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Kommunikation - Wie sich Ameisen verständigen

Inhaltsverzeichnis:
Unterthemenaufruf direkt mit Klick auf die Zahlenfolgen z. B. 2.9.1
  • 2.9.1 Chemische Kommunikation
  • 2.9.2 Taktile Kommunikation
  • 2.9.3 Akustische Kommunikation
  • 2.9.4 Bemerkungen/Sonstige Kommunikationsformen
Das Thema Kommunikation ist sehr komplex und es ist schwierig, die Thematik kurz und bündig darzustellen.
Von einfachen Berührungen bis hin zu kompliziert aufgebauten Pheromonen besteht ein breites Spektrum an Kommunikationsmöglichkeiten.
Diese in verschiedenen Situationen verschieden eingesetzt und kombiniert.
In diesem Thema wurden die Kommunikationsformen in die drei großen Gruppen "chemische, akustische und taktile Kommunikation" eingeteilt.

2.9.1 Chemische Kommunikation
Der Großteil der Kommunikation im Ameisenstaat passiert mithilfe chemischer Duftstoffen, welche "Pheromone" genannt werden.
Diese werden auf verschiedene Weise eingesetzt: Sie können zum Beipsiel die Pheromone mit ihren Hinterleibsspitzen auf den Boden auftragen, um so den Weg zurück zum Nest zu markieren und sich nicht zu verirren.
Finden sie dabei eine Nahrungsquelle, wird die Spur auf dem Rückweg verstärkt. Andere Arbeiterinnen können der Spur dann folgen und sie ihrerseits verstärken, wenn die Nahrungsquelle als gut bewertet wird. Lange, dauerhaft belaufene Wege dieser Art werden auch Ameisenstraßen genannt.

Außerdem können Duftstoffe als Alarmstoffe verwendet werden, um etwa bei Angriffen auf das Nest rasch weitere Ameisen zu rekrutieren.
Sie haben somit eine Alarm- und Rekrutierungsfunktion. Einige Arten setzen bei Überfällen auf Nester anderer Arten "Propagandapheromone" frei, um die Überfallenen zu verwirren.

Ein für das Zusammenleben im Ameisenstaat sehr wichtiger Duft ist der Nestduft.
Jede Ameisenkolonie hat einen eigenen Kolonieduft bzw. Koloniegeruch, den alle Imagines aufweisen.
So können Ameisen als Nestgenossen oder - wenn der Nestduft nicht mit dem der eigenen Kolonie übereinstimmt - als Feinde erkannt werden. (Stichwort Freund-Feind-Erkennung).
Dieser Koloniegeruch setzt sich zusammen aus den Induvidualdüften aller Imagines, Gattungs- und Artspezifischen Stoffen, verabreichter Nahrung, dem Nestsubstrat (somit dem Nestduft) usw. und ist somit immer unterschiedlich, jedoch für jede Kolonie spezifisch.

Es gibt viele weitere Pheromone: Sexualpheromone, die helfen, einen Paarungspartner zu finden oder Pheromone, die manche Larven abgeben,
um damit die Arbeiterinnen zu stimulieren, Futter zu beschaffen.
Außerdem gibt es Pheromone, die nur die Königin abgibt (zum Beispiel werden die Arbeiterinnen zur Unterlassung der Reproduktion veranlasst. Siehe: Ein Ameisenvolk ist keine Monarchie) uvm.

Welche Pheromone bisher bekannt sind, ist schwierig zu beantworten.

Zitat von Sahal:
Pheromone sind meist sehr Art- oder Gattungsspezifisch, werden auch noch sehr speziell eingesetzt und zeigen dann obendrein noch unterschiedliche Wirkungen auf die einzelnen Kasten, zu allem Ueberfluss auch noch unterschiedliche Reaktionen bei unterschiedlicher Mischung mit anderen Pheromonen.
Bei Oecophylla zB löst ein Alarm-Pheromon bei den Majors einen Angriff aus, bei den Minors aber Flucht.
Bei anderen Arten dann sogar Unterschiede in einer Kaste:
je nach Entfernung, Konzentration, Lage zum Nest, Erregungszustand der Ameise und bevorzugter Aufgabe reagiert die Arbeiterin mit Flucht, Brutrettung, Deckung suchen, Angriff oder Strickliesel rauskramen.
Dazu kommt dann auch noch Alter und Konzentration der Pheromone.

2.9.2 Taktile Kommunikation
Ameisen können auch über Berührungen mit Hilfe ihrer Fühler kommunizieren. Ein Beispiel: Es wird mit den Fühlern eine andere Ameise betrillert ("beklopft"), um diese dazu anzuregen, ein wenig ihrer im Sozialmagen gespeicherten Nahrung heraufzuwürgen und díese an die bettelnde Ameisen weiterzugeben ("Trophallaxis").

Trophallaxis bei Formica obscuripes
Eine besondere Form der taktilen Kommunikation ist das Tandemlaufen: Eine Arbeiterin führt eine andere Arbeiterin zu einem bestimmten Ort (zum Beispiel einem besseren Nistplatz).
Das geschieht, indem die hintere Ameise mit den Fühlern ständig die führende Ameise berührt und ihr so folgen kann.

Wenn dieser Kontakt einmal unterbrochen wird, wartet die führende Ameise so lange, bis die folgende sie wieder gefunden hat.
Bei anderen Arten wurde auch beobachtet, dass diese sich "aktiv" suchen.
Kurze Zeit nach dem Abbruch des Kontaktes scheint dann die Führende Arbeiterin die Geführte mittels kreisförmiger, sich allmählich ausdehnender Suchläufe zu suchen.
Die Geführte dagegen wartete scheinbar darauf, von der Führerin gefunden zu werden.

Gefällt der "geführten" Arbeiterin der Nistplatz ebenfalls, rekrutiert sie nun ihrerseits einen neuen Nestgenossen. Somit ist auch Tandemlaufen eine Möglichkeit, Nestgenossen zu rekrutieren.

2.9.3 Akustische Kommunikation
Es sind zwei Formen der akustischen Kommunikation bei Ameisen bekannt:

a) Stridulation:
Unter Stridulation versteht man ein akustisches Signal, welches mithilfe des Stridulationsorgans erzeugt wird.
Es klingt ähnlich wie das Zirpen einer Grille und wird von einigen wenigen Arten eingesetzt.

Zitat:
Das Stridulationsorgan ist bei den Ameisen eine waschbrettähnliche Struktur mit feinsten Rippen auf dem Vorderrand des ersten Gastersegments,
über das eine scharfe Schrillkante am Hinterrand des Postpetiolus auf- und ab bewegt wird.
Es wird meist bei starker Erregung von den Ameisen eingesetzt, vor allem in Gefahrensituationen, um Nestgenossen zu warnen und herbeizurufen.
(Stichwort: Rekrutieren von Nestgenossen)
Quelle: Ameisenwiki - Anatomie (Sinnesorgane)

Beispielhaft kann man hier die Attini aufführen, bei denen verschüttete Ameisen durch Stridulation ihre Nestgenossen zu Hilfe rufen können.

b) Klopfzeichen:
Wie das Stridulieren sind auch Klopfzeichen - welche durch das Trommeln mit die Gaster bzw. alternierendes Schlagen von Mandibeln und Gaster auf den Untergrund entstehen - akustische Signale, die von ein paar Arten vor allem in Gefahrensituationen zur Warnung und zum Rekrutieren von Nestgenossen eingesetzt werden können.

Beispielsweise die so genannten Rossameisen Camponotus ligniperda und Camponotus herculeanus bedienen sich gelegentlich Klopfzeichen, wenn sie erregt werden.
Schlagserien enthalten dabei bis zu 7, meist 2–3 Aufschläge in ca. 50 msec Abstand. (laut AmeisenWiki.de)

2.9.4 Bemerkungen/Sonstige Kommunikationsformen
Visuelle Kommunikation
Auch eine visuelle Kommunikation konnte bereits von Haltern beobachtet werden.

Im Folgenden ein Zitat von Frank Mattheis:
Zumindest bei den Gigantiops ist visuelle Kommunikation zu beobachten.
Sich begegnende Tiere sehen und erkennen sich auf Distanz von bis zu 30 cm, beginnen dann einen arttypischen "Tanz", erkennen so die Artzugehörigkeit des Gegenübers. Beide Tiere fixieren sich, bewegen sich nun hin und her, nähern sich nun langsam und vorsichtig einander an.
Findet das Ganze im Geäst von Pflanzen statt, springen sie nun sogar auf andere Zweige, um sich näherzukommen.
Erst bei Berührung können die Tiere jedoch sicher sein, dass der erkannte Artangehörige der heimischen Kolonie angehört,
nun findet der Austausch von Futter und die intensive Berührung mit den "Mundteilen" statt. Koloniefremde Gigantiops verhalten sich feindlich zueinander, die Angehörige der revierinhabenden Kolonie vertreibt die Fremde nachdrücklich und energisch.

Diese Art der visuellen Kommunikation ähnelt der Kommunikation von Springspinnen oder Fruchtfliegen.
Wie bei diesen gibt es bei den Gigantiops einen arttypischen ritualisierten Bewegungsablauf, an dem sich die Tiere als Artangehörige erkennen.
Tiere, die sich einmal "begrüsst" haben, wissen offenbar, dass sie den Gegenüber bereits beschnuppert haben.
Begegnen sich beide Tiere kurz darauf wieder, verzichten sie auf das Ritual und gehen ihren Geschäften nach.
Begegnen sie nun einer weiteren Artangehörigen, kommt es mit dieser neuen, noch nicht Begrüssten jedoch wieder zu diesem Begrüssungsritual.

Beobachtet man diese Tiere, drängt sich der Eindruck auf, sie würden sich nach der Begrüssung kennen/wiedererkennen, schon, dass Ameisen diesen Eindruck erwecken, ist einzigartig.

Quellenangabe: Die Informationen zu diesem Thema stammen großteils aus Walter Kirchners: "Die Ameisen",
Bernhard Seiferts: "Die Ameisen Mittel- und Nordeuropas", Fernsehdokumentationen sowie www.ameisenwiki.de

Autor: chrizzy
Fotos: Alex Wild

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