Lasius brunneus - Gründungserfahrungen (2 Gynen)

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DermitderMeise
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#1 Lasius brunneus - Gründungserfahrungen (2 Gynen)

Beitrag von DermitderMeise » 19. Juni 2011, 20:13

Hallo Forum,
hier noch ein Thema, das sich vorwiegend mit der Gründung auseinander setzen wird.

Es geht, wie schon weiter oben steht, um die Braune Wegameise Lasius brunneus.

Informationen zur Art findet ihr hier:
Artbeschreibung im Forum
Artbeschreibung im Ameisenwiki

An anderer Stelle hatte ich mich dazu schon kurz geäußert, hier möchte ich noch einmal die Gründungsbedingungen etwas ausführlicher beschreiben. Bilder sind auch gemacht & folgen in einem der nächsten Beiträge.

Beide Königinnen fand ich abends am 30.05. in Ost-Hamburg auf einem kleinen Spaziergang, den ich genau zu diesem Zweck unternahm. Sie liefen beide auf dem Bürgersteig von wenig befahrenen, begrünten Straßen umher, ich fand sie im Abstand von etwa 300 m Luftlinie.
Die erste gefundene Königin (im weiteren Text bezeichnet als Nr. 1) hatte keine Flügel mehr, die zweite (Nr. 2) dagegen schon. Da letztere trotzdem wie die erste gefundene sich eher suchend als flüchtend verhielt und ich davon ausging dass sie begattet wurde, nahm ich sie mit und setzte beide zusammen in ein Fangröhrchen, was kurzes Befühlern zur Folge hatte, mehr aber auch nicht.

Aus diesem Zusammensetzen entstand der Gedanke, die beiden in Pleometrose gründen zu lassen - nicht weil ich Kämpfe sehen will, sondern weil mich interessiert, ob es bei einer zerstreut schwärmenden Art, die ihr Nest auf oder zumindest in der Nähe von Bäumen in Holz gründet und dort auch bevorzugt lebt (arboricol), eine Neigung dazu gibt.

Zu Hause bereitete ich am selben Tag ein Reagenzglas mit einem Innendurchmesser von ~ einem und einer Länge von 5 cm vor: Zur Hälfte mit Wasser gefüllt, anschließend der Wattestopfen. Da ich irgendwo gelesen hatte, dass sich eine Königin von Lasius brunneus deutlich beruhigte, nachdem ein Holzstück im RG landete, legte ich zwei flache Eichenrinden-Stücke dazu, die das RG in zwei Hälften teilten, aber trotzdem genug Platz ließen, um auf die andere Seite des Raumteilers zu wechseln. Tatsächlich wurden die Tiere plötzlich sehr ruhig als sie das Holz bekamen und fingen an einzelne Teile davon zu untersuchen. Wäre spannend zu wissen, ob das auch auf die beiden großen, häufigen Camponotus-Arten zutreffen würde? Nach wie vor war das Interesse füreinander sehr gering. In diesem Zustand überließ ich sie erst einmal ihren Angelegenheiten und legte sie mit roter Folie über dem RG ins Regal.

Am nächsten Abend (31.05.) sah ich wieder nach, Nr. 2 hatte ihre Flügel abgestreift! Und Nr. 1 einige Eier (5-10) gelegt! Erfreulich also.
Nicht so erfreulich für mein ursprüngliches Vorhaben, aber mindestens genauso interessant: Königin Nr. 1 hatte begonnen, sich aus zerkleinertem Holz eine Kammer zu bauen, netterweise so, dass man einen guten Einblick hat. Währenddessen hielt sich Nr. 2 auf der anderen Seite des Rindenstücks auf und zeigte Desinteresse dafür, was die Kollegin/Konkurrenz machte.
Im Lauf der ersten Woche baute sich Königin 1 komplett ein, Königin 2 schloss den Raum zwischen Reagenzglas und Holz mit den schon erwähnten Holzbröseln und ein bisschen Watte, so dass Nr. 1 und Nr. 2 in unterschiedlich großen Kammern im gleichen Reagenzglas, aber deutlich voneinander getrennt gründen.
Eine Pleometrose war also nicht gefragt.
Dadurch dass die Watte des Wassertanks Kontakt zum Holz hatte, wurde dieses feucht gehalten; das Wasser wurde in zwei Wochen komplett aus dem Wassertank gesogen, so dass er jetzt leer ist, aber das Material im Reagenzglas noch feucht.


So, das war's erst einmal - wer etwas loswerden möchte, kann sich an dieser Stelle äußern. :)
Vielleicht geht es nachher noch weiter oder erst in den nächsten Tagen, je nachdem wie die Zeit es zulässt.



DermitderMeise
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#2 AW: Lasius brunneus zu zweit - Gründungserfahrungen

Beitrag von DermitderMeise » 20. Juni 2011, 17:16

Weiter geht's!
Am 01.06. hatte Nr. 2 auch einige wenige Eier gelegt, in der folgenden Woche holte sie enorm auf, so dass die Tiere am 08.06. etwa die gleiche Brutmenge aufwiesen. In den folgenden zwei Wochen legten beide weiterhin Eier wie die Weltmeisterinnen - das habe ich so noch nicht einmal bei gründenden Lasius cf. niger gesehen, weiter unten gibt es Bilder.
Vor einer knappen Woche konnte ich die erste winzige Larve bei Königin 1 sichten, inzwischen haben beide mehrere Larven, s. auch dazu die Bilder.

Gestern habe ich noch Wasser mit einer langen Nadel nachgefüllt, dabei verschob sich die Wassertankwatte ein wenig und ein kleiner Spalt zwischen den Gründungskammern wurde geöffnet; Königin 2 hätte dadurch nur zu gern der Konkurrenz die Brut geklaut, doch der Kopf passte nicht weit genug durch. Heute ist der Spalt wieder geschlossen und jede gründet friedlich weiter in der eigenen kleinen, zerbrechlichen Festung.

Der Blick in die Kinderstuben:
- Bilder vom 16.06. -

Bild
Königin 1 in der kleinen Kammer, gleichzeitig auch ein Überblick über den Raum, der zur Verfügung stand. Die Holzbrösel wurden, wie schon geschrieben, von den Tieren selbst ausgenagt und zum Bauen verwendet.

Bild
Kammer von Gyne 1 vergrößert, mehr als 40 Eier und fünf Larven, die sich gerade um einige Eier "kümmern" (werden gefressen); oben rechts die angrenzende Kammer von Gyne 2, dort schlüpft eine Larve (das längliche, trübe Ei)

Bild
Der Versuch eines Bildes auf dem beide Kammern zu sehen sind: links Nr. 1, rechts Nr. 2, das RG liegt normalerweise auf der Kammer von Königin 1.

Bild
Königin 2 in ihrer geräumigen Kammer

Bild
Der Bruthaufen von Nr. 2, vergrößert - na, wer möchte zählen? Ich habe bei 40 Eiern aufgehört, dazu wiederum 6, eher 7 Larven.


Kommentare? Hier!



DermitderMeise
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#3 AW: Lasius brunneus zu zweit - Der Zorn der Pygmäen, Teil I

Beitrag von DermitderMeise » 13. November 2011, 21:05

So, long time no see - aber es gibt Neuigkeiten. Unerfreuliche zwar, aber auch die möchten natürlich berichtet werden!

[SIZE="3"]Teil I, Der Zorn der Pygmäen[/SIZE]

Anfang Juli tauchten in beiden Gründungskammern die ersten Puppen auf; es stellte sich heraus, dass die meisten Eier der Fütterung der Larven dienten, denn es kam nur ein Bruchteil der Eizahl an Puppen heraus. Trotzdem - die Entwicklung verlief in beiden Kammern rasant.

In der zweiten Julihälfte müssen dann die ersten Arbeiterinnen geschlüpft sein. Ich benutze diese indirekte Formulierung, weil ich zu dem Zeitpunkt für einige Tage krank war; darüber gelang es mir nicht wie sonst täglich nach dem 2-in-1-Reagenzglas zu sehen.

Und alles nahm seinen Lauf, mit doppelt überraschendem Ausgang (dazu später mehr):
- Das vorher ordentlich aufgeteilte Innere des RG sah aus als wenn jemand mit einem Kaffeeaufschäumer darin herumgerührt hätte. Oder wie eine implodierte Thermoskanne.
- Es waren weder Arbeiterinnen noch Königinnen noch Brut in irgend einem Stadium zu sehen.
Die beiden Kolonien waren also nach erfolgreicher claustraler Phase mit aller Vehemenz aufeinander losgegangen. War da noch etwas zu retten?

Durch vorsichtiges Hin- und Herrollen ließen sich ein oder zwei Arbeiterinnen sichten. Also doch Lebenszeichen - daraufhin öffnete ich das RG und bot Honigwasser & kleinere Tiere an. Vereinzelt war immer mal eine Arbeiterin zu sehen.
In diesem Zustand ließ ich die Tiere erst einmal, denn zu retten war da nichts mehr. Einen genauen Überblick über die Überlebenden konnte ich mir ohne große Störung des Nestes nicht verschaffen, weil es durch die Neu(un)ordnung zu dem schon erwähnten ordentlichen Durcheinander gekommen war.

Fortsetzung folgt - weiter geht es an dieser Stelle entweder nachher oder an einem der nächsten Tage; wer vorsorglich schon etwas sagen oder spekulieren möchte was sich alles wiederfand, kann das gerne hier tun.



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#4 AW: Lasius brunneus - Gründungserfahrungen (2 Gynen)

Beitrag von DermitderMeise » 5. Mai 2012, 16:38

Nachdem ich den Spannungsbogen mittlerweile deutlich überspannt habe :sleep:, geht es jetzt endlich und leider abschließend weiter.

[SIZE="3"]Teil II, Die Rache der Pygmäen[/SIZE]

Der oben beschriebene gut durchmischte und sehr undurchsichtige Reagenzglasinhalt inkl. der Bewohner verbrachte wie oben geschildert die Wochen bis in den Herbst.
Als ich das Reagenzglas Ende Oktober mit anderen Kolonien in die Winterruhe schicken wollte, war der Wasservorrat allerdings leer. Das nahm ich zum Anlass, den Inhalt bei einer Übersiedelung von Hand genauer unter die Lupe zu nehmen. Zuerst rührte sich nichts, aber nach vorsichtigem Herausbröckeln des Inhalts mit der Pinzette kam doch Bewegung in die Sache.

Es fanden sich :
- einige Pygmäen, ca. 10 an der Zahl
- einige kleine Larven im überwinterungsbereiten Zustand
- ein Königinnen-Bausatz; allerdings unvollständig: ein Thorax mit Kopf, ein Gasterteil, mehrere Beine

Beide Königinnen wurden zu Hackchitin verarbeitet! Ob nun die Arbeiterinnen jeweils die Königin der anderen Kolonie beseitig haben oder ob frau sich zusammentat - das wäre interessant zu wissen, kann man dem Endergebnis aber nicht mehr entnehmen.

Nach diesem Ende mit Schrecken wollte ich die Arbeiterinnen weiter halten und sie im nächsten Jahr - also jetzt - bei der Aufzucht der restlichen Brut beobachten; doch auch hier kam es anders als erhofft.
Durch einen erstaunlich dämlichen Schachzug meinerseits :angst: :andiewand: :irre: bei der Einwinterung starben auch die Arbeiterinnen: Sie wurden gegrillt (Details hier).

Dieser Bericht endet also hier.

Fazit: Lasius brunneus ist monogyn, und zwar mit Abstand.
Fazit2: Die Ameisen lieber in die allerdunkelste Ecke stellen als irgendwohin.

Abschließende Kommentare können hier eingereicht werden.



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