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Nomenklatur - Wissenschaftliche Namen und Erstbeschreiber

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chrizzy
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#1 Nomenklatur - Wissenschaftliche Namen und Erstbeschreiber

Beitrag von chrizzy » 20. Februar 2010, 18:36

Nomenklatur - Wissenschaftliche Namen und Erstbeschreiber


Die Nomenklatur ist ein schwieriges Thema, bei der man viele Punkte beachten muss. Ich habe mir vor kurzem selbst die Regeln angeeignet, um den taxonomischen Teil der Artbeschreibungen korrekt darstellen zu können, und möchte hier die wichtigen Punkte für alle Interessierten kurz wiedergeben.



1. Wissenschaftliche Namen

Der Artname besteht immer aus 2 Wörtern - der Gattung (lat. Genus, pl. Genera, z.B. Lasius) und einem Artenzusatz (dem so genannten Art-Epitheton, wie z.B. niger), die nur gemeinsam den einzigartigen und eindeutigen Artnamen (lat. Species) ergeben (Lasius niger). Der Gattungsname wird dabei immer groß, der Artenzusatz klein geschrieben.

Jedoch können Gattungen auch in weitere Untergattungen (lat. Subgenus, pl. Subgenera) unterteilt werden; und auch innerhalb einer Art kann es feine Unterschiede geben (normalerweise verbunden mit geografischer Trennung der Populationen), weshalb verschiedene Unterarten (Subspecies) aufgestellt werden.

Untergattungen werden dabei in Klammer zwischen Gattung und Art-Epitheton gestellt und groß geschrieben.
z.B. Lasius (Dendrolasius) fuliginosus oder Formica (Raptiformica) sanguinea.

Die Zusätze, die die jeweilige Unterart kennzeichnen sollen, werden hinter das eigentliche Art-Epitheton gestellt und wie dieses klein geschrieben.
z.B. Messor minor hesperius und Messor minor minor, beides Unterarten von Messor minor.

Um die Artnamen in wissenschaftlichen Arbeiten, aber genauso im Forenalltag vom anderen Text abzuhebebn, empfielt es sich, diese kursiv zu schreiben.


Bei der Schreibweise von wissenschaftlichen Namen werden häufig Abkürzungen benutzt, die alle mit einem Punkt versehen sein müssen. Dies sind u. a.:

  • cf. = confer für „vergleiche“ ist die Abkürzung in wissenschaftlichen Namen, wenn man sich über die Zugehörigkeit zur Gattung sicher ist, aber die Art nicht 100 % determinieren kann. Beispiel: Camponotus cf. ligniperda (diese Art ist vergleichbar mit Camponotus ligniperda bzw. diese Art gleicht Camponotus ligniperda).
  • sp. = species; Abkürzung für eine nicht näher bezeichnete Spezies als Zusatz hinter dem wissenschaftlichen Namen der angegebenen Gattung. Beispiel: Lasius sp.
  • spec. = species; siehe sp.
  • spp. = species pluralis; Abkürzung für mehrere, nicht im Einzelnen zu nennende Spezies als Zusatz hinter dem wissenschaftlichen Namen der angegebenen Gattung. Beispiel: Myrmica spp.
  • ssp. = subspecies; Abkürzung für die nicht näher bezeichnete Unterart bzw. Subspezies als Zusatz hinter dem wissenschaftlichen Namen der Art (bestehend aus Gattung und Artenzusatz). Beispiel: Messor minor ssp.
  • s. str. = sensu stricto (im strengen Sinne) ist eine Abkürzung in der Angabe von Untergattungen, wie z. B. bei echten Waldameisen oder echten Wegameisen. Beispiel: Formica (Formica s. str.) rufa. Häufig wird das s. str. jedoch auch weggelassen, der Name wird dann wie folgt geschrieben: Formica (Formica) rufa.

2. Erstbeschreiber

Hinter den wissenschaftlichen Namen findet sich häufig noch ein Name mit einer Jahreszahl - das ist der Erstbeschreiber der Art (also derjenige, der die Art entdeckt und erstmalig beschrieben hat), mit dem entsprechenden Jahr der Erstbeschreibung.

Die Erstbeschreiber werden normal geschrieben (erster Buchstabe groß, sonstige klein), so wird es auf der Website der ICZN (=International Code of Zoological Nomenclature) gehandhabt.
z.B. Lasius flavus (Fabricius, 1782)

Hin und wieder sieht man Autorennamen auch in Kapitälchen geschrieben. Warum, wird in folgendem Zitat erklärt (siehe Quellenangabe am Ende des Beitrages):
A. Buschinger, Forum der DASW hat geschrieben:In Veröffentlichungen ist es üblich (und von den meisten Zeitschriften-Herausgebern verlangt), dass die Namen der Verfasser von im Text zitierten Veröffentlichungen in Kapitälchen geschrieben werden. Unter diesem Namen und dem angegebenen Jahr ist dann im Literaturverzeichnis des Beitrages (oder Buches) die komplette Bibliographie der zitierten Arbeit aufgeführt.
(...)
Beispiel:
„Wie BUSCHINGER (1968) beschrieb, ist Leptothorax acervorum fakultativ polygyn ...“ oder auch „Leptothorax acervorum ist fakultativ polygyn (BUSCHINGER 1968) ….
Im Literaturverzeichnis steht dann:
BUSCHINGER, A. (1968): Mono- und Polygynie bei Arten der Gattung Leptothorax Mayr (Hymenoptera Formicidae). Ins. Soc. 15, 217-226.
Durchgehend groß (also FABRICIUS oder BUSCHINGER) wird der Name allerdings nie geschrieben.

Ein paar Worte zu "Linnaeus": Da er etliche Arten beschrieben hat und die Grundlagen der modernen Taxonomie gelegt hat, wird gerade sein name oft als "L." abgekürzt oder nicht-latinisiert als Linné geschrieben (laut Ameisenwiki).

Jetzt gibt es noch 2 wichtige Punkte, die bei der Schreibung der Erstbeschreiber zu beachten sind:


a.) Klammersetzung
Eine vorhandene Klammer bedeutet, dass die Art ursprünglich in eine andere Gattung gestellt war und erst nach der Erstbeschreibung in eine andere Gattung verschoben wurde.
z.B. Myrmica rubra (Linnaeus, 1758) - diese Art wurde von Linnaeus im Jahr 1758 als Formica rubra, also in einer anderen Gattung, beschrieben (Grund: Die Gattung Myrmica wurde erst später aufgestellt).
Formica sanguinea Latreille, 1798 - diese Art wurde schon 1798 als Formica-Art beschrieben.


b.) Kommatasetzung
Das Komma wird häufig fälschlich weggelassen (diese Regel hat auch B. Seifert in "Die Ameisen Mittel- und Nordeuropas", 2007, nicht beachtet) oder hinzugefügt. Der vorhandene Beistrich (Komma) bedeutet, dass im Literaturverzeichnis oder Anhang des Werkes die Erstbeschreibung dieser Art nicht aufgeführt wird. Wird das Komma weggelassen, bedeutet das, dass dort genauere bibliographische Angaben (lt. AmeisenWiki Titel, Zeitschrift, Band, Seiten von - bis) vorhanden sind.

Natürlich muss jetzt keiner solche zoologischen Regeln auswendig lernen. Es reicht, sich einzuprägen, dass man im Forenalltag - wenn man aus irgendeinem Grund den Erstbeschreiber nennt - normalerweise ein Komma setzen wird, da es kaum einen geben dürfte, der im Beitrag genauere Angaben zur Erstbeschreibung macht.



Abschließendes Beispiel: Camponotus (Colobopsis) vitreus praerufus Emery, 1900
Was lässt sich daraus lesen?
Die Gattung ist Camponotus, die in mehrere Untergattungen unterteilt ist - Camponotus vitreus wurde in die Untergattung Colobopsis gestellt. Innerhalb der Art Camponotus vitreus gibt es kleine Unterschiede, weshalb verschiedene Unterarten gebildet wurden. In diesem Fall ist die Unterart Camponotus vitreus praerufus gemeint. Sie (also die Unterart!) wurde von Emery im Jahr 1900 erstmalig beschrieben, bereits damals in der Gattung Camponotus. Im Literaturverzeichnis gibt es keine genaueren Angaben zur Erstbeschreibung.

Wenn man im Forum diese Art nennt, würde es ausreichen, Camponotus vitreus oder, wenn man diese spezielle Unterart meint, Camponotus vitreus praerufus zu schreiben. Untergattung und der Erstbeschreiber sind nicht notwendig. Keinesfalls korrekt wäre Camponotus praerufus.


Klingt in der Theorie alles sehr kompliziert - im Forenalltag ist es zuerst wichtig sich die Schreibweise der Artnamen einzuprägen, den Rest merkt man sich nach und nach oder liest ihn bei Bedarf nach. Wenn man sich in der Praxis damit beschäftigt, ist das alles viel einfacher, als es theoretisch klingt.



Quellen:
Ameisenwiki - Artnamen
Ameisenschutzwarte (Forum) - Unklarheit bei der Schreibung der Erstbeschreiber
Danke hierbei auch insb. an Prof. Buschinger!



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Smaug
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#2 AW: Nomenklatur - Wissenschaftliche Namen und Erstbeschreibe

Beitrag von Smaug » 20. Februar 2010, 19:31

Bei der Schreibweise von wissenschaftlichen Namen werden häufig Abkürzungen benutzt, die alle mit Punkt versehen sein müssen. Dies sind u. a.:


  • cf. = confer für „vergleiche“ ist die Abkürzung in wissenschaftlichen Namen, wenn man sich über die Zugehörigkeit zur Gattung sicher ist, aber die Art nicht 100 % determinieren kann. Beispiel: Camponotus cf. ligniperda (diese Art ist vergleichbar mit Camponotus ligniperda bzw. diese Art gleicht Camponotus ligniperda).

  • sp. = Abkürzung für eine nicht näher bezeichnete Spezies als Zusatz hinter dem wissenschaftlichen Namen der angegebenen Gattung. Beispiel: Lasius sp.

  • spp. = species pluralis; Abkürzung für mehrere, nicht im Einzelnen zu nennende Spezies als Zusatz hinter dem wissenschaftlichen Namen der angegebenen Gattung. Beispiel: Myrmica spp.

  • ssp. = Abkürzung für die nicht näher bezeichnete Unterart bzw. Subspezies als Zusatz hinter dem wissenschaftlichen Namen der Art (bestehend aus Gattung und Artenzusatz). Beispiel: Messor minor ssp.

  • s. str. = sensu stricto (im strengen Sinne) ist eine Abkürzung in der Angabe von Untergattungen, wie z. B. bei echten Waldameisen oder echten Wegameisen. Beispiel: Formica (Formica s. str.) rufa.



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#3 AW: Nomenklatur - Wissenschaftliche Namen und Erstbeschreiber

Beitrag von chrizzy » 20. Februar 2010, 19:53

Super danke, habs direkt mal kopiert und eingefügt.



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