Lausbericht 2024 - Das Efeu Setup

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Joachim

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#1 Lausbericht 2024 - Das Efeu Setup

Beitrag von Joachim » 31. Juli 2024, 12:27

Eine Blattlauskolonie zuhause zu haben, in kontrolliertem Umfeld, von der sich die Ameisen Honig holen können, ist ein Traum der Ameisenhaltung. Nach jahrelangen, schweißtreibenden, nervtötenden und zeitraubenden Versuchen kann ich euch die definitive Antwort geben, ob man in der Ameisenhaltung zuhause den Tieren eine Blattlauskolonie zur VerfĂŒgung stellen kann. Und die Antwort ist:

Jein...

Das klingt jetzt etwas ernĂŒchternd und ist es auch. Am Ende verdreifachen sich nĂ€mlich die Probleme und AnsprĂŒche an die Haltung, da man nun nicht mehr nur Ameisen, sondern auch LĂ€use und Pflanzen glĂŒcklich halten muss. Wenn eine der Komponenten nicht stimmt, bricht die Trophobiose zusammen. Sind die Ameisen nicht glĂŒcklich, benutzen sie die LĂ€use als Eiweißquelle und bringen ihre eigene Blattlauskolonie zum Aussterben. Sind die Pflanzen nicht glĂŒcklich, wandern die LĂ€use ab und sterben. Sind die LĂ€use nicht glĂŒcklich, dann hat man entweder Parasiten in Form von Schlupfwespen/MarienkĂ€ferlarven, oder die Pflanze ist nicht glĂŒcklich. Nichtsdestotrotz kann es funktionieren und meine Formica genießen schon das ganze Jahr ĂŒber die FrĂŒchte meiner Arbeit der vorherigen Jahre: Eine dauerhafte Versorgung mit natĂŒrlichem Honigtau, und das fast ohne Arbeit meinerseits.

Das Efeu Setup

Letztes Jahr entdeckt, viel zu kompliziert angefangen, aber dieses Jahr habe ich einen Rhythmus gefunden, der mit minimalen Aufwand schon seit 5 Monaten funktioniert und den ich hier als Hauptlösung vorstellen möchte.

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ZunĂ€chst legt man Batterien an. Ich habe einfach 500ml Plastikflaschen benutzt. Im MĂ€rz oder schon Februar (geht immer, aber so schafft man es pĂŒnktlich zum Ende der Winterruhe) schneidet man grĂŒne Efeu Triebe ab, und zwar zwischen 20 und 30cm LĂ€nge. Die unteren 2-3 BlĂ€tter knipst man ab und diese mĂŒssen mit Wasser bedeckt sein - dort entstehen die ersten Wurzeln schneller. Es dauert einige Wochen, bis sich Wurzeln gefestigt haben und diese sind dann auch direkt zur Haltung in reinem Wasser geeignet. Einen Efeu aus der Erde zu nehmen und in Wasser zu setzen funktioniert meistens nicht und ist großer Stress fĂŒr die Pflanze (ergo keine LĂ€use). Nach etwa einem Monat zeigt sich, welche Pflanzen in dem Wasser ĂŒberleben und gedeihen. Diese werden wir zu Lausbatterien machen. Man sollte mit mindestens 10, besser natĂŒrlich 20 Pflanzen anfangen!


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Wenn nicht schon durch Wintereier vorhanden, sucht man draußen nach Efeu LĂ€usen. Diese sind besonders innerhalb von StĂ€dten sehr hĂ€ufig zu finden (Kirchen, Parks, PlĂ€tze). Keine andere Laus wird funktionieren und es muss auch dieselbe Art Efeu sein. Eine handvoll LĂ€use reichen, diese werden sich durch Klonung rasch vermehren. Auch bilden Efeu LĂ€use wenig fliegende Exemplare aus, dadurch bleibt das Zimmer vor einer Laus-Plage verschont. Die Pflanzen der Batterie sollten wie im oben genannten Foto miteinander "verbunden" sein, sich also berĂŒhren. Schon nach kurzer Zeit werden die LĂ€use ihre Lieblingspflanzen besetzen. Aus diesen kann man spĂ€ter neue Triebe schneiden und sie vermehren.

Die Batterie wird auf der Fensterbank gut gedeihen. Es hat nicht geklappt, sie im Zimmerlicht zu halten. BlattlĂ€use setzen einen guten Stoffwechsel der Pflanze voraus und das konnte ich selbst mit Pflanzenlampen nicht dauerhaft reproduzieren. Wer es in einem Becken nutzen möchte, braucht eine gute Belichtung! Man kann die Flasche mitsamt Efeu und LĂ€usen einfach ins Formikarium stellen, und solange die Pflanze gedeiht, wird es zumeist funktionieren. Sollten die LĂ€use doch mal absterben, bedient man sich seiner Batterie auf der Fensterbank und sorgt fĂŒr Ersatz. Diese Methode braucht nur sehr wenig Aufwand, ist zeitsparend und grĂ¶ĂŸtenteils ein SelbstlĂ€ufer.
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Das kann zum Beispiel so aussehen. Hier sind die Formica auf ihrer Winterinsel, mit ersten Lauskolonien darauf. Die Insel ist mit einem Wassergraben umgeben. Ein sehr simples Setup fĂŒr fast keine Kosten.

Topfpflanzen sind nicht zu empfehlen, da die Ameisen in die Blumenerde ziehen werden und man sie dadurch erstens nicht mehr beobachten und zweitens die Pflanze schwer bewĂ€ssern kann. Auch muss man die Ameisen trotzdem gut mit Eiweiß versorgen, da sie sich sonst schneller an der Lauskolonie bedienen, als die LĂ€use es durch Klonung ausgleichen können. Vor Parasiten oder Fraßfeinden beschĂŒtzen die Ameisen ihre Kolonien in aller Regel.

Eine Alternative fĂŒrs Zimmer ist eine Orchidee oder BĂŒropflanze, die sich im Wasser ziehen lĂ€sst und die mit SchildlĂ€usen besetzt ist. Da gibt es allerdings keine echte Trophobiose, die Ameisen lecken lediglich den Honig auf, den die LĂ€use wegwerfen.
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