http://www.ameisenforum.de/fotoberichte/31828-sklaven-im-eigenen-garten.html.
Das reicht aber nicht. Jeder sieht Serviformica
Ich will versuchen, die wichtigsten Serviformica-Arten der Niederungen näher zu beleuchten. Vielleicht ist es ein kleiner Beitrag für uns Laien sich diesem Thema allgemein verständlich zu nähern, wohl wissend, dass das Thema schwierig ist und man sich leicht aufs Glatteis begeben kann.
I. Beobachtung:
Es ist erforderlich eine Großzahl der Individuen eines Nestes und möglichst viele Nester einer Art zu beobachten und "unter die Lupe" zu nehmen. Das hat vor allem mit der unterschiedlichen Größe und Ausfärbung der Tiere zu tun.
I. 1. Größe:
Bei allen Serviformica-Arten gibt es im gleichen Nest Arbeiterinnen in unterschiedlicher Größe. Die Bandbreite reicht von etwa 5 - max. 7mm, nur bei Serviformica cf. lusatica bis 8mm. Aber auch zwischen den Nestern der gleichen Art gibt es augenscheinliche Größenunterschiede, die sicher nicht mit den Ernährungsmöglichkeiten der Population zusammenhängen.
Vielleicht gibt es hier Parallelen zu den nahe verwandten Waldameisen, wo bei einigen Arten die Arbeiterinnen polygyner Nester durchschnittlich deutlich kleiner sind, als jene in monogynen Nestern (Seifert 2007, S. 309).
I. 2. Unterschiede in der Ausfärbung:
Diese spielen für die schwarzen Serviformica-Arten (z. B. F. fusca) oder die Mitglieder der F. cinerea-Gruppe so gut wie keine Rolle. Deutlich fallen die Unterschiede jedoch bei den "bunten" Arten der rufibarbis-Gruppe aus (Schwesternarten F. cunicularia, F. rufibarbis, F. lusatica), sowohl zwischen verschiedenen Völkern der gleichen Art, als auch innerhalb eines Nestes: Kleine Arbeiterinnen sind stets dunkler gefärbt als die großen Exemplare. Außerdem gibt es zwischen den Schwesternarten auch andere Merkmalsüberschneidungen, auf die hier nicht eingegangen wird.
I. 3. Habitus:
Die körperlichen Proportionen (Kopf-
I. 4. Ernährung und Jagdverhalten:
Alle genannten Arten ernähren sich vorwiegend
Entscheidend ist aber die Teamarbeit, die Fähigkeit gemeinsam größere Beutetiere zu erlegen und abzutransportieren.
I. 5. Aggressivität:
Hier gibt es nicht nur einen deutlichen Unterschied zwischen juvenilen und reifen Nestern, sondern auch eine Abstufung zwischen den einzelnen Arten:
Kleine Nester von F. fusca zeigen nur bei der Verteidigung des eigenen Nestes kurzfristig aggressives Verhalten, sehr starke Populationen dieser sonst als eher fluchtbereit eingestuften Art können in gewissen Situationen sehr wohl aggressives Verhalten an den Tag legen. Es wurde von mir z. B. hier geschildert:
http://www.ameisenforum.de/beobachtungen-im-freiland/angriff-von-raptiformica-sanguinea-t29831.html.
Im Ãœbrigen kann man aber bei den beschriebenen Arten bei Aggressions- und Dominanzverhalten folgende Abstufung von unten nach oben vornehmen:
1. F. fusca, 2. F. cunicularia, 3. Große Einzelnester d. F. cinerea-Gruppe und F. rufibarbis, 4. F. cf. lusatica und die Superkolonien der cinerea-Gruppe.
Bei einer Störung des Nestes verhält sich etwa F. cf. lusatica sehr aggressiv, die Tiere schwärmen nach raschester Rekrutierung sofort ein, zwei m² um das Nest aus, um den Feind aufzuspüren. Dieses Verhalten kann man sonst nur bei den Superkolonien der cinerea-Gruppe beobachten.
I. 6. Reaktion auf Sozialparasiten:
Bei allen Serviformica-Arten gibt es hier wieder deutliche Unterschiede zwischen jungen und reifen Kolonien. Hier sind meine über 10 Jahre zurückreichenden Erfahrungen in der Interaktion vor allem mit Polyergus rufescens hilfreich:
Während auch reife Nester von Formica fusca und Formica cunicularia von den Amazonenameisen stets erfolgreich ihrer
http://www.ameisenforum.de/beobachtungen-im-freiland/21747-raubzuege-der-amazonen.html (letzter Bericht)
Superkolonien der cinerea-Gruppe und volkstarke Nester von F. cf. lusatica sind offenbar kaum jemals zu überwinden. Die Schilderung einer sehr erfolgreichen Abwehr eines Angriffes der Amazonenameisen durch F. cf. lusatica ist ebenfalls im oben angegebenen Link zu finden (Anfang).
Ein zugegeben noch schwaches Kriterium für die Zuordnung zu F. lusatica dürfte das Verhalten dieser Art gegenüber dem oben genannten Angreifer sein: Keine Sklavenart - auch nicht Formica rufibarbis - verfolgt die Angreifer nach erfolgreichem od. gescheitertem Angriff über viele Meter bis zu deren eigenem Nest. Ich konnte solche Aktionen allerdings erst 2 Mal beobachten. Der Abstand zw. dem Nest von Polyergus rufescens und den Zielnestern betrug einmal etwa 8m, das zweite Mal etwa 13m.
II. Bestimmung der Art:
Diese soll gleich mit Hilfe der eingestellten Bilder erfolgen!
1. Formica fusca:
Eine
2. Ein Männchen von Formica fusca. Die Männchen spielen bei der Bestimmung sonst keine Rolle:
3. Die typische Waldrand-Ameise: Ihre Nester befinden sich häufig an Waldrändern unter Steinen, unter und im aufliegenden Totholz od. in Holzstrünken.
Arbeiterinnen zeigen an den Gastersegmenten bei bestimmtem Lichteifall durch schwache Pubeszenz einen silbrigen Effekt, der auf den ersten Blick die Zuordnung mitunter erschweren kann:
4. Formica cunicularia:
Von den 3 Schwesternarten gibt es hier die einzige
5. Aufpassen! Eine
6. Arbeiterin. Die Nester dieser Art befinden sich in Trockenwiesen und auf südseitig geneigten Hängen. Bei dichterem Grasbewuchs werden mitunter ansehnliche Erdburgen errichtet.
Gerade der
7. Formica rufibarbis:
Die
8. Hier sieht man die typische Rückenzeichnung besser:
9. Die Arbeiterinnen zeigen einen höheren Anteil an roter Pigmentierung am
Diese Art ist sehr thermophil, die Nester findet man daher nur in südseitigen Trockenwiesen, an Weg- und Wiesenrändern. Erforderlich ist eine höhere Bodentemperatur infolge geringen Bewuchses.
10. Formica cf. lusatica; (ab 2009):Formica clara FOREL, 1886
Die Bestimmung von F. lusatica ist besonders schwierig und wurde erst vor kurzem diskutiert, hier:
Bestimmung zweier Gynen - Bestimmung [Formica cunicularia; Formica rufibarbis] - Ameisenforum.de
Daher das "cf" vor dem Artnamen.
Jedenfalls ist die Art extrem thermophil. Die Vorkommen sind zerstreut und auf ausgesprochene Wärmegebiete beschränkt. Im Beobachtungsgebiet kommen sie nur im collinen Bereich vor, in lückenhaft bewachsenen und südwärts geneigten Trockenwiesen, dort noch häufig die Nähe anstehender Felsen als Wärmespeicher nützend, an kaum bewachsenen Straßenböschungen, Wegrändern.
Es gibt einige Indizien, die für die Zuordnung zu dieser Art sprechen:
a) Größe: Ein Teil der Individuen in solchen Nestern besteht aus großen Tieren. Nur sie erreichen 8mm Körperlänge und sind von kräftiger Statur.
b) Sehr leichte Erregbarkeit und Aggression, die schon an das Verhalten der Waldameisen erinnern. Und dann die oben geschilderte Reaktion auf Angriffe von Polyergus rufescens.
c) Ich habe auch einige Tiere unter dem Mikroskop beobachtet: Geringer behaartes Pronotum, fließender Übergang der rötlichen Wangen in die Umgebungsfarbe! Ob aber Scapus und Kopf länger sind als bei F. rufibarbis kann ich nicht sagen. (Vgl. Seifert 2007, S. 182f.)
In diesem Thread habe ich mich ebenfalls ausführlich mit Serviformica cf. clara befasst:
http://www.ameisenforum.de/beobachtungen-im-freiland/21747-raubzuege-der-amazonen.html
10.
11.
12.
13. Arbeiterinnen von F. cf. clara: Die Ameisen auf diesem Bild entsprechen alle in der Größe den größten Arbeiterinnen der anderen Serviformica-Arten. Das Tier ganz rechts misst 8mm, der Kopf ist deutlich sichtbar größer und der
14. Zwei Arbeiterinnen aus einem anderen Nest: Alle großen und die größten Arbeiterinnen haben einen fast od. ganz hellrot gefärbten
15. Serviformica aus der cinerea-Gruppe:
Die 3 Arten der cinerea-Gruppe sind mit freiem Auge nicht zu unterscheiden, leben in sehr ähnlichen Habitaten und zeigen ein weitgehend identes Verhalten. Sie benötigen extrem xerotherme Gebiete, in der Natur kaum bewachsene und sehr gut besonnte Schotter- und Kiesterrassen der Flüsse und Wildbäche, sonst Dünen, als Pionierarten Abraumhalden der Bergwerke usw. Nur Formica fuscocinerea (beschränkte Vorkommen auf den Alpenbereich/Alpenvorländer im N und S) erobert als Ersatzhabitate die weitgehend versiegelten Flächen der Städte.
16.
Grüße v. Boro
http://picmirror.de/bild.php/18874_servif.cin.kg.14.jpg