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Manica rubida und Formica fuscocinerea

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Boro
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#9 AW: Manica rubida und Formica fuscocinerea

Beitrag von Boro » 6. September 2012, 08:46

Hallo bigJumbo!
Genau! Hier dreht es sich um Schotterterrassen entlang eines Wildbaches. Die Nester befinden sich z. T. unter faust- bis kopfgroßen Steinen. Während des Tages transportieren die Tiere ihre Brut in Kammern unter den erwärmten Stein. Den kann man dann vorsichtig abheben u. muss dann sehr schnell Fotos machen, weil beide Arten bei Neststörungen aggressiv reagieren bzw. die Brut sofort "unter Tag" transportieren. Dann versuche ich den Stein wieder in seine Lage zu legen und dabei den Schaden möglichst gering zu halten.
Mit einem reinen Erdnest könnte man da garnichts machen...
L.G.Boro



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Boro
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#10 AW: Manica rubida und Formica fuscocinerea

Beitrag von Boro » 1. Mai 2013, 12:05

Vor fast 14 Tagen (18. 4.) war ich das erste Mal in diesem Jahr wieder vor Ort um die Lage nach dem langen Winter zu überprüfen. Das Augebiet weist starke Veränderungen auf, das Hochwasser im Herbst und das Abschmelzen der riesigen Schneemengen im Einzugsgebiet haben deutliche Spuren hinterlassen. Einige Beobachtungsräume konnten infolge der reißenden Fluten nicht erreicht werden, die Nistbereiche "meiner" Ameisen zeigten Spuren zumindest kurzfristiger Überflutung. Erstaunlicherweise hat dieser Umstand den Bestandsdichten wenig anhaben können.
1. Bei Manica rubida habe ich über 20 Neststandorte vorsichtig durch Abheben v. Totholz od. Steinen kontrolliert: Ich konnte kaum Brut u. nur sehr wenige Geschlechtstiere sichten. Das finde ich bemerkenswert, weil Manica bekanntlich mit Brut u. teilw. sogar mit Geschlechtstieren überwintert und das Schwärmen bevorsteht.
1. So sah es in den meisten Unter-Steinnestern aus:
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2. Nun ein paar Worte zu Formica fuscocinerea. Auch hier konnte ich trotz der Öffnung von ca. 30 Nestern nur in zwei davon Brut entdecken. Formica spp. überwintern ohne Brut, trotzdem sollten wenigstens Eipakete um Mitte April in den meisten Nestern vorhanden sein. Hier hat der überlange Winter offenbar zu einer deutlichen Verzögerung d. Eiablage geführt!
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3. In diesem Forum wurde schon einmal darüber diskutiert, ob F. fuscocinerea eine invasive Art sei. Darunter versteht man in der Regel Neozoen, die sich rasch ausbreiten. Die Art ist aber heimisch u. hat sich nach der letzten Eiszeit im Alpenraum u. dessen nördl. u. südl. Vorländern ausgebreitet. Ich kenne die Art gut, sie wohnt auch in meinem Garten. Tatsächlich verfügt sie über ein hohes Pontential zur Bestandsverdichtung und flächenmäßigen Erweiterung ihrer Areale. In Kärnten ist sie die absolut häufigste Art der cinerea-Gruppe und in allen geeigneten Primärhabitaten vor allem in der Südhälfte des Landes bis 1000 m Höhe mehr od. weniger häufig anzutreffen. Und: Sie erobert die Städte! In den letzten 10, 20 Jahren konnte ich eine deutliche Verdichtung d. Bestände beobachten. Sie besetzt als Sekundärhabitate die Ränder aller versiegelten Flächen (Straßen, Parkplätze, Gehwege etc.). Sie ist hier nach Lasius niger zweifellos die erfolgreichste Art!
Was macht sie so erfolgreich?

a. Wie erwähnt, die Nutzung unterschiedlicher Habitate u. Neststandorte. Auch Nester in und unter Totholz konnten gefunden werden.
b. Ausgeprägte Polygynie! Rascher Aufbau volkreicher Populationen. Entstehen v. Superkolonien. Die gibt es auch in der Stadt! Ich konnte über viele Meter bis zu 5 cm breite, sehr dicht belaufene Ameisenstraßen zu Läusekolonien auf Ahornbäumen entdecken. Diese starke Frequenz auf breiten Ameisenstraßen kenne ich sonst nur v. Formica pratensis.
c. Stark ausgeprägtes Territorialverhalten: Keine oberflächlich agierende Ameisenart wird hier geduldet, auch große Arten wie Manica rubida, Camponotus ligniperdus od. C. vagus müssen weichen.
Beispiel: Es gibt Flächen, die sind ganztägig v. furagierenden (??) Arbeiterinnen übersät, eine habe ich daher (unabsichtlich) zertreten u. sofort strömten v. allen Seiten andere Arbeiterinnen herbei (ähnlich machen das die Waldameisen!). Die Verletzte wird untersucht, der vermeintlich anwensende Feind (Boro) durch hektische Suchläufe gefunden u. attackiert. Wird hier für eine Verletzte od. Tote solidarische Hilfe angeboten?
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d. Gute Orientierungsfähigkeit, sehr schnell, relativ gutes Sehvermögen. Findet rasch Beutestücke und attackiert sofort. Die Rekrutierung weiterer Kolleginnen erfolgt sicher durch Abgabe von Alarmpheromonen, weil in der Nähe befindliche Kollegen sofort zum Ort des Geschehens eilen. Auch diese Fähigkeit kennen wir von Waldameisen.
Gemeinsamer Transport der Beute: Kooperation ist alles.
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e. Erstmals konnte ich eine intraspezifische Auseinandersetzungen feststellen: Korrektur v. 17. 6. 2013. Gestern gelang mir die Bestimmung der gezeigten Angreifer, die ich als Belege deponiert hatte. Es handelt sich um die seltene Formica selysi. Demnach ist es eine interspezifische Auseinandersetzung! Ich hatte damals einige Belege mitgenommen, weil mir die Auseinandersetzung "seltsam" vorkam u. die Angreifer durchwegs etwas größer waren.
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f. Der Feind wird fixiert, gestreckt u. anschließend zu Tode gebracht. Eine sehr erfolgreiche Strategie, die vor allem bei den aggressiveren Formica spp. üblich ist. Sie wird auch oft von kleinen Ameisen gegenüber größeren Feinden angewandt. Im vorliegenden Fall war zu beobachten, dass alle anwesenden Ameisen relativ groß waren. Ich habe zwei, drei Exemplare gemessen u. ziemlich genau 7 mm festgestellt.
Die auf einigen Bildern erkennbare leicht gold-silbrig glänzende Pubeszenz auf der Gaster scheint gerade für F. fuscocinerea typisch zu sein. Aber es gibt auch Nester der Art, wo abgesehen v. den Beinen verstärkt rötliche Pigmenteinmischungen am Thorax auftreten: http://www.ameisenforum.de/fotoberichte/33419-serviformica-sp-beobachten-u-erkennen-fotobericht-3.html
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#11 AW: Manica rubida und Formica fuscocinerea

Beitrag von Hoffer » 6. Mai 2013, 15:56

hallo Boro!
ich hatte schon mal vor längerer zeit brichtet, dass ich auf der wiener donauinsel eine SUPER- kolonie von F.fc. entdeckt habe, ist schon beachtlich, wie agressiv diese sein können...
noch beachtlicher ist deren ausdehnung und sie breitet sich weiter aus! die hauptkolonie beansprucht bestimmt einen 300m langen streifen, wo man so gut wie KEINE anderen AMEISEN antrifft... aber die weit verstreuten zweignester, wo noch andere Arten zu finden sind, würde ich sagen, hat eine Ausdehnung von bestimmt 1km! Das muss man mal gesehen haben, ist schon fast "beängstigend"...

lg Hoffer.


"Denen, die der Ruhe pflegen, kommen manche ungelegen." - Wilhelm Busch

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#12 AW: Manica rubida und Formica fuscocinerea

Beitrag von Boro » 18. Juni 2013, 14:09

Nach einigen Wochen war wieder ein Besuch in diesem Revier möglich. Im Herbst 2012 gab es hier ein Hochwasser und die immensen Niederschläge im Winter 2012/2013 einschließlich der Schmelzwässer vom Gebirge hatten eine deutliche Geschiebeumlagerung, die Ablagerung neuer Treibhölzer und eine Flussbettverlagerung zur Folge.
Die Nestdichte einiger Arten ist sichtbar zurückgegangen. Die alten Probleme sind aber geblieben:
1. In der Kontaktzone Manica rubida-Formica fuscocinerea fand ich zwei dieser Schauplätze: Leichen überall, vor allem v. M. rubida.
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2. Etwas näher betrachtet erkennt man auch einige Reste toter F. fuscocinerea-Arbeiterinnen u. andere Leichenteile, sowie den Kopf einer Camponotus vagus-Arbeiterin. Auch diese große "kampfstarke" Art kann Opfer der Kriegsstrategie v. Formica werden!
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3. Erkannt: Eine kecke Siegerin schaut aus dem Eingang des eroberten Manica rubida-Nestes! "Wir dulden keine Konkurrenz!" Das ist Natur.......
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L.G.Boro



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#13 AW: Manica rubida und Formica fuscocinerea

Beitrag von Boro » 16. Juli 2013, 09:11

Wieder ein schönes Beispiel, warum Formica fuscocinerea so erfolgreich ist: Wie schon oben erwähnt, spielt die sehr gut funktionierende Teamarbeit eine entscheidende Rolle: Die Arbeiterinnen furagieren großflächig. Wird eine Beute erkannt, erfolgt die sofortige Alarmierung anderer Nestbewohnerinnen, die unverzüglich zum "Tatort" eilen!
1. Wegen dieser einen Lasius-Gyne, die nach dem Schwärmen gefasst wurde, rücken gleich einige Dutzend Arbeiterinnen aus. Es wird gepackt, gezerrt und Gift verspritzt. Dann wird die Beute gemeinsam ins Nest gezogen und gefressen. Ein großer Teil der Arbeiterinnen sichert das Geschehen nach außen ab: Das nenne ich eine erfolgreiche Strategie zum Nahrungserwerb!
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2. Oder handelt es sich hier um Formica cunicularia? Nein, keineswegs, wir haben hier wieder die "rötliche" Variante von F. fuscocinerea vor uns: Ein Großteil der Tiere weist deutlich sichtbare rote Farbanteile am Thorax, den Wangen u. Mandibeln auf. Die Beine sind rötlich bis braun, auch die Normalform hat braune Beine! Über diese Farbvariante v. F. fuscocinerea habe ich schon hier berichtet: http://www.ameisenforum.de/fotoberichte/33419-serviformica-sp-beobachten-u-erkennen-fotobericht-3.html
Teilweise erkennt man die silbrige Pubeszenz ganz gut, manchmal den schon angesprochenen "goldenen" Schimmer auf der Gaster! Hier ein Ausschnitt mit leichter Vergrößerung:
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