Lasius sp. (Chthonolasius) - Verzögerte "Nestgründung"

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Täbs
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#1 Lasius sp. (Chthonolasius) - Verzögerte "Nestgründung"

Beitrag von Täbs » 16. Juli 2009, 00:03

Ich habe eine Beobachtung machen können, es geht um die Gyne von dem Thread http://www.ameisenforum.de/bestimmung-v ... 36202.html
Täbs hat geschrieben: ...haltet ihr mich nun für einen Unmenschen, wenn ich hier poste, dass ich das Scenario einer beinahe Übernahme eines Nestes Lasius niger, von einer Chthonolasius miterleben durfte?
Wegen Thema: Tierquälerei und und etc pp...
Sollte andeuten, dass ich eine Lasius sp Chthonolasius Königin zu meinem kleinen Lasius niger Volk (ca.12 A) rein getan habe.
Sie lief einige Zeit umher, warf sich auf eine Arbeiterin und wollte diese überwältigen. Eine zweite kam hinzu woraufhin die Gyne die Flucht ergriff, nach einigen Versuchen gelang es ihr schließlich, sie "schmierte" sich stundenlang ein und wagte sich ins Nest. Dort wurde sie leider binnen Sekunden überwältigt und an 6 Stellen von meinen Lasius niger festgehalten. Beinchen/Fühler.
Soweit alles normal, in der Natur funktioniert das ja auch nicht bei jedem mal auf anhieb, darum gings mir auch nicht, nun das "Kuriose"


Stundenlang hielten die Arbeiterinnen die Lasius sp Chthonolasius Gyne fest und "bissen" und "bespritzen" sie mit ihrem Gift. Es sah so aus als hätte die Gyne es hinter sich, da diese sich nichtmehr bewegte (wie auch). Sie sah "zerknauscht" aus.

Doch am nächsten Tag hockte die sozialparasitäre Königin, neben meiner monogynen Lasius Queen.
Sie wurde nichtmehr festgehalten, doch hatten die Arbeiter ihr gegenüber ein "vorsichtiges" Verhalten.
Nun, nochmal zwei Tage später, sind immernoch beide Gynen keine 3mm voneinander über der Brut und es scheint so, als würden die Arbeiter zwei Königinnen akzeptieren.
Ist es möglich, dass Lasius sp Chthonolasius "wartet" bis ihre Imagines schlüpfen (sofern sie nun Eier legt) um dann in einigen Wochen die Lasius Königin zu "stürzen" O.o
Ich hätte nie gedacht, das soetwas möglich ist, wenn die Übernahme nicht sofort klappt.

Bitte um Antworten / Meinungen / Schätzungen
ein verwirrter / verwunderter Ameisenhalter


carpe noctem!

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TRIA
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#2 AW: Lasius sp Chthonolasius - Verzögerte "Nestgründung"

Beitrag von TRIA » 16. Juli 2009, 00:35

War bei mir genau so. Ich hab mir ein weiselloses Volk gebastelt und sie zugegeben. Es gingen auch alle erstmal auf sie los, ich hab dann aber die Sache ein wenig verkürzt und sie in den Kühlschrank für 12h gelegt. Wenn sie den Geruch der andern angenommen hat, geben sie meist Ruhe. Jetzt hoffe ich erstmal auf Brut, vorher kann man da ja nicht sagen ob es geklappt hat.

edit: Ja, wenn die ersten Schlüpfen, kommt es zum Kampf.


Eines Tages wird sich die Sonne zum roten Riesen aufblähen, die Erde verschlingen und das Universum wird über uns herzlich lachen.

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-own3d-
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#3 AW: Lasius sp Chthonolasius - Verzögerte "Nestgründung"

Beitrag von -own3d- » 16. Juli 2009, 00:37

Weiterhelfen kann ich dir da nicht, weil ich neu einsteiger bin, aber ich bin auf jeden Fall schonmal gespannt was dabei rauskommt!
Das wäre ja ziehmlich Hinterlistig von der Guten! :nono:


Lg :baeh:

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Frank Mattheis
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#4 AW: Lasius sp Chthonolasius - Verzögerte "Nestgründung"

Beitrag von Frank Mattheis » 16. Juli 2009, 10:01

Dann würde ein solcher "Kampf" aber ziemlich spät einsetzen. Die Chthonolasius-Königinnen beginnen meist erst im folgendem Jahr mit der Eiablage, nach der Winterruhe.
Die meisten eindringenden Königinnen überleben die Angriffe der niger nicht. Einige aber schon, meist sicher in weisellosen Nestern, weil hier die Angriffe der niger weniger hart sind.
Ist die Königin einmal soweit akzeptiert wie oben von Täbs beschrieben, ist es sicher um die niger-Königin geschehen. Die Chthonolasius-Königin wird nun bald sehr attraktiv für die Hilfsameisenarbeiterinnen, dies bewirkt sie mit "anziehenden" Pheromonen, die niger-Arbeiterinnen kümmern sich bald nur noch um sie, vernachlässigen die eigene Königin, töten sie am Ende sogar (Durchsetzen der Monogynie-Regelung, bei Bevorzugung der attraktiveren Königin).
Es gibt später keinen offenen Kampf zwischen den Arbeiterinnen der Kolonie, auch nicht zwischen den später schlüpfenden Chthonolasius- und den niger-Arbeiterinnen. Die niger-Arbeiterinnen werden im Folgejahr, wenn ausreichende Mengen an Chthonolasius-Arbeiterinnen aufgezogen worden sind und die Versorgung der dann noch gemischten Kolonie übernehmen, einfach getötet. Die niger-Arbeiterinnen sind dann überflüssig und lassen sich ohne Gegenwehr töten und an die Larven verfüttern. Ihr Verhalten hat sich dann völlig verändert, ist ziellos, apathisch und teilnahmslos.
Das gleiche Phänomen habe ich bei den Chthonolasius beobachtet, die von fuliginosus in gleicher Weise übernommen wurden. Auch hier verschwanden die Wirtsameisen mit dem Erstarken der fuliginosusarbeiter-Kaste in den Larvenkammern der Kolonie als Nahrung für den Nachwuchs.
Man muss sich das Ganze nicht als Kampf oder als grosses "Schlachten" vorstellen, dieser Vorgang der "Bereinigung" der Kolonien des Temp. Sozialparasiten geschieht fast schleichend, zieht sich über eine längere Zeit. Die Hilfsameisen verschwinden nicht plötzlich, sondern nach und nach. Es werden jedoch auch nicht alte, bereits sterbende Hilfsameisen getötet, sondern nach und nach alle, und sie werden getötet ohne Kampf, ohne Gegenwehr, ohne "Gewalt", soweit dies möglich ist.
Der Vorgang vollzieht sich erst nach dem Erstarken der Kolonie des Sozialparasiten, wenn die Hilfsameisen nicht mehr nötig sind.

LG, Frank.



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TRIA
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#5 AW: Lasius sp Chthonolasius - Verzögerte "Nestgründung"

Beitrag von TRIA » 16. Juli 2009, 11:05

Wie lang dauert es den im Schnitt bei fuliginosus, bis Brut da ist? Ich hab wohl das Glück das ich lasius umbratus im Garten hab, ich konnte dieses Jahr eine fuliginosus Gyne unterjubeln :)


Eines Tages wird sich die Sonne zum roten Riesen aufblähen, die Erde verschlingen und das Universum wird über uns herzlich lachen.

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Frank Mattheis
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#6 AW: Lasius sp. (Chthonolasius) - Verzögerte "Nestgründung"

Beitrag von Frank Mattheis » 16. Juli 2009, 18:42

@Tria: Bei den fuliginosus geht alles sehr schnell, anders als bei den Chthonolasius. Die fuliginosus-Königinnen beginnen schon nach wenigen Tagen mit der Eiablage, kurz nach der Adoption durch die Hilfsameisen schwillt der Hinterleib stark an. Sie betteln ständig um Futter und geben ständig Futter weiter. Wie gesagt, normalerweise bei erfolgreicher Adoption gibt es erste Eipakete schon nach etwa einer Woche. Daraus schlüpfen vllt. nach etwa zwei bis drei Wochen erste Larven, die schnell wachsen. Erste fuliginosus-Arbeiterinnen schlüpfen also schon im ersten Sommer, im gleichen Sommer der Adoption. Ob sie allerdings überleben, ist nicht sicher. Die ersten Generationen des Sozialparasiten leiden oft unter der Übergriffen der Wirtsameisen, die nun wohl merken, dass etwas nicht stimmt. Die Rettung ist das massenhafte Aufziehen und der massenhafte Schlupf vieler Sozialparasiten, so verteilt sich das Mobbing der Wirtsameisen auf viele und viele überleben es. Die geschlüpften fuliginosus beginnen dann, nach und nach die Hilfsameisen aus dem Nest zu verdrängen, beginnend im Umfeld der Königinnen.

LG, Frank.



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TRIA
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#7 AW: Lasius sp. (Chthonolasius) - Verzögerte "Nestgründung"

Beitrag von TRIA » 16. Juli 2009, 18:57

Macht es dann Sinn nach dem schlupf die "Helfer" zu reduzieren? Ich hab jetzt ca. 10 Arbeiterinen und 20 Puppen im Reag..


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Frank Mattheis
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#8 AW: Lasius sp. (Chthonolasius) - Verzögerte "Nestgründung"

Beitrag von Frank Mattheis » 17. Juli 2009, 10:00

Nee, warum? Zehn Arbeiterinnen sind sehr wenig. Bei der Übernahme der Hilfsameisennester durch Königinnen sozialparasitischer Lasius-Arten bzw. bei deren Adoption durch solche Nester sind immer viele Ameisen beteiligt. Völker der niger bei Übernahme durch Chthonolasius und Völker der Chthonolasius bei Übernahme durch fuliginosus sind meist noch sehr stark, da handelt es sich sicher meist um zehntausende Arbeiterinnen der Hilfsameisen.
Natürlich kann man solche Gründungen aus mit wenigen Arbeitern initieren, das findet in der Natur so aber wohl nie statt. In Gefangenschaft gehts, weil die Ameisen vom Halter versorgt werden.
Solche Versuche sind aber nicht übertragbar bzw. können nicht die Verhältnisse erklären, die in freier Natur herrschen.
Chthonolasius-Kolonien beispielsweise, die von fuliginosus-Königinnen heimgesucht werden und im günstigsten Fall weisellos sind, sind dies erst seit vllt. einem Jahr. Die Arbeiterinnen sind aber langlebig und so sind solche Völker dann noch immer sehr gross. Das müssen sie auch sein, sie sollen in kürzester Zeit viele tausend fuliginosus-Arbeiter aufziehen. Denn nur sofort sehr starke fuliginosus-Kolonien können sich überhaupt in der Ameisenfauna gegen zB. benachbarte starke niger-Kolonien durchsetzen. Denn mit den schlüpfenden und dann bald auslaufenden fuliginosus-Arbeiterinnen verbindet sich ein Wechsel der Kolonie im Bezug auf ihre Aktivitäten und auf das beanspruchte Territorium. Während die Chthonolasius vorwiegend unterirdisch furagieren, tut dies fuliginosus ja überwiegend oberirdisch!
Den anderen, umgekehrten Weg geht Chthonolasius. Die parasitierte Art ist hier meist niger, eine meist oberirdisch furagierende Art. Der Sozialparasit, Chthonolasius furagiert dann meist unterirdisch in selbstgegrabenen ausgedehnten Tunneln.
@Tria: Hast übrigens grosses Glück, wenn in Deinen Garten Chthonolasius zu finden ist. Die Kolonien sind oft schwer zu finden. Ich habe jetzt einige Tage gebraucht, ein Nest von Chthonolasius mixtus zu finden. Oft werden die Chthonolaius-Arten mit den häufigen Lasius flavus verwechselt. Die sind aber völlig ungeeignet für Koloniegründungsversuche mit fuliginosus-Königinnen. Bie Versuchen von mir in diesem Jahr haben sie die Königinnen getötet bzw. verletzt, dann eine letzte akzeptiert, ziehen jedoch die Brut nicht auf.
Soweit erstmal...;)

LG, Frank.



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