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Blattschneider? Nein, danke!

Allgemeine Fragen und Themen über exotische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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Fraaap
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#1 Blattschneider? Nein, danke!

Beitrag von Fraaap » 26. Oktober 2007, 14:05

Vor kurzem gab es im AntStore-Forum mal wieder eine kleine Diskussion bezüglich der Haltung von Blattschneidern. Da mein Text ein guter Denkanstoß sein sollte, präsentiere ich ihn hier z.T. und freue mich auf weitere Kommentare von euch. Diese Diskussion sollte jetzt nicht einfach im Sand verlaufen, ich hoffe auch wir können so einen kleinen Text für die FAQ etc. anfertigen, um die Frage der Haltung von Blattschneidern bereits irgendwo beantwortet zu haben.

" hat geschrieben:Blattschneiderameisen? Nein, danke!

Ich finde es teilweise unverantwortlich, wie einige User mit ihren Empfehlungen und Haltungserfahrungen umgehen.

Ganz allgemein hab ich schon gelesen, dass Atta angeblich eine Art sei, die für Anfänger nicht geeignet ist. Dies kann ich absolut nicht bestätigen. Wenn man ein paar Grundregeln beachtet, kann sie wirklich jeder halten, der wirklich Willens ist, sie zu halten. Denn das ist mit das Wichtigste überhaupt.
Die Meinung dass Blattschneiderameisen (Ja, Blattschneiderameisen generell!) keine Art für Anfänger ist, beruht auf einem völlig anderen Standpunkt. Ihre Pflege ist durchaus für einen Anfänger möglich, da sie sich mit vielem zufrieden geben, und viele ihrer benötigten Haltungsgrundlagen selbst herstellen und kontrollieren. Atta sind nicht für einen Anfänger geeignet, da sie unüberschaubare Ausmaße annehmen, und sehr viel mehr Pflege als so gut wie alle anderen Arten benötigen. Schon allein finanziell kann man diese Art nicht dauerhaft halten. Sie sind exotische Arten, und somit generell für einen Anfänger, der vielleicht nur mal eben schnell Ameisen haben will nicht geeignet. Was passiert wohl, wenn Mama sieht dass ihr Sohn nicht mehr mit den Ameisen klar kommt? Wenn die Becken überfüllt sind? Wenn der Junge nur draußen ist und Äste sammelt? Wenn die ersten Ameisen draußen herumlaufen? Sie wird die Ameisen mit absoluter Sicherheit einfach rausschmeißen, was mit der Natur passiert ist den meisten Eltern völlig egal!

Atta braucht sehr viel Platz, das heißt mindestens ein mittelgroßes (besser ein wirklich großes) Aquarium wählen, wenn man diese Art artgerecht halten will. Man ahnt am Anfang nicht, wie schnell Atta ab einem gewissen Zeitpunkt wachsen kann.
Eben hier liegt das große Problem. Es reicht auf längere Sicht kein wirklich großes Becken für sie aus! In der Natur können bekanntlich ihre Nester 8m tief und 50qm in der Fläche haben! Das können wir nicht mal annähernd zur Verfügung stellen! Und diese Daten sind lediglich das Nest, sie legen noch riesige und weite Straßen an, um ihre Blätter zu beschaffen! Eine große Kolonie Blattschneiderameisen verbraucht jährlich etwa 35 Tonnen Laub. Ich betone, Tonnen, keine 35 Blätter. Habt ihr schon mal ein Blatt gewogen? Dann könnt ihr euch wohl vorstellen, was es mit 35 Tonnen auf sich hat. Alleine diese ganzen Daten sollten schon ausreichen, einen verantwortungsbewussten Halter von dieser Art abzubringen. Alles andere kann ich einfach nicht verstehen.

Wozu kauft man sich eine Art, bei welcher man sich bewusst ist, diese nicht bis "zum Ende" pflegen zu können? Jeder ist sich oder sollte sich im klaren darüber sein, und das ist wirklich traurig. Diese Arten machen mit der Zeit mehr Stress als Spaß, das verspreche ich euch!

Ich kann einfach nicht ausdrücken wie schlimm ich es finde wenn ein 28 Jähriger, der selbst seine Atta nicht ohne Probleme halten konnte, eine solche Art einem 13 Jährigen "Anfänger" empfehlen kann. Das will und werde ich nie verstehen.

Fraaap



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MainMan
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#2 AW: Blattschneider? Nein, danke!

Beitrag von MainMan » 26. Oktober 2007, 14:23

Hallo Fraap!

Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen du hast schon recht und deiner Meinung bin ich auch! Für einen 13 jährigen sind das sicher die falschen Tiere, selbst für mich währe das zu viel Arbeit!
Aber mal was ganz wesentliches zur Haltung, du könntest an statt der "Blattschneiderameise" jede andere Ameisenart aufführen. Klar eine Lasius niger oder eine Camponotus ligniperda werden nicht so schnell wachsen, aber irgendwann kommt der Tag da ist jede Kolonie zu groß, egal ob es sich dabei um Blattschneider um Weberameisen oder um ganz normale Lasius niger handelt! Darüber muss man sich auch im klaren sein! Der vorteil bei letzt genannter ist natürlich das man sie im Garten aussetzen kann!

Gruß MainMan
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Fraaap
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#3 AW: Blattschneider? Nein, danke!

Beitrag von Fraaap » 26. Oktober 2007, 14:45

Hallo MainMan,

klar, jede Art wird irgendwann groß. Doch hier ist klar von Blattschneiderameisen und anderen Arten zu differenzieren. Lasius niger hat laut einigen Angaben im Netz eine Koloniegröße von bis zu 40'000, Atta und Acromyrmex bis zu 8'000'000! Dort sehe ich einen klaren Unterschied! Zudem gedeihen sie im Eiltempo, sie überrumpeln einen förmlich mit ihrem Volkswachstum. Ein solches Volk kann man einfach nicht halten, kleinere Arten schon. Es muss auch gesagt werden, Ameisenvölker werden in Formikarien nie so groß wie in der Natur. Ziehen wir einfach mal die Hälfte ab. 20'000 Lasius niger und 4'000'000 Blattschneider. Was kann man halten?

Grüße,
Fraaap (drei a! *g*)



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moglie
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#4 AW: Blattschneider? Nein, danke!

Beitrag von moglie » 26. Oktober 2007, 15:15

Ich finde ihr haltet das alles ein bisschen zu allgemein und die Aussagen die hier getroffen werden sind nicht unbedingt wahr, bzw. irreführen, so wird Acromyrmex bei weiten nicht so groß wie Atta und Blattschneider ist nicht gleich Blattschneider es gibt hier auch noch andere Vertreter der Gruppe der Attini, die sehr viel kleiner bleiben.
Grundsätzlich sind aber wohl die meisten Vertreter (wenn nicht sogar alle) der Gattung Atta nicht vernünftig zu halten, ob es aber vielleicht eine Art gibt, die nicht so groß wird und haltbar ist weiß ich nicht.
In diesem Sinne.

MfG Sven



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#5 AW: Blattschneider? Nein, danke!

Beitrag von MainMan » 26. Oktober 2007, 17:15

Hallo!

Naja sicher sind 4 Mio mehr als 20K, aber es wird wohl keiner mehr halten als 10K, egal von welcher Art (mal abgesehen von den wirklich klitze kleinen Vertretern). Ich wollte damit auch nur sagen das die Haltung über mehere Jahre doch meißtens daran scheitert das es einem einfach schlicht zu viel wird! Damit meine ich die Arbeit die man dann hat. Ich meine Arbeit weil es mit dem Hobby dann nichts mehr zu tun hat. Wenn man schon etwas machen "muss" ist es meißt nur noch eine frage der Zeit bis man sich von einer Kolonie trennt!

@ moglie

da muss ich dir recht geben! Aber ein solch umfangreiches Thema kann man eigentlich nur in großen Gruppen allgemein ansprechen!

Gruß MainMan



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#6 AW: Blattschneider? Nein, danke!

Beitrag von Sobek » 26. Oktober 2007, 18:09

Soviel ich weiß sind Atta und Acromyrmex die einzigen Attini (so genannte Höhere Attini) die Blätter schneiden, und deswegen Blattschneideameisen sind.


Dabei seit 2003 :)

Sahal
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#7 AW: Blattschneider? Nein, danke!

Beitrag von Sahal » 26. Oktober 2007, 22:21

Holla,

Attini ist die Tribus der pilzzüchtenden Arten, egal ob mit tierischem oder pflanzlichem Material. Blattschneider ist nur eine unwissenschaftliche Hilfsbezeichnung / Zusammenfassung für Arten, die Blätter schneiden, so sprechen viele Autoren noch separat von Grassschneidern. Blattschneiderameisen sind somit nicht mit Attini gleichzusetzen, aber in Attini enthalten.

Die globale Angabe 8 Mio ist falsch!
EINIGE WENIGE Atta können 8Mio erreichen, längst aber nicht alle. Und bei Acromyrmex liegen die maximalen Koloniegrößen nur bei wenigen 100.000 (? genaue Zahl vergessen, habe ich irgendwo gepostet). Andere Attini mit tierischer Pilzgrundlage erreichen gar nur wenige Hundert.


Bei der Haltung von Atta und Acromyrmex gibt es mehr als nur ein Problem. Lassen wir die nicht zu unterschätzenden "Standard"-Gefahren des Infektions-Threads beiseite, bieten Atta und Acromyrmex m.o.w. spezifische Probleme, die allzu oft unterschätzt werden.

Platzbedarf:
die Angabe "mind. 3 Becken" ist zwar korrekt, aber "geaugenwischt" und allenfalls in den ersten Monaten gültig.
Meine Völker habe ich allesamt von Gyne auf gezogen. Bereits wenige Wochen nach Schlupf der ersten Arbeiterinnen konnte ich die Becken-Systeme ummodeln und vergrößern. Hier ist nicht zwingend die Beckengröße gemeint, sondern vor allem die Länge und der Durchmesser der Verbindungs-Gänge!
Habe ich mit 20mm lichtem Durchmesser angefangen, kommt es nun nach wenigen Monaten bereits bei 45mm zu erheblichen Staus, die nächsten Komplett-Umbauten stehen also wieder an und >30m Gangsystem muss ersetzt werden.


Nahrungsbedarf:
das ist dann wohl die leichteste Übung, ein paar Blättchen lassen sich allemal sammeln. Oder doch nicht?
Angefangen habe ich mit einem keuschen Blättchen pro Volk und Woche. Das waren noch Zeiten... ich brauchte nicht einmal den Hintern in die Kälte bewegen, sondern habe versch. Pflanzen auf der Fensterbank gezogen.
Aber bereits im Früh-Sommer hätte ich alle Pflanzen auf einen Sitz in die Becken eines Volkes stopfen können, das Fensterbrett gleich hinterdrein.
Bisher im Sommer/Herbst benötigte ich pro Woche etwa 2 Plastiktüten Laub, und es blieb nichts übrig! Diese Menge kann man nicht mal eben in Nachbars Garten rupfen...
Tja, nu wirds Winter, und ich sitze gehörig in der Sch...
Zwar ist mein Froster bis oben hin voll mit Rosenlaub, jedoch wird gefrorenes Laub nur bedingt angenommen und keinesfalls bis März reichen... nicht mal bis Januar!
Was bleibt? Mindestens einmal die Woche bei Wind und Wetter losstiefeln und Grünanlagen plündern! Und wer im Winter schon mal draussen war, wird den Mangel an grünem Laub kennen.
Gegen Ende des Winters wird der Bedarf wohl bei 4 Plastiktüten liegen... steigende Tendenz!

Ausbruch:
die kleinste Unterkaste hat etwa Lasius-niger-Pygmäengröße oder knapp drunter. Die größte Unterkaste zerschnipselt Silikon, Kunststoff-Netz u.ä., wenn es ihnen im Weg ist... und es ist ihnen immer im Weg! Zudem beherrschen es die Völker perfekt, "feuchte" Ausbruchssperren auszuhebeln. Und alle zusammen suchen permanent Auswege, um weitere "Nahrungsquellen" zu suchen, sind flink zu Fuß und unerschrocken.
Auch mit größtem Gang-System und reichlicher Fütterung lässt sich die sehr hohe "Ausbruchsneigung" nicht einschränken, denn in der Natur müssen die Völker permanent neue Nahrungsquellen (Bäume/Sträucher/Kraut) erschließen.

Beobachtungen:
hochinteressant, wenn Ameisen Blätter schneiden und die Fragmente ins Nest schleppen... jede Stunde, jeden Tag, jeden Monat des Jahres? :nono1:
Ehrlich gesagt langweilt es mich zu Tode! Nichts aussergewöhnliches passiert, keine Abweichung, kein interessantes Muster. Es ist ewig gleich...Blätter schneiden, ins Nest schleppen, und wieder Blätter schneiden.
Und das ist alles, was man sehen kann!!!
Die Vorgänge im "Nest" finden zumeist innerhalb des Pilzes statt und sind somit kaum zu beobachten, andere Aktivitäten gibt es schlicht nicht!


Mein Fazit:
die Anschaffung der Atta / Acromyrmex war aus Haltersicht der volle Reinfall!
Sterbenslangweilig, Sauteuer und mordsmäßig Arbeit!



Hier noch ein Post:
http://ameisenforum.de/exotische-ameisenarten/acromyrmex-sp-t28181.html#post150697


Wenn die Flinte ins Korn gefallen ist, nicht gleich das Kind in den Brunnen werfen, auch wenn das der Tropfen ist, der dem Fass die Krone ins Gesicht schlägt!

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Darius
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#8 AW: Blattschneider? Nein, danke!

Beitrag von Darius » 27. Oktober 2007, 12:48

Hallo,

generell sind die Zahlen alle ein wenig übertrieben. Eine große Kolonie von Atta, vielleicht eine besonders große, bei der die Menge der eingetragenen Blätter gezählt wurde erreicht im Jahr das Gewicht von 35 Tonnen Laub. Doch nicht alle Arten explodieren so dermaßen.

Meine Acromymrex Kolonie hatte nach ein paar Jahren (und zugegeben auch Haltungsfehlern, aber die kommen bei Blattschneiderameisen sehr schnell vor) ca. 10.000 Arbeiterinnen. Am Tag haben sie zwei Hände voll Blätter bekommen, die wiegen vielleicht 300g (ich hätte am Tag max. 600g beschaffen können). Das macht pro Jahr ~110kg Laub.
Wie Sahal schon gesagt hat wird so eine Kolonie vielleicht 300.000 Arbeiterinnen stark. Das würde also bedeuten, dass sie, wenn sie so viel Futter bekommen, wie meine Kolonie, 9kg Blätter am Tag bzw. 3300kg im Jahr bräuchten. Natürlich sind die Zahlen nur Schätzungen, aber ich denke ganz falsch sind sie auch nicht.

Vom Platz her kann man einen ausgewachsenen Acromyrmex octospinosus Staat halten, von der Blättermenge her nicht. Mag sein, dass Zoos die Möglichkeit haben den Tieren ihre bis 3kg Blätter am Tag zu beschaffen, dann ist sogar eine Artgerechte Haltung auf Dauer möglich. Wohl bemerkt: Bei Acromyrmex!

Viele Neulinge, die sich Blattschneiderameisen halten wollten haben sich damals bei mir gemeldet. Natürlich sollte es so ziemlich immer Atta sein, der Soldanten wegen. Ich habe oft versucht ihnen das auszureden, in dem ich ihnen gesagt habe, wie viele Brombeerblätter die Ameisen wirklich brauchen. Doch da hat(te) eingentlich nie jemand Einsehen, die Probleme werden erst gesehen, wenn sie auch da sind.

Die Haltung ist zwar eine Zeit lang ganz interessant, aber dann wird der Aufwand einfach zu groß. Lieber halte ich mir 3-4 andere Arten, an denen habe ich auf Dauer mehr Freude, als an den Blattschneiderameisen. Wer die Erfahrung unbedingt machen muss kann sich ja eine Blattschneiderameisenkolonie holen und sie später wieder verkaufen, einen Abnehmer findet man eigentlich immer, so lange der Preis stimmt. ;)

Grüße, Darius



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