Dämpfer von Professorin bezüglich Ameisenhaltung erhalten [Allgemeines]

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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Streaker87
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#1 Dämpfer von Professorin bezüglich Ameisenhaltung erhalten [Allgemeines]

Beitrag von Streaker87 » 5. November 2009, 16:22

Hola!

Ich habe am Montag eine kleine FĂĽhrung durch die Ethologie (Verhaltensbiologie) genossen und mir die Termiten- und Ameisenkammern an unserer Uni angeschaut.
Termiten gibt es bei uns seit zwei Jahren, Ameisen seit einem Jahr. Welche Forschungen damit betrieben werden, kann ich leider jetzt nicht so genau sagen, weil mich das als Zellbiologe weniger interessiert ;) Mir ging es erstmal um die Haltung.

Auf jeden Fall war ich Heute wieder dort und habe mich mal ein wenig mit der für die Ameisen zuständigen Professorin unterhalten.

Haben uns kurz ĂĽber die Arten ausgetauscht und was ich so, bezĂĽglich privater Haltung, vorhabe.
Um mal gleich den Schluss vorweg zu nehmen und das war der Grund warum ich hier schreibe, ist, dass sie von "meinem neuen Hobby" nicht sooo begeistert ist. Es stehen zwar nicht alle Arten unter Naturschutz, aber dennoch werden sie einfach aus der Natur entnommen ohne jede Nachzucht. Die einzigen, die man selbst nachzüchten könnte, sind Arten wie Harpegnathos venator (Gamergaten).
Die Verluste der exotischen Lebensräume sind trotzdem nicht zu unterschätzen. Die Professorin war mehrere Jahr in Indien und scheint da aus erster Hand erfahren zu haben, wie das so läuft. Die Shops bestellen die ja auch nur ausm Ausland. Und man mag meinen, dort findet man tolle Arten, wie Sand am Meer. Durch die ganzen Abholzungen ist dem leider nicht so.

Ich habe mich auch über Camponotus ligniperda erkundigt, welche ihrer Meinung nach eher schwierig zu halten wäre. Bei ihnen hätte schon öfters eine Königin das Zeitliche gesegnet.
Das Ausbrechen von Ameisen soll wohl extrem sein, aber da deren Becken nur aus einer mit Gips (ca 3cm hoch) ausgegossenen Plastikbox (30x20x20) bestehen, wo das Nest eingearbeitet ist, kann ich das auch gut nachvollziehen, dass sich die Ameisen dort nicht lange aufhalten wollen. Dort ist übrigens nicht nur der obere Rand mit "Öl" (o.ä.) eingeschmiert, sondern die kompletten Wände ^^ Sieht gräßlich aus, aber man muss ja zwischen Forschung und Haltung unterscheiden.

Die Arten (schätzungsweise ~20, Einheimische und Exoten ~80%) werden übrigens alle in einem Raum gehalten, bei 24°C. Die C. ligniperda waren immer noch dort, wurden also nicht gekühlt. Traube war zu erkennen, auch hat mir die Prof. erklärt, dass man die Winterruhe daran erkennt, wenn keine Eier und Puppen mehr vorhanden sind. Fand es trotzdem komisch, dass sie noch nicht gekühlt wurden. Scheint nicht so schlimm zu sein, sie zeigen aber Verhaltensstörungen, so die Prof.

Nagut, ich habe also einen kleinen Dämpfer bekommen, was mein neues Hobby angeht. Von C. ligniperda werde ich dennoch nicht abweichen und die Haltung auch nicht aufgeben.
Ganz nach dem Motto: Jetzt erst recht! ^^

Immerhin meinte sie noch, dass ich Lasius niger übernehmen könnte, weil sie damit nicht so viel forscht und zehn Kolonien eigentlich zu viel wären. Aber sie will sie erstmal behalten. Lieber zu viel, als zu wenig.

Mit unserem Zoo arbeiten unsere Profs ĂĽbrigens garnicht zusammen. Hier war auch mal ein Angestellter, der von Blattschneidern berichtet hat.

GruĂź




chrizzy
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#2 AW: Dämpfer von Professorin bezüglich A.-Haltung erhalten [Allgemeines]

Beitrag von chrizzy » 5. November 2009, 17:08

Hey,


Um mal gleich den Schluss vorweg zu nehmen und das war der Grund warum ich hier schreibe, ist, dass sie von "meinem neuen Hobby" nicht sooo begeistert ist. Es stehen zwar nicht alle Arten unter Naturschutz, aber dennoch werden sie einfach aus der Natur entnommen ohne jede Nachzucht. Die einzigen, die man selbst nachzüchten könnte, sind Arten wie Harpegnathos venator (Gamergaten).
Die Verluste der exotischen Lebensräume sind trotzdem nicht zu unterschätzen. Die Professorin war mehrere Jahr in Indien und scheint da aus erster Hand erfahren zu haben, wie das so läuft. Die Shops bestellen die ja auch nur ausm Ausland. Und man mag meinen, dort findet man tolle Arten, wie Sand am Meer. Durch die ganzen Abholzungen ist dem leider nicht so.
Daran ist nix neues, und dafür braucht man wohl auch keine Uni-Professorin... klar wird der Lebensraum für viele exotische und auch einheimische Arten immer kleiner, dadurch gehen die Bestände stark zurück, und wo der Bestand kleiner ist, wird zunehmend auch die Entnahme schädlicher. Wobei da die Shops bzw. die Leute, die die Ameisen für die Shops entnehmen und an sie verhökern, sicher nicht die Hauptschuldigen sind (ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Zahlen so enorm sind), und die lassen den Regenwald etc. ja nicht hektarweise abholzen und roden. ;) - im Gegenteil, das ist kontraproduktiv fürs eigene Geschäft.

Das beschränkt sich ja auch nicht auf Ameisen, sondern kann man quer durchs Tierreich beobachten. Wo Lebensraum verschwindet, verschwinden Tiere und Arten.

Also Leute, kauft fleiĂźig weiter Esquina-Regenwald in Costa Rica ;)

lg, chrizzy



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Streaker87
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#3

Beitrag von Streaker87 » 5. November 2009, 17:46

Nein, das ist wirklich nichts Neues, aber ich durfte es mir wieder anhören ;) Also im Gegenzug hätte ich von ihr auch lieber was über die Versuche von Nachzüchtungen gehört :) Stattdessen werden schonmal Beutel voll Ameisen eingefroren, weil die Kolonien zu groß werden. Sie werden also vorerst nicht weggeschmissen, sondern für spätere Forschung genutzt. Aber Verhalten? Bei eingefroren Ameisen? Naja, hab da nicht weiter nachgehakt.

Wenn sie mich das nächste mal nicht rauswirft, schau ich wohl nochmal vorbei. :)

Also Leute, kauft fleiĂźig weiter Esquina-Regenwald in Costa Rica


Du meintest sicher "eine Kiste von 'de Bier, das so schön 'geprickelt, in 'meine Bauchnabel" kaufen und damit den Wald retten ;)




Imago
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#4

Beitrag von Imago » 5. November 2009, 18:58

Hallo!

Ich finde man sollte nicht vergessen, dass die Ameisenhaltung weit über dieses Forum hinaus geht. Inwiefern man jetzt Forschung mit Haltung vergleichen kann, muss jeder für sich entscheiden, schließlich ist die Motivation der privaten Haltung für jeden anders begründet. Der eine findets toll, der Andere interessant, bei dem Nächsten ist es Sammelwahn, oder er interessiert sich für das Verhalten in irgend einer Weise etc.. Also nicht immer ist es einfach, gerade mit Interessierten in dem Themenbereich und Weitergebildeten auf einen Nenner zu kommen, kann ich mir durchaus nicht einfach vorstellen, da die Sichtweisen einfach verschieden sind oder sein können, vorallem aber jedoch die Schwerpunkte der Haltung.

Was das Ausbeuten von Exotischen Ameisen in ihren Heimatgebieten angeht, denke ich ist das doch eher ein Tropfen auf den heißen Stein, und keine beraubung der Natur, welche einen Evolulotionszweig verändert oder den Bestand einer Art mindert. Aber das ist ja eben auch Ansichtssache. In Verbindung mit der Lebensraumeinschränkung und Verminderung der Ausbreitung einiger Arten durch dieses Handeln, kann ich durchaus einige Kritikpunkte annehmen, aber solch ein Gespräch solltest Du nicht als Dämpfer ansehen, sondern differenzieren zwischen privater Haltung und Forschung.

Fakt ist doch, dass die Tiere welcher der Forschung zur VerfĂĽhgung stehen den selben Ursprung genieĂźen wie die, die sich bei einigen Haltern in den Becken aufhalten. Und nur weil sich hier "einer" fĂĽr eine exotische Art entschieden hat, rotten wir nicht auf der anderern Seite der Erde die Natur aus, da gibt es weit aus, bereits genannte ganz andere Aspekte, welche viel Gewichtiger Einschlagen!
Also als Dämpfer würde ich das an Deiner Stelle nicht betiteln, eher als Horizinterweiterung. Wieviel Bedeutung Du dem schenkst, musst Du selber entscheiden, aber hier muss man auch einfach unterscheiden ob man Ameisenliebhaber ist, oder sie in Massen einfriert um Verhaltensforschung zu betreiben;)

LG Imago



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Boro
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#5 AW: Dämpfer von Professorin bezüglich Ameisenhaltung erhalten [Allgemeines]

Beitrag von Boro » 5. November 2009, 20:23

Hallo Streaker87!
Wenn du einmal Erfahrung gesammelt hast, kannst du die Haltung mit einem nützlichen Ziel verbinden: Ich habe mich schon vor Jahren vor allem auf die Haltung seltener od. vom Aussterben bedrohter Arten konzentriert. Wenn man weiß, dass von den begatteten Jungköniginnen nur ein winziger Prozentsatz tatsächlich zu einer erfolgreichen Nestgründung kommt, ist z. B. die Entnahme einer einzigen Königin gerechtfertigt, da ich inzwischen bei den Nestgründungen sehr erfolgreich bin. Seit 10 Jahren ziehe ich mindestens 2 Polyergus rufescens-Nester jährlich auf, die dann gleich im nächsten Jahr nach sorgfältiger Planung in ein geeignetes Habitat der gleichen Region freigesetzt werden. Am Anfang habe ich auch Fehler gemacht und war nicht immer erfolgreich, aber inzwischen bin ich bei den Nestgründungen schon fast bei 100% Erfolg angelangt. Wenn es möglich ist, entnehme ich die Königinnen sogar aus ausweglosen Situationen, z. B. von einem Südhang mit Halbtrockenrasen, der als zukünftiges Bauland ausgewiesen ist od. vom Totholz eines alten Baumes, welcher der Motorsäge zum Opfer gefallen ist.
So wurden bisher die Bestände von Polyergus rufescens, Camponotus piceus, Camponotus aethiops, Camponotus fallax und Camponotus vagus (bei uns aber häufiger!) u. ein paar anderen Arten in geeigneten Habitaten verstärkt und verdichtet.
Auf diese Weise versuche ich das Interessante u. Spannende an der NestgrĂĽndung und Haltung mit einem (sehr kleinen) Beitrag fĂĽr die Erhaltung seltener Arten zu verbinden.
L.G. Boro



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#6

Beitrag von Gast » 6. November 2009, 09:55

@ streaker87:

Professor/inn/en haben ja gewöhnlich Namen, die man auch nennen darf, wenn sie ohnehin über das Internet leicht zu erfahren sind.
An der Uni OsnabrĂĽck, Verhaltensbiologie, ist es Frau Prof. Dr. Judith Korb, die ĂĽber Termiten forscht:
http://www.biologie.uni-osnabrueck.de/Verhaltensbiologie/Korb/index.html

Weiterhin arbeitet neuerdings dort Frau Dr. Heike Feldhaar, und zwar u.a. über Polyrhachis und Camponotus und deren Endosymbionten sowie über Pathogene und über invasive Ameisen – alles Themen, die auch die Ameisenhalter berühren dürften und für die Ameisenhändler von Interesse sein sollten. Frau Feldhaar war bis vor kurzem noch in Würzburg tätig.
Über eine von ihr entwickelte Ameisen-Diät wurde hier berichtet:
http://www.ameisenwiki.de/index.php/Nahrungsgel
(s. ganz unten bei „Eine neue, voll synthetische Diät“…) Dabei kam auch zur Sprache, wie sich ein durch Antibiotika stabilisiertes Gel in Gelfarmen wahrscheinlich auf die bakteriellen Symbionten im Darm der Ameisen auswirkt....

Für solche Forschung muss man die Versuchstiere halten. Da es aber nicht allein um Ethologie geht, sondern eben z.B. auch über Endosymbionten, macht es auch Sinn, überzählige Tiere einzufrieren: Biochemische oder molekulargenetische Untersuchungen z.B. an den Endosymbionten kann man auch mit eingefrorenem Material noch durchführen.

Es lohnt sich, auch mal die Publikationslisten von Prof. Korb und Dr. Feldhaar zu lesen. FĂĽr viele Fragen, die bei der Ameisenhaltung auftreten, gibt es Antworten in der Fachliteratur.

MfG,
Merkur



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#7

Beitrag von Streaker87 » 6. November 2009, 11:33

@Merkur:

Danke für die Ergänzung. Aber das hast du mir jetzt doch nicht übel genommen, dass ich weder Namen noch Forschungen erwähnt habe, oder?
Kam mir nur so vor ;)




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#8

Beitrag von Gast » 6. November 2009, 12:02

Hallo Streaker87,

Nein, Dir persönlich habe ich nichts übel genommen. Meine Informationen sind eher allgemein gültiger Art. Deswegen schreibe ich sie ja in ein Forum und nicht via PN oder e-mail.
Hier wie auch in anderen Foren habe ich manchmal den Eindruck, dass viele User nicht daran denken, dass Menschen hinter all’ den Informationen stehen, die man so aus dem Internet bezieht, oder auch aus Büchern, Zeitschriften usw.. Darauf wollte ich mal wieder hinweisen.

Und ich wollte bei dieser Gelegenheit, ebenfalls zum wiederholten Male, die Risiken ansprechen, die mit dem Verfüttern diverser konservierter Futtersubstanzen verbunden sind. Ganz extrem ist das ja mit dem Gel in Gelfarmen, Antquarium und ähnlichen Angeboten.
Dass Camponotus-Arten Symbionten im Darm haben, die man mit den Bioziden in dem Gel killen kann, steht schon im AWiki. Dass auch Polyrhachis solche Symbionten haben, war mir selbst neu; das habe ich gerade erst auf der Seite von Frau Feldhaar gelernt!
Bei welchen Ameisen sonst noch Mikroorganismen als Symbionten vorkommen, das kann bisher niemand sagen. Auch über die Konservierungsstoffe in den zahlreich angebotenen Futtermitteln für Ameisen erfährt man praktisch nichts. Man kann nur vorsichtig sein....

MfG,
Merkur



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