User des Monats Oktober 2024   ---   Denis  ---   Danke vom TEAM Ameisenforum  

Polyergus rufescens und seine Sklaven

Berichte, Erfahrungen, Beobachtungen aus der Natur
Benutzeravatar
Roland Schultz
Einsteiger
Offline
Beiträge: 24
Registriert: 9. März 2005, 12:38
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

#17

Beitrag von Roland Schultz » 29. Oktober 2005, 23:48

Hallo Frank,

bisher konnte ich, bis auf den einen Überfall auf Cataglyphis, nur Überfälle auf Serviformica-Arten beobachten. Und auch die Sklaven waren immer Serviformica, mit der einen Ausnahme Coptoformica.

Proformica habe ich ansonsten dort auch gefunden und auch den Sklavenjäger dazu Rossomyrmex proformicarium. An den Proformicas hat mich begeistert, dass sie richtige Honigtöpfe wie manche amerikanische Ameisen haben.

Viele Grüße
Roland



Benutzeravatar
Boro
Halter
Offline
Beiträge: 6149
Registriert: 28. März 2004, 19:00
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 9 Mal

#18 Polyergus rufescens

Beitrag von Boro » 25. Juli 2006, 15:36

Ergatomorphe Königin von Polyergus rufescens?
Im Fotoforum (Formicinae, Amazonenameisen) habe ich ein paar Bilder einer Königin der Amazonenameisen hineingestellt.
Nun zu den Fakten:
In meinem wichtigsten Beobachtungsnest (Kärnten, 550m Seehöhe, Südhang, xerothermer Standort) konnte ich erstmals am 10.7. junge Geschlechtstiere entdecken. Die Königinnen waren rot, geflügelt und sahen auch sonst "normal" aus. Die später schwärmenden Jungköniginnen sind jedoch rotbraun/braunrot und verändern die Farbe in rot erst mit der Nestgründung.
Am 15.7. fand ich fast 14 Tage früher als üblich eine rote Gyne ohne Flügel, die etwa 20 Min vor dem Raubzug der Amazonen plötzlich im Nestbereich auftauchte. Beim ersten zufälligen Kontakt mit Amazonen oder Sklaven wurde sie sofort attackiert und mußte sich schleunigst in Sicherheit bringen. Sie wartet aber in der Nähe bis der Kriegszug der Amazonen beginnt und läuft dann der Duftspur nach, um nach erfolgter Plünderung des Sklavennestes in dieses einzudringen. Sie tötet dann die angestammte Königin und übernimmt das Nest.
Die oben erwähnten Bilder einer Amanzonen- Königin stammen aus 750m Seehöhe. Sie wurden am 17. 7. gemacht und betreffen das selbe Phänomen.
Nun ergeben sich mehrere Fragen:
1.Woher stammt die Königin?
Das nächste Polyergus-Nest ist mindestens 200m entfernt. Die Schwärmzeit beginnt an beiden Standorten erst in den letzten Julitagen. Demnach müsste die Königin aus dem selben Nest stammen, wo sie fotografiert wurde.
2. Stammt die Königin aus der diesjährigen Brut oder ist sie im Vorjahr "übriggeblieben"? Möglich wäre beides, denn ich habe vor Jahren einmal zufällig eine Polyergus-Nebenkönigin Ende April im Randbereisch eines Amazonennestes gefunden, wo sie offensichtlich auch versorgt wurde. Jedenfalls werden diese Königinnen im Nestbereich geduldet, sobald sie an der Oberfläche erscheinen, werden sie als Konkurrenz erkannt, verjagt oder-wie ich einige Male beobachten konnte-auch getötet.
3. Ist die Königin begattet?
Aus ihrem oben geschilderten Verhalten muß man sagen, dass dies höchstwahrscheinlich zutrifft. Wenn sie heuer begattet wurde, kann dies nur durch die ersten geschlüpften Männchen im Nest passiert sein. Das könnte auch die Erklärung sein, warum sie im Nest geduldet wird: Es fehlt fremder Nestduft.
4. Wozu sind ergatomorphe Königinnen gut?
Nachdem in der Biologie alle Vorgänge einem logischen Schema folgen, muß die Frage nach Sinn und Zweck dieser Erscheinung gestellt werden.
In der Literatur konnte ich bisher keine Antworten auf diese Fragen finden.
Vielleicht gibt es unter den Mitgliedern jemanden, der dieses Phänomen schlüssig erklären kann?
Gruß Boro



Benutzeravatar
Boro
Halter
Offline
Beiträge: 6149
Registriert: 28. März 2004, 19:00
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 9 Mal

#19 Die Verträglichkeit verschiedener Seviformica-Arten im Polyergus-Nest

Beitrag von Boro » 5. Oktober 2006, 10:13

Mit Abstand am häufigsten werden Puppen (manchmal auch Larven und frisch geschlüpfte Arbeiterinnen) von Formica (Serviformica) cunicularia und F. fusca geraubt, seltener von F. rufibarbis, F. clara (lusatica) oder den Formica der cinerea-Gruppe. Die letztgenannten Sklavenameisen sind weniger häufig oder an spezielle Habitate gebunden (cinerea-Gruppe). Auch die Wehrhaftigkeit spielt eine Rolle: Große Nester von F. (clara) syn. lusatica oder Superkolonien der cinerea-Gruppe können die Angriffe von Polyergus nicht nur abwehren, sondern die Angreifer auch vernichten.

Was die Verträglichkeit der aus geraubten Puppen verschiedener Serviformica-Arten schlüpfenden Imagines untereinander betrifft, herrscht offenbar keine Klarheit. SEIFERT schreibt: "Im gleichen Nest finden sich oft F.fusca- und cunicularia-Sklaven". (S. 290)
Nach meinem Wissen hat sich zuletzt G. HELLER mit dieser Frage nebenbei beschäftigt: Aggressives Verhalten von Formica-Arbeiterinnen gegen frisch geschlüpfte Arbeiterinnen von Polyergus rufescens (Latreille, 1798) (Hymenoptera: Formicidae). In: Myrmecologische Nachrichten, Bd. 6(2004). Hrsg. Österreichische Gesellschaft für Entomofaunistik in Wien.
G. HELLER konnte feststellen, dass zwar die eingetragenen Puppen verschiedener Serviformica-Arten akzeptiert werden, jedoch ausschlüpfende Jungtiere von F. cunicularia/rufibarbis durch F. fusca-Arbeiterinnen sofort getötet wurden. Umgekehrt töteten im zweiten Versuchsnest die Arbeiterinnen von F. cunicularia/rufibarbis alle ausschlüpfenden Arbeiterinnen von F. fusca.(S. 14)
Er kommt daher zum Schluss: "Dem entspricht, dass in der Mutterkolonie im Garten- trotz hunderter geraubter Puppen- nie F. fusca-Arbeiterinnen unter den F. rufibarbis und F. cunicularia gesichtet wurden.(S. 14).
Tatsächlich konnte ich das selbe Verhalten der Sklaven untereinander im Terrarium feststellen: F. rufibarbis und F. cunicularia vertragen sich, in einem Fall lebten bei mir auch F. cf. clara syn. lusatica in so einem Verband. F. fusca wurde in diesem Fall zwar nicht immer getötet, aber jedenfalls aus dem Nest gezerrt und dort starben die hilflosen Jungtiere ein, zwei Tage später. Umgekehrt ging es auch F. cunicularia-Jungtieren nicht besser. Auch Arbeiterinnen der F. cinerea-Gruppe (vermutlich F. fuscocinerea) vertragen sich nicht mit anderen Serviformica-Arten.
In der Natur sieht es jedoch anders aus: Obwohl die allermeisten Polyergus-Nester eine "uniforme" Sklavenschar aufweisen, gibt es sehr wohl auch Toleranz und Verträglichkeit zwischen einigen Serviformica-Arten. Durch 2 Sommer konnte ich in einem Polyergus-F. fusca-Nest sogar Arbeiterinnen von Raptiformica sanguinea feststellen, deren Puppen aus einem jungen Nest geraubt wurden. Zuerst wurde an ihnen heftig gezerrt und die jungen Raptiformica wurden immer wieder aus dem Nest getragen, aber die robusten Tiere haben das immerhin überlebt.
Im Anhang gibt es 3 Bilder einer Polyergus-F. fusca-F.cunicularia-Kolonie.
Die Bilder sind nicht opitmal, aber als Beweis allemal tauglich. Das Fotografieren der quirligen Tiere war unerwartet schwierig, weil ich ja alle 3 Arten auf einem Bild haben wollte und es dafür jeweils nur ein kleines Zeitfenster gab.
Bild 1: Amazonen mit F. cunicularia
Bild 2: Amazonen mit F. cunicularia und F. fusca
Bild 3: Blick in das Nest mit Larven und Puppen von Polyergus-Geschlechtstieren, vorne links deutlich 2 F.fusca, rechts 1 F. cunic.


Bild

Bild

Bild



Benutzeravatar
Boro
Halter
Offline
Beiträge: 6149
Registriert: 28. März 2004, 19:00
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 9 Mal

#20 AW: Polyergus rufescens und ihre Sklaven

Beitrag von Boro » 13. August 2013, 20:37

Jetzt musste ich einen 9 Jahre alten Thread ausgraben, damit ich meinen Beitrag "ordnungsgemäß" unterbringe!
Bei den Beiträgen vor 2007 fehlen die Bilder, die sind damals anlässlich der Umstellung auf ein neues Bilder-upload-System verschwunden.

Einige Standpunkte sind wohl auch etwas überholt (vor allem von mir!), aber schließlich lernt man ja immer dazu!
Es geht im Wesentlichen um die Frage, welche Sklavenameisen (Hilfsameisen) der permanente Sozialparasit Polyergus rufescens für die Gründung und den Aufbau des eigenen Volkes verwendet.
Zusammenfassung nach dem neuen Stand der Erkenntnisse (auch aus der Fachliteratur):
1. Im Prinzip kommen alle Serviformica-Arten als Hilfsameisen in Frage, ausgenommen sind nur jene Arten, die nie syntop mit P. rufescens vorkommen können (Formica lemani als Gebirgsameise sehr unwahrscheinlich, Formica picea lebt in Mooren u. nassen Habitaten, F. selysi lebt im Augebiet von Flüssen). Übrig bleiben:
Formica fusca
Formica gagates
Formica cunicularia
Formica rufibarbis
Formica clara
Formica cinerea
(sehr selten)
Formica fuscocinerea
(sehr selten)
2. Es gibt unterschiedliche Schwerpunkte, je nach "Verfügbarkeit" der einzelnen Serviformica spp. Z. B. : F. gagates gibt es in D nicht, F. fuscocinerea gibt es nur in Süd-D, F. clara gibt es in Teilen Mitteleuropas nicht usw. Auch die regionale Häufigkeit spielt eine Rolle: F. fusca ist im alpin-mitteleur. Bereich sehr häufig, im Osten Österreichs (Pannonikum) wird sie immer seltener. Dort werden vor allem F. rufibarbis, F. clara u. F. cunicularia als Hilfsameisen angetroffen.
3. P. rufescens überfällt zwar alle erreichbaren Serviformica-Nester, die Hilfsameisen (!) neigen aber dazu, artfremde Brut entweder zu fressen oder die frisch geschlüpften "Fremdlinge" aus dem Nest zu werfen, wo sie rasch sterben.
4. Lt. Literatur gibt es aber Serviformica-Arten, die quasi "kompatibel" erscheinen, d. h. die Hilfsameisen tolerieren die artfremde Serviformica-Brut und die schlüpfenden Imagines im Nest. Das scheint für die drei "bunten" Arten F. cunicularia, F. rufibarbis u. F. clara bewiesen. Ob sich etwa F. cinerea u. F. fuscocinerea "vertragen" würden ist nicht bekannt. Nach bisherigen Erkenntnissen werfen F. fusca schlüpfende Arbeiterinnen der "bunten" Arten aus dem Nest und umgekehrt. Dass die zwei Arten der cinerea-Gruppe sich nicht mit F. fusca od. den bunten Serviformicas "vertragen", kann mit Sicherheit angenommen werden.
5. Der Boro hatte aber schon vor vielen Jahren 2 Nester mit der "unmöglichen" Kombination F. fusca X F. cunicularia im Amazonennest. Ein Nest davon ist schon vor Jahren intraspezifisch vernichtet worden. Derzeit untersuche ich Geschlechtstierproduktion u. Schwarmverhalten v. Polyergus und da ist mir ein Nest vor meinen Augen verloren gegangen; durch den Angriff einer Amazonenkolonne eines bis dahin unbekannten Nestes. Das Aufspüren dieses Aggressors hat eine positive Überraschung gebracht: F. fusca u. F. cunicularia etwa zu gleichen Teilen als Hilfsameisen. Das habe ich bildlich dokumentiert:
1. F. fusca u. F. cunicularia werden vor dem Nesteingang gefüttert:
1530_e3fccbe5b753f4971cadb7826a7f92fd


2. Hier ganz gut zu unterscheiden: 6 F. fusca u. 7 F. cunicularia!
1530_d652db4d111c810cf433664d04f87797


3. Und hier sehen wir eine Amazone vorbeilaufen. Sie ist am Honig nicht interessiert, da sie selbst keine Nahrung aufnimmt!
1530_a8c785a0a05c4a0999a46c80e7afd883

L.G.Boro



NuEM
Halter
Offline
Beiträge: 345
Registriert: 29. August 2006, 13:03
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal

#21 AW: Polyergus rufescens und ihre Sklaven

Beitrag von NuEM » 14. August 2013, 01:02

Mag dieser scheinbare Widerspruch mit dem Verhältnis von z.B. F. fusca zu F. cunicularia im Nest der Amazonen zusammenhängen? Wenn z.B. F. fusca Brut in ein Nest mit reinen F. cunicularia Sklaven gebracht wird, wird diese verstoßen. Ist das Verhältnis jedoch ausgeglichen, wird die Brut beider Arten akzeptiert?



Benutzeravatar
Boro
Halter
Offline
Beiträge: 6149
Registriert: 28. März 2004, 19:00
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 9 Mal

#22 AW: Polyergus rufescens und ihre Sklaven

Beitrag von Boro » 14. August 2013, 08:04

Die Idee ist überlegenswert! Wenn geraubte Brut in ein an sich schon gemischtes Nest eingetragen wird, dürfte die Akzeptanz der jeweils anderen Serviformica-Art viell. höher sein. Trotzdem muss es sich ja anlässlich der Gründung durch die Polyergus-Gyne um ein Nest mit nur einer Spezies an Hilfsameisen gehandelt haben, weil gemischte Serviformica-Nester in der Natur nicht vorkommen.
Anlässlich der Aufzucht eines Poyergus-Nestes bei F. cunicularia, dem ich später F. rufibarbis (im Vertrauen auf die Literaturangaben) beigeben musste, weil ich einfach keine F. cunicularia-Puppen mehr finden konnte, habe ich ja einmal "Schiffbruch" erlitten: Die etablierten F. cunicularia haben alle frisch geschlüpften F. rufibarbis-Arbeiterinnen aus dem Nest geworfen, wo sie zugrunde gingen.
Trotz inzwischen längst angeglichenen Nestduftes (die fremden Puppen liegen ja Tage bis 1, 2 Wochen im Nest), erfolgt jedenfalls Fremderkennung!
Das weiß man inzwischen auch von Serviformia-Arbeiterinnen gegenüber frisch geschlüpften Amazonen: Obwohl die gesamte Polyergusbrut von den Hilfsameisen aufgezogen wird, werden im Kunstnest (!!) immer wieder geschlüpfte Amazonen von den Hilfsameisen (Ammen !) getötet. Darais müsste man ableiten können, dass nur (frisch geschlüpfte) Imagines einen letzten Rest von Eigenduft besitzen.
L.G.Boro



Benutzeravatar
Ureaplasma
Halter
Offline
Beiträge: 164
Registriert: 14. Juli 2011, 15:53
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 5 Mal

#23 AW: Polyergus rufescens und ihre Sklaven

Beitrag von Ureaplasma » 14. August 2013, 15:26

...immer wieder geschlüpfte Amazonen von den Hilfsameisen (Ammen !) getötet
Werden diese tatsächlich von den Hilfsameisen getötet, oder wird ihnen einfach nicht korrekt bzw. zum falschen Zeitpunkt zum Schlüpfen verholfen? Ich habe seit diesem Jahr selber Einblick in das Innenleben eines Polyergus Nests (Kunstnest). Die Königin stammt vom Schwarmflug 2011. Dieses Jahr wurde die erste Polyergus Brut aufgezogen, wobei die ersten Amazonen Ameisen starben. Grund dafür schien mir allerdings nicht dass sie getötet wurden, sondern eher, dass sie nicht korrekt aus ihrer Puppenhaut befreit wurden. Die Amazonen vertrocknen oder verkleben dann und werden schliesslich von den Hilfsameisen entsorgt.

Dass, die unterschiedlichen Serviformica Arten auch unterschiedliche „Duftnoten“ haben, ist ja erforscht und beschrieben, dennoch denke ich, dass dieses Phänomen, bezüglich der Vergesellschaftung von F. fusca mit F. cunicularia oder F. rufibarbis überbewertet wird.

Ich halte seit diesem Frühjahr eine F. rufibarbis Gyne vom Schwarmflug 2012 mit einer Kolonie F. fusca. Der Gyne + Pygmäen wurden zunächst Puppen von F. fusca angeboten; diese schlüpften. Mitlerweile wird die Gyne, soweit ich das erkennen kann, ausschliesslich von F. fusca (100-200 Tiere) versorgt, ebenso dessen Brut (Bild 1). Ich merke noch an, dass F. fusca aus dem Odenwald bei Heidelberg mit der selben Art, aus den Donauauen bei Wien stammend, vermischt wurden. Interessanterweise ist noch nicht eine F. rufibarbis geschlüpft. Es ist keinerlei Agression zw. den F. fusca zu beobachten. In einem weiteren Polyergus Nest, welches ich seit diesem Jahr betreue, habe ich zunächst die Polyergus Gyne mit F. cf. cunicularia vergesellschaftet. Dann gab ich zahlreich F. fusca Puppen aus verschiedenen Nestern hinzu und schliesslich noch F. rufibarbis Puppen. Brutfrass oder Agressionen zw. den Arten konnte ich bislang nicht beobachten, allerdings Agression zw. grossen F. fusca gegen kleine F. fusca Arbeiterinnen (Bild 2 u. 3); diese werden sogar anscheinend getötet, denn es sind die einzigen Ameisen die vor ihrer Zeit sterben.

Anlässlich der Aufzucht eines Poyergus-Nestes bei F. cunicularia, dem ich später F. rufibarbis (im Vertrauen auf die Literaturangaben) beigeben musste, weil ich einfach keine F. cunicularia-Puppen mehr finden konnte, habe ich ja einmal "Schiffbruch" erlitten: Die etablierten F. cunicularia haben alle frisch geschlüpften F. rufibarbis-Arbeiterinnen aus dem Nest geworfen, wo sie zugrunde gingen.
Liegt das daran, dass F. cunicularia in Deiner Region eine andere Brutentwicklung hat, und die Arbeiterinnen somit auch zeitlich eine andere Brutpflege betreibt, als F. rufibarbis? Wenn es keine F. cunicularia mehr gab, dann konnten/wollten Deine Ameisen vielleicht keine neue Brut mehr versorgen. Nach eigenen Beobachtungen (da ich aufgrund der zu betreuenden Polyergus Nester öfter mal Serviformica Nester ansteche) zu urteilen, fängt F. cunicularia früher mit der Aufzucht von Arbeiter-Brut an als F. rufibarbis und hört früher im Jahr mit der Brutpflege auf. Die Entwicklung der Geschlechttiere ist bei beiden Arten etwa gleich, aber F. rufibarbis Arbeiter-Brut kann ich meist erst dann finden, nachdem der grösste Teil der Geschlechtstiere abgeflogen ist. Bei F. cunicularia finde ich meist Arbeiter-Puppen und Geschlechtstier-Puppen nebeneinander. Ich kann mich da natürlich auch irren, denn in die Tiefe der Nester hat man ja keinen Einblick.
Dateianhänge
Bild 3.jpg
Bild 2.jpg
Bild 1.jpg



Benutzeravatar
Boro
Halter
Offline
Beiträge: 6149
Registriert: 28. März 2004, 19:00
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 9 Mal

#24 AW: Polyergus rufescens und ihre Sklaven

Beitrag von Boro » 14. August 2013, 18:26

Ich bin sicher, dass man die Aufzucht eines Nestes unter Laborbedingungen nicht (Immer) mit der Nestgründung im Freien gleichsetzten darf. Gewisse Verhaltensregeln ändern sich einfach, ob man das so haben will oder nicht.
In Einzelfällen konnte ich in den vielen Jahren der Beobachtung einer Kombination von Polyergus X F. fusca X F. cunicularia beobachten, dass in wenigen Fällen eine F. cunicularia eine F. fusca aus dem Nest zieht (u. umgekehrt), nach 10 od. 20 cm wieder auslässt u. weggeht. Das "Opfer" rannte daraufhin schnurstraks wieder ins Nest. Also, so ganz konfliktfrei dürfte das Verhältnis auch nicht sein. Außerdem habe ich in diesen Fällen in Ansätzen eine soziale Aufgabenteilung der beiden Serviformica-Arten feststellen können: Bei Gefahr od. zur Verteidigung rücken in erster Linie F. cunicularia an! Das finde ich jedenfalls bemerkenswert!
2 Forscher berichten, dass im Kunstnest geschlüpfte Amazonen herumgezerrt und vernachlässigt wurden, sodass sie zu Tode kamen. Ich habe das vor Jahren einmal erlebt, seither werden die Nester immer vor dem Schlüpfen der Amazonen freigesetzt.
Zwahlen, H.: Erfolgreiche Koloniegründung einer Amazonenameisen-Königin im Gips-Beobachtungsnest. Ameisenschutz aktuell, 2/04
Heller, G.: Aggressives Verhalten von Formica-Arbeiterinnen gegen frisch geschlüpfte Arbeiterinnen v. Polyergus rufescens. Myrmekol. Nachrichten, 2004: 13-17

Eine gewisse Zeitverschiebung bei der Aufzucht v. Arbeiterinnen zwischen F. cunicularia u. F. rufibarbis könnte möglich sein, wobei aber in jungen Nestern (bei beiden Arten) nach meinen Beobachtungen vorwiegend Arbeiterinnen aufgezogen werden, in reifen Nestern wird eine große Anzahl an Geschlechtstieren vorrangig herangezogen.
L.G.Boro



Neues Thema Antworten

Zurück zu „Ameisenbeobachtungen im Freiland“