Harpegnathos saltator - Haltungserfahrungen

Berichte, Erfahrungen, Tipps, Beobachtungen Gattung Harpegnathos
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Baumarkthammer
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#9 AW: Harpegnathos saltator - Video

Beitrag von Baumarkthammer » 10. Januar 2011, 19:38

Hallo,
danke für das ganze Lob, ich hoffe ich werde die Qualität der Bilder aufrechterhalten können und mehr hochladen können.
@Ossein, von deinen kleinsten kannst du mir welche per Post schicken, wenn du unbedingt willst, aber da gibt es bessere Kandidaten für die Rolle des Fotographen.^^

Ich wende mich heute an euch mit einer Bitte.
Als ich letztens meine Ameisen mit meinem kleinen USB-Mikroskop untersuchte habe ich etwas entdeckt was ich mir nicht so recht erklären kann.
Es ist ein kleiner Knubbel ziehmlich mittig auf dem Thorax von den Arbeiterinnen, der mit dem bloßen Auge nur bei genauem Hinsehen auffällt.
Er befindet sich auf beiden Seiten des Thorax.



Ich nehme an, dass es entweder eine Drüse ist oder ein Überbleibsel von Flügeln, bin mir aber nicht sicher was genau es ist. Weiß um ehrlich zu sein nicht genau wo ich es nachgucken kann. Vielleicht kann ja hier jemand helfen?

Der Kolonie geht es so weit gut, es kann sein, dass es demnächst vielleicht ein richtiges Update geben wird, jenachdem was für Fotos ich in nächster Zeit gemacht bekomme.

Gruß
Kaj



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Ossein
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#10 AW: Harpegnathos saltator - Video

Beitrag von Ossein » 11. Januar 2011, 00:21

So, ich habe jetzt mal nachgeschaut, und es gibt in der Tat eine Struktur, die der Deinen analog scheint. Ich kann es natürlich nicht genau sagen, da es eine anatomische Darstellung einer anderen Ponerine ist, anhand derer aber die typischen Merkmale benannt werden. Dort heißt der "Hubbel/Knubbel" "metathoracic spiracle", wobei "metathoracic" wohl den mittleren* Thorax meint und "spiracle" Trachee, oder Atemloch.
(Quelle Hölldobler/Wilson, The Ants, Classification and Origins, p5)

Ich gebe allerdings zu bedenken, dass ich in diesen Dingen zu blödesten Fehlern neige und Dich bitten würde das nur als Anfangsverdacht zu behandeln. Bestimmt gibt es deutlich Gewieftere als mich in der Ameisenanatomie.
Aber einen Anfang wollte ich mal machen.

*meta = (räumlich) zwischen, inmitten



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#11 AW: Harpegnathos saltator - Video

Beitrag von Gast » 11. Januar 2011, 10:10

Bei dem „Knubbel“ dürfte es sich in der Tat um ein Stigma, eine Atemöffnung, handeln, engl. „spiracle“.
Ein weiteres Stigma ist auf dem zweiten Bild von Post # 9 kurz unterhalb des Gelenks zum Petiolus zu erkennen.

Der Thorax (Brustabschnitt) der Insekten besteht aus drei Segmenten, dem Prothorax, Mesothorax und Metathorax (vorderes, mittleres und hinteres Thoraxsegment). An jedem der Segmente sitzt ein Beinpaar, an Meso- und Metathorax sind bei geflügelten Formen die Vorder- bzw. Hinterflügel eingelenkt.
Meint man nur die dorsalen Teile (Rückenpartien), so nennt man sie Pro-, Meso- bzw. Metanotum. Bei Harpegnathos ist der Prothorax auffallend gelenkig mit dem Rest des Thorax verbunden (Bild 3 in Post # 9, tiefer Einschnitt zwischen Prothorax und dem einheitlich „verschmolzenen“ Rest des Thorax).

Nun kommt als Besonderheit der Hymenopteren das Epinotum = Propodeum = Mittelsegment ins Spiel. Das ist das vergl.-anatomisch erste Abdominal- (Hinterleibs-) Segment. Es besteht bei Ameisen nur aus dem dorsalen Bereich, daher Epinotum, und es ist hinten bzw. oben auf das Metanotum aufgelagert (fest verwachsen), wobei es m.o.w. schräg nach vorn geneigt ist.
Zu diesem Epinotum gehört das o.g. Stigma (Epinotalstigma) kurz unterhalb (vor) dem Petiolusgelenk.
Für das Stigma im Thorax bleibt somit der Name Metanotalstigma oder auch Metathorakalstigma. (Stigmen sind natürlich paarig angelegt, d.h. je eines links und rechts).

Jetzt gilt es sich zu erinnern, dass einige Myrmekologen glauben, dem Thorax samt Epinotum der Hymenopteren einen eigenen Namen verpassen zu müssen: „Mesosoma“, „Mittelkörper“ (weil dieses Stück ja nicht nur aus den üblichen drei Segmenten besteht. Man sieht, dass ich diese Bezeichnung nicht liebe; leider ist eine solche Benennung nie wieder auszurotten, und es gibt keinerlei bindende Vorschrift, sie zu gebrauchen oder zu meiden). Wenn jemand, der des Griechischen oder Lateinischen nicht mächtig ist, nun mit Mesothorax und Mesosoma durcheinander kommt, so ist das verzeihlich. Kommen Zweifel auf, hilft meist ein Blick ins Ameisenwiki oder hier ins "Wissen".

Eine bemerkenswerte Eigenschaft des Thorax (inkl. Epinotum) von Harpegnathos ist, dass Mesothorax, Metathorax und Epinotum sehr stark abgeflacht und nach vorn geneigt sind, d.h., die Segmentgrenzen (so weit erkennbar) verlaufen schräg von vorn-oben nach hinten-unten (etwa bei Myrmicinae stehen sie fast senkrecht zur Körperlängsachse!).
Das fiel mir u.a. auch bei Paraponera clavata auf, wo im AWiki einige Bilder diese Besonderheit erläutern: http://www.ameisenwiki.de/index.php/Paraponera_clavata (Bericht z. Morphologie der Arbeiterinnen, bes. Bild 5!).

So, wer jetzt Bahnhof versteht, hat durchaus noch alle fünf Sinne beisammen. Ameisen sind halt nicht ganz so einfach.:)

Nebenbei:
Was ist eigentlich mit den Bildern in Post # 4 und 5 geschehen? In Post # 5 sehe ich nur noch das zweite, das mit dem Stachel.

MfG,
Merkur



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#12 AW: Harpegnathos saltator - Video

Beitrag von Moya » 12. Januar 2011, 03:23

Kommt euch das auch manchmal so vor? Ihr denkt: Was ist das? Wie kommt das dahin? Und dann macht man sich die Dinge im Kopf schwerer als sie sind und muss "Experten" in einem Forum fragen. Ich war gerade auf Wikipedia unterwegs um etwas Informationen zu sammeln und da ist der stinknormale Eintrag über Ameisen mit einem tollen Bild, das eben die hier gestellte Frage hätte doch sehr schnell beantworten können. Manchmal ist der Weg kürzer als man denkt.

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/c/c2/Ameise_Schema.png/676px-Ameise_Schema.png

in: http://de.wikipedia.org/wiki/Ameisen

Achja: Ich hoffe auf viele viele mehr von diesen echt genialen Bildern. Meine positive Bewertung hast du ja bereits. Ich bin fasziniert.


www.formitopia.com - Ameisenhaltung für Anfänger

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Baumarkthammer
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#13 AW: Harpegnathos saltator - Video

Beitrag von Baumarkthammer » 12. Januar 2011, 18:18

Großer Dank an Merkur für diese Erklärung, sehr gut geschrieben, auch sehr deutlich geworden.
@Moya, ich war verwirrt von der Struktur des Stigmas, habe ich mir immer alle Stigmata so vorgestellt wie das Epinotalstigma, deswegen konnte ich keinen Zusammenhang schaffen. Aber danke für das Bild und danke für das Kompliment.
@Ossein, da lagst du wohl doch nicht so falsch. Auch dir danke für deine Hilfe.
@Merkur, die Bilder fehlen wahrscheinlich bei dir, weil sie zu lange laden. Ich habe sie auf das Antstore-Forum geladen, weil dort die Bilder jahrelang erhalten bleiben und da ich auf vielen Foren poste ist es besser als es überall hochzuladen. Und Seiten wie imageshack löschen Bilder sehr schnell.







Hier das ganze mal illustriert, ich hoffe es macht einfacher den Kern zu verstehen:

Ein paar Worte zur Anatomie
von Merkur verfasst
von baumarkthammer umgeschrieben und illustriert

"Bei dem „Knubbel“ dürfte es sich in der Tat um ein Stigma, eine Atemöffnung, handeln, engl. „spiracle“.
Ein weiteres Stigma ist auf dem zweiten Bild von Post # 9 kurz unterhalb des Gelenks zum Petiolus zu erkennen."

Bild

(Der Kreis zeigt das Stigma am Petiolus, die Nummer 1 zeigt die Richtung zum Petiouls Anfang, die Nummer 2 zeigt die Richtung zum Prothorax)

"Der Thorax (Brustabschnitt) der Insekten besteht aus drei Segmenten, dem Prothorax, Mesothorax und Metathorax (vorderes, mittleres und hinteres Thoraxsegment). An jedem der Segmente sitzt ein Beinpaar..."



(Hier ein Foto eines Arbeiterinnenthorax mit verdeutlichter Unterteilung)



(Ein Bild der Beinansätze mit den kräftigen Beinansätzen (Coxa))

"Nun kommt als Besonderheit der Hymenopteren das Epinotum = Propodeum = Mittelsegment ins Spiel. Das ist das vergl.-anatomisch erste Abdominal- (Hinterleibs-) Segment. Es besteht bei Ameisen nur aus dem dorsalen Bereich, daher Epinotum, und es ist hinten bzw. oben auf das Metanotum aufgelagert (fest verwachsen), wobei es m.o.w. schräg nach vorn geneigt ist."


(Epinotum und Meso- und Metathorax)

"Zu diesem Epinotum gehört das o.g. Stigma (Epinotalstigma) kurz unterhalb (vor) dem Petiolusgelenk.
Für das Stigma im Thorax bleibt somit der Name Metanotalstigma oder auch Metathorakalstigma. (Stigmen sind natürlich paarig angelegt, d.h. je eines links und rechts)."



(Besagte Stigmata in etwa 150facher Vergrößerung)

"
Eine bemerkenswerte Eigenschaft des Thorax (inkl. Epinotum) von Harpegnathos ist, dass Mesothorax, Metathorax und Epinotum sehr stark abgeflacht und nach vorn geneigt sind, d.h., die Segmentgrenzen (so weit erkennbar) verlaufen schräg von vorn-oben nach hinten-unten..."


(Hier mit verdeutlichten Trennlinien)



(Ohne gezeichnete Trennlinien lässt sich auch sehen was gemeint ist.)





Weiter zur Haltung

Ich habe nun die Gelegenheit gehabt die behinderte Arbeiterin unter die Lupe zu nehmen. Es stellte sich heraus, dass nicht nur ein Bein deformiert war.

Zunächst fiel auf, dass das linke Bein des vordersten Beinpaares unter dem Thorax bis hin auf die rechte Seite gebogen war.



Nach betrachtung der anderen Beine zeigte sich, dass auch dort einige Gelenke betroffen waren. Hier ein Bild des Gelenkes zwischen dem zweiten und dritten Beinsegmentes (zwischen Femur und Tibia) des behinderten Tieres (mittleres Beinpaar rechte Seite)



Das zweite Beinsegment ist kurz vor dem Gelenk stark gebogen, fast 90°.
Hier zum Vergleich ein Bein eines gesunden Tieres:



Die Arbeiterin hat interessanter Weise gearbeitet und wurde so weit ich es beobachtet habe nicht angegriffen oder aus dem Nest geworfen. Die Arbeiterin hat zwar nicht gejagd aber sie hat unermüdlich, wenn auch sehr ungeschickt, Nahrungsreste aus dem Nest getragen. Ist aber sehr oft umgefallen.

Ich könnte mir vorstellen, dass es ein Zeichen von Fehlernährung ist, da ich die Tiere im Winter hauptsächlich mit Heimchen ernähre, ich führe diese Behinderungen nicht auf die hohe Temperatur zurück. Auch ist das nicht weiter beängstigend solange sich diese Zwischenfälle nicht häufen.
Ich fand diese Arbeiterin sehr interessant, deswegen war ich geradezu innerlich dazu gezwungen hier davon zu berichten. Es sieht finde ich auch zu interessant aus um es nicht zu zeigen.


Die erhöhte Temperatur zeigt aber ein entscheidenden Nachteil.
Futtertiere werden nun deutlich kürzer eingelagert. Sie werden teilweise nach einem Tag ungerührt aus dem Nest geworfen wodurch ich die Tiere tatsächlich jeden Tag füttern muss, was genügendes Füttern schwieriger macht.

Ich habe in letzter Zeit verstärkt mit Mittelmeer Grillen gefüttert, diese schienen mir zunächst als besser geeignet als die normal Handelsüblichen Heimchen, da sie ruhiger. Da habe ich mich aber geirrt. Die Tiere sind dermaßen ruhig, dass die jagenden Harpegnathos Arbeiterinnen sie nicht bemerken und erjagen, sie sitzen im Gegensatz zu den normalen Heimchen teilweise lange Zeit drin.











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#14 AW: Harpegnathos saltator - Video

Beitrag von Baumarkthammer » 19. Januar 2011, 14:36

Gestern war es endlich so weit, nach nun glaube ich fast einem Jahr Haltung ist endlich das erste Geschlechtstier geschlüpft.

Bild

Siet ihrem Schlupf wird die Jungkönigin gehegt und gepflegt, als wären sogar die Arbeiterinnen stolz auf sie.

Bild

Tatsächlich muss ich zugeben, dass ich noch nie die Königin gesehen habe wie sie geputzt wird oder wie sie sich selber putzt.
Die Interaktion der Königin mit den Arbeiterinnen ist insgesamt bei der Harpegnathos saltator sehr eingeschräkt, wie zwischen einer ungeliebten Mutter und ihrer Tochter. Manchmal terrorisiert sie die Arbeiterinnen etwas aber das war es auch. Sie wird nicht gefüttert oder besonders beachtet, wenn Futter da ist, dann holt sie sich welches, aber sie wird nicht bevorzugt.
Aber auch dazu gibt es ja schließlich Gamergates, diese werden übrigens tatsächlich im Nest begattet, von ihren Brüdern (http://resources.metapress.com/pdf-preview.axd?code=ynnfmn47h6lye46h&size=largest nachzulesen unter (1)) aber warum hört man nie von Gamergates bei gehaltenen Kolonien?
Ich würde mir trotz dieser Tatsache nie eine Kolonie ohne Königin kaufen und rate es auch keinem, der nicht sein Geld verschenken will.

Seit einiger Zeit habe ich nun ein Maximum von etwa 20-30 Larven erreicht, sehr viel mehr ist da glaube ich nicht drin. Zwar habe ich schon eine Kolonie gesehen die andie 100 Tiere groß war, nehme aber kaum an, dass die Kolonien sehr viel darüber liegen können, wenn ich mir überlege, dass die Königinnen angeblich ein Durchschnittsalter von etwas über einem Jahr und neun Monaten hat ([url=http://[URL=%22http://[URL=%22http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1365-2311.2004.00583.x/full%22%22]http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1365-2311.2004.00583.x/full[/url] nachzulesen) und wenn man bedenkt, dass Kolonien mit Gamergates (http://resources.metapress.com/pdf-preview.axd?code=ynnfmn47h6lye46h&size=largesthttp://resources.metapress.com/pdf-preview.axd?code=ynnfmn47h6lye46h&size=largest etwas nach der Hälfte der Summary zu lesen).
Vielleicht verändert sich die Brutlage noch, aber das ist meine bisherige Beobachtung die ich auf das Legetempo der Kolonien zurückführe, an mangelnder Ernährung kann es nicht liegen.

Da ich seit einiger Zeit Experimente mit der Temperatur mache kann ich inzwischen sagen, dass diese bei der Positionierung der Brut weitestgehend egal ist.
Die Puppen werden einfach immer ganz hinten im Ytong gelagert und die Larven in der Mitte, entweder wegen der Feuchtigkeit oder einfach wegen der Platzpolitik der Ameisen. Dabei ist es egal ob zwei Larven sich halb ineinander verpuppen oder zwei Puppen aufeinander aushärten, die Puppen dürfen eine bestimmte Linie scheinbar nicht überschreiten. Und auch zwei Lagen Puppen sitzt auf ihrem Thron die Königin und lauert auf freche Arbeiterinnen die etwas zurechtgewiesen werden müssen.

Übrigens traut sich besonders die Jungkönigin nicht an die Gyne ran.

Bild

Wenn die Gyne näher kommt werden die Fühler aber so schnell wie möglich eingezogen und es wird Kehrt gemacht.
Vielleicht verändert sich das Verhalten noch.

Ich hoffe langsam einige Männchen zu sehen, wenn ich in das Nest gucke, dann würde ich versuchen die Tiere schwärmen zu lassen und das Beste hoffen.
Bisher wurden meine Neugierigen Blicke in das Nest aber nur mit dieser Jungkönigin beloht und natürlich allem anderen was die Tiere so interessantes treiben.

Gruß
Kaj



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#15 AW: Harpegnathos saltator - Video

Beitrag von Baumarkthammer » 5. März 2011, 14:22

Hallo,
alles so weit super bei der Kolonie.
Bald gibt es ein größeres Update, wenn ich Zeit finde, hier aber erstmal ein paar Bilder für euch.

Bild

Bild

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Gruß
Kaj



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#16 AW: Harpegnathos saltator - Video

Beitrag von Baumarkthammer » 15. März 2011, 16:22

Wenn ich diese Woche Zeit finde werde ich meine komplette Facharbeit etwas umschreiben und hier im Forum veröffentlichen. Hier mal ein Anfang.
Da es sehr viel Text ist werde ich denke ich mal einige Bilder zwischen drin unterbringen, im Orginal waren aus Gründen des Druckes nur wenige Bilder im Anhang.
Ich hoffe ich kann damit einigen Leuten die Art etwas näher bringen. Die Arbeit enthält viel über die Ameisen was ich so zwar wusste aber noch nie in Foren gelesen habe.
Die Facharbeit lief unter dem Titel "Verhaltensbeobachtungen an der exotischen Ameisenart Harpegnathos saltator- Eine Ameisenart mit einem wertvollem Nest".
Ich werde aber Teile weglassen, die den Forenusern natürlich erscheinen werden, wie z.B. einige Begriffserklärungen. Auch bitte ich zu bedenken, dass diese Facharbeit innerhalb kurzer Zeit neben den normalen Unterrichtszeiten geschrieben wurde, es kann also durchaus sein, dass einige Belege sinnlos sind oder auch eininge falsch gelistet oder ähnliches sind und das schon gar im Forum, wer will kann das ganze als .odt Datei haben.


Vorwort

Unter vielen von mir gepflegten Tieren ist Harpegnathos saltator, oder auch „Jerdon's jumping ant “ (nach dem Forscher Thomas Caverhill Jerdon (1811-1872)) genannt, eines der interessantesten und auch ein relativ gut erforschte Ameisenart. Auch besonders unter dem Gesichtspunkt der evolutionären Entwicklung von Insekten und besonders Ameisen sehr interessant, da sie viel über die Entstehung der Eusozialität bei Ameisen aussagen können. Besonders der Nestbau von Harpegnathos saltator ist ungewöhnlich für Ponerinae. Teil dieses interessanten Nestbaues ist die „Nestdekoration“, die diese Tiere betreiben; Gemeint ist damit, dass die Tiere Pflanzenmaterial um ihren Nesteingang schichten, was unter Ameisen sehr selten gezielt betrieben wird. Der Nestbau ist also mit viel Mühe verbunden. So bezeichneten Christian Peeters und Bert Holldobler Harpegnathos saltator als eine Ameise mit einem „valuable Nest“, also eine Ameise mit einem wertvollem Nest. Das Nest dieser asiatischen Poneinae ist in vielerlei Hinsicht ein besonderes, wie ich im weiteren Verlauf erläutern werde.
Besondere Schwierigkeiten bei der Arbeit mit den Tieren ist ihr schnell wechselndes Verhalten, auf welches man während der Experimente achten muss. Auch sollte man es vermeiden gestochen zu werden.

Einleitung
Die indische Ameisenart Harpegnathos saltator ist in vielerlei Hinsicht eine außergewöhnlich Ameisenart. Sie gehört zu einer der wenigen Ameisenarten die des Springens mächtig ist. Außerdem übernehmen bei dieser Ponerinae begattete Eier-legende Arbeiterinnen die reproduktive Funktion nach dem Ableben der Gyne, die sogenannten Gamergates. Die Ameisen verfügen außerdem über ein hervorragendes Sehvermögen und ein für ihre Unterfamilie ausgeprägtes Nestbauverhalten4, dabei wird ein flaches Nest mit wenigen Kammern und einem komplizierten und aufwendig gebautem Wasserschutz5 angelegt, damit die Tiere während der Monsunzeit geschützt sind6. Die Nestbauweise ist bei Harpegnathos saltator zwar schon erforscht worden, allerdings fehlen dabei zentrale Beobachtungen, welche viel über die Ameisenart aussagen könnten. Neben dem aufwändigem Nestbau betreiben Harpegnathos saltator nämlich auch Nestdekoration, welche kaum beschrieben ist.
Es stellt sich also die Frage nach Präferenzen der Tiere bei der Nestdekoration; Womit dekorieren sie? Wie dekorieren sie?

Allgemeines zum Verhalten von Harpegnathos saltator
Reproduktion
Harpegnathos saltator hat eine für Ameisen ungewöhnliche, wenn auch nicht einzigartige, Fortpflanzungsmethode entwickelt. Nach dem Ableben der Gyne wird ihre Funktion vollkommen von begatteten eier-legenden Arbeiterinnen übernommen, sog. Gamergates [7]. Damit eine Arbeiterin eine Gamergate werden kann muss sie von einem Männchen begattet werden, bei dieser Ameisenart kämpfen die Arbeiterinnen untereinander eine Hierarchie aus, indem sie Schaukämpfe durchführen, die Gewinnerinnen dieser Kämpfe dürfen sich dann paaren. Die Koloniegründung ist wahrscheinlich monogyn, wird also wahrscheinlich von einer einzelnen Gynomorphen bestritten [8], zumindest wurden bei Untersuchungen nur sehr vereinzelt Kolonien mit mehr als einer entflügelten (nicht zwangsläufig begatteten) Gynomorphe gefunden, zumindest ist im späteren Lebensverlauf nur eine Eier-legende Gynomorphe vorhanden.
Bei Harpegnathos saltator ist der Begriff Königin missverständlich da, je nach Definition, eine Gamergate ebenfalls als Königin bezeichnet werden kann. Deswegen wird im weiteren Textverlauf das Wort Gynomorphe für Vollweibchen, die der Königinnenkaste angehören, benutzt.

Bild

Mit Gyne ist die reproduktive Gynomorphe in der Kolonie gemeint. Wie für die Unterfamilie durchaus üblich gründet Harpegnathos saltator semiclaustral [9]. Die Alaten, also die geflügelten gynomorphen Vollweibchen und die stets geflügelten Männchen, schwärmen am Anfang der Monsunzeit, wenn die ersten Regenfälle einsetzen.
Gynen dieser Art haben eine kurze Lebensdauer von etwa 1.79 Jahren, die Sterblichkeit von Gamergates war unter Laborbedingungen sogar noch höher [10]
Die Gründung neuer Kolonien wird allerdings nur von Alaten übernommen, die Gründung neuer Kolonien durch Abspaltung von der Mutterkolonie ist sehr unwahrscheinlich [11] Die Kolonien werden nach dem Tod der Gyne nicht von anderen Gynomorphen übernommen, sondern nur noch von Gamergates [12] Die Kolonien ohne Gyne, nur mit Gamergates bringen Alaten in größerer Anzahl hervor, im Vergleich zu denen die eine Königin haben. Die Kolonien von Harpegnathos saltator sind klein. Es sind meistens nur einige hundert Tiere, auch wenn mehrere Gamergates vorhanden sind [13]. Diese geringe Größe der Kolonien liegt an der geringen Masse an Eiern die gelegt werden; Die Königin legt etwa 1-3 Eier am Tag, die Gamergates etwa die Hälfte [14]
Durch diesen Lebenszyklus werden die Nester von Harpegnathos saltator sehr lange benutzt, wahrscheinlich einer der Gründe für den außergewöhnlichen Nestbau.
Das Vorkommen von Gamergates und Gynomorphen ist besonders unter dem Gesichtspunkt der evolutionären Entwicklung von Ameisen sehr interessant, da es dabei helfen kann, die Entstehung der Eusozialität von Ameisen zu verstehen.
Intraspezifisches Verhalten
Das Verhalten von Harpegnathos saltator Arbeiterinnen untereinander ist sehr primitiv. Es findet keine Rekrutierung von anderen Arbeiterinnen statt, Nahrung wird nur eigenständig von einzelnen Arbeiterinnen erjagt. Kommunikation über die Fühler findet ebenfalls nur sporadisch statt und ist auf ein kurzes aber sehr intensives Trommeln beschränkt. Zwischen den Arbeiterinnen kommt es selten zur Zusammenarbeit. Aber z.B. beim Schlüpfen von Puppen gibt es meistens mehrere Schlupfhelferinnen. Da die Tiere teilweise Probleme mit der Nahrungsverwertung haben können, wegen ihrer langen Mandibeln, finden sich manchmal spontan Gruppen von Tieren zusammen die ein betäubtes Beutetier zerlegen. Dabei kann es sein, dass teils bis zu zehn Arbeiterinnen an einem größeren Beutetier arbeiten, ein weiterer Grund für dieses Verhalten ist der fehlende Sozialmagen der Tiere, also die Fähigkeit Angehörige der Kolonie über Auswürgen von Nahrung aus dem Kropf der Tiere zu füttern.

Bild

Hierbei ist durchaus noch zu bemerken, dass die unbegatteten Gynomorphen (auch Jungköniginnen genannt) teilweise mitarbeiten, hingegen die Gyne nur die Nahrung die den Larven angelegt wird mitisst, was darauf hindeutet, dass die Gynen irgendeinem degenerativen Prozess druchlaufen. Es ist es bei diesem Verhalten naheliegend, dass die Gynomorphen unter einer Art Degeneration zu leiden haben.




7 C. Peeters, B. Hölldobler: Reproductive cooperation between queens and their mated workers: The complex life history of an ant with a valuable nest Proc. Natl. Acad. Sci. USA Vol. 92, pp. Abstract Zeile 4f.
8 C. Peeters, B. Hölldobler: Reproductive cooperation between queens and their mated workers: The complex life history of an ant with a valuable nest Proc. Natl. Acad. Sci. USA Vol. 92, pp. Zeile 60
9 http://de.wikipedia.org/wiki/Urameisen Stand vom 2.3.2011
10 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1365-2311.2004.00583.x/full Stand vom 2.3.2011
11 C. Peeters, B. Hölldobler: Reproductive cooperation between queens and their mated workers: The complex life history of an ant with a valuable nest Proc. Natl. Acad. Sci. USA Vol. 92, pp. Abstract Zeile 15.
12 C. Peeters, B. Hölldobler: Reproductive cooperation between queens and their mated workers: The complex life history of an ant with a valuable nest Proc. Natl. Acad. Sci. USA Vol. 92, pp. Seite 2 Zeile 29 f.
13 C. Peeters, B. Hölldobler: Reproductive cooperation between queens and their mated workers: The complex life history of an ant with a valuable nest Proc. Natl. Acad. Sci. USA Vol. 92, pp. Table 1
14 http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1365-2311.2004.00583.x/full Stand vom 2.3.2011



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