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Camponotus ligniperda: Die Wunderlampe

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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Serroth
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#1 Camponotus ligniperda: Die Wunderlampe

Beitrag von Serroth » 6. März 2008, 20:19

(Dieser Thread soll keine Anleitung zum Umzug von Ameisen darstellen!)


Seit einigen Wochen bin ich Halter einer kleinen Camponotus ligniperda Kolonie, bestehend aus Königin und 6 Arbeiterinnen. Ihr Reagenzglas positionierte ich direkt gegenüber der Schlauchverbindung. Dies bedeutete zwar eine recht luftige Höhe, allerdings war das Konstrukt stabiler als man vielleicht annehmen mag.
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Ich unterstelle den Kleinen einfach mal, dass es ihnen in ihrem Röhrchen nicht schlecht ging. Sie kümmerten sich um Königin und Brut, furagierten durch das Formikarium, tranken Wasser und Honiglösung.
Nur meinem mit Liebe und Schweiß bearbeiteten Ytongstein schenkte man eher mindere Aufmerksamkeit...
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(liegender Ytongstein, mit Dremel und Fräsaufsatz bearbeitet, wird von unten befeuchtet, abgedeckt durch vier abnehmbare Glasplatten, damit ein Eingriff jederzeit möglich ist)

Heute in der Frühe stöberte ich einmal mehr in diesem Forum herum. Ich fand einen Artikel indem jemand seinen Ameisen den Ytong durch Bestrahlung mit einer Wärmelampe interessanter machte.
"Das probiere ich aus", dachte ich.
Gesagt, getan. Kurzerhand stellte ich einen kleinen Halogenspot um. Dabei beachtete ich den Abstand und Winkel zum Ytong hin, um die entstehende Wärme relativ schwach zu halten. Schließlich wollte ich meine Schützlinge nur wärmen, nicht grillen!
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(rot umkreist: der Halogenspot. Er leuchtet nicht direkt auf das Nest; wäre sonst zu warm. Die Lampe rechts entwickelt nicht genug Wärme und dient nur der Erhellung des Formikariums)

Keine 10 Minuten später untersuchte die erste Minorarbeiterin wieder den weißen Stein. Allerdings änderte sich nach kurzer Zeit ihr gewöhnliches verhalten. Sie wurde aktiver, schneller, lief mit erhöhter Geschwindigkeit durch die eingemeißelten Kammern und flitzte schließlich wieder in den Schlauch, aus dem sie gekommen war.
Am Reagenzglas angelangt betastete die Ameise aufgeregt und mit hektischen Antennen eine, den Eingang bewachende, Artgenossin.
Wie auf Befehl krabbelte die Wache in den Ytong. Auch sie unterlag einer ähnlichen Verhaltensänderung und zischte zurück zum RG. Wieder wurden zwei Arbeiterinnen zum Marsch in den Porenbeton rekrutiert. Blieben nur noch die letzten beiden, die scheinbar noch nicht informiert wurden, aber ebenfalls aufgeregt wirkten.
Nun gut, wer nicht weiß, wohin, der wird eben geschleppt.
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Sämtliche Arbeiter schienen von dem Ort dermaßen angetan, dass sogleich auch die Laven und Eier verfrachtet wurden. Leider sind die Aufnahmen vom Eiertransport nichts geworden.
Jetzt befand sich also alles im Ytong.
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Wirklich alles? Nicht ganz, die Königin war nicht dabei. Die Arme saß noch im Röhrchen, ganz alleine.
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Da erstmal nichts weiter passierte, hielt ich dies für eine gute Gelegenheit, die bisher geschossenen Bilder auf den Computer zu ziehen. Die Kleinen wollen vielleicht nur kurzzeitig den Nachwuchs in wärmere Gefilde bringen. Dies hatte ich schon einige Male im Forum gelesen.
Pustekuchen!
Als ich von meinem PC aus einen kurzen Blick auf das Formikarium warf, waren schon 2 Winzlinge dabei, die Königin durch die von ihnen selbst zugebunkerte Reagenzglasöffnung zu quetschen. Vorne ziehen, hinten drücken, irgendwie würde das schon klappen.
Aber Madame war zu fett!
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Bis die Racker allerdings merkten, dass der gewaltige Massenüberschuss ihrer Regierung nicht durch den Ausgang passte, vergingen noch ein paar Minuten.

Plötzlich war er da, der Geistesblitz. Was nicht passt wird passend gemacht!!!
Gottseidank haben die Arbeiter nicht die Königin verkleinert, sondern die Öffnung vergrößert. Glück gehabt ;)
Eifrig begannen sie also das "Geröll" beiseite zu schaffen.
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Dann war es soweit. Der Ausgang erschien groß genug und die Königin konnte mit vereinten Kräften ins Freihe gezogen werden. Selbstständig betrat sie den Verbindungsschlauch und tapste Richtung Ytong.
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Eine der Arbeitrinnen eilte mit gesenktem Gaster voraus. Vielleicht intensivierte sie die Pheromonspur noch einmal, damit die Königin nicht vom rechten Weg abkommt. Dass Queen Mum diese erneuerte Pheromonspur jedoch wirklich benötigte, zweifel ich an. Schließlich hat der Schlauch eh nur ein Ende...
Der Umzug war nun fast vollständig absolviert. Zwei mal links, einmal rechts abgebogen und Madame war endlich bei ihrem geliebten Volk im Ytong angelangt.


"Dort lebten sie von nun an glücklich bis an ihr Lebensende..."
--- So hofft es jedenfalls deren Halter, sprich: Ich.
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Alles in allem dauerte die komplette Aktion, vom Untersuchen bis zum Eintreffen der Königin, ca. eine halbe Stunde. Ich bin froh, alles live miterlebt zu haben und fand es sehr überraschend, welche Wunder eine einfache Lampe vollbringen kann. Bleibt abzuwarten, ob den Kleinen ihr neues Nest auch weiterhin gefällt. Schließlich habe ich nicht vor, die Leuchte den ganzen Tag über brennen zu lassen. Desweiteren werde ich beobachten, ob die Eier und Larven in bestrahlten oder in dunklen Bereichen aufbewahrt werden, um evtl. Rückschlüsse auf zu hohe Temperaturen ziehen zu können.


Ich hoffe ich habe euch ein wenig unterhalten können!



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Tenschi
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#2 AW: Camponotus ligniperda: Die Wunderlampe

Beitrag von Tenschi » 7. März 2008, 09:33

Super Bericht :)

Musste fast Lachen als die Königin nicht durch den Ausgang passte :D



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#3 AW: Camponotus ligniperda: Die Wunderlampe

Beitrag von PeterZ » 7. März 2008, 09:38

Sehr schöner Bericht - vielen Dank !



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Beresina
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#4 AW: Camponotus ligniperda: Die Wunderlampe

Beitrag von Beresina » 7. März 2008, 11:10

Sehr schön - dieser Bericht lässt mich hoffen ;)



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Boro
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#5 AW: Camponotus ligniperda: Die Wunderlampe

Beitrag von Boro » 7. März 2008, 16:23

Hallo Serroth!
Gratuliere zu deinem frischen, humorvollen und sehr treffenden Bericht!
Gruß Boro



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OldMan
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#6 AW: Camponotus ligniperda: Die Wunderlampe

Beitrag von OldMan » 7. März 2008, 16:24

Ich schliesse mich an! Sehr schön geschrieben und ich werd vielleicht auch mal bisschen mit wärme testen ;-)

Danke
OM


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Serroth
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#7 Danke!

Beitrag von Serroth » 7. März 2008, 23:02

Hallo liebe Leser!

Ich freue mich, dass der Bericht so guten Anklang gefunden hat und bedanke mich herzlich für eure Kommentare! Wenn wiedermal etwas spannendes passiert, werde ich berichten ;)

PS: Als die kleinen Racker vergeblich versucht haben, die dicke Gyne durch den winzigen Ausgang des Reagenzglases zu drücken, vorne zogen, hinten schoben, habe ich die Kamera - trotz Stativ! - vor Lachen nicht Still halten können. Nach mehreren Anläufen gelang es mir dann doch noch einigermaßen. Der Anblick war einfach zu drollig. Donald Duck oder das HB-Männchen hätten es nicht besser machen können.



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Ziiiim
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#8 AW: Camponotus ligniperda: Die Wunderlampe

Beitrag von Ziiiim » 14. Juli 2009, 17:40

Sehr informativ, ich sage nur "wieder was gelernt".
Werde das mal im Hinterkopf behalten.
Zudem noch überaus lustig

"Plötzlich war er da, der Geistesblitz. Was nicht passt wird passend gemacht!!!
Gottseidank haben die Arbeiter nicht die Königin verkleinert, sondern die Öffnung vergrößert."
xDxDxD



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