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Unterthemenaufruf direkt mit Klick auf die Zahlenfolgen z. B. 2.10.1
- 2.10.1 Optische Orientierung
- 2.10.2 Chemische Orientierung
- 2.10.3 Taktile Orientierung
- 2.10.4 Schwerkraftorientierung
2.10.1 Optische Orientierung
Die optische Orientierung erfolgt mit Hilfe der Komplexaugen (Facettenaugen) mit je nach Art 3 - 1.300 Ommatidien bzw. Facetten, die seitlich auf dem Caput gelegen sind und mit den drei Stirnaugen (Ozellen), die man an der Vorderseite des Caput findet, während mache Arten jedoch ohne visuelle Orientierung auskommen müssen, weil ihre Augen zurückgebildet sind.
Jede Art sieht unterschiedlich gut: Während Lasius flavus fast gänzlich blind ist, da durch ihre vorwiegend unterirdische Lebensweise die Augen rückgebildet sind,können z. B. Arten der Gattung Cataglyphis (nach Ameisenmaßstab) ausgezeichnet sehen und verlassen sich bei der Orientierung hauptsächlich auf die Methoden der optischen Orientierung.
Die optische Orientierung kann man in verschiedene Teilbereiche gliedern:
Orientierung mithilfe von Geländemerkmalen
Diese Orientierungsmöglichkeit wird von einigen Arten angewandt.
Manche Ameisen sind in der Lage, auffällige Strukturen und Gegenstände innerhalb einer gewissen Distanz zu erkennen und sie sich einzuprägen.
Ich möchte hier zwei Beispiele von Ameisenarten nennen, die sich mit Hilfe von Landmarken (optisch auffälligen Objekten) orientieren:
Manche Ameisenarten der Gattung Cataglyphis
Manche Ameisenarten der Gattung Cataglyphis orientieren sich zwar hauptsächlich mit Hilfe des Sonnenstandes, wie weiter unten beschrieben wird.
Aber sie sind auch in der Lage, sich das genaue Bild der Umgebung des Nestes zu merken, wenn sie aus dem Nest treten.
Wenn sie dann wieder zum Nest zurückkehren, vergleichen sie das gespeicherte Bild mit dem Bild ihrer Umgebung.
Wenn das Bild übereinstimmt, kann das Nest nur noch in der unmittelbaren Umgebung sein.
Cataglyphis velox - eine Ameisenart mit gutem Sehsinn.
Die afrikanische Stachelameise Pachycondyla tarsata
Die Arbeiterinnen dieser Ameisenart sind in der Lage, sich das Muster von Blättern und Ästen, unter denen sie beim Wahrnehmen ihrer Aufgaben im Außendienst vorbeilaufen, einzuprägen.
So finden sie auch leicht zum Nest zurück: Sie müssen nur dem Muster folgen, das dann um 180° gedreht ist.
Orientierung mithilfe des Sonnenstandes
Besonders bei Arten der Gattung Cataglyphis lässt sich ein seltsames Verhalten beobachten:
Sie halten, wenn sie außerhalb des Nestes ihren Aufgaben nachgehen, immer wieder an und drehen sich 360° um die eigene Achse.
Das machen einige Ameisenarten, um den Sonnenstand zu überprüfen. sie können mit dem Sonnenstand kontrollieren, ob sie noch in die richtige Richtung laufen.
Wenn sie zum Nest zurückkehren möchten, drehen sie sich um 180° und die Sonne scheint genau aus der anderen Richtung.
Das Erstaunliche: Die Ameisen laufen, wenn sie z.B. nach Futter suchen, in einem Zickzack-Kurs vom Nest weg.
Wenn sie ein Beutetier gefunden haben, sind sie jedoch in der Lage, in einer geraden Linie auf dem kürzesten Weg zurück zum Nest zu laufen.
Die Ameisen sind dabei außerdem im Stande, auf ihrer Route mit einzuberechnen, dass sich der Sonnenstand im Laufe des Tages verändert.
Das zeigt, wie gut diese Methode der Orientierung funktioniert.
Sie hat aber auch einen entscheidenden Nachteil:
Erfolgt die Orientierung ausschließlich mithilfe des Sonnenstandes ist der Blick auf die Sonne verstellt (durch Wolken, eine Sonnenfinsternis o.ä.), können die Ameisen nicht zum Nest zurückfinden.
Deshalb orientieren sich einige Arten zusätzlich nach dem Polarisationsmuster (siehe nächster Punkt).
Andere Arten, die sich nur auf den Sonnenstand verlassen, müssen so lange an ihrer Position verharren, bis die Sonne wieder sichtbar ist.
Der Versuch eines Forschers zeigte, dass sich einige Ameisenarten bei der Orientierung hauptsächlich auf die Sonne verlassen:
Er hat den Ameisen (in dem Versuch Messor barbarus) den Blick auf die Sonne verstellt und gleichzeitig das Sonnenlicht mit einem Spiegel aus genau der anderen Richtung reflektiert.
Das Ergebnis war, das alle Ameisen sofort kehrt machten und in die andere Richtung liefen, da die Sonne für sie nun wieder aus der „richtigen“ Richtung schien.
[Quelle: Walter Kirchner, "Die Ameisen"
Andere Arten ließen sich dazu nicht verleiten, da sich diese zusätzlich mit Hilfe des Polarisationsmusters des Himmels orientieren können und sich im Zweifelsfall lieber auf diese Orientierungsmöglichkeit verlassen.
c) Orientierung mithilfe des Mondes
Die Orientierung mithilfe des Mondes funktioniert ähnlich wie die Orientierung mithilfe des Sonnenstandes, weshalb hierauf im Rahmen dieses Beitrages nicht näher eingegangen wird.
d) Orientierung mit Hilfe des Polarisationsmusters
Für uns Menschen erscheint der Himmel einheitlich blau.
Manche Ameisenarten können aber im Himmel ein für sie auffällig leuchtendes Muster erkennen, das dadurch entsteht, dass in jedem "Himmelspunkt" Licht in eine bestimmte Richtung schwingt.
Genauer gesagt: Luftmoleküle zwingen das Licht in bestimmten Ebenen zu schwingen, daraus ergibt sich am Himmelsgewölbe ein Polarisationsmuster, das sich mit dem Sonnenstand ändert.
Sowohl die Schwingungsrichtung als auch die Polarisationsstärke ändern sich für einen betrachteten Himmelspunkt mit dem Stand der Sonne.
Dieses Muster kann von einigen Ameisenarten (auch hier insbesondere Cataglyphis - Arten) zur Orientierung genützt werden, ganz ähnlich wie die Orientierung mit Hilfe des Sonnenstandes oder die Orientierung mit Hilfe von Landmarken.
e) Sonstige Bemerkungen
Zu erwähnen ist noch, dass Ameisen (alle Arten!) nach derzeitigem wissenschaftlichen Standpunkt rotblind sind, dafür jedoch ultraviolett wahrnehmen können.<
Zwei der Ameisenarten mit den wohl "schärfsten" Ameisen-Augen sind die "Jack Jumper" genannten Myrmecia pilosula,
welche Angreifer regelrecht anspringen, um sie zu vertreiben, sowie Gigantiops destructor, die sich durch kleine Sprünge von Ast zu Ast fortbewegen kann.
2.10.2 Chemische Orientierung
Die chemische Orientierung erfolgt mit Hilfe von Pheromonen (Duftstoffe, die zur Kommunikation eingesetzt werden).
Je nach Situation werden verschiedene der ca. 20 Duftstoffe eingesetzt.
Arbeiterinnen können beispielsweise mit Pheromonen Wege markieren und diese dabei, je nach Situation, in verschiedenen Konzentrationen auf den Boden.
Wenn die Arbeiterin nur selbst zum Nest zurückfinden möchte, hinterlässt sie eine schwache Duftspur.
Findet sie aber zum Beispiel eine Nahrungsquelle, wird (auf dem Rückweg) eine starke Duftspur gelegt, der auch andere Arbeiterinnen folgen sollen.
Diese hinterlassen dann ebenfalls Duftspuren, wenn sie die Nahrungsquelle für gut befinden, so werden immer mehr und mehr Arbeiterinnen „rekrutiert“.
Wenn von einem Ort zu einem anderen Ort (zum Beispiel vom Nest zu einer langfristigen Nahrungsquelle) ein Weg entsteht, auf dem ständig Arbeiterinnen hin und her laufen, spricht man von einer Ameisenstraße.
Diese wird also durch Pheromone markiert, und wenn sie über Jahre hinweg besteht, können stark ausgetretene Wege entstehen (wie man sie auch von heimischen Waldameisen kennt).
Kolonne von Cerapachys ruficornis, die einer Duftspur folgen.
Auch über die Luft können Pheromone verbreitet werden (so genannte "flüchtige Pheromone").
2.10.3 Taktile Orientierung
Mit Hilfe der Fühler (Antennen) kann eine Ameise ihre Umgebung abtasten, und sich so ein Bild von ihr machen.
Diese Orientierung wird beispielsweise im dunklen Nest eingesetzt, um sich zurechtzufinden.
Die Antennen dienen auch der gegenseitigen Verständigung, siehe Kommunikation.
Die Sinneszellen in der Fühlergeißel dienen allerdings zur Wahrnehmung chemischer, thermischer und mechanischer Reize.
2.10.4 Schwerkraftorientierung
Zitat:
Die Wahrnehmung der Schwerkraft erfolgt durch mehr als 20 Felder von Sinnesborsten, die an verschiedenen Bein- und Fühlergelenken,
vor allem aber in der Halsregion und im Bereich des Hinterleibsstielchens gelegen sind.
Das Prinzip der Schwerkraftwahrnehmung besteht - stark vereinfacht dargestellt - darin, dass schwerkraftbedingte Ablenkungen bestimmter Körperteile dazu führen, einen Druck auf benachbarte Sinnesborsten auszuüben.
Die dabei erfolgende Abbiegung der Borsten führt zu einer Reizung der mit ihnen verbundenen Sinneszellen.
Dadurch kann die Ameise wahrnehmen, ob sie waagerecht, senkrecht oder gar kopfüber läuft.
(Quelle: Kirchner, "Die Ameisen", 2001).
Weitere Informationen zu diesem Thema finden sich hier: Die Sinne der Ameisen
Quellenangabe: Die Informationen zu diesem Thema stammen großteils aus Walter Kirchners: "Die Ameisen", Bernhard Seiferts: "Die Ameisen Mittel- und Nordeuropas", Fernsehdokumentationen sowie Ameisenwiki.de
Autor: chrizzy
Alex Wild, DarkVirus
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