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Chthonolasius Gründungsversuch/HB

Berichte, Erfahrungen, Tipps, Beobachtungen Gattung Lasius
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Maddio

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#1 Chthonolasius Gründungsversuch/HB

Beitrag von Maddio » 25. Juli 2016, 21:50

Chthonolasius Gründungsversuch

Vor drei Jahren habe ich auf Texel Urlaub gemacht, und als wir uns nach einem Tag am Meer aufgemacht haben um den Strand entlang der Dünen zu verlassen, fielen meinem Bruder und mir zahlreiche Ameisenköniginnen auf, die am Wegesrand aufgeregt umher eilten. Bei genauerem Hinsehen konnten wir erkennen, dass auch viele Arbeiterinnen von Lasius s. str. an dem Gewusel beteilligt waren.

Die Königinnen liefen agil zwischen den Arbeiterinnen umher, und immer öfter waren Königinnen dazwischen, welche Lasius-Arbeiterinnen zwischen den Mandibeln durch die Gegend trugen. Neugierig geworden sammelten wir eine der Königinnen ein, und bei meinen Recherchen wurde dann schnell klar, dass es sich um eine Vertreterin der Untergattung Chthonolasius handeln musste.

Alle Vertreter dieser Untergattung von Lasius gründen sozialparasitär, je nach Chtonolasius-Art kommen als Wirt dafür Arten der Untergattung Cautolasius und Lasius s. str. in Frage.

Mein Interesse an den Chthonolasius war geweckt, zumal man von ihnen eher weniger liest und sie wohl für einen Laien bei der Suche im Felde nicht von Lasius flavus zu unterscheiden sind. Sie haben auf jedenfall etwas Geheimnisvolles.

Es gibt inzwischen etwas an Literatur zum Thema, und es wurden auch schon mehrere Berichte über Gründungsversuche geschrieben, von daher will ich mich so kurz wie möglich in meinen vorhergehenden Ausführungen fassen, und in erster Linie berichten und dokumentieren. Gerne kann auch diskutiert werden im Diskussionthread!

Erwähnt sei an dieser Stelle Frank Mattheis aus dem Eusozial, der viele Beiträge zur sozialparasitären Gründung von Chthonolasius und Dendrolasius geschrieben hat. Seine Beobachtungen und Schlussfolgerungen bilden die Grundlage für meine(n) Gründungsversuch(e). Nachzulesen sind die umfangreichen, praxisorientierten Abhandlungen von Herrn Mattheis zum Thema z.B. hier:

http://eusozial.de/viewtopic.php?f=26&t=12

Aus den Beobachtungen von ihm geht hervor, dass Chthonolasius kaum Erfolg bei einer reifen Lasius s. str.-Kolonie haben dürften, da diese sehr wohl Abwehrstrategien gegen den Sozialparasit entwickelt haben. Eine garantierte 100%-ige Erfolgsquote der Chthonolasius wäre auch für diese selbst nicht sinnvoll, da es dann auf Dauer keine Wirtsnester mehr geben würde.

Anders sieht die Sache bei kleineren Kolonien aus, speziell wenn diese nicht über größere, wehrhafte Arbeiter verfügen. Die Vorraussetzung, dass die Kolonie weisellos sein muss, sieht Mattheis bei Chthonolasius als nebensächlich an, da die Wirtskönigin, falls vorhanden, meist von ihren eigenen Arbeiterinnen getötet wird.

Die Planung wird konkret

Im Frühjahr diesen Jahres bot sich mir dann die Chance, eine weisellose, junge Lasius niger Kolonie zu übernehmen.
Die Kolonie dürfte einigen im Forum bekannt sein, sie stammt von Kalinova. Die Kolonie war auf einem sehr guten Weg, doch leider ist die Königin auf unerklärliche Weise gestorben. Der wirklich toll geschriebene Haltungsbericht von Kalinova, den ich jedem ans Herzen lege, findet sich hier:

https://www.ameisenforum.de/haltungsbericht-lasius-niger-2015-gegrundet-t54104.html

An dieser Stelle nochmal ein Dankeschön an Kalinova, dass die Kolonie für meinen Gründungsversuch abgegeben wurde :clap:.

Versuchsaufbau

Bei den Überlegungen zum Aufbau des Versuches, war mir wichtig, dass die Königin eine Möglichkeit bekommt, ihr natürliches Verhalten zu zeigen. Für diesen Zweck habe ich mir überlegt, zwei Becken zu nutzen, die über einen ca. 40cm langen Schlauch miteinander verbunden sind.

Dabei soll das eine Becken die Peripherie, oder Nestumgebung darstellen. Das andere Becken soll das Nestbecken sein. So wurde es in die Praxis umgesetzt:

AufbauAnlage.jpg


Das Becken links ist das Peripherie-Becken, rechts im Bild das Nestbecken mit dem RG, in welchem die weisellose Kolonie lebt.

Die Idee dahinter ist, dass eine Chthonolasius-Königin zunächst ins Perpherie-Becken gesetzt wird, und sich dort erstmal vom Fang beruhigen kann. Ausserdem habe ich die Hoffnung, dass sie feststellt, dass sie sich in der Nähe einer Wirtskolonie befindet, ohne gleich inmitten vieler Arbeiterinnen zu sein.

Heute habe ich festgestellt, dass Phil genau dieselben Gedanken in seinen Gründungsversuch vor einiger Zeit hat einfliessen lassen:

https://philipph.wordpress.com/2010/07/10/misslungene-grundung-einer-chthonolasius-sp/

Im Detail sehen die beiden Becken so aus: Peripherie:

Peripherie.jpg


Nestbecken:

Nestbecken.jpg


Gesichert sind beide Becken mit Paraffinöl.


Wer suchet, der findet

Eine Sache fehlt bei dem Ganzen natürlich noch: Eine Chthonolasius-Königin. Suchen kann man sie meiner Erfahrung nach am besten gegen Abend (ab ca. 18-19 Uhr), bei ausgeprägt schwülem Wetter. Also bei Wetter wo man sich am liebsten gar nicht bewegen will, und schon gar nicht im Wald, wo einem stechwütige Fluginsekten auflauern.

Diese Herausforderungen auf mich nehmend, habe ich mich immer wieder in den letzten Wochen aufgerafft, und hab südwärts gewandte Waldränder abgesucht. Besonders eine Stelle, an welcher ich letztes Jahr eine Chthonolasius-Königin gefunden habe (aber keine Wirtskolonie hatte), schaute ich regelmäßig vorbei.

Gestern habe ich dann tatsächlich nur wenige dutzend Meter entfernt eine erste dealate Chthonolasius-Königin für meinen Versuch gefunden :behappy:.

Zuhause angekommen habe ich sie dann gleich in die Peripherie-Box gegeben.

Queen.jpg


Auf diesem Foto kann man gut ihre Mandibeln erkennen, die auf die sozialparasitische Gründungsart schließen lassen:

Queen_Mandibeln.jpg


Die Königin hat dann auch gleich ihre Umgebung erkundet, und es dauerte nur wenige Minuten, bis sie den Eingang zur Schlachverbindung gefunden hatte. Bei der Beobachtung hatte mir dann wieder mein Bruder Gesellschaft geleistet, wie schon zuvor auf Texel.

Gespannt verfolgten wir, wie die Königin mit einer Wahnsinnsgeschwindigkeit durch den Schlauch bis zum Nestbecken sprintete. In diesem fouragierten nur sehr vereinzelt Arbeiterinnen, der Großteil der Kolonie weilte im RG. Nachdem die Königin ausgiebig in der Tränke gebadet hatte und sich geputzt hatte, begann sie im Nestbecken umher zu ziehen.

Es folgten erste Kontakte mit den Lasius niger-Arbeiterinnen, wobei beide stets zurückwichen und sich voneinander entfernten. Wir hatten den Eindruck, dass sich das Verhalten der Königin nun änderte, und sie lief in kleinen Schleifen im Becken umher. Plötzlich packte sie sich eine unglückliche Arbeiterin, welche ihren Weg kreuzte, tötete sie in einem schnellen Angriff, und trug sie in ihren Mandibeln umher:

Queen_beute.jpg


Jetzt versuchte sie mit ihrem Fang das Weite zu suchen, doch das Paraffinöl hielt sie stets auf, und sie kam nicht auf die Idee durch den Schlauch die Arena zu verlassen. Bei ihren Versuchen sich von der Szenerie zu entfernen stieß sie nun immer öfter auf Lasius niger-Arbeiterinnen, die nicht sehr angetan davon waren, wie mit ihrer Nestgenossin verfahren wurde.

Nach einigen solcher Aufeinandertreffen, ließ die Königin ihre Beute fallen, und schien nur noch fliehen zu wollen. Dabei wurde sie von einer Arbeiterin am Bein festgehalten:

Queen_Widerstand.jpg


Wir entschieden uns, die Königin vorsichtig mit einer Federstahlpinzette wieder ins Peripherie-Becken zu setzen.

Im Nestbecken wurde die tote Arbeiterin von ihren Schwestern geborgen und vor dem RG Eingang regelrecht aufgebahrt:

Trauer.jpg


Man hatte den Eindruck, dass nun immer mehr Arbeiterinnen wütend die Umgebung absuchten, um den Tod ihrer Schwester zu rächen:

Aufruhr.jpg


Wir entschieden uns dafür, die Schlauchverbindung mit Watte zu verschließen, da die Situation sich zu sehr aufgeladen hatte, und wir waren uns ziemlich sicher, dass die Königin getötet werden würde, wenn wir sie ins Nestbecken ließen. Die Königin war allerdings ohnehin damit beschäftigt, sich der Arbeiterin zu entledigen, welche immer noch stoisch an ihrem Bein festhielt.

Zweiter Anlauf

Als ich dann heute von der Arbeit gekommen bin, habe ich die Schlauchverbindung wieder geöffnet. Die Arbeiterin, welche sich im Bein der Königin verbissen hatte, lag jetzt wie ein Krieger Spartas pflichtgetreu aber tot in einer Ecke des Peripherie-Beckens.

Diesmal ging die Königin ohne Umwege direkt ins RG. Sie bewegte sich zielgerichtet bis zum Wassertank vor, und verharrte zunächst dort. Einzelne Arbeiterinnen zerrten an ihr, aber bezogen auf die Anzahl der Nestbewohner, gab es nur geringen Widerstand:

Queen_RG.jpg


Der aktuelle Stand nach ein paar Stunden ist jetzt, dass die Königin mitten im RG sitzt, und sogar ganz leicht physogastrisch wirkt :confused:. Die Wirtsarbeiter scheinen nicht ganz zu wissen, was sie von dem Neuling halten sollen. Einige betrillern sie, andere beissen sie hin und wieder; die meisten scheinen aber einfach nur einen gewissen Sicherheitsabstand halten zu wollen. Umgekehrt scheint die Königin die Nähe regelrecht zu suchen, womöglich um sich dem Kolonieduft anzupassen.

Ich wage keine Prognose wie die Situation morgen aussieht, für mich ist der Ausgang dieses ersten Versuchs völlig offen, und ich werde bei negativem Ausgang weiter nach Königinnen Ausschau halten, die Schwärmzeit von Chthonolasius hat ja gerade erst so richtig begonnen.

Gerne könnt ihr etwas in den Diskussionsthread zum Thema schreiben :):
https://www.ameisenforum.de/diskussionsthread-chthonolasius-grundungsversuch-t55114.html
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#2 Re: Chthonolasius Gründungsversuch

Beitrag von Maddio » 26. Juli 2016, 19:27

Die Königin lebt noch und allem Anschein nach ist sie akzeptiert worden :bananadancer:. Sie sitzt zwischen den Arbeiterinnen, und es ist keine Aggression erkennbar.

Das Peripherie-Becken sowie den Schlauch habe ich abgeklemmt, so dass die Kolonie jetzt ausschließlich im Nestbecken lebt. Das RG wird mit einem Stück Pappe abgedunkelt.

Wie man liest, schlüpfen die ersten Arbeiterinnen erst im kommenden Frühling, so dass ich mich auf eine lange Warterei einstellen muss.

Wer sich für das Thema interessiert, dem empfehle ich folgenden Faden zu lesen:

http://eusozial.de/viewtopic.php?f=26&t=801&sid=ac8061790fbbbf02af4bdf67b44ad879

Auf den letzten Seiten entwickelt sich ein sehr spannender Dialog zwischen Phil und Frank Mattheis, bei dem unterschiedliche Gedanken zur Entwicklung des Sozialparasitismus, speziell bei Lasius-Arten, ausgetauscht werden.

Ich werde die Kolonie jetzt erstmal eine Woche völlig in Ruhe lassen, und dann nochmal berichten, wenn möglich mit Beweisfoto ;) !
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#3 Re: Chthonolasius Gründungsversuch

Beitrag von Maddio » 1. August 2016, 23:01

Eine Woche ist verstrichen, und ich habe die Kolonie einfach mal machen lassen. Hin und wieder hat man mal eine Arbeiterin fouragieren sehen, aber sonst ist nichts zu sehen. Auch Futter wird kaum merklich verbraucht. Na gut, alle sind gut genährt, und Brut ist nicht vorhanden, also kein Grund zur Aufregung.

Heute habe ich dann die Abdeckung abgenommen...die Königin lebt noch :huepfer:.

Sie wirkt auch nicht mehr wie ein Fremdköper im RG, sondern ist voll akzeptiert worden! Der Gründungsversuch ist damit zwar noch nicht geglückt, aber das ist doch schonmal ein ganz bedeutsamer Schritt in Richtung dieses Ziels.

L.umbratus.jpg


Da sitzt sie inmitten ihrer Arbeiterschaft :).

Vielen Dank für alle Kommentare, ich verweise nochmal auf den dafür vorgesehenen Diskussionsthread, um die hier erfolgende Dokumentation übersichtlich zu halten:
https://www.ameisenforum.de/topic55114.html

LG Maddio
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#4 Re: Chthonolasius Gründungsversuch

Beitrag von Maddio » 21. August 2016, 18:10

Knapp drei Wochen sind seit dem letzten Update vergangen, und es wird Zeit den Bericht mal wieder zu aktualisieren.

Es gibt allerdings nicht viel zu berichten :o. Man sieht nur ganz ausnahmsweise Arbeiterinnen fouragieren, und auch Nahrung wird kaum angerührt. Es findet sich eine geringe Anzahl toter Arbeiterinnen in den Ecken der Arena. Ob diese bei der Übernahme umgekommen sind, oder aus anderen Gründen gestorben sind, kann ich nicht mit letzter Sicherheit sagen. Ich sehe es aber erstmal als keinen Anlass zur Sorge.

Weiterhin gehe ich davon aus, dass sich die Kolonie bereits auf die Winterruhe vorbereitet, und ich habe den Behälter mit der Kolonie heute in den Keller gestellt, um die Temperaturen schonmal etwas abzusenken. Bald wird die Kolonie im RG den Winter im Kühlschrank verbringen, um dann hoffentlich nächstes Jahr richtig loszulegen.

Man sieht es ist auch nach der Adoption der Königin in erster Linie Geduld gefragt. Wenn die Winterruhe überstanden ist, bin ich mir sicher, dass die Königin und Wirtsarbeiterinnen durch die Monate in der Kälte endgültig zu einer Kolonie verschmolzen sind. Freue mich schon wahnsinnig auf die ersten gelben Arbeiterinnen :).

Diskussionsthread:
https://www.ameisenforum.de/topic55114.html
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#5 Re: Chthonolasius Gründungsversuch

Beitrag von Maddio » 3. Dezember 2016, 21:53

Ein kleiner Zwischenbericht aus der Winterruhe. Die Kolonie befindet sich seit Mitte September im Gemüsefach des Kühlschranks. Da noch andere Personen den Kühlschrank nutzen, hat sich folgende "Winterverpackung" bei mir durchgesetzt:

Winterverpackung.jpg


Ein kleiner Karton, mit Watte ausgestopft. Durch die Watte wird das RG in Position gehalten, und gleichzeitig vor Druck geschützt, z.B. wenn jemand Gemüse auf der Verpackung ablegt.

Der Kontrollblick zeigt erfreuliches, die Ameisen sind in gutem Zustand, und nach wenigen Minuten außerhalb des Kühlschranks reagieren sie auf die Helligkeit. Der Wassertank ist noch ausreichend gefüllt, und die Watte ist gut befeuchtet.

Wintertraube.jpg


So kann es noch ein paar Monate weitergehen :).

Diskussionsthread:
https://www.ameisenforum.de/topic55114.html
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#6 Re: Chthonolasius Gründungsversuch

Beitrag von Maddio » 8. Februar 2017, 18:48

Hallo und herzlich willkommen in der Saison 2017 :clap:!

Nun geht es weiter mit meinem Chthonolasius-Gründungsversuch. Ich hatte die Kolonie vergangenes Jahr sehr früh eingewintert, so dass ich beschlossen habe, sie nun etwas früher als üblich aus der Winterruhe zu holen. Im Diskussionsthread wurde hinterfragt, ob die frühe Einwinterung eine gute Entscheidung gewesen ist. Ich hatte letztes Jahr diese Entscheidung getroffen, weil die Chthonolasius-Königin keinerlei Anstalten machte, Eier zu legen, aber vor allem war kaum Aktivität bei der Kolonie auszumachen.

Vor zwei Tagen habe ich die Kolonie aus ihrem Winterquartier, dem Gemüsefach im Kühlschrank, geholt. Die letzten zwei Tage haben sie im Keller verbracht, um einen Übergang im Temperaturverlauf zur Zimmertemperatur hin zu gewährleisten. Heute habe ich ihnen dann eine Arena eingerichtet, und die ganze Anlage im Zimmer aufgestellt:

Arena.jpg

Die Arena hat zwei Anschlussbohrungen für eventuelle Erweiterungen. Der Bodengrund ist Gips, welcher noch während des Abbindens mit Aquarienkies bestreut wurde, um eine strukturierte Oberfläche zu bekommen, und um die Überbelichtung bei Fotos etwas einzudämmen. Als Ausbruchschutz wurde eine dünne Schicht Paraffinöl aufgebracht. Sonst ist noch die obligatorische Wassertränke zu sehen, und eine erste Mahlzeit in Form von Honig ist serviert.

Das RG habe ich mit Alufolie umwickelt, welche sich aber zur Sichtkontrolle leicht zurückschieben lässt. Die Königin ist quick lebendig und reagiert sehr empfindlich auf Lichteinfall, daher habe ich mir vorgenommen, erst in einem Monat einen erneuten Blick in das RG zu riskieren. Die Kolonie wurde ja ohne Brut eingewintert, von daher ist erwartungsgemäß auch jetzt keine vorhanden. Dies ist auch ein Punkt der mir etwas Sorgen bereitet, was, wenn die Königin gar nicht begattet ist? Aber da bleibt nur abwarten, eigentlich läuft alles wie am Schnürchen :cool:.

Die Lasius niger-Arbeiterinnen haben scheinbar nur darauf gewartet, dass das RG geöffnet wird, und etwa zwanzig von ihnen stürzten unmittelbar nach Entfernen des Stopfens in die Arena und erkundeten die nähere Umgebung:

Erkundung.jpg

Es hat nur eine knappe Minute gedauert, bis gleich drei Arbeiterinnen die Futterquelle entdeckt haben:

Späher.jpg

Das Ameisen nach überstandener Winterruhe besonders hungrig sind, ist keine große Neuigkeit, aber die Schnelligkeit, mit der die Lasius niger die Nahrungsquelle gefunden haben, empfinde ich dennoch als beeindruckend. Nach kurzer Zeit hat sich die Aktivität am Honig noch gesteigert:

stillePost.jpg


Nun, ähnliche Fotos sind von Lasius niger natürlich weithin bekannt, ist sie doch eine der am häufigsten gehaltenen Ameisen hierzulande. In nächster Zeit wird sich das auch nicht groß ändern, bis der erste Schwung gelber Chthonolasius-Arbeiterinnen schlüpft. Daraus folgt, dass es zunächst nicht viel zu berichten geben wird, erneut ist Geduld gefragt.

Ich habe mir indes über den langen Winter den ein oder anderen Gedanken zu meiner Ameisenhaltung gemacht, und will diese hier mit euch teilen und auch zur Diskussion stellen (im Diskussionsthread).

Da ich auch Lasius flavus halte, ist eine nahe liegende Angelegenheit der Vergleich beider Arten. Genauer gesagt interessieren mich Verhaltens-, aber auch morphologische Unterschiede der beiden gelben Lasius-Arten. Bei beiden Arten gibt es wenige Berichte von größeren Völkern, dies trifft insbesondere auf die Schattenameisen zu. Beschreibungen der Gründung gibt es viele, mit unterschiedlichem Ausgang, aber Beobachtungen aus der Haltung gibt es kaum. Man erfährt eigentlich nur, dass sie sich wie typische gelbe Lasius verhalten, aber was bedeutet das genau? Und gibt es wirklich keine deutlichen Unterschiede im Habitus etc.? Mich macht es jedenfalls neugierig, und ich hoffe mir bietet sich die Möglichkeit, dem etwas nachzugehen.

Um mein Vorhaben etwas abzugrenzen, es geht nicht darum, eine natürliche Lebensweise zu simulieren, so spielen Wurzelläuse oder die Simulation dieser keinerlei Rolle bei meinem Unterfangen. Sondern es geht mir darum, Lasius flavus und Chthonolasius sp. speziell unter "Laborbedingungen", oder anders gesagt, in der Haltung, zu vergleichen. Das bedeutet, Dunkelheit herrscht nur im Nest; in der Arena ist tagsüber Helligkeit angesagt.

Ein anderer Punkt, den ich interessant finde, ist folgender: Wann ist die kritische Masse an Chthonolasius-Arbeiterinnen erreicht, ab welcher die Wirtsarbeiterinnen getötet und verfüttert werden? Wie ändert sich das Verhalten von Wirts- und Hauptarbeiterinnen bei sich veränderndem Anteil derer an der Gesamtkolonie?

Vorausgesetzt, alles läuft nach Plan, und eine große Chthonolasius-Kolonie entsteht, habe ich noch zwei weiterführende Gedanken:

1. Wie holzaffin sind sie bei der Nestwahl?

2. Lassen sich bei der Kolonie regelmäßig Teile der Arbeiterschaft entnehmen, um so Lasius fuliginosus-Kolonien "in Serie" heranzuziehen? Sollte dies gelingen, stellen sich wieder ähnliche Fragen wie die oben formulierten zum Verhältnis Wirts- und Hauptarbeiterinnen.

Gerne könnt Ihr eure Anregungen und Fragen im Diskussionsthread posten, und drückt mit mir die Daumen, dass es in zwei bis drei Monaten die ersten gelben Arbeiterinnen in der Kolonie geben wird ;):
https://www.ameisenforum.de/topic55114.html

LG Maddio
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#7 Re: Chthonolasius Gründungsversuch

Beitrag von Maddio » 14. Februar 2017, 20:38

Nachdem die Kolonie zuletzt schon ihren Hunger am Honig gestillt hatte, habe ich es heute mal mit etwas Insektenfutter probiert. Und siehe da, die beiden kleinen Schokoschaben wurden begeistert angenommen:

Fütterung.jpg


Ansonsten übe ich mich nach wie vor in Zurückhaltung und werde erst in einem Monat einen Nesteinblick wagen. :popcorn:
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#8 Re: Chthonolasius Gründungsversuch

Beitrag von Maddio » 10. März 2017, 13:21

Wie angekündigt, habe ich heute einen ersten Blick ins RG geworfen nach 1-monatiger Wartezeit. Das Warten hat sich gelohnt, sie haben mindestens ein erstes Eipaket umhergetragen :bananadancer: . Da die Kolonie sehr panisch reagiert hat, habe ich es bei einem kurzen Blick belassen, um die Ameisen nicht weiter zu stören.

Auch sonst beträgt sich die Kolonie sehr vielversprechend, sie fouragieren fleißig und nehmen Proteine und Honig auf. Ich habe ihnen noch ein frisches, zweites RG dazu gelegt, mit einem verengten Nesteingang. Gehe erstmal nicht davon aus, dass sie umziehen, aber ich möchte ihnen alle Optionen bieten, z.B. falls der Wassertank des alten RGs zu Neige geht.
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