junge fuliginosus-Königinnen versuchten nie, in die Nester dieser Arten einzudringen, auch dann nicht, wenn ich sie unmittelbar vor den Nesteingängen aussetzte. Auch wurden sie von den Ameisen dieser Arten stets sofort verfolgt und angegriffen, was von umbratus anfangs nicht getan wird. Bei Versuchen, die ich mit frischgeschlüpften, unausgefärbten und toleranten Lasius niger machte, wurden die fuliginosus- Königinnen zwar adoptiert, bestens gepflegt und gefüttert,begannen sogar Eier zu legen, starben jedoch innerhalb weniger Wochen restlos weg. Ich vermute daher, dass fuliginosus bei der parasitischen Koloniegründung auf umbratus oder andere Arten aus der Chthonolasius-Gruppe angewiesen ist. Nur mit ihrer Hilfe gelang die Koloniegründung nachhaltig.[/font]
[font=Times New Roman]Als ich Anfang der 80er Jahre ein umbratus-Nest öffnete, traute ich meinen Augen nicht.[/font]
[font=Times New Roman]Zwischen den zahllosen, gelben Arbeiterinnen der umbratus fand ich viele junge fuliginosus-Königinnen. Sie konnten erst vor wenigen Tagen eingewandert sein, ihre Hinterleiber zeigten noch nicht die typische Physogastrie, die in ihren Anfängen bereits wenige Tage nach dem Eindringen der fuliginosus-Königinnen in das Wirtsameisennest zu erahnen ist. Ein Jahr später war aus der umbratus - Kolonie bereits eine gemischte Kolonie geworden, ein weiteres Jahr später hatte sich an dieser Stelle eine starke, reine fuliginosus-Kolonie etabliert. Ich fand in diesen Jahren immer wieder gemischte Kolonien dieser Arten und begann, mich für den temporären Sozialparasitismus von fuliginosus zu interessieren. In der mir damals zugänglichen Fachliteratur fanden sich keine plausiblen Erklärungen zum Sozialparasitismus von fuliginosus außer den oben erwähnten, die mich jedoch nicht sehr überzeugten. So machte ich mich daran, die Koloniegründung von fuliginosus zu untersuchen. Bekannt war, dass fuliginosus seine sozialparasitische Koloniegründung wohl vor allem bei umbratus, mixtus oder anderen Chthonolasius-Arten vornimmt. Welche Bedingungen jedoch Voraussetzung für eine geglückte Koloniegründung sind und welche Abläufe bei der Adoption wirken, war im Einzelnen nicht[/font]
[font=Times New Roman]beschrieben. So mussten zwangsläufig die meisten meiner Versuche, vor allem die ersten, erfolglos bleiben. Dies kann als Beleg dafür gelten, wie schwer es auch gerade temporären Sozialparasiten fällt, erfolgreich eine Kolonie zu gründen oder wie in diesem Fall zu übernehmen.[/font]
[font=Times New Roman]SEIFERT&BUSCHINGER(2001) berichten über eine Beobachtung, nach der auch andere temporär parasitische Lasius-Arten zu mehreren in ein Wirtsnest eindringen können; dabei handelte es sich um acht junge Königinnen von Lasius meridionalis in einem Nest von Lasius paralienus.[/font]
[font=Times New Roman]Nachfolgend nun Schilderungen einiger meiner Versuche zur Koloniegründung von Lasius [/font][font=Times New Roman]fuliginosus.[/font]
[font=Times New Roman]Anfang Juni des Jahres 1986 fing ich einige junge fuliginosus-Königinnen. Ich entnahm[/font]
[font=Times New Roman]einer umbratus-Kolonie einige hundert Arbeiterinnen mit Brut und ließ diese in ein [/font][font=Times New Roman]Beobachtungsnest einziehen. Das Beobachtungsnest war durch einen Plastikschlauch mit einem Terrarium verbunden, das als Freilauf für die Ameisen diente und in dem das Futter angeboten wurde. Einen Tag, nach dem die umbratus eingezogen waren und sich beruhigt hatten, ließ ich die fuliginosus-Königinnen im Terrarium frei. Die fuliginosus-Königinnen zeigten sofort ein interessantes, für ihre Art typisches Verhalten, das sie allerdings nur zeigten, wenn sie auf Chthonolasius stießen. Ihr aufgeregtes, fluchtartiges Umherlaufen beendeten sie sofort, wenn sie die "Fährte" der umbratus aufgenommen hatten. Sie zeigten nun ein sehr zielgerichtetes, konzentriertes Verhalten. Sie liefen fast gänzlich unbehelligt auf den Duftstraßen der umbratus, stiegen aufgrund ihrer höheren Gewandtheit über diese hinweg und strebten alle zielgerichtet dem Brutnest der umbratus zu. Erstaunlich war, dass die umbratus anfangs kaum Notiz von den juliginosus-Königinnen nahmen. Sie beachteten diese kaum, fütterten sie sogar, wenn sie [/font][font=Times New Roman]von den fuliginosus-Königinnen angebettelt wurden, doch nur kurz, wendeten sich sofort ab, gerade so, als würden sie einen Irrtum bemerken. Die fuliginosus- Königinnen eilten nun ständig durch das Nest, verließen es hin und wieder, durcheilten rastlos das Terrarium, ihre Rastlosigkeit wurde nur unterbrochen durch häufiges, intensives Putzverhalten. Ihr ständiges schnelles Umherlaufen erweckte zwar den Eindruck, als würden sie orientierungslos herumirren, doch schienen sie sehr genau zu wissen, was sie taten. Sie kehrten immer wieder zielgerichtet in das Brutnest der umbratus zurück. Nach einigen Stunden begannen sie hier immer längere Pausen zu machen, mit Vorliebe hielten sie sich in der Nähe der Eigelege und Larven auf. Nun begann sich jedoch auch das Verhalten der umbratus zu ändern. Fast schien es, als würden sie erst jetzt [/font][font=Times New Roman]das Eindringen der kolonie fremden fuliginosus-Königinnen registrieren. Die umbratus-[/font][font=Times New Roman]Arbeiterinnen begannen nun, die fuliginosus- Königinnen an Fühlern und Beinen festzuhalten. Ihr Verhalten gegenüber den fuliginosus- Königinnen wurde nun immer rabiater. Ich begann, mir um die fuliginosus-Königinnen Sorgen zu machen. Aus anfänglichem Festhalten wurde nun bald ein Herumzerren, die umbratus begannen nach etwa acht Stunden die fuliginosus- Königinnen derart hartnäckig zu bekämpfen, dass diese nach weiteren vier Stunden allesamt tot waren. Auch die toten fuliginosus-Königinnen wurden nun mit großer Aggressivität herumgezerrt und schließlich vollständig zerbissen und zerlegt. Dieser Versuch war also misslungen.[/font]
[font=Times New Roman]Ein weiterer Versuch mit derselben umbratus-Kolonie wenige Tage später endete mit dem [/font][font=Times New Roman]gleichen Fiasko.[/font]
[font=Times New Roman]Jedoch zeigen diese misslungenen Versuche, dass eine intakte Wirtsameisenkolonie von [/font][font=Times New Roman]umbratus, aus einer solchen hatte ich die Arbeiterinnen entnommen, in der Lage ist, trotz der hervorragenden Anpassung des Sozialparasiten fuliginosus- immerhin dringen dessen junge Königinnen fast ungehindert in das Wirtsameisennest ein - diesen schließlich zu identifizieren und rechtzeitig abzuwehren. Dies erscheint auch logisch, schliesslich schwärmt fuliginosus von Mai bis September. Wahrscheinlich werden alle Chthonolasius-Kolonien in dieser Zeit regelmässig und in großen Mengen mit 1. fuliginosus- Königinnen infiziert. Würde fuliginosus in gesunden, intakten Wirtsameisenkolonien auch nur eine geringe Chance zur sozialparasitischen [/font][font=Times New Roman]Koloniegründung haben, würde dies über kurz oder lang zum Aussterben der Chthonolasius führen.[/font]
[font=Times New Roman]Bewiesen war indes die Tatsache, dass Chthonolasius der geeignete Wirt für fuliginosus ist.[/font]
[font=Times New Roman]Nur hier zeigten die fuliginosus-Königinnen das Bestreben, in die Wirtsameisenkolonie eindringen zu wollen, und nur hier wird dieser Akt des Eindringens durch das anfangs gleichgültige Verhalten der Chthonolasius begünstigt. Die Möglichkeiten der geruchlichen Tarnung, die fuliginosus offenbar entwickelt hat, um in das Wirtsameisennest zum Zweck der parasitischen Koloniegründung einzudringen, erwiesen sich nur bei Chthonolasius als erfolgreich. Jedoch spielen augenscheinlich noch andere Faktoren eine wichtige Rolle für eine erfolgreiche, temporär sozial-parasitische Koloniegründung von fuliginosus bei Chthonolasius.[/font]