Tödliche Anmut, die Gottesanbeterin

Themen über andere Insekten und Spinnentiere.
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TheDravn

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#1 Tödliche Anmut, die Gottesanbeterin

Beitrag von TheDravn » 12. Mai 2021, 19:08

Vorwort:
Ich halte schon seit längerem Gottesanbeterinnen und habe mittlerweile eigene Jungtiere großgezogen die bald ihre Nachkommen zeugen werden. Da ich weiß, das hier ein paar auch Gottesanbeterinnen haben/hatten und ich schon einen Steckbrief über Wandelnde Blätter geschrieben habe. Denke ich mir, dass so ein Steckbrief über Gottesanbeterinnen den einen oder anderen interessieren könnte. Vorweg, ich werde wieder nur über eine Art schreiben, das Verhalten von anderen Arten ist meist identisch und sie unterscheiden sich meist nur bei Temperatur/Luftfeuchtigkeit und Aussehen.

Allgemeines:

Lat. Name: Hierodula membranacea
Umgangsname: Indische Riesengottesanbeterin
Herkunft: Süd- und Südwestasien
Größe: durchschnittlich 10cm
Alter: Weibchen bis zu 2 Jahre, Männchen bis zu 1 1/2 Jahre
Temperatur: 22°- 32°
Luftfeuchtigkeit: 40% - 50%
Futter: Andere Insekten
Quelle: https://pixabay.com/de/
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Lebensweise:
Der Name Gottesanbeterin kommt von ihrer typischen Haltung mit den Fangbeinen, das halten der Fangbeine am Vorderkörper erinnert an einen Menschen der betet. Sie sind Lauerjäger, sie können Stunden an einem Ort ausharren ohne sich zu bewegen und warten auf ihre Beute, nur ihre Jungtiere sind sehr agil und suchen aktiv nach Nahrung oder später die adulten Männchen auf der Suche nach einem paarungsbereitem Weibchen. Und sie sind stark, jeder der schonmal versucht hat, eine adulte Gottesanbeterin von ihrem Platz wegzubewegen wird da zustimmen. Meist hilft nur das anstubsen von hinten, um sie dazu zu bewegen, sich zu bewegen, mit Gewalt oder einfachen aufheben kommt man nicht weit und verletzt das Tier eher, bevor es los lässt.
Gottesanbeterinnen sind übrigens nicht mit Heuschrecken und co. verwandt, die nächsten Verwandten und Vorfahren sind die Schaben.

Fressverhalten:
Gottesanbeterinnen sind Fleischfresser und da ist es denen egal was, passt es in die Fangbeine, so wird es gefressen. Die Fangbeine sind mit Stacheln versehen um die gefangende Beute besser zu fixieren und unbeweglich zu machen. Wie bereits erwähnt, sie fressen so ziemlich alles was sie packen können, auch eigene Artgenossen stehen auf dem Speiseplan und große Arten könnten in der Therorie kleine Säugetiere erjagen und fressen. Die Hauptnahrungsquelle sind aber andere Insekten, in der Natur sind es zum großteil Blütenbesucher, so haben sich manche Arten dahin entwickelt, sich als Blüten zu tarnen. Aber auch Heuschrecken, Grillen, Schaben und co. werden gefressen, sie müssen nur an der Gottesanbeterin vorbei laufen. Diese packt dann schneller zu, als wir Menschen blinzeln können, dabei lernen sie schnell wie sie mit manchen Insekten umzugehen haben. So werden zum Beispiel bei Heuschrecken der Kopf mit als erstes verspeist oder bei sehr wehrhafter Beute die Gliedmaßen abgebissen.

Fortpflanzung:
Die Fortpflanzung findet ausschließlich über eine Paarung statt, hier hält sich stark das Gerücht, das Weibchen nach der Paarung ihren Partner auffressen. Das stimmt nicht so ganz, es stimmt zwar das Gottesanbeterinnen zu Kannibalismus neigen, aber man hat festgestellt das in der Natur die Männchen eher selten während der Paarung gefressen werden. Die Hauptgründe sind meist dann, entweder ist das Weibchen sehr hunrig und braucht die zusätzliche Energie dringend oder das Männchen zeigt nicht deutlich, was es vorhat und wird nicht als Geschlechtspartner gesehen, sondern als Beute. Sobald Gottesanbeterinnen Geschlechtsreif sind, versprühen diese in der Nacht Pheromone um mögliche Partner anzulocken, hat eine Befruchtung stattgefunden, reicht diese für sämtliche Ootheken aus. Ootheken sind die Eierpaketgebilde, die die Gottesanbeterin legt, diese werden vor Wind und Regen geschützt an Ästen geschäumt. Je nach Art sind diese Ootheken sehr stabil, die der unseren einheimischen Art halten sogar starke Gefriertemperaturen aus oder auch kurzzeitig kochendes Wasser. In dieser Ootheke befinden sich die Eier, bei der indischen Riesengottesanbeterin sind das mehrere hundert, die nach 1-2 Monaten Inkubation schlüpfen und sich direkt das erste mal häuten.
https://pixabay.com/de/
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Querschnitt einer Ootheke
Querschnitt einer Ootheke


Haltung
Das Terrarium sollte entsprechend groß gewählt werden, für indische Riesengottesanbeterinnen sollte es mind. 20cmx20cmx30cm sein, denn die Tiere brauchen Platz zum häuten. In der Regel kann man sagen, dass das Terrarium mind. doppelt so hoch sein muss, wie das Tier groß ist, länge und breite sind eher egal, da die Tiere sich recht wenig bewegen. Daher kann man manche Arten auch ohne Terrarium, in der Theorie, halten, einfach auf eine Zimmerpflanze gesetzt und wie mit dem Ort zufrieden ist wird sie dort bleiben. Wichtig ist auch, 1 Tier pro Terrarium, da die Gottesanbeterin Kannibalismus betreibt, ist es sehr wahrscheinlich das irgendwann wer gefressen wird, der nicht gefressen werden soll.
Die Einrichtung sollte aus vielen Zweigen bestehen, damit genügend Lauer und Klettermöglichkeiten bestehen. Idealerweise ist das Terrarium bepflanzt um ein stabiles Klima halten zu können, ist aber kein muss. Man sollte aber darauf achten das keine Stickluft oder Staunässe entsteht, da dies nicht vertragen wird, daher empfiehlt es sich genügend Lüftungsfläche zu haben.
Die indische Riesengottesanbeterin gilt als sehr robust und verzeiht viele Fehler, so kann sie zum Beispiel bei Zimmertemperatur gehalten werden. Dann wird sie aber auf Sparflamme laufen und ist anfälliger für andere Krankheiten oder Parasiten. Am besten ist die Temperatur um die 30°C, die Luftfeuchtigkeit muss nicht zwingend angepasst werden, sollte aber mithilfe von Messgeräten überprüfbar sein.
Zu fressen bekommen die Tiere je nach ihrem L-Stadium, die kleinsten Tiere werden mit Fruchtfliegen gefüttert, dann folgt meist die Goldfliege und am Ende wechselt man zu Schaben und Heuschrecken. Ein adultes Weibchen dieser Art, kann bis zu 3 Heuschrecken auf einmal fressen, bis sie wirklich satt ist. Auch wenn es so aussieht, als würde das Abdomen platzen, das wird nicht passieren, zumindest nicht einfach so und nur durch Verletzungen. Man sollte die Tiere aber nie ständig im voll gesättigten Zustand halten, Hungerperioden sind in der Natur normal und fördert das Jagdverhalten der Tiere. Grillen/Heimchen bitte nicht zum füttern nehmen, es sei denn man züchtet diese selber. Man hat festgestellt das die aus dem Zoofachhandel nicht vertragen werden und es ein verbreitetes Problem ist, soweit das der Begriff "Heimchenkrankheit" gängig wurde. Man sollte Abends einmal kurz das Terrarium mit Wasser einsprühen, damit Nachts die Luftfeuchtigkeit steigt und das Tier die Möglichkeit hat, Wasser aufzunehmen. Auch fördert eine nächtliche höhere Luftfeuchtigkeit die Häutung und den Oothekenbau.



Handling
Man kann die Tiere unbesorgt auf die Hand nehmen, da sie für uns Menschen ungefährlich sind, trotz ihres Aussehen. Was aber vorkommen kann, ist das mal nach der Hand geschlagen wird, das kann bei größeren Arten dann schonmal sehr zwicken. Man muss auch keine Angst haben, das die Tiere wegfliegen können, Weibchen sind oftmals zu schwer zum fliegen und die Männchen fallen eher elegant zu Boden, als das sie mehere Meter weit fliegen könnten. Manche Arten haben zudem ein starkes Drohverhalten, sollte es der Fall sein, das gedroht wird, bitte nicht das Tier auf die Hand nehmen. Nicht weil es schädlich wäre, sondern es keinen Sinn hat, sie lassen sich dann nicht mehr auf die Hand lotsen und bevor sie sich bewegen, lassen sie sich lieber fallen und stellen sich tot.
Ein Füttern von der Hand ist möglich, dafür nimmt man einfach das Futtertier mit einer Pinzette auf und hält dies vor der Gottesanbeterin hin. Wenn diese keine Angst hat vor der Hand, wird sie bei Hunger relativ zügig danach greifen.
Kleine Teufelsblume
Kleine Teufelsblume
Orchidennmantis
Orchidennmantis
Afrikanische Blütenmantis, Drohend
Afrikanische Blütenmantis, Drohend
Fazit:
Gottesanbeterinnen sind durchaus schön und gut zu halten und immer ein Blickfang für Gäste. Je nach Art sind sie recht leicht zu halten, es gibt aber auch Arten die schon Fingerspitzengefühl verlangen. Es sind aber keine Kuscheltiere mit denen man spielen kann, solche Tiere gehören eher in die Kategorie "Ziertier". In der Haltung muss man nicht viel machen, wenn man mal alles gemacht hat, dennoch würde ich empfehlen sich ältere Tiere zum Einstieg anzuschaffen. Als direkt mit den jüngsten Stadien, da diese noch recht empfindlich sind.
Zudem sind sie Prima Fliegenfänger, wenn ich für einen längeren Zeitraum irgendwo sitze und mich im Sommer die Fliegen nerven, hat mir die eine oder andere Gottesanbeterin schon Erleichterung verschafft.

Ps: Da ich hier deutlich mehr Erfahrung habe, können gerne Fragen gestellt werden 4) Hab das hier eben schnell geschrieben, während ich auf de Brotteig warte :oops:
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#2 Tödliche Anmut, die Gottesanbeterin

Beitrag von Rapunzula » 12. Mai 2021, 19:47

Hallo Dravn,

da mein Sohnemann auch eine Gottesanbeterin besitzt die mittlerweile adult ist und alat (sagt man das bei den Mantiden auch so?!?) kann ich bestätigen, dass Gottesanbeterinnen nicht viel Arbeit und Pflege geben!
Klar gibt es da wahrscheinlich auch Unterschiede!

Krass war, als Goldie (der Name hat ihr mein Sohn gegeben) eine Heuschrecke gefressen hat, sie hat im Mittelbreich genüsslich gefressen. Sie hatte das Hinterteil der Heuschrecke bereits mehr als halb verspeist, aber die Heuschrecke lebte und zappelte noch! Es da brutal aus, aber das ist ja die Natur!

Danke Dir für die Informationen über Gottesanbeterinnen, so könnte ich meinen Sohn beruhigen, dass von seiner Goldie bei der letzten Häutung ein Flügel verkümmert ist und ein halbes Bein verloren hat! Er wollte doch tatsächlich, dass ich mit ihr deswegen zum Tierarzt fahre!

Gruss
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#3 Tödliche Anmut, die Gottesanbeterin

Beitrag von TheDravn » 12. Mai 2021, 20:58

Ja, das die da teilweise noch wirklich extrem zappeln ist wirklich makaber, daran muss man sich erst gewöhnen oder man schaut nicht hin :D

Der Tierarztbesuch wäre sicher interessant geworden :lol:
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