Ameisenkarriere, automatisch verfolgt (Camponotus fellah)
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#1 Ameisenkarriere, automatisch verfolgt (Camponotus fellah)
Heute auf Spiegel Online:
Camponotus fellah machen mit zunehmendem Alter Karriere und wechseln BetÀtigungsfeld:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/organisation-von-ameisen-kolonien-junge-pfleger-alte-sammler-a-895173.html
Dort gibt es auch einen Link zum Originalartikel im Science-Magazin, manche Unis haben dafĂŒr ja Accounts
Hat jemand von euch Zugriff auf den verlinkten Science-Artikel? Wenn ja, gibt's da mehr Informationen? Mich interessiert weniger das methodische Vorgehen, das ist bei Science ja immer ziemlich ausfĂŒhrlich beschrieben, sondern mehr die konkreten Ergebnisse.
Camponotus fellah machen mit zunehmendem Alter Karriere und wechseln BetÀtigungsfeld:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/organisation-von-ameisen-kolonien-junge-pfleger-alte-sammler-a-895173.html
Dort gibt es auch einen Link zum Originalartikel im Science-Magazin, manche Unis haben dafĂŒr ja Accounts
Hat jemand von euch Zugriff auf den verlinkten Science-Artikel? Wenn ja, gibt's da mehr Informationen? Mich interessiert weniger das methodische Vorgehen, das ist bei Science ja immer ziemlich ausfĂŒhrlich beschrieben, sondern mehr die konkreten Ergebnisse.
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#2 AW: Ameisenkarriere, automatisch verfolgt
Hallo Cato,
habe deine Nachfrage fĂŒr bessere Sichtbarkeit aus dem Medien-Thema ausgelagert (und wollte gerade auf die Neuigkeit hinweisen, das bleibt mir ja nun erspart ).
Toll & neu an diesem Artikel ist entgegen der Spiegel-Darstellung nicht die Erkenntnis, dass Ameisen mit dem Altern verschiedene Aufgaben wahrnehmen (Brutpflege -> erweiterter Innendienst, z. B. Bautrupp -> Furagieren), sondern die Art der Datenerfassung und -Auswertung; mehr bei Alex Wild:
http://myrmecos.net/2013/04/18/ant-science-goes-orwellian/
(mit Video!)
Auf deine konkrete Frage kann ich aktuell nicht antworten, weil ich den Artikel (noch) nicht gelesen habe, evtl. machen das in der Zwischenzeit andere...?
Insgesamt erscheint mir das jedenfalls ein wenig so wie das Experiment, das Mobilfunkanbieter mit ihren Kunden machen, nur in viel kleinerem MaĂstab.
Original-Artikel:
Danielle P. Mersch, Alessandro Crespi, Laurent Keller: Tracking Individuals Shows Spatial Fidelity Is a Key Regulator of Ant Social Organization; Science Online April 18 2013; DOI: [url=dx.doi.org/10.1126/science.1234316]10.1126/science.1234316[/url]
habe deine Nachfrage fĂŒr bessere Sichtbarkeit aus dem Medien-Thema ausgelagert (und wollte gerade auf die Neuigkeit hinweisen, das bleibt mir ja nun erspart ).
Toll & neu an diesem Artikel ist entgegen der Spiegel-Darstellung nicht die Erkenntnis, dass Ameisen mit dem Altern verschiedene Aufgaben wahrnehmen (Brutpflege -> erweiterter Innendienst, z. B. Bautrupp -> Furagieren), sondern die Art der Datenerfassung und -Auswertung; mehr bei Alex Wild:
http://myrmecos.net/2013/04/18/ant-science-goes-orwellian/
(mit Video!)
Auf deine konkrete Frage kann ich aktuell nicht antworten, weil ich den Artikel (noch) nicht gelesen habe, evtl. machen das in der Zwischenzeit andere...?
Insgesamt erscheint mir das jedenfalls ein wenig so wie das Experiment, das Mobilfunkanbieter mit ihren Kunden machen, nur in viel kleinerem MaĂstab.
Original-Artikel:
Danielle P. Mersch, Alessandro Crespi, Laurent Keller: Tracking Individuals Shows Spatial Fidelity Is a Key Regulator of Ant Social Organization; Science Online April 18 2013; DOI: [url=dx.doi.org/10.1126/science.1234316]10.1126/science.1234316[/url]
#3 AW: Ameisenkarriere, automatisch verfolgt
[font=Times New Roman]Die Darstellung von DmdM kann ich nur bestÀtigen![/font]
[font=Times New Roman]Die Technik ist neuartig, war frĂŒher auch nicht verfĂŒgbar. Ein Problem ist die FĂŒlle der erfassten Daten (das wird in dem Blog von Alex Wild angesprochen), die sich nur mit viel Rechenleistung auswerten lĂ€sst.[/font]
[font=Times New Roman]Die Tatsache des altersabhĂ€ngigen Aufgabenwechsels bei Hymenopteren-Arbeiterinnen ist lange bekannt, am lĂ€ngsten wohl fĂŒr die Honigbiene.[/font]
[font=Times New Roman]FĂŒr Ameisen ist im Hölldobler & Wilson 1990: âThe Antsâ einiges nachzulesen, unter âtemporal polyethismâ und âage polyethismâ. Nimmt man z. B. die AuĂendiensttiere einer Kolonie weg, rĂŒcken jĂŒngere Innendiensttiere nach. Gibt man sie zurĂŒck, kehren die jĂŒngeren zur Brutbetreuung ins Innere zurĂŒck, usw.[/font]
[font=Times New Roman]Interessant wird die Sache, wenn man die inneren Organe der Arbeiterinnen mit in Betracht zieht: So hat Hohorst (1972) bereits festgestellt, dass bei Formica (Serviformica) rufibarbis-Arbeiterinnen sich die Ovarien in der Jugend recht gut entwickeln (z. T. gibt es dann Ablage trophischer Eier); spĂ€ter werden die Ovarien reduziert, degenerieren, und die Tiere gehen zum AuĂendienst ĂŒber.[/font]
[font=Times New Roman]Ed Wilson hat das auch bereits 1971 in seinem Buch âThe Insect Societiesâ referiert, p. 163: "Age polyethism". Und er zitiert Forel (1874) und Lubbock (1894) dafĂŒr, dass junge Arbeiterinnen als Ammen (Brutpflegerinnen) im Nest bleiben, wĂ€hrend Ă€ltere den AuĂendienst (Furagieren, Verteidigung) ĂŒbernehmen.[/font]
[font=Times New Roman]Ich schreibe dies weitgehend aus der Erinnerung, aber im Prinzip stimmt es so![/font]
[font=Times New Roman]MfG,[/font]
[font=Times New Roman]Merkur[/font]
[font=Times New Roman]Die Technik ist neuartig, war frĂŒher auch nicht verfĂŒgbar. Ein Problem ist die FĂŒlle der erfassten Daten (das wird in dem Blog von Alex Wild angesprochen), die sich nur mit viel Rechenleistung auswerten lĂ€sst.[/font]
[font=Times New Roman]Die Tatsache des altersabhĂ€ngigen Aufgabenwechsels bei Hymenopteren-Arbeiterinnen ist lange bekannt, am lĂ€ngsten wohl fĂŒr die Honigbiene.[/font]
[font=Times New Roman]FĂŒr Ameisen ist im Hölldobler & Wilson 1990: âThe Antsâ einiges nachzulesen, unter âtemporal polyethismâ und âage polyethismâ. Nimmt man z. B. die AuĂendiensttiere einer Kolonie weg, rĂŒcken jĂŒngere Innendiensttiere nach. Gibt man sie zurĂŒck, kehren die jĂŒngeren zur Brutbetreuung ins Innere zurĂŒck, usw.[/font]
[font=Times New Roman]Interessant wird die Sache, wenn man die inneren Organe der Arbeiterinnen mit in Betracht zieht: So hat Hohorst (1972) bereits festgestellt, dass bei Formica (Serviformica) rufibarbis-Arbeiterinnen sich die Ovarien in der Jugend recht gut entwickeln (z. T. gibt es dann Ablage trophischer Eier); spĂ€ter werden die Ovarien reduziert, degenerieren, und die Tiere gehen zum AuĂendienst ĂŒber.[/font]
[font=Times New Roman]Ed Wilson hat das auch bereits 1971 in seinem Buch âThe Insect Societiesâ referiert, p. 163: "Age polyethism". Und er zitiert Forel (1874) und Lubbock (1894) dafĂŒr, dass junge Arbeiterinnen als Ammen (Brutpflegerinnen) im Nest bleiben, wĂ€hrend Ă€ltere den AuĂendienst (Furagieren, Verteidigung) ĂŒbernehmen.[/font]
[font=Times New Roman]Ich schreibe dies weitgehend aus der Erinnerung, aber im Prinzip stimmt es so![/font]
[font=Times New Roman]MfG,[/font]
[font=Times New Roman]Merkur[/font]
- Streaker87
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#4 AW: Ameisenkarriere, automatisch verfolgt (Camponotus fellah)
Die Arbeit von Danielle Mersch hatte ich bereits Januar 2012 vorgestellt.
Deswegen hier noch mal der Link: Social and temporal organization in an ant colony [Dissertation]
Ihre Doktorarbeit war ebenfalls einige Zeit einsehbar.
Deswegen hier noch mal der Link: Social and temporal organization in an ant colony [Dissertation]
Ihre Doktorarbeit war ebenfalls einige Zeit einsehbar.
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- Einsteiger
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#5 AW: Ameisenkarriere, automatisch verfolgt (Camponotus fellah)
Hey, danke fĂŒr's Verschieben. Da bin ich wohl dem Spiegel-Autor auf den Leim gegangen, aber der Inhalt, dass Ameisen Karriere machen, lĂ€sst sich wohl leichter vermitteln und in eine Schlagzeile packen als "wow, seht mal her, die haben allen Ameisen einen QR-Code auf den RĂŒcken geklebt!!!". Hatte dank eines netten Forenmitglieds mittlerweile Gelegenheit, den Originalartikel zu lesen. An sich ist nichts gewaltig SpektakulĂ€res dabei. Eines der Hauptergebnisse war:
Naja, an sich nicht besonders ĂŒberraschend, dass Sammlerinnen vor allem auĂerhalb des Nests viel miteinander zu tun haben und im Nest mit den anderen in Kontakt treten.
Weniger vorhersehbar ist die Beobachtung, dass die Putzkolonne am wenigsten Interaktion in ihrer Gruppe aufweist, begrĂŒndet wird das damit, dass sie keinen bestimmten Raum habe, der ihre TĂ€tigkeit zugewiesen ist:
Ich wĂ€re jetzt davon ausgegangen, dass fouragierende Ameisen ein in weit höherem MaĂe "diffuse spatial structure" haben, seltsam.
Zur Forschungsmethode: alle Kolonien wurden mit einzelnen Gynen begrĂŒndet, die Beobachtung wurde 4 Jahre nach GrĂŒndung gestartet. Versorgung mit Nahrung und Feuchtigkeit erfolge computergesteuert, die Ameisen hatten eine dunkle Nestkammer und eine Arena mit Tag-Nacht-Lichtzyklus. Das Ganze wurde von Kameras mit zwei Bildern/Sekunde verfolgt, wodurch 2,433,250,580 Ameisenpositionen und 9,363,100 soziale Interaktionen aufgezeichnet wurden.
Similar heatmaps for the location of social interactions within and between each of the three groups revealed that most of the within-group interactions occurred in the spatial area most used by individuals of a given group while between-group interactions preferentially occurred at the intersection of the spatial distribution of the pairs of groups considered
Naja, an sich nicht besonders ĂŒberraschend, dass Sammlerinnen vor allem auĂerhalb des Nests viel miteinander zu tun haben und im Nest mit den anderen in Kontakt treten.
Weniger vorhersehbar ist die Beobachtung, dass die Putzkolonne am wenigsten Interaktion in ihrer Gruppe aufweist, begrĂŒndet wird das damit, dass sie keinen bestimmten Raum habe, der ihre TĂ€tigkeit zugewiesen ist:
The strong link between spatial and social structure further predicts that groups with a more diffuse spatial structure should also have a weaker social group structure. This is exactly what was observed for the cleaners, which have both a more diffuse spatial structure than the two other groups and a lower within-group interaction rate.
Ich wĂ€re jetzt davon ausgegangen, dass fouragierende Ameisen ein in weit höherem MaĂe "diffuse spatial structure" haben, seltsam.
Zur Forschungsmethode: alle Kolonien wurden mit einzelnen Gynen begrĂŒndet, die Beobachtung wurde 4 Jahre nach GrĂŒndung gestartet. Versorgung mit Nahrung und Feuchtigkeit erfolge computergesteuert, die Ameisen hatten eine dunkle Nestkammer und eine Arena mit Tag-Nacht-Lichtzyklus. Das Ganze wurde von Kameras mit zwei Bildern/Sekunde verfolgt, wodurch 2,433,250,580 Ameisenpositionen und 9,363,100 soziale Interaktionen aufgezeichnet wurden.