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Australien-Trip 1. Akt - Fotobericht

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#1 Australien-Trip 1. Akt - Fotobericht

Beitrag von cvb » 12. April 2006, 09:55

Hallo liebe Ameisenfreunde, habe mich schon sehr lange nicht mehr gemeldet und möchte mich jetzt mit einigen Bildern aus dem traumhaften Australien zurückmelden. Ich habe in Australien die Gelegenheit bekommen meine Diplomarbeit über Melophorus bagoti, eine Wüsten- oder Honigtopfameise des outbacks, bei Herrn Wehner zu machen. So konnte ich eine sehr interessante Fragestellung untersuchen und gleichzeitig eine vollkommen fremde Tierwelt entdecken. Ich möchte euch einige Bilder meiner Reisen zeigen. Ich habe 3 Monate in der Nähe von Alice Springs, auf dem Gelände des CSIRO gelebt und 5 Wochen eine Tour entlang der Ostküste gemacht (Cairns-Sydney). Natürlich kann ich euch nur einen klitzekleinen Ausschnitt meiner tollen Erlebnisse zeigen, ich versuche mich kurz zu fassen J. Ich werde euch v.a. natürlich die Ameisen zeigen. Meine Familie hat sich schon beschwert, dass ich nur „Viecher“ fotografiert habe, ich hoffe dass stört euch nicht.
Zunächst einmal hat mir Ajay (http://antlinks.blogspot.com/), der seine PhD vor Ort machte, am ersten Tag ein Bull ant Nest gezeigt. Also zunächst mal die Ameisen:
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Myrmecia spec.

Für mich war das faszinierenste in Sachen Ameisen, neue Unterfamilien kennen zu lernen, mit denen ich mich vorher nicht beschäftigt habe. Eine davon ist die der Myrmiciinae (nicht zu verwechseln mit Myrmicinae; http://www.ento.csiro.au/science/ants/myrmeciinae/myrmeciinae.htm ). Als mich Ajay in der Abendämmerung zum Bullant Nest führte, konnte er meine Faszination wohl gut nachempfinden. Ich war platt. So riesige elegante Ameisen habe ich noch nie gesehen. Vor allem ihre Aggressivität hielt mich in ihrem Bann. Sie fokussierten mich und mit ihren aufgerissenen Mandibeln liefen sie sogar auf mich zu, ohne dass kleinste Anzeichen die Flucht ergreifen zu wollen, schließlich bin ich doch noch ein bisschen größer als diese gigantischen Ameisen. Als ich später an einem toten Tier den riesigen Stachel sah, dachte ich mir, mit dieser Waffe hätte wohl eher ich die Flucht ergreifen müssen, aber die Begeisterung lies mich einige Zeit an diesem Nest verharren. Ich konnte während meiner Reise an der Ostküste 2 weitere Bullant Arten entdecken. Eine davon konnte regelrecht Sprünge vollführen, wie ich dann auch im Buch von Andersen nachlesen konnte
(„jumper ants“). Ein sehr skuriles Bild. Ich wollte einer dieser Hüpfer einfangen, aber als sie plötzlich loshüpfte bin regelrecht erschreckt, schließlich haben die Bull ants einen Stachel, der schmerzvolle Stiche austeilt. Leider habe ich nahezu keine Bestimmungen durchgeführt, da ich nur eine 10-fach Lupe mitgenommen habe. Eine Bestimmungsliteratur zur Australischen Ameisenfauna kann auf der Homepage http://www.ento.csiro.au/science/ants/ runtergeladen werden. Allerdings ist die Ameisenfauna längst nicht so bekannt und erforscht, wie ich es aus Europa gewohnt war. Beispielsweise fanden wir keinerlei Bestimmungsschlüssel zur Gattung Melophorus, in der wohl noch unzählige neue Arten zu beschreiben sind. Sehr ungewohnt für mich, der seinen Seifert auspackt, um bis auf die Artebene zu bestimmen.
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Odontomachus sp.

Eine weitere für mich eher unbekannte Unterfamilie war die der Ponerinae (kannte bisher nur Ponera coarctata, welche ich im Dossenwald nähe Mannheim fand), wobei es hier unzählige Arten in der Australischen Wüste gab.
Eine der spektakulärsten waren diese Ameisen der Gattung Odontomachus
( http://www.ento.csiro.au/science/ants/ponerinae/odontomachus/odontomachus.htm ).
Vor unserer Eingangstür haben wir ein Nest dieser schönen Art entdeckt. Ab und zu habe ich die toten Insekten aus dem Mülleimer als Futter für sie ausgelegt, wobei dieses Bild entstand. Am auffälligsten sind die Kopfform und die weit aufgerissenen Mandibeln, die sehr bedrohlich erscheinen.
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Iridomyrmex purpureus (groß) Meranoplus sp. (klein)

Hier ist gleich die nächste unbekannte Familie, nämlich die der Dolichoderinae.
Die Meat ants Iridomyrmex purpureus
( http://www.ento.csiro.au/science/ants/dolichoderinae/iridomyrmex/iridomyrmex.htm ) waren für mich die dominanteste Ameisenart unserer Gegend. Ihre Nester sind auffällig, da keine Vegetation im Nestbereich vorkommt.
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Die Strassen sind sehr breit und ebenfalls ohne Vegetation oder sonstige Hindernisse. Es kommt einem so vor wie große Highways, die sehr gut instandgehalten werden. Im Morgen oder gegen Abend, wenn die Sonne den Boden nicht mehr so sehr erhitzt (Tagestemperaturen ca. zw.38-44°C), kommen die meat ants in enormer Anzahl aus ihren vielen Nestöffnungen und folgen den Straßensystemen zu den nächstgelegen ghost gums (Eukalyptusbäume). Wenn man über ihr Nest lief strömten unzählige Tiere aus den vielen Nesteingängen heraus, so dass sich ein schwarzer, sich bewegender Teppich über den Boden bewegte. Ein sehr effizienter Verteidigungsmechanismus, da ich leidvoll selbst erfahren musste, wie sehr sie mit ihren Mandibeln zwicken können.
Die andere Art, die man auf diesem Bild sehen kann, war eine Meranoplus Art (Unterfamilie Myrmicinae), die im Meat ant Nest zu leben schien (http://www.ento.csiro.au/science/ants/myrmicinae/meranoplus/meranoplus.htm ). Sobald eine Meat ant Arbeiterin zu einer Meranoplus Arbeiterin lief, rollte sich die Meranoplus Arbeiterin zusammen und lies sich scheinbar bereitwillig ins Nest der Meat ants zurücktragen. Sie haben ein schildförmiges Mesosoma, wie man schön auf den elektronenmikroskopischen Bildern der angegeben Homepage erkennen kann. Ich habe mir einige Alkoholpräperate per Schiff nach Hause gesendet. Ich hoffe sie kommen durch den Zoll.
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Cerapachys sp.

Und die nächste neue Unterfamilie, Cerapachyinae. Diese Art der Gattung Cerapachys
( http://www.ento.csiro.au/science/ants/cerapachyinae/cerapachys/cerapachys.htm ) wurde von Ajay ganz in der Nähe seines Experimentfeldes entdeckt. Hier sieht man eine Arbeiterin, die gerade von einem Raubzug auf ein anderes Ameisennest zurückkehrt. Wir konnten an einem Morgen, dank Stefans scharfen Augen, einen Raubzug dieser Art beobachten. Ich konnte 156 Schritte (bin 1,85 gross) vom Cerapachys Nest zum ausgeraubten Nest zählen, was mir schon als eine recht große Distanz erschien. Ich konnte 2 Raubzüge beobachten, in denen ich nie Ameisen der ausgeraubten Kolonie finden konnte. Als ich einige Tiere einfangen habe für meine Alkoholpräperate musste ich schmerzhaft feststellen, dass ihr Stich ein äußerst potentes Gift enthält. Ich hatte für 2-3 Tage leichte Scherzen im gestochenen Zeigefinger, also Vorsicht!

Bild Bild
Oecophylla smaragdina

Fehlen dürfen nach einem Besuch in Queensland natürlich auch nicht die Weberameisen Oecophylla smaragdina (http://www.ento.csiro.au/science/ants/formicinae/oecophylla/oecophylla.htm), die durch die Untersuchungen von Hölldobler und Wilson und zuletzt auch durch das Titelbild von „The ants“ jedem Ameiseninteressierten bekannt sind. Ich habe in den Atherton Tablelands (tropischer Regenwald) schon sehnlichst nach ihnen gesucht, aber keine Tiere gefunden. Ajay konnte es auch gar nicht fassen, als ich ihm erzählte, dass ich noch nie Weberameisen, außer im TV, gesehen habe. Dann fand ich einige Tiere in der Nähe von Cairns, konnte aber nur ein kleines Nest entdecken. Schließlich wurde meine Suche nach diesen kleinen Naturwundern auf Magnetic Island, einer Insel vor Townsville, reichlich belohnt. Hier konnte man sich vor Nestern gar nicht mehr retten. Ein Baum war vollkommen vertrocknet und ich konnte 9 vertrocknete Nestbauten in ihm entdeckten. Da haben die Ameisen wohl zu dem Absterben ihrer Bausubstanz beigetragen. Diese kleinen grünen Ameisen (auch „green ants“ genannt im Volksmund) sind ebenfalls aggressive Verteidiger ihrer Nester. Schön kann man im 2.ten Bild die Drohung der Arbeiterinnen sehen, die ihre Mandibeln spreizen und ihren Gaster in die Höhe stecken. Da diese Tiere aber zur Unterfamilie der Formicinae gehören, geht von ihnen zumindest keine schmerzliche Gefahr eines Stiches aus. Ihre Säure schmeckt sogar. Ich habe mir eine Arbeiterin geschnappt, und ihren Gaster auf meine Zunge gedrückt, wobei sich sogleich ein intensiver Limettengeschmack im Mund ausbreitete. Ein Tour-guide teilte uns mit, dass diese Tiere in der Aborigineküche in Blätter gepackt und geschüttelt werden, damit die Aborogines später ihre Nahrung in den Blättern zubereiten können. Ein lebender Zitronenersatz quasi.
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vermutlich Leptomyrmex sp.

Diese Leptomyrmex Art (http://www.ento.csiro.au/science/ants/dolichoderinae/leptomyrmex/leptomyrmex.htm) konnte ich des öfteren in den tropischen Regenwäldern von Queensland am Boden furagieren sehen. Sie laufen sehr schnell und haben ihren Gaster zumeist stark nach oben berichtet. Ich kannte diese Verhaltensweise bisher nur von Wüstenameisen der Gattungen Cataglyphys oder Melophorus (Cerdá, 2001).
So nun habe ich die erste CD mit Bildern durchforstet. Werde euch die restlichen Bilder noch nachliefern v.a. dann auch von meiner untersuchten Art Melophorus bagoti, von der wir 2 gründende Jungköniginnen erfolgreich zur Nestgründung bewegen konnten. Nun zuerst einmal einige Bilder von anderen Arthropoden:
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Gegen einen begeisterten Naturfreund ist keine Tarnung gefeilt. Spinne auf ghost gum.
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Stropis maculosa – Leopard grasshoper
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Eine „red back“, die sich freundlicherweise unter unserem Wohnzimmerstuhl einistete, wir haben ihr dann ins freie verholfen.

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eine der unzähligen und unbegreifbar lauten Zikaden
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Termitenhochzeitsflug. Das war ein Spektakel. Die Tierwelt rastete vollkommen aus. Der Boden war von unzähligen Ameisen verschiedenster Arten gefüllt. Die aggressiven Meat ants sammelten neben den sonst sehr ängstlichen Melophorus Arbeiterinnen unzählige Termiten ein. Aber dieser plötzlichen Nahrungsexplosion konnten auch die unzähligen Ameisen nicht her werden. Am nächsten Tag war der Boden mit tausenden von kleinen Grabhügeln der Termiten am Boden verstreut. Die Vögel kreisten über uns, um die fliegenden Jungkönige + Königinnen zu vertilgen. Wir konnten 7 Jagdvögel an einem Punkt am Himmel direkt über uns sehen. Das war ein Spektakel, wie ich es noch nie erlebt habe.
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Nashornkäfer auf meinem Unterarm

Zum Schluss möchte ich mich noch ganz herzlich bei Ryk bedanken, ohne den meine Diplomarbeit bei Hernn Wehner und damit auch meine eindrucksvolle Reise nach Australien vielleicht gar nicht stattgefunden hätte. Nachdem ich ins Ameisenforum eine Wohnungsanfrage in Zürich startete, da ich nach reichlicher Internetsuche und herumtelefoniererei keine Wohnung fand, inserierte er bereitwillig in eine Züricher Zeitung, so dass ich dadurch 2 bezaubernde Gasteltern in Zürich fand. Ein Vorbild an Hilfsbereitschaft. Außerdem schmeckt sein Züricher Geschnetzeltes vorzüglich J.
Wünsche uns allen nun den baldigen Frühlingsbeginn!!
MfG cvb


- http://www.ento.csiro.au/science/ants/
-Andersen
The Ants of Northern Australia
-Cerdá
Behavioural and physiological traits to thermal stress tolerance in two Spanish desert ants.
Etologia, 9:15-27 (2001)



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