Der Beginn - Allgemeine Ãœberlegungen

Inhaltsverzeichnis: Unterthemenaufruf direkt mit Klick auf die Zahlenfolgen z. B. 1.1.1
  • 1.1.1 Ãœberlegungen vor der Ameisenhaltung
  • 1.1.2 Welche Ameisenart ist für den Anfänger geeignet
  • 1.1.3 Ein Plädoyer für Lasius niger
  • 1.1.4 Was für eine Ameisenart habe ich gefunden?
  • 1.1.5 Wie groß wird meine Ameisenkolonie und wieviel Platz braucht sie?
  • 1.1.6 Wie viele Ameisenkolonien sollte ein Anfänger gleichzeitig halten?!
  • 1.1.7 Kann man mehrere Kolonien in einem Becken halten?
  • 1.1.8 Wie bringe ich es meinen Eltern bei, dass ich Ameisen halten möchte?

1.1.1 Ãœberlegungen vor der Ameisenhaltung
Eine Bemerkung vorab: Jedem Anfänger sollte bewusst sein, dass alle mitteleuropäischen Arten etwa nur halbjährig aktiv sind,
die restliche Zeit des Jahres müssen sie bei Temperaturen von 0-8, max. 10 Grad verbringen (Winterruhe).

Bei Ameisen handelt es sich um lebende Tiere, für die man die Verantwortung übernimmt.
Man muss sie füttern, Temperatur und Feuchtigkeit regeln und benötigt auch im Falle längerer Abwesenheit
(z.B. Geschäftsreise, Urlaub) eine Person, die die Kolonien währenddessen pflegt.
Kolonien können teilweise Jahre bis Jahrzehnte bestehen, von daher ist die Ameisenhaltung ein langfristiges Hobby.
Ameisenkolonien (selbst Einheimische) kann man in vielen Fällen auch nicht einfach wieder in der Natur aussetzen (Stichwort: intraspezifische Homogenisierung).
Viele Ameisenhalter - besonders die Jüngeren - sind oft schnell enttäuscht und von ihren Ameisen gelangweilt,
denn es dauert bei einigen Arten durchaus 1-2 Jahre, bis die Aktivität außerhalb des Nests zunimmt und man tatsächlich etwas beobachten kann.
Zur Ameisenhaltung gehört daher vor allem eines: Geduld!
Zudem muss der angehende Ameisenhalter in seine Überlegungen mit einbeziehen, dass die Ameisen im Laufe der Zeit viel Platz benötigen.
Auch muss er einen Ort für die Ameisen bereitstellen, an dem Temperaturen herrschen,
die niedrig genug sind (0-10 Grad), um die Winterruhe der Ameisen zu gewährleisten.
Darauf wird noch genauer eingegangen.

Mit einer Ameisenkönigin anzufangen, wird gerne mit „Die Ameisenhaltung von Anfang an erleben“ beschrieben.
Königinnen brauchen auch passende Haltungsbedingungen, sonst wird das nichts.
Selbst kleinere Völker sind schnell ruiniert, wenn noch nie Ameisen gehalten wurden.
Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich dabei um einheimische oder exotische Arten handelt.
Je größer das erworbene Volk ist, umso höher die Erfolgschancen die Ameisen durch zu bringen.
Lest und fragt euch Schlau und entscheidet, mit dem dadurch erworbenen Wissen selbst, welche Ameisen ihr halten wollt und könnt.

1.1.2 Welche Ameisenart ist für den Anfänger geeignet?
Hat der Anfänger sich entschieden Ameisen als Haustier zu halten,
so kommt neben der Vorbereitung auf die neuen Mitbewohner natürlich die Frage auf, welche Ameisenart denn geeignet ist.
Das können einheimische Arten sein!
Warum? Sie sind in der Regel kostengünstiger und einfacher zu beschaffen.
Bei einigen Arten, wie z. B. bei Lasius niger, kann jeder selber, im Sommer, sein Glück versuchen und geschwärmte Königinnen suchen.

Das können exotische Arten sein!
Warum? Auch da gibt es Arten die einfach gehalten werden können.
In der heutigen Zeit sind etliche Arten kostengünstig zu beschaffen.

Im folgenden eine Auswahl empfehlenswerter, einheimischer Einsteigerarten:
(Klickt auf den jeweiligen Artnamen, um weitere Informationen über die Art zu erhalten.)

Myrmica rubra (Klick)
2040
Quelle: Becky

Lasius niger (Klick)
468
Quelle: Erne

467
Quelle: Erne

Formica fusca (Klick)
808
Quelle: Maddio

Im folgenden eine Auswahl empfehlenswerter, südländischer und exotischer Einsteigerarten:
(Klickt auf den jeweiligen Artnamen, um weitere Informationen über die Art zu erhalten.)

Messor barbarus (Klick)
469
Quelle: Erne

Camponotus nicobarensis (Klick)
470
Quelle: Erne

1.1.3 Ein Plädoyer für Lasius niger
Januar 2006 habe ich angefangen mich mit der Ameisenhaltung zu beschäftigen.
Es war gerade Winterruhe angesagt (vielleicht nicht das schlechteste) und so konnte ich mich erst einmal ein wenig mit der Theorie beschäftigen.
Ich entschied mich dann dafür bei meiner ersten Ameisenart in den "sauren Apfel" zu beißen und wählte eine Lasius niger Königin mit ein paar Arbeiterinnen der ersten Generation.
Saurer Apfel deswegen, weil mir diese Wahl damals nicht besonders interessant erschien,
so eine langweilige 0815 Ameise, die man halt nehmen muss, weil es alle so machen.
Man will ja in den Foren nicht angepöbelt werden, weil man mit einer zu schwierigen Art anfängt.
Und klein sind die auch noch, haben keine Kasten, sehen alle gleich aus...nöl, jammer..
Anfang März habe ich dann meine Kolonie erhalten, 1 Königin mit 8 Arbeiterinnen.
In der Tat war es am Anfang nicht besonders spannend.
Bei einer Kolonie dieser Größe ist nun mal wenig zu sehen, denn die Tiere zeigen kaum Außenaktivität und sind fast ausschließlich im Nest aktiv.
Aber man lernt dadurch eine wirklich wichtige Eigenschaft, die in der Ameisenhaltung dringend benötigt wird.
Ich weiß, viele andere Halter haben das schon vor mir gesagt, aber man lernt tatsächlich geduldig zu sein und abzuwarten.

Ein knappes halbes Jahr später ist die Kolonie auf schätzungsweise über 200 Tiere angewachsen.
Vor 2 Wochen sind sie dann auch endlich mal aus ihrem Reagenzglasnest ausgezogen (Geduld muss man haben) und nun lassen sie sich auch bei ihren Nestaktivitäten sehr gut beobachten.
Von Langeweile jedenfalls keine Spur mehr, ständig sind 20 bis 30 Ameisen dabei, die Arena zu erkunden und bei der Fütterung kommt es zu Tumulten und Massenaufläufen.
Entdeckt eine Ameise ein Futterinsekt, so rennt sie wie von der Tarantel gestochen davon, keine 2 Sekunden später kommen aus allen Winkeln der Arena
ihre Kolleginnen zusammengeströmt und werfen sich mit bis zu 50 Tieren gemeinsam auf die Beute.
Ich kann nur spekulieren wie viel Aktion man bei noch deutlich größeren Kolonien erleben kann,
aber ich kann nur sagen, dass ich meine anfängliche Meinung über Lasius niger längst revidiert habe und sie weitaus öfter beobachte als meine großen,
majestätischen Camponotus ligniperdus.

Ich will damit nur sagen das Lasius niger auf keinen Fall die doofe, langweilige Anfängerart ist, die eigentlich niemand halten will, auch wenn ich das selber am Anfang dachte.
Sie sind bestimmt nicht langweilig, sie sind extrem lebhaft und absolut furchtlos.
Noch dazu vermehren sie sich äußerst schnell, sind pflegeleicht und verzeihen so manchen Fehler bei der Haltung.
Ok, keins meiner Argumente ist sonderlich neu, ich wollte das nur alles noch eimal zusammenfassen, damit Anfänger vielleicht nicht direkt mit ausgefalleneren Arten,
oder sogar Exoten anfangen, nur weil ihnen Lasius niger als zu langweilig erscheint.
Jede Ameisenkolonie erfordert sehr viel Geduld, bevor man als Halter ordentlich was zu sehen bekommt,
Bei Exoten oder vielen großen Arten wie Camponotus ligniperdus dauert dies noch wesentlich länger als bei Lasius niger.
Bei denen man schon nach relativ kurzer Zeit für seine Geduld belohnt wird.
Geschrieben von "Rodion"

1.1.4 Was für eine Ameisenart habe ich gefunden?
Wenn du unsicher oder ungeübt in der Ameisenbestimmung bist, und du ein Ameisenvolk gefunden hast, jedoch nicht weißt, welcher Gattung/Art es angehört,
ist es ratsam, im Forum nachzufragen.
Im Bestimmungsforum (Klick!) werden dir unsere Bestimmungsprofis sicher gerne weiterhelfen.
Bitte beachte die Regeln und Hinweise für Bestimmungsanfragen (Klick!)
Weitere Informationen zum Suchen und Finden der Tiere findest du unter Ameisenköniginnen - suchen, finden und pflegen (Klick!)

1.1.5 Wie groß wird meine Ameisenkolonie und wieviel Platz braucht sie?
Das ist von Art zu Art unterschiedlich,
man kann die Wachstumsgeschwindigkeit der Ameisenkolonie jedoch durch ausreichende und eiweißhaltige Nahrung und Wärme verstärken, bzw. durch Eiweißentzug vermindern.
Die ethischen Gesichtspunkte davon sind jedoch sehr umstritten, ebenso wie die (evtl. sehr negativen) Auswirkungen auf das Volk..
Zudem sollten die Ameisen möglichst wenig Stress ausgesetzt sein (d.h. abgedunkeltes Nest, wenige Störungen, keine laute Musik etc.),

Bei den oben genannten Anfängerarten können folgende maximale Koloniegrößen (in der Haltung) erreicht werden:

Lasius niger: mehrere 10.000 Arbeiterinnen
Lasius flavus: ca. 100.000 Arbeiterinnen
Myrmica rubra: ca. 20.000 Arbeiterinnen
Formica fusca: 500-2000 Arbeiterinnen

(Die Angaben beziehen sich auf in freier Natur lebende Kolonien, in der Haltung wird meist eine Kolonie mit 4000 Ameisen schon als groß angesehen.)

1.1.6 Wie viele Ameisenkolonien sollte ein Anfänger gleichzeitig halten?
Zu Beginn der Ameisehaltung ist es ratsam, klein anzufangen.
Eine Kolonie reicht aus, aber auch 2-3 kleine Kolonien sind üblich.
Besonders in der Ameisenhaltung lässt sich aber leider beobachten, dass unerfahrene und leicht erfahrene Halter dazu neigen, einer "Sammelwut" zu erliegen.
So gibt es Forum-Mitglieder, die wöchentlich neue Kolonien ihr Eigen nennen (was mit den alten, bisherigen Kolonien passiert bleibt meistens ungewiss).
Sie sammeln und sammeln, bis sie 10 oder weitaus mehr Kolonien haben, die sie ständig auswechseln (wahrscheinlich, weil keine Art sie wirklich zufriedenstellt - eventuell falsches Hobby?).
Viele Halter fühlen sich bereits nach einigen Wochen der Haltung von Lasius niger bereit, sich Exoten zu zulegen.
Angemerkt, es gibt etliche exotische Ameisenarten die sich auch als Einsteiger- Anfängerart eignen können.

1.1.7 Kann man mehrere Kolonien in einem Becken halten?
Bei Ameisenarten ist es reichlich schwierig, mehrere davon in einem Terrarium zu halten, da Ameisen sich untereinander sehr selten tolerieren.
Besonders gleiche oder ähnliche Arten sehen sich fast ausnahmslos als direkte Konkurrenten an, da diese Arten die gleichen Bedürfnisse (gleiche Nahrung, etc.) haben
und so einen Feind in gleichen Arten sehen. Daher sollte man möglichst darauf achten, dass man Kolonien zusammen hält,
die von den Lebensbedingungen möglichst unterschiedlich sind.
Auch dann noch ist ein sehr großes Terrarium nötig und man muss mit Todesfällen rechnen.
Aggressive Arten wie Lasius niger sollten immer alleine gehalten werden.
Bei Arten, die stark verschieden sind (bezüglich Größe, Nestbau etc.), können bei wenigen Arten Vergesellschaftungsversuche jedoch auch positiv ausgehen.
Man kann beispielsweise versuchen Temnothorax sp. und Camponotus sp. in einem (großen) Terrarium zu halten,
nur der Nesteingang von Temnothorax sollte so klein sein, dass er unzugänglich für die Camponotus ist.

1.1.8 Wie bringe ich es meinen Eltern bei, dass ich Ameisen halten möchte?
Informiert Euch vorab umfassend zu Haltungsmöglichkeiten und versucht mit dem dadurch erworbenen Wissen auf die Gegenargumente zu Antworten.
Dadurch wird deutlich, dass ihr euch mit dem Thema schon gut vertraut gemacht habt und ein ernsthaftes Interesse an der Haltung besteht.

Sollte die erste Reaktion sehr abweisend sein, dann lasst das Thema erstmal ruhen und sprecht es ein paar Wochen später nochmal an.
Auch dadurch wird dem Gegenüber bewusst wie stark Euer Interesse ist.
Beharrt nicht auf eine sofortige Reaktion sondern gebt ihnen Zeit das Ganze zu überdenken oder selbst Infos zu sammeln.

Seid Euch dessen bewusst, dass es Menschen gibt die sich keinesfalls damit arrangieren können oder wollen, dass Insekten mit im Haushalt leben.
Sei es nun aus Ekel oder anderen Gründen.
Damit muss man sich dann im Sinne des gegenseitigen Miteinanders abfinden und sich auf Freilandbeobachtung beschränken.
Auf keinen Fall solltet ihr die Ameisen heimlich halten, dies stellt in den Augen der Eltern einen absoluten Vertrauensbruch dar.
Aber auch für die Tiere kann so langfristig nicht gut gesorgt werden und sie werden darunter leiden.

Bei Erfolg werden möglicherweise ein paar „Regeln“ aufgestellt und die „Sicherheit“ der Anlage genau geprüft.
Geht auch auf, für Euch, unverständliche (Sicherheits-)Wünsche ein und versucht einen geeigneten Kompromiss zu finden.
Macht Euch auch auf Sätze wie „Wenn ich eine Ameise außerhalb sehe, kommen die weg“ gefasst
und erkennt die darin versteckte Botschaft z. B. „Ich möchte die Viecher eigentlich gar nicht im Haus haben, aber weil ich dich lieb hab erlaube ich es dir trotzdem, solang die nicht frei überall rumkrabbeln“

Abschließend wäre noch zu erwähnen, dass jeder Mensch anders ist und diese Tipps je nachdem wie der Gegenüber tickt angepasst werden müssen – betrachtet es als eine grobe Orientierungshilfe.


Autoren: Antastisch/Kalinova
Ãœberarbeitet/erweitert: Erne

Zum Seitenanfang
Zurück zur Startseite Schaut Euch auch die anderen Seiten des Wissensteils an, es lohnt sich