Misserfolg!Es gibt auch Rückschläge bzw. Misserfolge, die man eingestehen muss!
1. Die oben zuletzt gezeigte
Gyne, die ich mit
F. cunicularia gründen ließ, wurde bei der gestrigen Kontrolle tot aufgefunden. Ich kontrolliere nur alle 10-14 Tage, um die Störung möglichst kurz zu gestalten. Die Hilfsameisen scharten sich noch um die tote
Königin.
2. Die positive Meldung: Das 2. Nest mit
F. fusca wurde heute morgen freigesetzt, die (verletzte)
Gyne scheint noch in Ordnung zu sein. Es gibt inszwischen über 600 Hilfsameisen im Nest und keine
Brut mehr. Die
späte Freisetzung erfolgte nur, weil für die nächste Zeit günstiges Wetter vorhergesagt ist. Die freigesetzten Kolonien brauchen nämlich 2-3 Wochen, um sich in der neuen Umgebung einzuleben u. eventuell
noch Nahrungsquellen zu erschließen. Es folgt aber auch eine Nachbetreuung meinerseits.
Zurück zum ersten Punkt:
Hier haben wir die
Gyne, ein trauriger Anblick:
Auffallend sind die abgefallenen (?) od. amputierten Gliedmaßen u. Antennen. Gewalteinwirkung kann nicht ausgeschlossen werden Ein. Pilzbefall ist nicht festzustellen.
Ich habe inzwischen einen Verdacht (mehr ist es nicht): Vor 2 od. 3 Jahren ist mir einmal eine
Königin nach erfolgreicher Gründung bei
F. rufibarbis und anschließender Überwinterung Ende März abgestorben. Damals wurden die zerstückelten Reste der
Gyne aus dem Nest transportiert. Schon vorher ist mir trotz entsprechender Temperatur u. Fütterung die geringe Aktivität der gorßen u. aggressiven Arbeiterinnen aufgefallen. Ich hab dann bemerkt, dass eine Serviformica-Arbeiterin physogastrisch ist und mit dem Ablegen v. Einern begonnen hatte. Könnte es sein, dass rufibarbis-Arbeiterinnen auch noch im Nachhinein "ihre" Polyergus-
Königin töten?
Diesmal habe ich mit
F. cunicularia vergesellschaftet, konnte aber in der Folge partout keine cunicularia-Nester mit entsprechender
Brut finden (auch nicht im Garten!), daher habe ich auf
F. rufibarbis zurückgegriffen und reichlich
Puppen dieser Art beigegeben. Nach Ansicht der gegenwärtigen Forschung sind die "bunten" Serviformica-Arten (cunicularia, rufibarbis, clara) als "Schwesternarten" kompatibel, also in einem Nest gemeinsam verträglich. Diese Erkenntnis geht vor allem auf die Forschung bei
Polyergus r. und
Raptiformica sanguinea zurück.
Nun musste ich aber feststellen, dass die im Nest befindlichen cunicularia-Arbeiterinnen die frisch geschlüpften rufibarbis-Arbeiterinnen aus dem Nest zerrten bzw. aus diesem vertrieben. Ein Teil der frischgeschlüpften Arbeiterinnen ist verhungert, später Schlüpfende haben sich aber außerhalb des Nestes in einer
separaten Gemeinschaft zusammengefunden. Dieses Verhalten ist mir nicht ganz neu, aber ich dachte, es hängt damit zusammen, dass die
Puppen erst kurz vorher beigegeben wurden. In der Folge schlüpfende rufibarbis-Arbeiterinnen schienen v. cunicularia eher akzeptiert zu werden u. einige davon waren schließlich auch im (Ytong)-Nest zugegen. Und jetzt sind wir beim eintscheidenden Punkt:
1.Wie verhalten sich rufibarbis-Arbeiterinnen gegenüber fremden (sozialparasit. gründenden) Gynen? Aus der Literatur ist bekannt, dass F. rufibarbis größeren Widerstand gegen Sozialparasiten leistet, das gilt nicht nur f.
P. rufescens, sondern häufig auch für die bei dieser Serviformica-Art gründende
Formica pratensis. Dass es trotzdem gelingt ist klar, im Pannonischen Raum gründet P. rufescens häufig bei dieser Hilfsameise, in Zentralasien vorwiegend, weil andere Hilfsameisen (außer F. clara) weitgehend fehlen.
2. Mir fällt schon seit Jahren auf, dass die meisten Nester v. Polyergus-Serviformica auch bei uns (Kärnten) "monocolor" sind, also nur eine Hilfsameisenart enthalten, obwohl hier
alle verfügbaren Hilfsameisenarten ausgeraubt werden. Anders ist das in Nordamerika, die dort existierenden
Polyergus breviceps und
Polyergus lucidus sollen ganz vorwiegend nur jene Serviformica-Árten überfallen und berauben, bei denen die eigene
Königin früher gegründet hat; das heißt, die "scouts" suchen nur jene Nester aus (nach dem Nestgeruch??), die den eigenen Hilfsameisen entsprechen.
Bei uns gründet Polyergus bei
F. fusca,
F. cunicularia,
F. rufibarbis (und in einem Falle bei
F. cinerea, Bericht im AF). Wenn aber alle Serviformica-Arten ausgeraubt werden,
was passiert dann mit deren Brut? Wahrscheinlich wird ein Teil der fremden
Brut gefressen, ein anderer Teil wird aber sicher schlüpfen, da Polyergus - anders als Raptiformica - stets auf Hilfsameisen angewiesen ist. Einen guten Beweis für die Zulassung fremder, adulter Arten im Polyergus X Serviformica-Nest habe ich einmal gefunden und darüber im AF berichtet:
Polyergus überfiel ein junges Raptiformica X
F. fusca-Nest und etliche geschlüpfte Raptiformicas waren anschließend
in dieser Saison im Polyergus-Nest und in einigen Fällen sogar noch im folgenden Jahr! Obwohl sie tatsächlich von den cunicularia-Arbeiterinnen rüde behandelt u. wiederholt aus dem Nest gezerrt und abseits (lebend u. bei guter Gesundheit) "deponiert" wurden. Sie sind damals gleich wieder ins Nest zurückgelaufen. In diesem Zusammenhang ist vor allem die offensichtliche Toleranz der Amazonen gegenüber diesen Fremden erstaunlich.
Heuer habe ich besonders darauf geachtet, ob ich in vorherrschenden Polyergus X cunicularia-Nestern artfremde Hilfsameisen ausmachen kann. Ich habe noch nie eine der großen, aggressiven rufibarbis-Arbeiterinnen in einem Polyergus-cunicularia Nest feststellen können. Sie sind an dem durchwegs hellroten/orangen Mesosoma leicht erkennbar. Deren kleinere Nester wurden zwar oft erfolgreich ihrer
Brut beraubt - aber wo sind diese großen Hilfsameisen geblieben?
Sind F. cunicularia und F. rufibarbis doch nicht (immer) kompatibel ? Das würde jetzt aber die diesbezügliche Fachmeinung weitgehend auf den Kopf stellen......
Auf der anderen Seite habe ich seit über 13 Jahren die nach wie vor existierende (und wiederholt bildlich u. textlich dokumentierte)
Kombination Polyergus-F. fusca-F. cunicularia, die es eigentlich nicht geben sollte.
Formica fusca u.
Formica cunicularia gelten allgemein als nicht verträglich. Ursprünglich gab es sogar 2 Nester mit dieser Konstellation, aber eines wurde schon vor Jahren intraspezifisch vernichtet.
Bemerkenswert ist auch, dass die Hilfsameisen die Amazonen immer als "anders" erkennen, obwohl die
Königin bereits vor Monaten den Kolonieduft der Hilfsameisen angenommen hat und obwohl die Hilfsameisen die fremde
Brut allein aufgezogen haben. Das "Anderssein" wird nicht über die andere Morphologie, sondern wohl nur über einen weiterhin verbleibenden minimalen individuellen Duft erkannt. Belege dafür sind der prinzipielle Transport v. Amazonen während eines Nest-Standortwechsels und die Tatsache, dass Hilfsameisen die schlüpfenden Amazonen in der Gefangenschaft in Kunstnestern unter bestimmten Voraussetzungen oft töten (HELLER, ZWAHLEN).
L.G.Boro