Erfahrungen mit Drosera?

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Tine84
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#1 Erfahrungen mit Drosera?

Beitrag von Tine84 » 20. Juli 2016, 13:47

Hey ihr Lieben!!
Wer von euch kennt sich mit der Aufzucht von fleischfressenden Pflanzen aus? In diesem Artikel steht, dass man sie am besten in einem Terrarium aufzieht. Was haltet ihr davon?
Und ist die Pflanze ein Problem für Ameisen? Oder meiden die Ameisen sie?



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Frederick

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#2 Re: Erfahrungen mit Drosera?

Beitrag von Frederick » 20. Juli 2016, 14:38

Hey Tine,

Als bekennender Fan kann ich vielleicht helfen :)
Im Prinzip gibt es fünf Faktoren, die Pflanzen, auch den sogenannten Karnivoren, zu einem gesunden Wachstum verhelfen (wenn wir mal von einem Schaderregerbefall absehen):

1. Licht
2. Temperatur
3. Wasser
4. Boden/Substrat
5. Dünger

Wenn man diesen Anforderungen, die natürlich von Art zu Art und Sorte zu Sorte ganz spezifisch sein können, gerecht werden kann, steht dem Glück der Pflanze eigentlich nichts im Weg ;)
Generell kann bei fleischfressenden Pflanzen (ausnahmen bestätigen hier natürlich die Regel) sagen, dass sie sehr viel Licht brauchen. Das ist in einem Terrarium im Zimmer nur über Kunstlicht erreichbar, aber Achtung: Licht ist nicht gleich Licht!
Bekanntlich setzt sich die Sonnenstrahlung aus verschiedenen Spektralbereichen zusammen; einige sind für uns farblich sichtbar (z.B. im Regenbogen), andere unsichtbar (gärtnerisch relevant sind hier aber eigentlich nur UV-Licht und Infrarot).
Man muss also darauf achten, dass die Pflanzen auch für sie verwertbares Licht erhalten, eine handelsübliche Glühlampe bringt da leider nichts.
Selber habe ich gute Erfahrungen mit Energiesparlampen "Tageslichtweiß" (mit der Nummerierung 865). Je höher die Wattzahl, desto besser - das geht allerdings extrem in die Stromkosten, vor allem im Winter.
LED's sind stark im kommen: Sie verbrauchen weniger Strom und emittieren nur die Lichtfarben, die die Pflanzen auch brauchen (allen voran rot und blau). Allerdings ist die Anschaffung recht hoch, ich selber habe eine mit (ich glaube) 90 Watt für (ich glaube) 180€ - weiß ich momentan nicht mehr so genau, weil die im Sommer in die Kiste kommt ;)

Bei der Temperatur und Luftfeuchtigkeit ist vor allem entscheidend, aus welchen Breitengraden die fleischfressende Pflanze kommt. Es gibt Drosera, die in Deutschland winterhart sind (und diese Winterpause auch auf Dauer brauchen), es gibt aber auch welche, die in Australien ihre Pause in den trockenen Sommern halten.
Auch die Venusfliegenfalle (Dionaea) ist in Deutschland voll winterhart! Das ist der Grund, warum im Winter viele bei den Leuten eingehen: Sie werden warm durchkultiviert und können ihre Ruhepause nicht voll ausleben (dazu kommt noch wenig Lichtangebot und trockene Heizungsluft).
Einige (wie die auf Tepui endemisch vorkommenden Sumpfkrüge) sind besonders hübsch, aber ohne großen technischen Aufwand hier bei uns nur schwer haltbar: Sie brauchen extrem (!) viel Licht und dennoch kühle Temperaturen, vor allem Nachts. Und wer im Sommer schon einmal versucht hat, seine Zimmertemperatur auf 10°C zu kühlen, der weiß, welchen Spaß das macht :'D

Das Wasser sollte bei den meisten Arten (auch bei Drosera) weich sein, bestenfalls destilliert. Der hohe Kalkanteil in den städtischen Wassern würde den pH-Wert des Substrats zu hoch treiben.
Unsere heimischen Drosera (rundblättriger Sonnentau zum Beispiel) kommen ursprünglich aus Hochmooren, also: Viel viel Torf (pH sauer) und immer feucht. Am besten erreichbar durch einen Untersetzer, in dem ständig Wasser stehen sollte.
Auch der Anteil an Dünger (besser: Nährstoffen) ist in den Hochmooren sehr gering, weshalb sich die Pflanzen evolutionär erst dorthin entwickelt haben, ihren Stickstoff aus Insekten zu gewinnen, indem sie sie verdauen.
Es geht aber auch völlig ohne Erde: Einige Pinguicula wachsen lithophytisch (auf Stein), Nepenthes-Arten epiphytisch (auf Bäumen, z.B. in Moosbetten). Utricularia wächst teilweise komplett submers (unter Wasser).

Das Thema ist zwar (wie du siehst) umfangreich, macht aber auch jede Menge Spaß! Allein die Artenvielfalt und die Fähigkeit, als Pflanze ein Insekt zu fangen und zu verdauen, ist beeindruckend.
Es gibt sogar ein Bild, auf dem eine Ratte gezeigt wird, die in einer besonders großen Nepenthes ihr Ende fand.

Deinen Ameisen würde ich aber keine fleischfressenden Pflanzen antun, vor allem nicht Drosera. Die sind echt Meister im Fangen und Verdauen.
Ich hab ein kleines Moorbeet in der "Maurerbütt" und wie es der zufall will, ist genau davor unter einem Stück Rinde eine große Lasius spec. Kolonie. Ich seh öfters mal Lasius in Drosera und auch Sarracenia.

Ich meine mich zu erinnern, dass in dem Film "Ameisen - Die heimliche Weltmacht" eine Ameisenart vorgestellt wurde, die mit einer Nepenthes bicalcarata symbiontisch lebte (bitte korrigieren, wenn ich falsch liege). Aber solche Ameisen sind, nehme ich mal an, Spezialisten, die lange gebraucht haben, diese Eigenschaften zu entwickeln.

Für weitere Informationen kann ich dir folgendes empfehlen:

Gesellschaft für fleischfressende Pflanzen: https://forum.carnivoren.org/
Buchtipp: "Karnivoren - Biologie und Kultur fleischfressender Pflanzen" von Barthlott, Porembski, Seine und Theisen.

Lieben Gruß
Frederick
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