Diskussionsthread - Zitrus' Blutrote Räuber

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#9 Diskussionsthread - Zitrus' Blutrote Räuber

Beitrag von Ameisen-Fan 1 » 27. Juli 2021, 12:55

Ich habe in diesem Jahr für mein Gewerbe einige Königinnen gesammelt und entsprechend "gepusht".
Es gab nur einen einzigen Ausfall.

Diese Königin lag 4 Stunden nach Sammel-Zeitpunkt leblos im Reagenzglas
ohne ersichtlichen Grund.

Alle anderen haben in über 98% der Fälle bereits in den ersten Tagen eigene Eier gelegt,
einige wenige brauchen etwas über 2 Wochen - ganz "wenige" sind nicht begattet und legen auch keine Eier.

Mein Fokus liegt eher darauf, dass die Königin eigene Eier legt innerhalb weniger Tage,
statt viele Puppen zu pushen.

Pusht man zu viele Puppen, scheint die Gyne weniger Interesse daran zu haben,
eigene Eier zu legen. Hat man ein gesundes Verhältnis im Raum "Reagenzglas",
beginnt die Eiablage deutlich schneller.

R.sanguinea ist eine feurige Natur. Sie lebt hektische Bewegungen und hat
überhaupt kein Problem damit. Jede Begegnung mit anderen Arbeiterinnen ist "hektisch".
Sie ist äußerst stressresistent und wird meistens durch

a.) zu viele Puppen
b.) art-eigene Arbeiterinnen
c.) art-fremde Arbeiterinnen
d.) claustraler Gründung
e.) semi-claustraler Gründung
f.) durch zusätzliches Zusetzen einer Königin
g.) falsches 'handling'

in eigener Art und Weise "gestresst" und findet durch
manches Verhalten ihr schnelles Ende ( innere Uhr quasi).

Aktuell sieht nach dem Video alles gut bei dir aus.

Das 'Pushen' nachdem die ersten Eier und Larven vorhanden sind,
ist wesentlich lokrativer. Da eröffnen sich dann Möglichkeiten im Folgejahr
schnell mal auf 300-500 Raptiformica-Arbeiterinnen zu kommen - mit 200-300 Serviformica-Arbeiterinnen.

Das Gefüge ist zerbrechlich.
Du solltest sie auf engem Raum halten, damit die Gyne die Brut überwachen kann.
Zu viel Raum bietet der Serviformica Raptiformica zu selektieren.
Nach der Winterruhe selektiert wiederrum Raptiformica Serviformica.
Dominate Arbeiterinnen werden dann meist zerlegt.

Ist das Gefüge bei 70/30 60/40 kann auch das Nest größer ausfallen.
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#10 Diskussionsthread - Zitrus' Blutrote Räuber

Beitrag von Zitrus » 27. Juli 2021, 13:27

Wertvolle Info, danke!
Ameisen-Fan 1 hat geschrieben: ↑
27. Juli 2021, 12:55
Das 'Pushen' nachdem die ersten Eier und Larven vorhanden sind,
ist wesentlich lokrativer. Da eröffnen sich dann Möglichkeiten im Folgejahr
schnell mal auf 300-500 Raptiformica-Arbeiterinnen zu kommen - mit 200-300 Serviformica-Arbeiterinnen.
Es verhält sich also ähnlich wie bei claustral gründenden Arten, die ab einer gewissen Zahl vorhandener Arbeiterinnen erst richtig loslegen mit
der Eierproduktion, nur dass in diesem Fall bereits sehr früh große Mengen Eier gelegt werden, wenn man reichlich (wenn auch nicht zu viele)
Serviformica-Puppen zuführt, oder?

Auf jeden Fall interessanter Gedanke, dass man eine gewisse Balance halten muss zwischen Serviformica und Raptiformica.
Genug Serviformica und man kann das Wachstum der Kolonie ankurbeln, zu viele und sie gehen den Raptiformica unter Umständen an den Kragen...



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#11 Diskussionsthread - Zitrus' Blutrote Räuber

Beitrag von Ameisen-Fan 1 » 27. Juli 2021, 14:23

Sozusagen, ja.

Entwicklungsverlauf:

1 Gyne + 200-500 Puppen =>
Gyne legt einige Eier (nicht deutlich über 50 Eier),
die Arbeiterinnen schlüpfen idR nie.
Gyne legt im Fangjahr nochmal 150-200 Eier
die Arbeiterinnen schlüpfen nur zum Teil,
vllt 10-50 Individuen.

Nach der Winterruhe geht's dann "richtig" los,
sofern die Kolonie nicht in der Winterruhe
a.) vernachlässigt wird
b.) aus anderen Gründen stirbt

Folgejahr nach SF:
Gyne legt 200-300 Eier,
Raptiformica Arbeiterinnen werden teilweise selektiert.
Es ist quasi ein Kopf an Kopf Rennen;
Dann schlüpfen viele Raptiformica:
Einige Serviformica sind in der Winterruhe überproportional
verstoren=

150-200 Raptiformica Arbeiterinnen sehen 100-300 Serviformica
gegenüber;

nun wendet sich das Blatt und die Raptiformica selektieren
dominante Serviformica, die zuvor wohl "Treiber" waren
und Raptiformica Brut gefressen, selektiert, vernachlässigt hatten.


(s. auch Erne's Bericht) ->

Hauptprobleme:
Raptiformica werden von Serviformica nicht vollständig entpuppt und entsorgt
oder in kurzer Zeit nach dem Schlupf erlegt.

Erst nach der Winterruhe wendet sich dann das Blatt..

Ich sag dir, das ist manchmal sehr frustrierend zu sehen wie
die ersten Raptiformica selektiert werden.


Entwicklungsverlauf 2:

1 Gyne 20-30 Arbeiterinnen =>
Gyne legt erste Eier (20-50 Eier)
Arbeiterinnen schlüpfen nach 6 Wochen

1 Gyne 20-30 Serviformica + 20-40 Raptiformica
Gyne legt noch mehr Eier +
Puppenpush mit 200-300 Puppen->


1 Gyne 200-300 Serviformica
100-200 Raptiformica Arbeiterinnen möglich im

ersten(!) Jahr



Erklärung:

Das sind Optimal-Verläufe, die ein bewusster Halter erreichen kann.
Wichtig ist auch, ein feucht-warmer Brutbereich.
Eiweiß/Protein über Insekten, insbesondere Maden/Fliegen und zerstückelte Mehlwürmer werden gern angenommen.
Wasser ist auch wichtig.
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#12 Diskussionsthread - Zitrus' Blutrote Räuber

Beitrag von Zitrus » 27. Juli 2021, 15:14

Danke für die ganzen Zahlen. Das ist selbst für jemanden mit Rechenschwäche (wie mich) gut verständlich. ;)
Ameisen-Fan 1 hat geschrieben: ↑
27. Juli 2021, 14:23
Wichtig ist auch, ein feucht-warmer Brutbereich.
An die Wärme habe ich gestern auch gedacht und mir überlegt, wie ich das am besten bewerkstelligen soll.
Die Art ist ja doch sehr wärmeliebend und selbst Raubzüge werden erst am nächsten Tag fortgesetzt, wenn die Sonne untergeht (wobei man das
auch der Kategorie Tag-/Nachtaktiv zuordnen kann). Ich habe leider keine freie Heizmatte da und mir fällt auch sonst kein Ort in der Bude ein,
der rund um die Uhr warm ist. Vielleicht lege ich das RG vor die Heizmatte der Farm meiner Camponotus compositor, sodass beide was davon haben.
Trotz Abdunklung sollten sie genug Wärme abbekommen. Früher oder später bekommen sie natürlich ihre eigene Heizmatte :!:



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#13 Diskussionsthread - Zitrus' Blutrote Räuber

Beitrag von Ameisen-Fan 1 » 27. Juli 2021, 15:23

Aktuell ist es ja mit 25-28 Grad absolut okay.
Würde sie nur nicht auf einen kalten Untergrund stellen.

Im Herbst, wo es wechselhaft ist - naturgemäß -,
da einfachmal zuschalten. Wirkt ware Wunder.

Die Kolonien befinden sich in der Natur ja immer an warmen Hotspots.
Wer jetzt sagt, dass sei nicht artgerecht, hat noch keine Naturbauten betrachtet.
Die sehnen sich quasi nach jedem Sonnenschein und werden erst dann richtig aktiv.
Außerdem besteht, anders als in der Haltung, immer in irgendeine Region auszuweichen.

Du würdest es dann sicher im Herbst merken, wenn die zur Wärme ziehen.

->
Das ist Erfahrung sammeln. Viel Erfolg.



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#14 Diskussionsthread - Zitrus' Blutrote Räuber

Beitrag von Zitrus » 27. Juli 2021, 15:47

Ameisen-Fan 1 hat geschrieben: ↑
27. Juli 2021, 15:23
Aktuell ist es ja mit 25-28 Grad absolut okay.
Würde sie nur nicht auf einen kalten Untergrund stellen.
Bei mir sind es im Moment 23-24°C. Sie befindet sich auf dem "Gründungs-Schrank".
Ameisen-Fan 1 hat geschrieben: ↑
27. Juli 2021, 15:23
Im Herbst, wo es wechselhaft ist - naturgemäß -,
da einfachmal zuschalten. Wirkt ware Wunder.
Darauf werde ich achten. Ich lüfte ja oftmals die ganze Nacht über, wodurch es manchmal etwas kühl werden kann in der Bude.
Spätestens, wenn die Temperaturen anfangen zu fallen, bekommen sie dann ihre eigene Matte. ;)
Ameisen-Fan 1 hat geschrieben: ↑
27. Juli 2021, 15:23
Viel Erfolg.
Danke :!:



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#15 Zitrus' Blutrote Räuber

Beitrag von schrotti04 » 25. April 2023, 16:36

Das ist ja toll geworden. Ich habe auch eines "gebaut", aber das sieht aus wie Mordor! (=56
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#16 Zitrus' Blutrote Räuber

Beitrag von Zitrus » 25. April 2023, 16:54

schrotti04 hat geschrieben: ↑
25. April 2023, 16:36
Das ist ja toll geworden. Ich habe auch eines "gebaut", aber das sieht aus wie Mordor! (=56
Vielleicht fühlen sich die Ameisen im Mordor-Nest ja wohler; in der Natur ist schließlich auch nicht alles glatt und rechtwinklig. )=99

Für mich persönlich ist es sehr wichtig, eine genaue Vorstellung davon zu haben, wie das Nest am Ende aussehen soll und diese auf
das Nest zu zeichnen, bevor ich überhaupt loslege. Ich habe schon einmal mehr oder weniger drauflosgemeißelt und war am Ende
eher enttäuscht.

Welche Werkzeuge man verwendet und wie man mit ihnen umgeht, spielt natürlich auch noch eine Rolle. Ich benutze eigentlich nur
Klingen und Schraubenzieher. Bevor ich die Kammern mit einem mittleren/großen Schlitzschraubenzieher ausarbeite, schneide ich die
Umrisse der Kammern/Gänge mit einer Teppichmesser-Klinge in den Stein. So kann man vermeiden, dass der Ytong bricht, wie er gerade
Lust hat.

Ansonsten achte ich im Grunde einfach nur darauf, dass ich die angepeilte Tiefe der Kammern nicht überschreite und mit dem
Taschenmesser oder eben der Teppichmesser-Klinge lassen sich gut die Randbereiche bearbeiten. Am Ende schabe ich mit dem
Schraubenzieher den Boden der Kammern flach und das wars eigentlich.

Der schlimmste Teil für mich ist das Anpassen der Scheibe an den Stein.
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