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Myrmica rubra - Haltungserfahrungen

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talleyrand
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#1 Myrmica rubra - Haltungserfahrungen

Beitrag von talleyrand » 15. April 2007, 21:40

Hier gehts zum Diskussionsthread


Kolonie, Haltungsaufbau und Zielsetzung

Hallo zusammen, vor gut einer Woche habe eine kleine Kolonie Myrmica rubra (4 Königinnen, ca. 120 Arbeiterinnen, zahlreiche Brut im Larvenstadium) bekommen.

Als Nest dient ein (großer) Yton mit verschieden tiefer Wasserkammer. Um den typischen Anfängerfehler eines zu großen Nestes zu vermeiden (nachdem ich ihn bei meiner Lasius niger Gründungskolonie begangen habe :andiewand: ), habe ich nur zwei Kammern am Anfang zugänglich gelassen und die abzweigenden Gänge mit Sand blockiert, so daß die Ameisen später bei Bedarf selber erweitern können.

Der Yton ist mit einer Arena verbunden (L=10 cm), diese wiederum mit einer Insel (L= 1,2m; Höhendifferenz ca. 30 cm nach oben) . Der Schlauch zwischen Arena und Insel hat in der Mitte ein T-Stück, so daß ich ggf. beliebig erweitern kann, ohne den jetzigen Aufbau verändern zu müssen (plane z.B ein Rasenstück in einer Insel - mal schauen, wie sich das realisieren läßt....)

Das Frischwasser erhalten die Ameisen mittels einer kleinen Vogeltränke (mit Watte sollen sie vor dem Ersaufen geschützt werden). Das Futter wird auf kleinen Uhrmachergläsern und Kronkorken angeboten.

Die geplante Größe von 2.000 Tieren soll nach vier oder fünf Saisonen erreicht sein und ab dann möglichst konstant gehalten werden.


ergänzender Exkurs:
Die Erfahrungen, die ich bei der Anschaffung mit den verschiedenen Internet-Shops gemacht habe, sind es eigentlich wert, in einem gesonderten Post ausführlich veröffentlicht zu werden - in welches Unterforum gehört das denn dann? :confused: (bitte kurze PN an mich, der Bericht folgt dann bald...- falls erwünscht oder sinnvoll, kann ich den aber auch hier per "edit"-Funktion noch später einfügen...) Ich glaube, daß diese Erfahrungen auch anderen Einsteigern helfen können - es gibt z.B. jemanden, der mir partout und immer wieder Polyrhachis dives verkaufen wollte (die ich Depp garantiert auch sofort gekauft hätte, wären da nicht zuvor die zahlreichen Postings in diesem Forum eine interessante Lektüre gewesen; all denen, die sich die Mühe gemacht haben und immer wieder neu machen, auf die Probleme mit den Exoten gerade bei Anfängern hinzuweisen, gilt mein Dank!! :clap: Ohne Euch hätte ich wahrscheinlich mein Haus in zwei Jahren abreißen lassen können...)



Summarischer Bericht der ersten Woche
Der folgende Bericht gibt rückschauend nur wesentliche Beobachtungen oder Auffälligkeiten (eines Anfängers) wieder:

1. Tag
Ich hatte die Reagenzgläser, in denen die Ameisen geliefert worden waren, noch keine zwei Stunden in die Arena gelegt, da wurde das Ytonnest auch schon bezogen. Eine sehr widerspenstige Königin mußte freilich erst von ein paar Arbeiterinnen "überzeugt", d.h. hineingezerrt werden.
Davon war ich wirklich überrascht, denn meine Lasius niger Kolonie hat Ewigkeiten für den Umzug gebraucht...

Auch bei meinen Ameisen trat das in diesem Forum schon oft beschriebene Phänomen auf, daß eine Königin mit zwei oder drei Arbeiterinnen durch die Arena läuft und sich dann wieder zurück ins Nest begibt (wiederum am dritten und vierten Tag beobachtet).
Ich deute dies so: da für die Ameisen eh gerade Nestschau ist, würde die eine oder andere Gyne wohl gerne ein Zweignest errichten.... Ist aber natürlich reine Spekulation.
Auffällig: Die Brut wurde ausschließlich in dem kurzen Schlauchstück (10 cm) zwischen Yton und Arena gelagert. Die zwei zugänglichen Yton-Kammern wurden ständig und ausgiebig abgesucht...
Das Frischwasser war stets stark frequentiert. Das angebotene Heimchen sowie die zwei Mehlwurm-Puppen (beides überbrüht und aufgeschnitten) wurden kurz betrillert, dann links liegen gelassen.

2. Tag
Die Brut wurde vollständig in eine der beiden Kammern verfrachtet. Habe intensiv nach Eiern Ausschau gehalten, aber noch keine in Sicht.
Die Ameisen hatten bis zum Ende des Tages sämtliche Sandbarrieren abgetragen und streunten ab dann vereinzelt durch den ganzen Yton.
Damit stehen ihnen nun neun Kammern und viele verschachtelte Gänge zur Verfügung.
Angebotene Proteine in Form von Mehlwurm-Puppen und deren Vorstufen werden wiederum nicht angenommen. Dasselbe gilt auch für puren Honig.
Stattdessen wieder nur Wasseraufnahme an der Vogeltränke - obwohl der Yton stets angefeuchtet ist. Die feuchteren (weil tiefer in den Yton eingelassenen) Kammern sind nun aber interessanterweise weniger stark frequentiert:confused:

3. Tag
Verdünnter Honig wird ebenfalls nur kurz von einer Ameise probiert, dann links liegen gelassen. Endlich gehen einzelne Arbeiterinnen an überbrühte und aufgeschnittene Mehlis.
Drei Königinnen haben sich in einer Kammer zusammengefunden und werden dort umsorgt, die vierte sitzt (mit ca. 20 Arbeiterinnen) im Verbindungsschlauch zur Arena. Damit zählt er wohl definitiv schon zum Nest und bildet nicht etwa (wie bei meinen Lasius niger) nur einen zu durchquerenden Übergang.
Von den neun Kammern werden nur drei sowie deren jeweiligen Gänge genutzt.

4. Tag bis 6. Tag
Entgegen allen Ratschlägen hier im Forum habe ich mich dazu entschieden, auf der Insel ein großes Gefäß mit Zuckerwasser aufzustellen: ein Riesenansturm ist die Folge. Dies ist insbesondere deshalb auffällig, weil die Ameisen je einen Kronkorken mit purem Honig bzw. Honigwasser direkt am Nesteingang immer noch verschmähen, für das Zuckerwasser aber beachtliche Mengen an Weg zurücklegen.
(Hier hätte ich gerne den einen oder anderen Tipp per PN pder im Diskussionsthread, da ich eigentlich ja kein Zuckerwasser anbieten möchte, die Ameisen aber die Honigkombinationen auch nach mehreren Tagen immer noch verschmähen...Wie bekommen sie eigentlich ihre Kohlenhdrate in der Natur??)
Gerne genommen wurden hingegen an zwei Tagen normale Stubenfliegen, die sich gerade ins Haus verirrt hatten.

7. Tag
Auf der Insel wurden zwei tote Ameisen entsorgt. Das Zuckerwasser wurde entfernt, dennoch finden sich auf der Insel mehr Arbeiterinnen als in der Arena: stets sind zwei bis sechs Arbeiterinnen in der Arena und stöbern (und zerlegen dabei eine kleine angebotene Spinne sowie die eine Hälfte einer mittelgroßen Zweifleckgrille, während sie die Pinkie-Puppen und Pinkie-Maden nicht beachten). Zum Vergleich: Auf der Insel sind derzeit fast immer acht bis zehn Arbeiterinnen und suchen wohl das entfernte Zuckerwasser (zwei davon entschädigen sich mit einer halben Assel).

8. Tag
Die Brut wurde in den (Zu- und Zwischen-)Gängen der drei benutzen Kammern verteilt. In einer weiteren Kammer wurde nun (Argh!!) ein Müllplatz angelegt - offensichtlich ist ihnen wohl das Nest zu groß (warum nur :fluchen:).
Habe nach weiteren Toten Ausschau gehalten, aber keine gefunden - dafür nun endlich ein weiß-glänzendes Eipaket gesichtet. Eine Arbeiterin hat das Paket in der Königinnen-Kammer zwischen ihren Mandibeln gesammelt. (Vergleich: Bei meinen Lasius niger werden die Eipakete immer an die Wand oder auf den Boden geklebt). Nach wie vor sind dort nur drei Königinnen, während die vierte im Schlauch zur Arena verweilt...
Die Protein-Aufnahme leidet nach wie vor unter einer gewissen Pingeligkeit der Ameisen, das gilt noch mehr für das Honigwasser - es wird einfach nicht angenommen. :mad:

9. Tag - HEUTE (15.4.2007)
Heute wieder Zuckerwasser angeboten (mit ein bißchen Honig versetzt wegen dessen Vitamine) - und wieder Massenauflauf auf der Insel evoziert. Man könnte meinen, die Ameisen üben sich in "flash mob"-Aktionen.
Da ich die Insel westlich arrangiert habe, gilt also auch hier: Im Westen nichts neues. Der dort befindliche halbe Mehlwurm wurde nicht angenommen

Keine weiteren Verluste zu verzeichnen, dafür ein gewachsenes Eipaket. Gut angenommen wurden in der Arena eine kleine Spinne und eine Fliege (beide überbrüht). Der Müllplatz ist angewachsen (Spinnenbein- und Fliegenteile).

vorläufiges Fazit
Der Umzugsstreß wurde offenbar gut bewältigt; ob die Verluste mit dem Umzug in Verbindung stehen oder mit etwaigen Fehlern meinerseits kann ich derzeit noch nicht abschätzen. Werde die Augen aber offenhalten.
Sorge bereitet mir Tatsache, daß meine Myrmica rubra so gar kein Interesse an Honig haben - ich würde nur ungern bei Zuckerwasser bleiben.
Auch was die Proteinversorgung angeht mache ich mir Kopfzerbrechen:
Wirklich gut kommen nur Fliegen an, dann höchstens noch Spinnen oder Asseln.
Bei Mehlwürmern machen sie schon lange Mandibeln, an die Puppen gehen sie nicht. Dasselbe gilt für Pinkie-Puppen und Pinkie-Maden. Kurz angeknabbert, aber ohne echtes Interesse bei den Grillen (also Heimchen und Zweifleckgrille).
Werde demnnächst wohl noch Steppengrillen und (vielleicht) Flockenfischfutter anbieten. Irgend etwas muß doch noch auf den Speisezettel, wenn ein bißchen abwechslungsreich gefüttert werden soll...

Allerdings plane ich für morgen einen generellen Fastentag - jetzt, wo ich diesen Bericht zusammengefaßt habe, dämmert mir retrospektiv, daß sie wohl bei der Menge einfach keinen Hunger haben, selbst wenn der soziale Magen 120-130 Imagines zählt....

Noch etwas: Kann es sein, daß die Myrmica rubra keine Duftspur legt? Mir scheint es so, daß die Arbeiterinnen den Weg zu demselben Ziel nur finden, wenn es a.) ihnen schon zuvor bekannt ist b.) sie zufällig darauf stoßen.
Vielleicht weiß ja hier jemand mehr?

Bald gehts weiter, ein ähnlicher Bericht für Lasius niger folgt in Kürze,
Euer Talleyrand


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#2 AW: Myrmica rubra - Haltungserfahrungen

Beitrag von talleyrand » 18. April 2007, 09:20

18.4.

Habe die Tipps aus dem Diskussionsthread beherzigt - und siehe, der Honig ward gestern zum ersten Mal angenommen. :clap:
Nach wie vor befinden sich drei Königinnen gemeinsam in einer Kammer - eine andere sitzt getrennt von ihnen im Verbindungsschlauch zur Arena; die Larven wurden teils in einer bisher unbenutzen Kammer zusammengetragen.
Interessant finde ich die Eiproduktion: sie legen zusammen wesentlich mehr als z.B. meine Lasius niger-Königin, obschon ich hier irgendwo gelesen habe, daß eine Königin bei Myrmica rubra nur ca. 1/3 der Eimenge einer Lasius niger-Königin legt. Habe also einen kleinen Überschuß erwartet (und mir ja auch genau deswegen eine Kolonie mit vier Königinnen zugelegt), bin von der derzeitigen Menge aber überrascht.
Habe auch keine weiteren tote Ameisen gesichtet. Entweder blieb mir das umzugsbedingte Massensterben, von denen andere Halter bei Myrmica rubra berichtet haben, erspart, oder es steht mir noch bevor:furchtbartraurig:
Auf alle Fälle: Ich freu mich riesig, daß derzeit anscheinend alles gut klappt, sich also zumindest meine schweren Fehler zu Beginn in Grenzen halten.

Liebe Grüße,
Talleyrand


Mit den Meinungen ist es wie mit den Aussagen der Bibel: Wenn alle gleich gültig sind, sind sie letzlich gleichgültig.

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#3 AW: Myrmica rubra - Haltungserfahrungen

Beitrag von talleyrand » 31. Juli 2007, 00:38

Hallöle,
nach langer Zeit von über drei Monaten der "Schreibstille" mal wieder ein Lebenszeichen von der Myrmica rubra Kolonie und den bisher gemachten Erfahrungen:
1. Gegen Ende April hatte ein "Massensterben" eingesetzt:furchtbartraurig:, ich hatte binnen drei Wochen fast ein viertel der Kolonie verloren. Im Mai legte sich das dann: das Problem war behoben, nachdem ich den Myrmica wirklich viel (!) Wasser anbot, nämlich aus zwei mit Watte ausgelegten Ameisentränken. Seitdem biete ich ihnen täglich Frischwasser an (und tausche auch die Watte täglich aus) - mit dem Ergebnis, daß die Tränken ständig frequentiert werden, aber eben nicht nur für die Wasseraufnahme, sondern offenbar auch für die Hygiene :braver:. Klartext: Sie putzen sich meist nur auf der Watte, getrunken wird von ihr nur eher sporadisch.
2. Die Kolonie hat sich bis jetzt trotz der zwischenzeitlichen Verluste auf ca. 300 Imagines verdoppelt. Es ist außerdem derzeit extrem viel Brut in allen Stadien vorhanden. Dies führt uns gleich zum nächsten Punkt
3. Mit der Nahrungsmenge mußte ich in der Zwischenzeit viel rumexperimentieren. Sie bekommen immer noch hauptsächlich Mehlwürmer und deren Puppen; Grundbedarf sind zur Zeit je drei Mehlwürmer (keine Zophobas!) und zwei Puppen täglich, wobei aber konsequent jede Fliege und Spinne, die sich im Haus sonst auftun läßt, auch im Formicarium endet. In der Tat füttere ich wohl objektiv derzeit eher immer noch zu viel als zu wenig an Proteinen, wenn auch subjektiv mein Gefühl mir sagt, daß die armen Kleinen ja bestimmt doch noch hungern...
Täglich frisch gibt es auch Honigwasser im Verhältnis 1:1, zusätzlich alle drei Tage einmal einen puren Tropfen Honig. Letzterer wird aber immer nur ungern frequentiert, selbst dann, wenn ich das Honigwasser an dem Tag "vergesse", wie ich bei einigen Tests festgestellt habe.

sonstige Futtertiererfahrungen:

Highlights mit Massenaufläufen: Fliegen, Regenwürmer,argentinische Schaben
Gut genommen werden auch: Spinnen, Pinkies, Wachsmotten, Wüstenheuschrecken

Von Heimchen und Grillen habe ich persönlich echt genug :flame:; sie werden zwar gerne angenommen, sind aber für mich persönlich als Futtertiere eher umständlich - im Alter läßt die Motorik ja bekanntlich nach. Und Heimchen sind wirklich Meister im Ausbruch...:angst:Bevor ich bei der Jagd an der Stelle angekommen bin, wo ich das Heimchen gesehen habe, ist es schon Großvater geworden.

Sonstiges:
- ich habe wirklich schlechte Erfahrungen mit meiner Insel gemacht; ständig ersoffene Tiere, schmutziges Wasser etc. Habe es bald nach der Anschaffung gegen ein weiteres Becken ausgetauscht - hier bringen die Mädels oft den "großen" Müll und v.a. die toten Imagines hin, sofern welche anfallen. Fazit: Kann von einer Insel einfach nur abraten; sieht zwar schick aus, aber ist für die Haltung m.E. nach nur suboptimal geeignet.

- bin derzeit ein wenig in Sorge, ob die angepeilte maximale Größe der Kolonie von 2000 Exemplaren nicht wesentlich früher erreicht wird als eigentlich gedacht.

- heilfroh bin ich darüber, daß ich mir damals bei einem bekannten Händler nicht die Polyrhachis dives gekauft habe. Retrospektiv aus meiner nun doch nur kurzen Zeit als Ameisenhalter kann ich sagen: Ich habe derart viele Anfängerfehler bei meiner Myrmica rubra Kolonie gemacht, daß sich bei dieser invasiven Art das Lehrgeld wohl mehrfach potenziert hätte. Wenn ich bedenke, daß ich wohl den Hang zur 'Überfütterung' habe - o weia, was wäre da wohl daraus geworden...

Es grüßt Euch alle
Talleyrand

der Fragen gerne im Diskussionsthread beantwortet


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