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Wie lange kann Nahrung im Sozialmagen gespeichert werden?

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Maddio

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#1 Wie lange kann Nahrung im Sozialmagen gespeichert werden?

Beitrag von Maddio » 27. Mai 2017, 15:38

Hi,

eine sehr gute Freundin von mir stellt stets sehr gute Fragen zum Thema Ameisen. Oft kann ich sie beantworten, aber jetzt hat Sie mir eine Frage gestellt, bei der ich eine zuverlässige Antwort schuldig geblieben bin.

Ich hatte ihr folgendes Foto geschickt (es taucht sicher nochmal in meinem Camponotus vagus HB auf :D):

Trophallaxis.jpg


Zur linken sehen wir eine Media, die von einer Majorarbeiterin Futter erbettelt, und in Folge dessen wird Futter zwischen den beiden Arbeiterinnen ausgetauscht. Das ganze Verhaltensmuster wird mit dem Ausdruck Trophallaxis bezeichnet.

Man kann gut sehen, wie sehr bei der Majorarbeiterin die Chitinringe am Gaster gedehnt sind, sie wird also als Speichertier genutzt (Replet).

Ihre Frage lautet:

Wie lange kann die Majorarbeiterin denn den Futterbrei speichern?

Also los Leute, helft mir gemeinsam diese Frage zu beantworten :D.
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Harry4ANT

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#2 Re: Wie lange kann Nahrung im Sozialmagen gespeichert werden

Beitrag von Harry4ANT » 27. Mai 2017, 16:01

...Bis es wieder hochkommt :baeh:

Aber hier gibt's tolle detaillierte Fotos zu dem Thema & andere Ameisenfotos:

http://www.alexanderwild.com/Ants

Polyrhachis_dives_Trophallaxis.jpg


obscuripes11-XL.jpg


pusillus1j-XL.jpg
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Serafine

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#3 Re: Wie lange kann Nahrung im Sozialmagen gespeichert werden

Beitrag von Serafine » 27. Mai 2017, 16:01

Wird die nicht früher oder später einfach in Fettgewebe umgewandelt? Ameisen haben ja auch Drüsen im Mundraum, die Nährflüssigkeit produzieren können, welche dann verfüttert wird.

Bei meinen Camponotus barbaricus konnte ich sehr schön sehen wie sich die gelb-bräunlich durchsichtigen Hinterleibe im Verlauf von 1-2 Wochen zu weißlich undurchsichtig verfärbt haben (nach dem ersten großen Fressgelage sah der Hinterleib der Königin aus wie bei einem Glühwürmchen wenn man von der anderen Seiten draufgeleuchtet hat).
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#4 Re: Wie lange kann Nahrung im Sozialmagen gespeichert werden

Beitrag von Erne » 27. Mai 2017, 22:19

Eine überaus interessante Fragestellung.
Gehe davon aus, es wird keine wirklichen Antworten geben können.
Der soziale Magen wird sich entsprechend der Futternachfrage leeren.
Dabei dürfte von Bedeutung sein, welche Anzahl an Arbeiterinnen richtig tanken konnten.
Sind es nur wenige in einem größeren Volk, ist das Futter schnell verteilt.
Auch die vorhandene Brutmenge wirkt kräftig mit, wenn es darum geht, den sozialen Magen wieder zu leeren.
Haltungsbedingungen, denke da besonders an Temperaturen, wirken ebenfalls.
Und nicht zu vernachlässigen, die Art auf die sich diese Fragestellung bezieht.

Ist eine interessante Sache, herauszufinden, wie lange es braucht, bis ihr sozialer Magen entleert ist.
Bei der übermäßigen Fütterung unserer Ameisen in der Haltung, meine Befürchtung, der soziale Magen wird nie richtig leer.

Grüße Wolfgang
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trailandstreet
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#5 Re: Wie lange kann Nahrung im Sozialmagen gespeichert werden

Beitrag von trailandstreet » 27. Mai 2017, 22:54

Wie sehr dieser genutzt wird, hängt wohl sich von mehreren Faktoren ab, abgesehen von welcher Art, aber auch Futterangebot, Verteilung und auch über die zeitliche Vorrätigkeit des Futters über einen längeren Zeitraum.
Um sehen zu können, ob das Futter im Sozialmagen mal schlecht wird, müsste man ja einzelne Ameisen nehmen, die einmalig "voll" füttern und sehen, wie lange sie damit auskommen.
Da aber Futter immer und immer wieder innerhalb des Kolonieverbandes weitergegeben wird, ist das wohl ein uferloses Unterfangen.
Im Buch "die Ameisen" von Walter Kirchner ist kurz aufgeschlüsselt, wieviele Ameisen so von einer einzelnen Arbeiterin versorgt werden können. Es wird Max an 8 weitere Ameisen weitergegeben und jede weitere gibt ebenfalls weiter, so kann eine einzelne Arbeiterin bis über 160 Tiere versorgen.
Da muss der Vorrat zwar gar nicht so lange halten, aber da dieser wohl gleichzeitig weiterbearbeitet und wohl auch mit Enzymen versetzt wird, dürfte das wohl die Haltbarkeit von Honig haben.


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Serafine

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#6 Re: Wie lange kann Nahrung im Sozialmagen gespeichert werden

Beitrag von Serafine » 27. Mai 2017, 23:07

Ich wage ernsthaft zu bezweifeln dass die Nahrung länger als ein paar Tage in den Mägen bleibt. Alle Insekten können Fettgewebe bilden, das eine sehr viel bessere Platzverbrauch-Energiegehalt-Bilanz hat als halbverdauter Nahrungsbrei und es wäre ziemlich merkwürdig wenn Ameisen das nicht täten. Zumal sie ja sogar spezialisierte Drüsen zur Herstellung von nährstoffreicher Flüssigkeit haben, die mit dem Magendarmrakt so verbunden sind dass auch der Inhalt dieser Drüsen hochgewürgt werden kann.
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#7 Re: Wie lange kann Nahrung im Sozialmagen gespeichert werden

Beitrag von Maddio » 28. Mai 2017, 00:24

Vielen Dank erstmal für die rege Beteiligung.

Ich schreibe jetzt auch mal meine Gedanken zur Fragestellung :).

Zunächst musste ich an die Extreme denken, wenn wir über Repleten reden, sind dass wohl die Honigtopfameisen. Sie hängen die meiste Zeit vollgetankt an der Decke und dienen als lebendiges Vorratslager.

Serafine hat geschrieben:Ich wage ernsthaft zu bezweifeln dass die Nahrung länger als ein paar Tage in den Mägen bleibt.


Angesichts der Honigtopfameisen ist diese These wohl nicht zu halten. Dafür spricht auch, dass die "Honigtöpfe" bei intraspezifischen Konflikten als Kriegsbeute mit Heim gebracht werden und m. W. n. lebend weiter in der siegreichen Kolonie verbleiben.

Wie auch immer, wenn die Honigtopfameisen ihre gespeicherte Nahrung schon nach wenigen Tagen in Fett umwandeln würden, dann müssten sie gewissermaßen bei Nahrungsknappheit "geschlachtet" werden, um an die nun im Fettgewebe gelagerten Reserven zu kommen. Das ist aber wohl nicht der Fall.

Ein weiterer Gedanke, welcher mir in diesem Zusammenhang durch den Kopf geht, spielt die Zusammensetzung der Nahrung eine Rolle für ihre Konservierung im Sozialmagen? Bleiben wir dafür kurz bei den Honigtopfameisen. Diese gelten manchen Stämmen von Ureinwohnern als Leckerbissen. Wie auch der Name schon nahe legt, speichern die Repleten dieser Arten wohl in erster Linie Kohlenhydrate und sind entsprechend süß im Geschmack, und daher beliebt, sozusagen als Bonbon der Natur. Das würde bedeuten, dass die Nahrung im Sozialmagen der Tiere hauptsächlich aus Zuckern besteht, und Zucker wird nicht umsonst vielen Nahrungsmitteln vor der Konservierung beigesetzt, denn es macht die Lebensmittel länger haltbar.

Schauen wir uns hingegen den Camponotus vagus-Major oben auf meinem Foto an, so muss klar werden, dass es Unterschiede gibt bei der Speicherung von Nahrung. Diese Ameisen haben eine überwiegend zoophage Ernährungsweise. Können wir davon ausgehen, dass die Nahrungszusammensetzung hier anders ist als bei den Honigtopfameisen? Wenn wir diesen Gedanken weiterspinnen, müssen wir uns nicht dann fragen, ob sich die Zusammensetzung des Nahrungsbreis bei jedem einzelnen Tier unterscheidet?

Ich denke, dies wird zwangsläufig der Fall sein. Möglicherweise gibt es sogar eine Art individuelle Note, denn der Futteraustausch ist bekanntermaßen auch ein soziales Ritual, die Nahrung geht zwischen den Ameisen hin und her. So gesehen beeinflussen die Individuen womöglich sogar den Geschmack des Futterbreis ihres Gegenübers!

Das wirft die nächste Frage auf: Inwieweit können die Mitglieder einer Kolonie die Zusammensetzung ihres Futterbreis kontrollieren? Welche Mechanismen stehen ihnen da zur Verfügung? Sie können wohl jederzeit entscheiden, was in welchen der beiden Mägen kommt, also müssten sie doch steuern können, wie die gespeicherte Nahrung zusammengesetzt wird. Aber wenn erstmal eine gewisse Menge Nahrung im Sozialmagen ist, können sie dann noch selbst wissen, wie sich diese zusammensetzt? Wird vielleicht genau aus diesem Grund, auch die Nahrung hin und her getauscht, damit sie selbst merken, wie ihr Futterbrei schmeckt, und entsprechende Anpassungen treffen? So nach dem Motto, bei dir fehlt noch etwas Pfeffer?

Erne hat geschrieben:Bei der übermäßigen Fütterung unserer Ameisen in der Haltung, meine Befürchtung, der soziale Magen wird nie richtig leer.


Genau, wenn man die Majorarbeiterin auf dem Foto sieht, erscheint es fast unmöglich, dass sie jemals ihren Magen wieder ganz leer haben wird, zumal sie nicht die einzige Arbeiterin in der Kolonie ist, die so prall gefüllt herum läuft. Da müsste ich wohl mehrere Monate am Stück nicht mehr füttern, und wer will seine Ameisen schon hungern lassen?

Wenn wir unser Beispiel auf die Natur übertragen, und von einer Kolonie ausgehen, die gut zurecht kommt, dann wird es dort auch wohl Individuen geben, welche als Speichertiere auserkoren sind und dementsprechend wohl immer einen mehr oder weniger gefüllten Sozialmagen haben, der nie komplett geleert wird.

Es wäre wirklich interessant zu wissen, wie und ob sich ein dauerhaft gefüllter Sozialmagen in irgendeiner Weise nachteilig auf die Lebenserwartung auswirkt. Oder sogar positiv, denn schließlich haben die Repleten reichlich soziale Kontakte und werden auch selten bis gar nicht selbst hungern.

Um nach diesen ganzen Gedankenspielen auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen, ich gehe davon aus, dass die Nahrung im Sozialmagen so lange haltbar ist, wie auch die Ameise lebendig ist. Zum einen dürfte der meist hohe Anteil an Zucker zur Konservierung beitragen, zum anderen sagt mir mein Bauchgefühl :clown: einfach, dass die Ameisen Mittel und Wege haben, die Nahrung irgendwie haltbar zu machen.

Ok, soviel erstmal von meiner Seite, es wäre toll wenn jemand noch mehr Licht ins Dunkel bringen könnte :D.
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#8 Re: Wie lange kann Nahrung im Sozialmagen gespeichert werden

Beitrag von Serafine » 28. Mai 2017, 02:21

Maddio hat geschrieben:Wie auch immer, wenn die Honigtopfameisen ihre gespeicherte Nahrung schon nach wenigen Tagen in Fett umwandeln würden, dann müssten sie gewissermaßen bei Nahrungsknappheit "geschlachtet" werden, um an die nun im Fettgewebe gelagerten Reserven zu kommen.

Nein, müssten sie nicht. Ameisen besitzen extra spezielle Drüsen die im Fettkörper enthaltene Nährstoffe zu einem Futterbrei verarbeiten können der dann hochgewürgt werden kann (steht so sogar in Lehrbüchern, z.B. von Kirchner).

Honigtöpfe sind aber ziemlich sicher eine Ausnahme, da sie ja praktisch nur Zucker speichern und keine Fette (sieht man schon daran dass sie durchsichtig sind und nicht weiß-milchig). Und Zucker kann man nicht so einfach im Körpergewebe einlagern, weil der ja enorme Mengen an Wasser zieht - die Honigtopfameisen müssen daher noch andere spezielle Tricks haben um zu verhindern dass wegen dem vielen eingelagerten Zucker ihr Flüssigkeitshaushalt kollabiert.

Maddio hat geschrieben:Schauen wir uns hingegen den Camponotus vagus-Major oben auf meinem Foto an, so muss klar werden, dass es Unterschiede gibt bei der Speicherung von Nahrung. Diese Ameisen haben eine überwiegend zoophage Ernährungsweise. Können wir davon ausgehen, dass die Nahrungszusammensetzung hier anders ist als bei den Honigtopfameisen? Wenn wir diesen Gedanken weiterspinnen, müssen wir uns nicht dann fragen, ob sich die Zusammensetzung des Nahrungsbreis bei jedem einzelnen Tier unterscheidet?

Ich würde ja vermuten dass die Honigtopf-Repletes schon von den Arbeiterinnen einen hochkonzentierten vorverarbeiteten Zuckerbrei bekommen.

Bei den Camponotus sieht die Sache anders aus, das was die an Protein und Fetten aufnehmen kann man nicht auf Dauer im Magen herumggammeln lassen. Das würde auch überhaupt keinen Sinn machen, denn Fettgewebe ist eine viel platzsparendere Möglichkeit Futter aufzubewahren.

Maddio hat geschrieben:Das wirft die nächste Frage auf: Inwieweit können die Mitglieder einer Kolonie die Zusammensetzung ihres Futterbreis kontrollieren? Welche Mechanismen stehen ihnen da zur Verfügung? Sie können wohl jederzeit entscheiden, was in welchen der beiden Mägen kommt, also müssten sie doch steuern können, wie die gespeicherte Nahrung zusammengesetzt wird. Aber wenn erstmal eine gewisse Menge Nahrung im Sozialmagen ist, können sie dann noch selbst wissen, wie sich diese zusammensetzt? Wird vielleicht genau aus diesem Grund, auch die Nahrung hin und her getauscht, damit sie selbst merken, wie ihr Futterbrei schmeckt, und entsprechende Anpassungen treffen? So nach dem Motto, bei dir fehlt noch etwas Pfeffer?

Ameisen besitzen in Kopf und Mesosoma Drüsen die einen Nährstoffbrei herstellen können, daher würde ich mal behaupten dass die Kontrolle über den fabrizierten Futterbrei relativ hoch ist, denn es ist sehr wahrscheinlich dass die Drüsen bei aller Arbeiterinnen einer Spezies ziemlich gleich funktionieren und die Zusammensetzung des Nahrungsbreis daher relativ standardisiert ist.

Maddio hat geschrieben:Genau, wenn man die Majorarbeiterin auf dem Foto sieht, erscheint es fast unmöglich, dass sie jemals ihren Magen wieder ganz leer haben wird, zumal sie nicht die einzige Arbeiterin in der Kolonie ist, die so prall gefüllt herum läuft. Da müsste ich wohl mehrere Monate am Stück nicht mehr füttern, und wer will seine Ameisen schon hungern lassen?

Das was die Major-Arbeiterin da hat ist Fettgewebe. Ich hab schon Schaben und andere Insekten seziert, bei denen sieht das genauso aus und die haben keine Sozialmägen.

Maddio hat geschrieben:[...] zum anderen sagt mir mein Bauchgefühl :clown: einfach, dass die Ameisen Mittel und Wege haben, die Nahrung irgendwie haltbar zu machen.

Ja, indem sie sie in (unendlich lange haltbares) Fettgewebe umwandeln, wie so ziemlich jedes andere Lebewesen auf diesen Planeten auch.



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