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Eine Frage der Moral ?! [langfristige Haltung]

Wo braucht Ihr Hilfe, was an Fragen Eurer Ameisenhaltung möchtet Ihr diskutieren?
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konFuZius
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#1 Eine Frage der Moral ?! [langfristige Haltung]

Beitrag von konFuZius » 21. Juni 2017, 17:46

Seid gegrüßt!

Mein Name ist André und bin ein 34 jähriger Exil-Dresdner mit Wahlheimat Chemnitz.
Durch die Pflege von Camponotus ligniperdus und Myrmica rubra bin ich nicht ganz neu in der Ameisenhaltung. Nach unserem jetzigen Urlaub sind mir vermehrt Körnersammler vor die Füße geraten und ich beginne mich für diese zu interessieren. Und in der Recherche stoße ich auf eine offene Frage, die weniger den Haltungsparaametern zugeschrieben werden kann als mehr der Haltung allgemein.

Ich beziehe erst zu meiner Person Stellung:
Ich habe in der Vergangenheit Camponotus ligniperdus gehalten, da diese als interessante Einsteigerart angesehen wird. Die Größe ist recht beachtlich. Leider ist mir die Königin in der zweiten Winterruhe verstorben, nach dem die Königin in der ersten Winterruhe bereits eine Zeit lang auf dem Rücken lag, aber dann nach dem Auswintern wieder sehr agil war, dachte ich in diesem Fall erneut an diese Situation. Doch es stellte sich diesmal als finaler Exidus dar. Als Résumé der Haltung empfand ich diese Art doch eher als langweilig.

Und nun zu der Frage der Moral!
Darf man dies überhaupt sagen... "Diese Art war mir zu langweilig"... ? Messor barbarus bietet eine Menge mehr an Beobachtungsmöglichkeiten, bis auf die Trophallaxis. Leider konnte ich keinen Haltungsbericht finden der über zwei Jahre geht und die Kolonie in z.B. 5 Jahren zeigt. Da nun Messor im allgemeinen relativ schnell volkreich werden können und im weiteren Verlauf mehr Platz benötigen, frage ich mich wie wird dies in der Zukunft gehandhabt? Da ich selbst noch nicht so weit in der Haltung war, ist für mich interessant was nach 5 Jahren mit einer Kolonie bei einem Halter geschieht. Der Halter hat in 5 Jahren alle Facetten der Haltung hoffentlich durchlebt und beginnt sich eventuell nun zu fragen. Reicht mir dies "noch" aus? Was ist mit unzähligen Atta Kolonien geschehen, die nicht eingegangen sind?

Darf man als langjähriger Halter das Interesse an der gehaltenen Art verlieren oder ist dies moralisch falsch? Darf man als langjähriger Halter sagen... "Die Kolonie wächst mir über den Kopf, oder der Platzbedarf übersteigt meine Erwartungen"... ?

Ich frage mich wie Ihr diese Situation handhabt, oder eventuell auftretende Phasen des Desinteresse überwindet, die ehrlicher Weise sicher jeden Halter einmal treffen.

Danke für Eure Anregungen, denn ich frage mich wie oder wo sehe ich mich in 5 Jahren der Messor barbarus Haltung!

Gruß,
André.
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Harry4ANT

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#2 Re: Eine Frage der Moral ?!

Beitrag von Harry4ANT » 21. Juni 2017, 18:13

Bzgl. der längerfristigen Haltung könntest du mal auf Erne's Homepage reinschauen:

Ameiseninfos.de

Dort gibt es in der Rubrik "Ameisen" einen mehrjährigen Bericht zu Messor barbarus und am Ende einen Link zu dem Haltungsbericht.
Auch die Rubrik "Futter" ist dazu interessant.
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di4per
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#3 Re: Eine Frage der Moral ?! [langfristige Haltung]

Beitrag von di4per » 21. Juni 2017, 19:58

@konFuZius:
Ich finde es super, dass du diesen Aspekt hier zur Sprache bringst. Dass die meisten Haltungsberichte irgendwann abrupt enden, hat bei mir auch Fragezeichen hinterlassen.

Ich denke Tierhaltung allgemein und im ganz Besonderen Ameisenhaltung (das expansive Wachstum ist ja schon ein Alleinstellungsmerkmal) erfordert wohl ein gewisses Maß an Selbsteinschätzung, vorausschauende Planung und Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Den ehrlichen Umgang mit der Erkenntnis "das wächst mir über den Kopf" oder "das interessiert mich nicht mehr" (alles kann sich auch bei der besten Planung unvorhergesehen entwickeln) würde ich nicht in Frage stellen, sondern als "moralische" Notwendigkeit ansehen - im Sinne der Tiere und um Frustration bei Halter und Familie abzuwenden. Gerade beim Einstieg wäre ein Exit-Plan vielleicht nicht verkehrt. Sofern das überhaupt möglich ist.

Einheimische Arten können unter Umständen am Fundort wieder ausgewildert werden. Aber wenn nicht - wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, für eine mehrere tausend Tiere starke Kolonie einer "langweiligen" Art einen Abnehmer zu finden, der weiß worauf er sich einlässt? Im schlimmsten Fall heißt Exit Exitus?

Ich glaube am besten ist es, das Ganze langsam anzugehen. Nicht gleich 5 Kolonien auf einmal. Sich herantasten und ein Gefühl dafür bekommen, wohin die Reise geht. Welche Verhaltensweisen möchte ich am liebsten beobachten. "Wieviel Gewimmel kann ich ertragen?" :D Anschauungsmaterial gibt es genug - Haltungsberichte, Youtube, die große weite Welt.

Allerdings gibt es ja auch eine Menge Möglichkeiten, das Interesse zu halten. Irgendein Pheromon scheint den menschlichen Forscherdrang zu stimulieren. Und ständiges Wachstum bringt auch die Notwendigkeit ständiger Bastelei und Optimierung mit sich, was ja auch Spaß macht. Aber noch sind nicht alle Hintergründe dieses Sozialparasitismus erforscht, den der Ameisen, gehalten und zu versorgt bei ihrem Wirt, dem Homo (Servihomo) sapiens.
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#4 Re: Eine Frage der Moral ?! [langfristige Haltung]

Beitrag von Kalinova » 21. Juni 2017, 21:10

Ob und in welcher Ausprägung das Interesse an den gehaltenen Ameisen nachlässt und/oder sie einem "über den Kopf wachsen" kann man nicht vorhersagen. Es ist jedoch ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein sich diese Frage vorab zu stellen: "Was ist wenn...?"

Auch ich habe mir vor der Anschaffung meiner Kolonie(en) auch einen Plan B zurechtgelegt, erste Option wäre natürlich der Flohmarkt.
- Königin aus der näheren Umgebung bei den Lasius (Notfallplan = Auswildern)
- Bei der Kolonie mit Afrikanischen Wurzeln geht Auswildern nicht. Daher habe ich beim Händler nachgefragt ob die prinzipiell auch große Kolonien zurücknehmen im Falle des Falles. Ob sie das in 5 Jahren auch noch tun würden kann keiner sagen, aber eine mündliche Zusage habe ich zumindest bekommen.
Damit war das Thema für mich erstmal abgehackt. Ich habe einige Optionen im Hinterkopf die ich dann (falls ich sie abgeben muss) abrufen kann.

Darf man dies überhaupt sagen... "Diese Art war mir zu langweilig"... ?

Sicher, es ist besser sich vor der Anschaffung Gedanken zu machen was man mehr mag. Einem anderen Halter gefällt vielleicht genau das was für dich die Art als langweilig erscheinen lässt. Womöglich als Ruhespender im Büro oder ähnlichem.
Mir haben anfänglich die Messorarten überhaupt nicht zugesagt, nach etlichen Berichten hier im Forum finde ich sie inzwischen aber ganz putzig und könnte mir auch vorstellen diese zu halten. Pheidole hingegen reizen mich weiterhin überhaupt nicht, diesen Armeen winzigster Ameisen wo man kaum das einzelne Tier erkennt kann ich einfach nichts abgewinnen. Viele mögen aber genau das bei diesen. :)
Ich denke es ist wichtiger die passende Art für einen selbst zu finden, als sich vorab zu viele Gedanken um die Zukunft zu machen. (einige sollte man sich jedoch schon machen ;) )

Das Thema der kurzen Haltungsberichte wurde schon an der einen oder anderen Stelle angesprochen. Es gibt unterschiedlichste Faktoren die einem weiterführen von diesen entgegenwirken können. PC kaputt, berufliche/private Gründe oder verlorenes Interesse sind nur einige Möglichkeiten. Selbst fand ich es anfangs auch sehr blöd kaum Langzeitberichte zu finden, nahm es dann aber als Herausforderung und habe selbst angefangen einen zu schreiben. Dies gehört inzwischen für mich zum Hobby wie der tägliche klecks Honig für meine Kleinen. Ich schaue mir oft rückblickend meine Berichte an, sicher könnte ich auch alles offline machen. Aber warum nicht teilen? :cool:

Gruß Kalinova
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#5 Re: Eine Frage der Moral ?! [langfristige Haltung]

Beitrag von Gast » 21. Juni 2017, 21:36

Ja leider wieder Camponotus ligniperda noch oft als Einsteigerart empfohlen, meiner Meinung nach, ist sie das aber nicht. Das Wachstum ist sehr langsam (es dauert ewig, bis man mal etwas Gewusel hat), dann habe ich schon oft Berichte vom plötzlichen Tod gelesen (vor allem auf Facebook als ich noch in den Gruppen war).

Ob man eine Art langweilig findet, ist subjektiv, also warum solltest Du sie nicht so nennen dürfen? Mit Messor machst Du sicher nichts falsch, evtl. wäre aber auch Messor minor hesperius besser, die sollen noch etwas aktiver als Messor barbarus sein und halten auch keine Winterruhe. Allerdings sind meine Erfahrungen mit Messor sehr beschränkt, ich hatte einfach kein Glück und die letzte Kolonie (die ich von einem anderen Halter hatte), habe ich dann auch lieber abgegeben, bevor mir wieder irgend etwas Ungeschicktes passiert...



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konFuZius
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#6 Re: Eine Frage der Moral ?! [langfristige Haltung]

Beitrag von konFuZius » 21. Juni 2017, 21:59

Ich bedanke mich für Eure auch ehrlichen Worte!

Für Messor barbarus spricht aus meiner Sicht sehr viele unterschiedliche Beobachtungsaspekte, zudem ist Ihre Versorgung durch Körner und vereinzelter Aasgabe für größere Kolonien besser zu händeln, als reine Zoophagie mittels Schabenzucht etc. oder in der Haltung nicht umsetzbare Trophobiose. Auch eine knappe Winterruhe hilft zum Umbau oder Anpassen, als in einer Daueraktiven Kolonie. Dem Thema Platzbedarf kann man sich über bessere Raumausnutzung nähern, durch Etagenbauweise in der Arena oder tieferen Kammern in stehenden Nestern (Klimaparameter müssen umsetzbar sein). Fals es im Laufe der Jahre zu einem Spannungsabfall kommen sollte kann man über eine Gemeinschafthaltung mit einer anderen Art nachdenken um zusätzlich Interaktionen im Habitat zu erhalten (Ohne Kenntnis darüber ob Messor barbarus dafür geeignet ist--> Ansonsten experimentel--> Punkto Forscherdrang[di4per]).

Dies sind nun die Gedanken, die mir für die Zukunft zum Thema einfallen.

Eine Fokusierung auf eine Art macht auf jedenfall Sinn und ich kann mich damit sehr identifizieren, obwohl "Manche" sagen, dass erst die Kolonievielfalt die Abwechlung bringt. Am Ende entscheidet eben nur das eigene Verantwortungsgefühl und etwas Glück über die gemeinsame Zukunft von Kolonie und Halter.

@ Barristan
Danke auch für Deine Meinung. Ich möchte ehrlich sein für mich zählt eben auch Größe und ein weglassen oder Ausfall der Winterruhe empfinde ich weniger sinnvoll. Eine Winterruhe hilft auch die Vorfreude aufrechtzuhalten oder ermöglicht eine Bearbeitung des Habitats.

Gruß,
André.
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#7 Re: Eine Frage der Moral ?! [langfristige Haltung]

Beitrag von JaiQuil » 21. Juni 2017, 22:15

Hallo André,

Langzeitberichte gib es wirklich leider viel zu selten. Aber ich nehme an, dass das nicht nur daran liegt, dass die Kolonie eingegangen/ abgebrüht oder weggeben worden ist. Viel eher tippe ich mal darauf, dass es einfach sehr zeitaufwendig ist und auch viel Eigenmotivation benötigt, einen Haltungsbericht über so viele Jahre aufrecht zu erhalten. Grade wenn vielleicht nach Jahren das Interesse an dem Bericht von anderen Foren Mitgliedern schwindet oder wenn „alte Hasen“, mit denen man gemeinsam die Anfangsstadien der Gründung erlebt hatte, sich aus dem Forum (warum auch immer) verabschiedet hatten und/ oder man ggf mit der Entwicklung eines Forums selbst nicht mehr konform lief.
Grade das waren jedenfalls damals bei mir Punkte gewesen, weshalb ich mich von einigen (hauptsächlich Meerwasser/ Süßwasser) Foren wieder distanziert hatte, so dass dann auch bei mir Haltungsberichte „eingeschlafen“ sind.

Davon abgesehen finde ich es völlig legitim, wenn man als langjähriger Halter das Interesse an der gehaltenen Art verliert. Man hat diese Art vielleicht von Gründung an und allerlei Höhen und Tiefen erlebt – es ist somit nicht mehr etwas „besonderes“ wenn sich 5 Arbeiterinnen um eine Fliege streiten, wenn mal wieder irgendwo ein Eipaket gelegt wird oder gar eine Arbeiterin an Altersschwäche stirbt. Man kennt diese Art beinahe in allen ihren Facetten und es kommt „nichts neues“, was nicht in irgendeiner Art schon mal ähnlich passiert sein könnte, dazu.
Wichtig ist dann ab diesen Punkt, wie man mit der Kolonie umgeht, wenn man selbst merkt, dass einem diese Art zu „langweilig“ ist, dass einem die Kolonie über den Kopf wächst oder diese die Erwartungen übersteigt/ nicht erfüllt.
Ein verantwortungsbewusster Halter versucht – meiner Meinung nach – das bestmögliche für seine Kolonie zu erreichen, was oftmals die Vermittlung an einen neuen Halter ist. Ein „kein Bock mehr, ich brüh‘ die ab“ ist vielleicht die einfachste Methode, aber nicht unbedingt die moralisch vertretbarste.

Das ist jedenfalls meine Meinung dazu :)
Aber ich bin auch noch recht neu mit einer ü60 Frau starken L. niger Kolonie und einer kleinen Myrmica ruginodis (Wildfang) Kolonie, die mich schon einige verzweifelte Nerven gekostet hat :D

LG Jenny
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#8 Re: Eine Frage der Moral ?! [langfristige Haltung]

Beitrag von di4per » 21. Juni 2017, 22:31

Ãœbrigens gerade unten bei den "Vergleichbaren Themen" entdeckt:
https://www.ameisenforum.de/topic54567.html



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