''Wüstenameisen nutzen ausgeklügeltes Navi

[Frank Mattheis]

Das Spuren der Cataglyphis ist eigentlich nur selten zu beobachten. Die Ameisen tun es nach meinen Beobachtungen nur bei Erregung und höchster Eile, dann vorwiegend in der Nähe der Nesteingänge. Möglicherweise ist das Spuren dieser Ameisen ein Relikt aus der Vergangenheit und ein Erbe ihrer Vorfahren.
Trotzdem gibt es natürlich in den heissen Gebieten auch viele Ameisenarten, die ständig und dauerhaft Spuren zur Rekrutierung anlegen. Auch einige unter den Formicinen. Verschiedene Camponotusarten legen ausserhalb der Nester solche Duftstrassen an. Manche Arten sind überwiegend nachtaktiv, die Duftspuren scheinen den Tag zu überdauern und werden am Abend neu belebt.
He Jan, auch die Duftspuren einheim. Arten wie auch Lasius fuliginosus oder anderer einh. Formicinen sind im Sommer an manchen Stellen heisser und trockener Witterung ausgesetzt. Diese Arten "pflegen" aber ihre Strassen durch ständiges und zahreiches Belaufen, die Duftspuren werden ständig erneuert und aufgefrischt. Diese Arten patroullieren ihr Territorium hauptsächlich auf den Duftstrassen, optische Orientierung spielt bei ihnen sicher eine nicht so wichtige Rolle. ZB. fuliginosus beläuft die Gebiete auf Strassen zu Nahrungsbäumen, auf denen dauerhafte Pflanzensaugerkolonien gepflegt und gemolken werden. Hier machen dauerhafte Strassen natürlich Sinn.
Bei den Cataglyphis machen Strassen wenig Sinn, sie durchstreifen allein grosse Gebiete, um Insekten zu erjagen oder tote Kleintiere zu finden. Die Cataglyphis haben keine Dauernahrungsquellen und haben so die Fähigkeit, Spuren dauerhaft anzulegen, wahrscheinlich in ihrer Evolution verloren. Diesen Verlust haben sie mit der Eroberung und mit der physischen Anpassung an andere Lebensräume getauscht, in denen die Cataglyphis-Arten aufgrund ihrer sogar unterschiedlichen Spezialisierungen einzigartig erfolgreich sind.

Ich glaube nicht, dass sich die Cataglyphis in diese Richtung entwickelt haben, nur weil es in Wüsten oder Steppen unmöglich sei, Spuren dauerhaft anzulegen. Andere Ameisen tun dies ja erfolgreich. Die Cataglyphis haben halt neue Fähigkeiten entwickelt, die sie den anderen (ich denke an hervorragende Augen, einen leistungsfähigen hochbeweglichen Körper usw.!!) Ameisen in diesen Lebensräumen überlegen oder zumindest durchsetzungsstark machten.

LG, Frank.

[Attafive]

Hallo Leute !

Prof. Rüdiger Wehner (Uni Zürich) untersucht seit rund 30 Jahren die Cataglyphis in der nördl. Sahara (Tunesien) und kam dabei zum Schluss, dass sich diese Tiere vornehmlich nach dem Lichtspektrum (Sonne) orientieren und dabei (Zitat): "in ihrem Gehirn ein Cockpit eingebaut haben". Auch orientiert sich Cataglyphis sehr wohl auch nach Landmarken, was sich insbesondere in Nestnähe verstärkt zum Tragen komme. Wie er vor etwa einem Jahr gesprächsweise erwähnte, fanden er und seine Mitarbeiter in anderen Wüsten auf anderen Kontinenten ebenfalls sog. "Wüstenameisen", die sich genau so verhalten wie die genannten Art, und er meinte dann: "Ich hatte immer den Eindruck, überall Cataglyphis zubegegnen, dabei zeigte es sich, dass es sich bei diesen Tieren Vertreter aus ganz anderen Gattungen handelt. Aber alle "Wüstenameisen" haben sich offensichtlich in einer Parallel-Evolution entwickelt."

Schöne Grüsse
Ryk

[TRIA]

Genau von diesem Prof. Rüdiger Wehner ist der Link;)
http://archiv.unipublic.uzh.ch/campus/uni-news/2001/0183/Dies2001-Wehner.pdf
Ist wirklich lesenswert. Habs mir auch gleich weggepackt, ist ja pdf.Ist wohl seine Dissertationsarbeit von 2001

[Attafive]

Na wo denkst Du denn hin, Tria ????

Prof. Rüdiger Wehner ist heute 66jährig, da kann er wohl kaum ""erst"" 2001 seine Diss. geschrieben haben und sich seit rund 30 Jahren mit Cataglyphis in der Wüste rumgeschlagen haben
Mit seinem "Cockpit im Kopf" meinte er übrigens, dass man in der Wüste nicht das Image eines Fremdenlegionärs haben muss, um fest zu stellen, wie schnell ""die Spuren im Sand verweht sind"", was im Prinzip noch schneller mit Duftspuren passiert ! !

Schönen Tag noch wünscht
Ryk

[TRIA]

Bis gestern war der mir unbekannt, man kann nicht jeden kennen;) Und schrei mich nicht an Ich hab im link nur Dies gelesen, darum dachte ich das. Ok, hätte nur mal Überschrift lesen müßen [font=Frutiger-Roman][font=Frutiger-Roman][size=100][font=Frutiger-Roman][size=100][font=Frutiger-Roman][size=100]Rede gehalten am Dies academicus 2001.[/font][/SIZE][/font][/SIZE][/font][/SIZE][/font]
[font=Frutiger-Roman][font=Frutiger-Roman][size=100][font=Frutiger-Roman][size=100][size=84]Davon ab, man kann auch mit 66 erst seinen Prof oder sonstwas machen;)
[/SIZE][/font][/SIZE][/font][/SIZE][/font]

[Frank Mattheis]

Jetzt kennste ihn, Tria... Es gibt von ihm eine Vielzahl von interessanten Publikationen und Arbeiten zu den Cataglyphis. Er arbeitet seit vielen Jahren an ihnen, sowohl in Zürich als auch in Tunesien.
Tunesien ist nicht nur Wüste. Dieser Eindruck wird oft erweckt, scheint mir. Ebenso sind nicht alle Cataglyphis-Arten Bewohner heisser Sandwüsten. Die meisten Arten leben in Steppen mit Vegetation. Ausschliesslich sandige Wüsten bewohnen in Tunesien nach meinen Beobachtungen eigentlich nur die darauf spezialisierten Cataglyphis bombycinus (Übrigens gemeinsam mit einigen zur Rekrutierung spurenden Ameisenarten). Alle anderen Cataglyphisarten haben ihre Hauptverbreitungsgebiete in steppenhaften Halbwüsten, die den grössten Teil des Landes an der Küste und im Norden ausmachen. Solche Lebensräume finden sich auch im Inland, so sind die bicolor- und albicans-Arten im ganzen Land anwesend. Eine weitere Art der Cataglyphis siedelt im salzigen und feuchten Randbereich von Meereslagunen und sicher auch am Rande der innertunesischen Salzseen.

Umgangssprachlich spricht man bei den Cataglyphis gerne von den Wüstenameisen. Sicher auch bei anderen Ameisen, die solche und ähnliche Lebensräume besiedeln.
Bei den meisten Cataglyphis-Arten ist das aber nicht ganz korrekt. Sie besiedeln Steppen, einige Arten sogar sonnige Weg- und Waldränder bis Mittelasien und von dort bis nach Mitteleuropa. Ähnliches gilt für Südwesteuropa. Allen Cataglyphisarten gemein ist jedoch ihr hervorragendes Orientierungsvermögen, die Fähigkeit, als Einzeljäger erfolgreich und mit grosser Geschwindigkeit riesige Flächen zu durchstreifen und die dazu erforderlichen hervorragenden Augen sowie das entsprechende Navigationsvermögen.
Also Berechnung und Orientierung nach den Sonnenstand, die Wahrnehmung polarisierten Lichts, das Orientieren an Landmarken. In Nestnähe dann zusätzlich ganz sicher auch die Orientierung an Gerüchen, in unmittelbarer Nesteingangsnähe an Spurenpheromonen.
Hinzu kommt eine phänomenale Hitzeverträglichkeit. Ich sah C. bicolor auf voll besonnten Asphaltstrassen im Juli in Tunesien, sich relativ gelassen putzend. Kein anderes Insekt wagte sich bei diesen Temperaturen auch nur in die Nähe der extrem heissen Asphaltstrassen. Die Cataglyphis bicolor suchten die Strassenränder nach mit Autos kollidierten, verunglückten toten Insekten wie Bienen oder Schwebfliegen ab. Sie wurden hier immer fündig und hatten diese Nahrungsquelle erschlossen.

LG, Frank.

[Attafive]

Sorry Tria !!

Oger, der einäugige Riese, wollte Dich nicht "anschreien", er hatte nur vergessen, seinen Text vor dem Abspeichern auf die Seh- und Lesweise der zweiäugigen "Normalos" entsprechend zu minimieren !

Schönen Tag noch !

Ryk

[Eaglesword]

Mit "anderen Ameisen" meint er wohl Cardiocondyla usw.?