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von PincoPallino » 15. September 2022, 00:14
Hallo zusammen,
einige von euch haben sich bestimmt schon mal gefragt, wie viel Zeit und Aufwand so eine große Kolonie benötigt. Diese Frage versuche ich heute zu beantworten.
Eins aber vorab: Das wird eine sehr persönliche Betrachtung, die sich nicht ohne weiteres auf andere Ameisen oder Haltungsformen übertragen lässt. Ich schätze mal, dass Rapunzula mit einer vergleichbar gorßen Kolonie, aber einem anderen Setup deutlich weniger Zeit aufwenden muss. Und auch ich hätte wohl mit weniger Zeit und Aufwand auskommen können, wollte ich aber gar nicht…
Für mich ist das ein faszinierendes Hobby geworden, für das ich gern mehr Zeit als nötig investiere. Ich versuche das mal ein wenig aufzudröseln.
Eine der Sachen, auf die man nicht verzichten kann, ist die Fütterung. Da denkt man natürlich zuerst an Insekten aller Art. Ich habe mich dazu entschlossen, Ihnen einen Mix aus frischen Heimchen (und ab und zu Grillen) und TK-Insekten verschiedener Arten anzubieten. Also muss ich alle paar Wochen zum Heimtierhandel, um mich damit zu versorgen. Dazu kommt dann die tägliche Fütterung und Ernte der Futtertiere mit Grünzeug und alle paar Tage mit neuem Trockenfutter. Dafür würde ich im Schnitt 10 Minuten pro Tag ansetzen (Kauf ausgeschlossen). Die Boxen, in denen die Heimchen leben, säubere ich auch nach jeder Generation.
Die anderen Futterinsekten muss man natürlich auch ab und zu online bestellen, dann ins TK geben und anschließend aus der Transportpackung (nimmt zu viel Platz weg) umfüllen. Vor der Bestellung kommt die Recherche…
Jetzt aber zu den Ameisen. Die Fütterung (muss nicht täglich sein, bei mir ist sie es aber) dauert nicht lange. Die Zeit zur Heimchenernte ist oben schon eingerechnet. Ich muss also nur ans Gefrierfach und ein paar Viecher auftauen, wenn die frischen Heimchen nicht ausreichen oder ich ihnen ein wenig Abwechslung gönnen will. Danach alles irgendwo ins Becken schmeißen. Maximal 5 Minuten.
Dann wollen sie noch Wasser. Mittlerweile habe ich riesige Tränken bis 400 ml und muss sie nur noch alle paar Wochen auffülllen. Das dauert vielleicht 2 Minuten pro Stück, inkl. vorheriger Entnicofizierung.
Süßes trinken sie in großen Mengen. Das bekommen sie hauptsächlich aus RGs (an der Tankstelle). Und davon muss ich täglich ein bis zwei Stück machen. Das dauert so fünf bis zehn Minuten.
Zu diesen absoluten Basics, die aber reduzierbar wären (z.B. Fütterung alle 2 Tage), kommt dann noch ein bis zwei Mal die Woche das Gießen des Dschungels. Unter einer halben Stunde am Tag schaffe ich es wohl kaum.
Dann kommen noch eine Menge Dinge, die auch regelmäßig, aber seltener zu tun sind.
Den Ausbruchschutz erneuere ich alle paar Monate. Dann dauert es aber auch. Ich muss von beiden großen Becken den Rahmen abnehmen, die Talkumschicht erneuern und evtl. auch die Ölsperre am Rahmen (seltener). Das sind mehr als 5 m Beckenrand mit doppelter Sperre. 20 bis 30 Minuten
Danach reinige ich meistens die Scheiben von innen. Das Talkumpuder bleibt natürlich auch daran hängen. Dabei gehe ich abschnittsweise vor, mache immer nur eine kleine Fläche und trockne sie danach sofort wieder. Dabei gehe ich möglichst ameisenschonend vor. Im Dschungel ist das Fensterputzen mittlerweile deutlich aufwendiger, da die Pflanzen bis ans Glas wachsen. Auch den Deckel des Dschungels muss ich regelmäßig reinigen, sonst kommt kein Licht mehr durch. Zusammen locker ne halbe Stunde.
Der Dschungel erfordert auch immer mal Gärtnerarbeiten. Ranken in die richtige Richtung lenken, Pflanzen in der Höhe kürzen u.ä. Das mache ich meist beim Gießen.
Alle paar Monate wird der Müllhaufen entsorgt und bisher einmal der Friedhof teilgeleert. Das dauert so 10 bis 15 Minuten, je nach Kooperationswillen der Nicos.
Heute habe ich das Moos und die freien Erdstellen im Steinbruch mit Wasser besprüht. So bekommen die Springschwänze wenigstens etwas Feuchtigkeit. Das mache ich ein bis zwei Mal prro Woche, dauert aber nicht lange.
Heute musste ich auch die Tankstelle mal wieder reinigen. Eine der Tanksäulen hatte geleckt und alles war klebrig. Die ganze Aktion hat auch mal wieder eine halbe Stunde gekostet. Sowas kommt immer mal wieder vor.
Die Labsperimente sind zwar freiwillig, aber auch zeitaufwendig. Je nachdem wie viele Nicos noch im Lab sind, kann die Entnicofizierung bis zu 15 Minuten dauern. Dann kurz aussaugen und ein neues Labyrinth konstruieren. Das dauert auch mindestens 10 Minuten. Eine halbe Stunde vom Ab- bis zum Anklemmen alle ein bis zwei Wochen.
Das ist die Zeit, die ich in etwa aufwende, seitdem die Anlage so aussieht wie jetzt. Bis man aber zu so einer Anlage kommt, muss man auch viel Zeit investieren. Natürlich nach und nach. Aber mit wachsender Ameisenzahl muss man immer mal wieder reagieren. Und da macht man sich natürlich Gedanken, wie es weitergehen soll.
Videos schauen, lesen, rechercheiren und dann das Kaufen und Zusammentragen der Materialien. Für die beiden großen Becken kann ich nicht mal abshätzen, wie viel Zeit das gekostet hat. Allein die richtigen Steine für den Steinbruch zu finden, hat mehrere erfolglose Besuche in verschiedenen Geschäften und der Natur erfordert. Die Beleuchtung habe ich selber gebaut und die Ytong-Steine habe ich ein oder 2 Wochen jeden Tag nach Feierabend bearbeitet.
Aber mal ganz ehrlich. Die beiden großen Becken zu planen und zu bauen, hat echt Spaß gemacht. Und wenn man dann merkt, das es funktioniert, ist es noch schöner. Das könnte ich jedes Jahr oder ständig machen. Leider habe ich nicht so viel Platz. Wenn ich morgen im Lotto gewinne, könnte sich das bald ändern. Drückt mir die Daumen! Gibt‘s eigentlich schon irgendwo einen Ameisen-Zoo?
Und dann gibt es noch etwas, das einiges an Zeit kostet: Das Schreiben hier im Forum
Aber das macht mir auch Spaß, sonst würde ich es nicht tun. Dazu gehört auch Fotografieren, Fotos auswählen und hochladen. Für die längeren Beiträge brauche ich locker eine halbe Stunde. Als ich hier noch nicht geschrieben habe, habe ich regelmäßig die wichtigsten Ereignisse aufgschrieben (Anzahl Ameisen, was haben sie gefressen, was nicht usw.), ein Ameisen-Tagebuch sozusagen. Aber hier im Forum habe ich eine viel bessere Dokumentation inkl. Fotos, die ich früher nur selten gemacht habe. (In meinem Nicht-Ameisen-Leben bin ich nicht so der Foto-Typ. Früher bin ich in 4 Wochen Urlaub mit weniger als einem Film (!) ausgekommen. So viel zur Selbsteinschätzung.) Ich sehe im Wechsel zum Forum nur Vorteile. Vieles wäre wohl sonst schon in Vergessenheit geraten.
Grüße vom Pinco
PS: Für diesen Beitrag habe ich ca. eine Stunde gebraucht.