Die Blattschneiderameisenhaltung - Guide

Allgemeine Fragen und Themen über exotische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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'wbk
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#1 Die Blattschneiderameisenhaltung - Guide

Beitrag von 'wbk » 22. August 2011, 19:13

Da immer wieder diese klassichen Anfragen kommen wie: "Ich möchte Blattschneiderameisen halten, was nun?"
Und ich einige Attini Kolonien pflege, möchte ich euch hier einmal die Grundlagen und einige wichtige Tipps erläutern.

Du möchtest also Blattschneiderameisen halten richtig? Wenn du dich nur informieren willst dann spring zu Punkt 2!

1. So, du bist dir auch ganz sicher was dir da antust? Eine Atta Kolonie kann man vom Aufwand her etwa mit dem eines Hundes vergleichen. Nur damit ihr mal eine Vorstellung davon habt worauf ihr euch da einlasst.
Die Art benötigt viel Pflege, und man kann das nur meistern wenn man es wikrklich will!
Am Anfang wird es mit ziemlicher Sicherheit Rückschläge geben, weiter machen, egal was passiert, haltet das Ziel vor Augen!

Meiner Meinung nach kann jeder eine Blattschneiderameisen Kolonie halten.
Jedoch:
So eine Kolonie kostet Geld, richtig Geld.
Die Preise liegen je nach Verfügbarkeit, Art und Größe zwischen 100 und 500 Euro für eine mittelgroße Kolonie.
Riesige Kolonien können auch schonmal in den 1000+ Bereich gehen.
Generell gilt folgendes:
Je mehr Arbeiter desto mehr Blätter und Platz benötigt die Kolonie, aber die Haltung wird mit zunehmender Größe einfacher!
Ab 5000 Arbeitern müsst ihr nur noch Blätter reinkippen und neue Becken anschließen.
Das ist kein Witz, das kann auch jede Mutter oder jeder Freund,
aber ihr müsst auch bedenken was für euch schwieriger ist, einmal am Tag Blätter holen oder ein permanentes Auge auf die Luftfeuchtigkeit zu haben.
Grade in der Phase von 200-1000 sind die Kolonien extrem instabil, 3 Stunden die falsche Luftfeuchtigkeit und euer Pilz ist restlos kaputt.
Also immer ein wachsames Auge auf eure Schützlinge haben!

2. Eine Blattschneiderkolonie soll es also sein?
Jetzt hast du erstmal deine hart verdienten 300euro ausgeben, aber da reißt es das nächste Loch in den Geldbeutel.
Du brauchst Becken!
Man kann dieses Selber bauen oder im Zoohandelkaufen, das ist aber extrem unvernünftig!
Ich empfehle, spare nicht am falschen Ende, kauf die Becken bei Antstore.
Bezahl die 100Euro für die Becken, am Ende wirst du es dir Danken.
Wenn du kein Geld für diese Ausrüstung hast, dann warte, bis du es hast!
Einen Tennisballgroßen Pilz in ein anderes Becken zu setzten tut weh, und ist purer Stress für die Kolonie und Königin.
Ich empfehle euch ein 60x30x30 Becken mit Gazedeckel, dazu noch zwei 3/4 Schlauverbinder.
Diese schließt ihr direkt an, dies erst bei 30 Liter Pilz zu tun, ist nicht empfehlenwert, denn dann krabbeln ein paar Ameisen in eurer Wohnung :fettgrins:
Sobald ein etwa Handballgroßer Pilz in dem Becken ist neues anschließen, öffnen ist hier nicht mehr möglich ohne das Arbeiter entwischen, auch wenn du den Deckel nur eine Sekunde öffnest.

3. Ausbruchschutz?
Ja den gibts ja auch noch...
Könnt ihr bei Attini direkt vergessen, für Umsetzaktionen hat sich Talkum bewährt, aber ansonsten Deckel.
Auch ein Wassgraben ist für Umsetzaktionen sehr großer Kolonien zu gebrauchen.

4.Die Kolonie ins Becken setzen.
Sprüht eine gute Menge lauwarmes Wasser mit einer Sprühflasche in das Becken, in etwa so viel das man kleine(!) Wassertropfen an allen Beckenwänden sieht.
Dann wartet ihr etwa 30Minuten und die Luftfeuchtigkeit ist optimal.
Jetzt legt ihr euren Pilz auf das nackte Glas und stülpt eine Plastikdose darüber.
In diese schneidet ihr 3 Ausgänge, die Ameisen werden diese so verschließen das eine perfekte Luftfeuchtigkeit herrscht.
Hierzu habe ich euch eine Zeichnung angefertigt.

Bild



Das sind die Grundlagen, an dieser Stelle noch einige Tipps von mir.


Milben rechtzeitig bemerken: Klebt einen Streifen Isolierband ganz außen über die Gaze, diesen zieht ihr dann einmal die Woche hoch und überprüft ob Milben darauf laufen.
Das funktioniert super, da die Ameisen von unten Dreck daran festkleben, und die Milben, insofern ihr welche habt, gerne dazwischen herumwuseln.
So kann man das optimal Kontrollieren.

Luftfeuchtigkeitsregulation: Ich benutze außer einem selbstgebauten Ventialtor für Notfälle keinerlei Technik.
Die Luftfeuchte reguliere ich durch Abdecken der Gaze durch ein Buch oder ähnlichem und durch das geben von frischen Blättern.
Sollte die Luftfeuchte zu hoch sein kann man auch mal ein paar Tage nur Haferflocken geben, dann senkt sich das ganz schnell wieder.
Hier nur Vorsicht Schimmelgefahr!

Je mehr Blätter eure Ameisen bekommen desto weniger versuchen sie auszubrechen!

Stellt euer Becken dunkel auf ein Regal, auf keinen Fall auf die Fensterbank. Beleuchtet und wärmt es nicht! Die optimale Temperatur liegt zwischen 21 und 25 Grad, also Raumtemperatur. Wobei die Ameisen das auch noch selbst regeln können. Also auf keinen Fall beheitzen!

Brauner Matsch im Becken? Das kommt vom Kondenswasser an den Scheiben! Die Ameisen lassen Blattstücke hinein fallen die sie dann nichtmehr aufheben können, diese gammeln und Bilden mit der Zeit eine braune Matsche! Um das zu verhindern gibt es 2 Varianten:
Beheizt das Zimmer (nicht das Becken!) leicht.
Sorgt mit einem Lüfter für gute Luftzirkulation, achtet aber strengstens darauf das ihr den Pilz nicht abtrocknet!

Und um ein säubern des Beckens einmal im Jahr oder spätestens jedes 3 jahr kommt ihr sowieso nicht herum.

Danach sehen eure Hände meistens aus als wenn ihr mit Rasierklingen gespielt hättet, bei Acromyrmex ist das Kinderkram, aber bei Atta?! Autsch!

Ich hoffe dieser "Einsteiger-Guide" wird vielen Leuten helfen!
Beste Grüße, Tim.
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Atta!

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christian
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#2 AW: Die Blattschneiderameisenhaltung - Guide

Beitrag von christian » 22. August 2011, 21:57

Danke Tim, für deine hilfreichen Tipps und Tricks! Hast du hier irgendwo einen Haltungsbericht von deinen Acromyrmex oder Atta?

Der Dosentrick ist meiner Meinung nach wirklich sehr hilfreich, kleine Blattschneiderkolonien die Möglichkeit zur Luftfeuchteregulierung zu bieten.

Man merkt deutlich, dass du weißt, wovon du redest :)

Wäre es aber nicht bei einer solchen Schwierigkeit mit Pilz von Atta besser, wenn man ihnen eher eine Glasscheibe statt Gaze drauflegt, das Becken schief stellt, dass kein Kondenzwasser auf den Pilz tropft und es öffnet, wenn es zu feucht wird? Zu feucht ist es doch bei Blattschneidern erst, wenn sie komplett bis zu ihren Coxen in Wasser stehen, oder?

Meine Acromyrmex kippen literweise braunes Pulver in ihr Futterbecken, das aber trocken ist; es rieselt zwischen den Seramis und hat im Urlaub meinen Acro's gut 'ne halbe Million Milben beschert, also hört auf Tim und lasst es bloß sein mit dem Substrat; ich musste über gut eine halbe Stunde das ganze Becken ausräumen und neu machen, weil der Siff gut verpackt war. Hat jemand eine Idee, was das für ein Pulver gewesen ist?

Was ist eigentlich mit deinem alten Account passiert?

Sorry, wenn ich hier in ein "geschlossenes" Thema schreibe, wenn das irgendwem net passt, kann das hier gerne ein Mod Löschen/Verschieben.

L.G. christian



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'wbk
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#3 AW: Die Blattschneiderameisenhaltung - Guide

Beitrag von 'wbk » 22. August 2011, 23:06

Ne, hier kann jeder schreiben, das ist gerne für Kommentare freigegeben.
Es gibt einen Haltungsbericht von mir über Acromyrmex cf. rugosus im eusozial-forum.
Und hier gibt's es einen neuen Atta sexdens Fotothread meiner 80.000er(?) Kolonie.
Den kann ich auch mal aktualisieren, hab eben Fotos gemacht, die Tage kommt vielleicht noch was zu meinen cephalothes oder texicana.
Ja ich verwende meist auch Glasscheiben, nur damals hab ich es halt als einfach Lösung mit einem Buck gemacht.
Mit dem schief stellen des Beckens habe ich noch keine Erfahrungen gemacht, ich halte die Luftfeuchtigkeit immer so, das das Wasser garnicht auf den Pilz tropft.

Ja, genau den Fehler mit dem Substrat hab ich auch schon einmal gemacht, ist ne ziemliche Sauerei! Besonders Kies oder Seramis ist da ganz schlimm.

Ich habe den damals löschen lassen als ich zu eusozial gegangen bin, ist aber ein ziemlicher Saftladen da drüben. Daher hab ich mich entschieden zurück nach hier zu kommen. :)


Atta!

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Ameise2000
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#4 AW: Die Blattschneiderameisenhaltung - Guide

Beitrag von Ameise2000 » 24. August 2011, 19:57

Bor warum hab ich mir nich auch gleich Atta mexicana geholt als ich die 600 öken hatte, klingt echt interresant.



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carti
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#5 AW: Die Blattschneiderameisenhaltung - Guide

Beitrag von carti » 14. September 2011, 22:10

Super Guide! Das macht Lust auf Blattschneiderameisen. Exerziert der Bericht auf eusozial.de noch?


Falls mein Kommentar hilfreich war bitte ja klicken:clap:

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'wbk
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#6 AW: Die Blattschneiderameisenhaltung - Guide

Beitrag von 'wbk » 14. September 2011, 22:42

Wird nichtmehr fortgeführt, wobei das nicht an mir liegt sondern an den Leuten dort.
Beste Grüße, Tim.

Edit: Angepasst.


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Imago
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#7 AW: Die Blattschneiderameisenhaltung - Guide

Beitrag von Imago » 14. September 2011, 23:36

Hallo!

Gute und mit sicherheit hilfreiche Tips für (zukünftige) Halter der Blattschneidenden Ameisen. Ich denke das schaft schon ganz gut Überblick. Damit sich ein evtl. zukünftiger Halter eine Vorstellung von dem Ausmaß solcher Kolonien machen kann, wäre es toll wenn Du evtl. noch ein Foto einstellen könntest, auf dem man eine Komplette Anlage sieht, die dazugehörige Arbeiterinnenzahl und den Zeitraum wie lange es bis zu diesem Ausmaß gedauert hat und wie viel Geld die Kolonie bisher verschluckt hat, plus den täglichen Arbeitsaufwand nennst. Dies sind nämlich die Argumente die, die meisten Neulinge völlig falsch einschätzen.

Den Eusozial Kommentar hättest Du Dir meiner Meinung verkneifen können, viele Leser und Schreiber sind in beiden Foren Unterwegs und erfreuen sich an den dort bereitgestelten Informationen. So wie ich z.B. und als ehemaliger Moderator von eusozial.de lese ich das nicht so gerne, zumal ich ja die ganze Geschichte kenne.

Solche Einwürfe passen einfach nicht in einen Bericht der eigentlich gute Informationen bereitstellt.

LG Imago



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christian
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#8 AW: Die Blattschneiderameisenhaltung - Guide

Beitrag von christian » 15. September 2011, 15:13

http://www.antstore.net/viewtopic.php?t=6949

Noch ein wirklich sehr interessanter und lesenswerter Artikel. Ich verfolge ihn regelmäßig; er enthält auch alle Angaben, die Imago schon erfragt hat.

LG



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