Nesthügel aus Pflanzenmaterial

Bestimmungsanfragen - bitte auf genaue Angaben achten.
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Rattenkönig
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#1 Nesthügel aus Pflanzenmaterial

Beitrag von Rattenkönig » 8. Juli 2019, 16:01

Hallo!

Ich bin neu hier, heiße Horst und komme aus Köln. Ameisen finde ich interessante Tiere, habe aber nicht wirklich Ahnung. Ich möchte eine Beobachtung mit euch teilen und habe eine Frage.

Zwischen den Ritzen der Gehwegplatten auf meiner Terrasse haben mal wieder Ameisen einen Minisandhügel aus dem Aushub ihrer Gänge aufgeworfen. Machen die jedes Jahr.

Aber diesmal geschah ungewöhnliches (zumindest habe das auf meiner Terrasse noch nie beobachtet); sie fingen an Pflanzenmaterial (sind auch zwei oder drei Insektenflügel dabei) auf ihrem Sandhügelchen zu sammeln. Ich beobachte das jetzt seit einigen Tagen etwas genauer. Vor drei Tagen hat meine Frau die Terrasse gekehrt und der Hügel war weg. Einen Tag später war wieder ein (kleinerer) Hügel da, der fast ausschließlich aus Pflanzenmaterial besteht.

Zwischendurch ist der Eingang immer mal wieder komplett geschlossen und es ist auch kein anderer Eingang zu sehen.

Etwa 60cm vom Ameisenbau haben die eine Rosine entdeckt und sie ist bedeckt mit Arbeiterinnen. Auch um diese Rosine haben sie ebenfalls einen Kreis aus Pflanzenmaterial gelegt. Update: Die Rosine wurde geklaut (Mäuse, Vögel?)… eine neue – an eine etwas andere Stelle gelegte – Rosine, wird zwar auch fleißig benagt, aber diesmal kein Pflanzenmaterial drum herum gelegt.

Ich vermute, es ist eine Allerweltsart… aber was mich wirklich interessiert ist, warum die Pflanzenmaterial auf den Nesthügel (und manchmal auch um eine Nahrungsquelle herum) legen.

Ich habe mal ein paar Fotos gemacht (leider schlechte Qualität):
https://www.h-felder.de/nextcloud/index ... acyD4F3Eyt
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#2 Re: Nesthügel aus Pflanzenmaterial

Beitrag von ReliAnt » 8. Juli 2019, 18:17

Hallo Horst,

danke für die schönen Bilder.
Womit sind sie aufgenommen?
(kleiner Hinweis am Rande: Das Froum hier hat auch einen sehr guten Foto-Upload und wenn Du den nutzt, findet man die Bilder auch nach Jahren noch gut archiviert wieder, was für die Community wiederum von Vorteil ist.)

Bei der Art handelt es sich vermutlich um Myrmica rubra.
Die Proponealdornen sind gut zu erkennen.
Da ich mit der Bestimmung dieser Art jedoch auch schonmal daneben lag und es auch eine Tetramorium spec. sein könnte, bin ich mal vorsichtig :-)
Wie groß sind sie denn?
Sicher meldet sich noch wer von den Bestimmungsprofis.

Der Grund für die Anhäufung von trockenem Material in der Nähe von oder auf feuchten oder klebrigen Futterobjekten (wie z.B eine Rosine) kann damit verbunden sein, dass einige Arten so ein Verkleben oder Ertrinken verhindern möchten. Einprogrammierter Selbstschutz.
Bei Interessie siehe auch letztes Bild in meinem Haltungsbericht von Lasius brunneus: https://www.ameisenforum.de/lasius-brunneus-unglaublich-rasante-entwicklung-t58120-16.html

Weiterhin nutzen manche Arten nach Fachliteratur auch herbeigeschafftes Material als Erkennungshilfe zum Wiederfinden des Nesteingangs.
Habe dazu vor einger Zeit auch einen interessanten Artikel gelesen, der beschreibt, dass manche Arte bewusst den Abbau von biologischem Material im Nest herbeiführen, um sich an der durch die Abbabuprozessen entstehenden CO2-Entwicklung mit Ihren Sensoren zu orientieren und den Eingang so leichter wiederzufinden.

Je mehr man sich mit Ameisen beschäftigt je interessanter kann es da werden... bin immer wieder fasziniert.

Den ganzen Artikel kann ich leider nicht mehr finden aber hier einer, der darauf bereits in der Ãœberschrift indirekt verweist.

https://www.mpg.de/5187096/orientation_ants

Aber vielleicht hat ja noch jemand anderes eine Theorie dazu.

Viele Grüße,
Reliant
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#3 Re: Nesthügel aus Pflanzenmaterial

Beitrag von Rattenkönig » 10. Juli 2019, 15:19

Hallo ReliAnt!

Danke für deine Antwort! Die Nahaufnahmen sind mit einem Smartphone Samsung S7 und einer aufgesteckten Makrolinse aufgenommen worden.

Aha, Rote Gartenameise oder Gemeine Rasenameise… von den Bildern die mir die Suchmaschinen liefern, scheint es eher die Rote Gartenameise zu sein, dazu passt die rotbräunliche Farbe und auch die Größe von etwa 4-5mm (die Rasenameisen sollen ja angeblich durchschnittlich weniger als 4mm haben).

Das die Ameisen sich mit der Anhäufung von Pflanzenmaterial vor verkleben schützen ist ein interessanter Ansatz. Und die Geschichte mit dem CO² zur Orientierung, beweist das die Beweggründe der Ameisen nicht immer offensichtlich sind…

Der Nesthügel aus Pflanzenmaterial wächst weiter… ich schätze ihn mittlerweile auf etwa 1,5cm Höhe. Der Eingang liegt an der höchsten Stelle (hier eine neues Foto):
1722

Soweit ich das sagen kann, scheinen die hauptsächlich mit dem bauen ihres Nesthügels beschäftigt zu sein. Ich sehe keine Arbeiterinnen Nahrung in Form von Samen oder Insekten herbeischaffen. Überhaupt kann ich keine »Ameisenstraßen« ausmachen… die scheinen mehr oder weniger ziellos die Umgebung des Nestes nach Pflanzenmaterial abzusuchen und im Eingangsbereich aufzuhäufen.

Lg, Rattenkönig



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#4 Re: Nesthügel aus Pflanzenmaterial

Beitrag von ReliAnt » 11. Juli 2019, 15:16

Hallo Rattenkönig,

Ich finde das auch wieder ein sehr gut gelungenes und interessantes Bild.
Danke Dir dafür.
Ja denke auch im Vergleich zu dem was wir Menschen tun hat das was die Natur (und da sehe ich uns als Mensch durchaus ab und an entkoppelt) tut immer einen Sinn.
Kann mir nur schwer vorstellen, dass die Ameisen aus Langeweile diesen Kraftaufwand betreiben und Hinweise für den Nutzen dieser Aktion haben wir ja schon theoriemäßig eruiert.

Wenn man mal über Sinn und Zweck dieser Anhäufung vor dem Nesteingang nachdenkt, dann kommt mir zu dem oben geschriebenen auch noch ein ganz praktischer Nutzen in den Sinn: In den vergangenen 14 Tagen war es hier und ich denke auch Deutschland weit überdurchschnittlich heiß. Möglicherweise verschaffen sich die Ameisen mit dem Nesteingangshügel auch etwas Abkühlung auf dem sonst sehr heißen Asphalt, denn auch wenn die sechsbeinigen Krabbler nicht über so etwas wie Schmerzrezeptoren im eigentlichen Sinne verfügen, sind sie doch sehr temperatursensibel.

Bin mal gespannt was sie bei der nun einfahrenden, kühleren Front damit machen.
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#5 Re: Nesthügel aus Pflanzenmaterial

Beitrag von Rattenkönig » 14. Juli 2019, 15:41

Hallo!

Es wird noch immer neues Pflanzenmaterial auf den Hügel geschleppt, scheint aber nicht mehr so dringlich wie vor einigen Tagen. Er ist jetzt nicht mehr so spitz, sondern eher etwas abgeflacht oben. Vielleicht ist der Nesthügel jetzt groß genug.

Diesmal habe ich zwei Videos gemacht…

Hier sieht man das Aufhäufen des Nesthügels/verschließen des Eingangs:
https://www.h-felder.de/nextcloud/index ... CPkY2XzHtT

Hier scheinen sie mehr mit dem Innenausbau beschäftigt zu sein:
https://www.h-felder.de/nextcloud/index ... WGtzWi6Kyj

Lg, Rattenkönig
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#6 Re: Nesthügel aus Pflanzenmaterial

Beitrag von ReliAnt » 14. Juli 2019, 18:01

Hallo Rattenkönig,

und nicht nur Pflanzenmaterial :-)
Auf dem zweiten Video ist bei ca. 20 sec zu sehen, wie eine Arbeiterin eine tote Lasius niger in das Nest trägt.
Also Vegetarier sind das nicht, die da bei Dir wohnen.

Tolle Videos, danke.
Schöne Aufnahmen.

Viele Grüße,
Reliant
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#7 Re: Nesthügel aus Pflanzenmaterial

Beitrag von Rattenkönig » 19. Juli 2019, 15:23

Hallo!

Auf dem zweiten Video ist bei ca. 20 sec zu sehen, wie eine Arbeiterin eine tote Lasius niger in das Nest trägt.


Ja, das kommt öfter vor… manche Leichen schaffen sie ins Nest, andere werden als Abfall/Baumaterial auf den Nesthügel gelegt… dort finden sich auch verschiedene Insektenflügel und ein Heuschreckenbein…

Update:
Es hat sich einiges getan… erstmal haben sie Anfang der Woche den Nesthügel ausgehöhlt und sich einen Saal gebaut (ich schätze mindestens 1cm³). Hier ein (leider schlechtes) Foto:
Ausbau_Nesthügel.jpg


Dann hat am Dienstag leider meine Frau wieder versehentlich den Nesthügel weg gekehrt (sie hatte nicht mehr daran gedacht). Zwischenzeitlich ist der Hügel aber wieder fast genau so groß wie vorher, aber noch nicht ausgehöhlt. Jetzt hauptsächlich aus zerbröseltem Blattmaterial.

Dann sind gestern (18 Juli – es war hier etwa 25° und schwül) zwei geflügelte Ameisen aufgetaucht, sie sich aber noch nicht so recht raus trauten. Hier ein Video davon:
https://www.h-felder.de/nextcloud/index ... kpggF5dnRF

In Wikipedia habe ich über die Rote Gartenameise folgendes gelesen:
»Die Geschlechtstiere schwärmen hauptsächlich zwischen Mitte August und Mitte September. […] Begattete Weibchen können im Mutternest überwintern und sind noch nicht reproduktiv tätig. Dabei tragen sie oftmals noch ihre Flügel. Sie verlassen das Nest im folgenden Jahr zwischen Ende April und Anfang Juli.«

Sind diese geflügelten Wesen jetzt eher späte begattete Ameisenköniginnen oder eher zu frühe unbegattete »Geschlechtstiere«?

Lg, Rattenkönig



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