Hallo Vespa,
egal wie dicht du bist, Goethe war Dichter. Trotzdem ist dir ein durchaus literarischer und philosophischer Einwand gelungen. Vielen Dank dafür.

Mir sind die Felsbautechniken mit Styropor, Styrodur oder auch Bauschaum durchaus bekannt. Ich habe bereits komplette Felswand so gebaut. Auch bei meinen Echtsteinwänden habe ich viel Erfahrung gesammelt, was das modellieren mit Gips angeht. Trotzdem bin ich mit der finalen Optik nie so richtig warm geworden. Im schlimmsten Fall sieht es nach Buttercremetorte aus, aber nicht nach einem realistischen Felsmassiv in verkleinertem Maßstab. Das wird sich mit den Kautschukformen hoffentlich ändern. Zusätzlich erspare ich mir unendliche 2m² detailreiche Modellierarbeit, die zu 70% hinter Monitoren, Pflanzen und Formikarien verschwindet. Außerdem liebe ich es neues auszuprobieren.
Ein anderer Punkt den du angesprochen hast, ist die (un)willkürliche Gestaltung und das Spiel mit Symmetrien. In der Tat ist dies ein Punkt über den ich mir sehr viele Gedanken machen. Dabei finde ich z.B. den goldenen Schnitt wesentlich ansprechender als eine schlichte Symmetrie. Aber es kommt noch auf sehr viel mehr an. Wie wirken die gesamten Proportionen und Skalierungen? Wie fällt das Licht und wie fügt sich das Nest ein? Weiterhin muss das Formi auch ameisengerecht sein, frei von Giftstoffen und Hohlräumen, ausbruchsicher, nicht zum anknabbern und halbwegs resistent gegen Feuchtigkeit. Alles muss leicht zugänglich und gut zu säubern sein. Es ist eine Gratwanderung zwischen Design und Lebensraumgestaltung, die mir nicht immer gelingt, mich aber dafür irgendwann in den wohl verdienten Wahnsinn treibt.

Letztendlich habe ich die Erfahrung gemacht, dass mein Auge an einem zufälligen und natürlichen Erscheinungsbild länger Freude hat, als an künstlich geschaffenen Welten aus Polystyrol und Abtönfarbe (auch wenn die Gestaltungsmöglichkeiten mit diesen Werkstoffen sehr beeindruckend und verlockend sind). Ich benutze für meine Becken mittlerweile am liebsten natürliche Werkstoffe wie echte Steine und Naturkork, mache aber auch vor künstlich geschaffenen Elemente nicht halt, solange sie in mein Schreibtischkonzept passen und mir einen guten Kosten-Nutzen-Effekt bieten. Beabsichtigt und geplant sind dabei immer nur die verwendeten Basteltechniken. Der Rest ist kreativer Flow im Bastelkeller.
Am allerwichtigsten ist aber der Spaß an der Sache. Spaß am basten, und natürlich an den Ameisen. Raus gehen, sich inspirieren lassen, sich entspannen, nachdenken, planen, alles über den Haufen werfen, Zufall und Vielfalt genießen, seine ursprünglichen Ziele verfehlen um anschließend sich selbst und sein Formikarium weiter zu verbessern.
Und da geb ich dir Recht Vespa, das macht die Kunst dahinter aus!

Gruß
Toblin