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Langzeithaltung: natürlichen Schwund herbeiführen

Eure Ameisenhaltungsberichte & Ameisenbeobachtungen - Meinungen & Fragen [einheimische und exotische Ameisen]
benai

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#1 Langzeithaltung: natürlichen Schwund herbeiführen

Beitrag von benai » 28. Juni 2016, 11:33

Guten Tag,

mich würde ja mal interessieren wie ihr es anstellt eure Kolonien längerfristig zu halten. Mit längerfristig mein ich eine Zeit von mehr als 5 Jahren.

Da die Kolonien in den ersten 1-2 Jahre für Exoten und 1-4 Jahre für heimische (bei einheimischen Arten ist das Wachstum in den ersten 4 Jahren noch recht überschaubar, da sie ja in der Zeit nur 2 Jahre aktiv waren) noch klein, süß und niedlich sind, aber dann irgendwann das Wachstum deutlich anzieht.

Meine Vorgehensweise bestand aus einer Mischung aus schwankender Futtergabe(Protein) bei gleichzeitigem absaugen und einfrieren/abbrühen von Arbeiterinnen diese wurden ausschließlich aus der Arena entnommen.(Man sollte sobald die Kolonie ins Nest eingezogen ist darin nicht mehr rumfummeln außer man muss die Kolonie zum umziehen zwingen.) Dies dürfte das natürlichere Vorgehen sein. Da die Natur nunmal kein "all you can eat" Buffe ist und es ebenso Räuber gibt.

Meine älteste Kolonie die sich bei mir von der Königin bis zum Staat entwickelte war 6 Jahre alt, aktuell ist sie 9 Jahre und lebt bei einem Freund. Der nach dem gleichen Prinzip verfahren ist und damit relativ gut klar kommt. Er hat noch immer Wachstum in der Kolonie aber gedrosselt.

Das Problem bei einer reinen Verringerung der Futtermenge sehe ich darin das die Kolonie im Ganze aggressiver wird. Dies hat zur Folge das Ausbruchsversuche stark zunehmen da der Lebensraum für die Ameisen weniger attraktiv wird. Außerdem weiß man nicht wie die Königin darauf reagiert außer das sie die Eierproduktion drosselt. Desweiteren ändert sich ja auch die Zusammensetzung der Arbeiterinnen sofern polymorph, da für bestimmte Formen (Majore, Soldaten etc) einfach nicht genug Nahrung da ist und somit unrentabel. Desweiteren könnten sogenannten Zwergformen oder Hungerformen auftreten inwieweit dies auf Dauer schädlich ist kann ich nicht sagen.

Ein reines absammeln könnte eher den gegenteiligen Effekt haben. Da die Kolonie dadurch Gefahr erkennt und sich versucht durch mehr Arbeiterinnen zu wappnen.
Was dann wieder dazu führen kann das die Futtermenge steigen muss, sonst Ausbruch usw.

Ich freue mich auf eure Antworten.

Gruß
benai
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Safiriel

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#2 Re: Langzeithaltung: natürlichen Schwund herbeiführen

Beitrag von Safiriel » 28. Juni 2016, 18:55

Ich denke, das ist ein nicht außer Acht zu lassendes Thema. Ich habe leider noch nicht so große Kolonien, dass ich drosseln müsste.
Es wird aber zu wenig darüber gesprochen denke ich.
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#3 Re: Langzeithaltung: natürlichen Schwund herbeiführen

Beitrag von Gast » 28. Juni 2016, 23:01

Vor allem über das Absammeln wird nur sehr wenig geredet. Man ist damit halt auch gleich eine beliebte Zielscheibe. Ich habe aber schon im privaten von einigen Haltern gehört, dass sie bei größeren Kolonien regelmäßig Ameisen absammeln bzw. auch einfach einsaugen, damit die Kolonie eine bestimmte Größe nicht überschreitet. Ich vermute, dass das bei Haltern von Blattschneiderameisenarten doch nicht selten vorkommt, weil die Kolonien irgendwann sonst nicht mehr haltbar werden.

In einem US Forum wurde das ganze recht offen gesagt, da wurde es schon bei recht kleinen Kolonien empfohlen. Das erklärte dann auch, wie manche Kolonien so lange in den doch oft recht kleinen fertig gekauften Nestern leben können.



benai

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#4 Re: Langzeithaltung: natürlichen Schwund herbeiführen

Beitrag von benai » 29. Juni 2016, 00:50

Hallo,

das ist nunmal ein Thema dem man sich stellen muss wenn man Ameisen halten will bzw. hält und nicht nur alle 2 Jahre einen neuen Haltungsbericht starten will und die alte Kolonie verkauft oder anderweitig entsorgt (hier ist nur das einfrieren oder abbrühen gemeint - ein entsorgen im Wald ist generell eine äußerst schlechte Idee)

Ich war Acromyrmex cf crassispinus Halter. Die Größenkontrolle habe ich schon relativ früh gemacht, wobei hier eindeutig mehr zu beachten ist als bei allen anderen Arten wo man nur nen Schlauch in die Arena hält und grad absaugt und dann das Netz rausholt und die wütenden Arbeiterinnen in die Gefiertruhe legt. Da der Pilz nunmal die Lebensgrundlage ist und wenn das Verhältnis zwischen Arbeiterinnen, Brut und Pilz zu stark missachtet wird bedeutet dies den Zusammenbruch dieses Gleichgewichtes was dann ganz schnell dazu führt das der Pilz übermäßig verbraucht oder einfach eingeht. Daher ist meiner Ansicht nach auch höchstens Acromyremx auf längere Zeit haltbar(und selbst das sollte wirklich reiflich überlegt werden), da Atta deutlich sensibler ist bei Eingriffen in deren Kolonie, wobei hier permanente Kontrollen und stellenweise aggressives verringern des Volkes erforderlich ist. Dazu muss man das auch wollen und können. Was für einige vllt auch nicht machbar ist.

Dies ist für viele Halter von einheimischen Arten erst viel später der Fall und es berührt einen aktuell nicht, aber bei Haltern von Exoten ist dies in aller Regel schon vor der Anschaffung der Tiere ein wichtiger Punkt. Da je nach Art das Wachstum schon zu Beginn sehr hoch sein kann z. B. Pheidole Arten tendieren dazu bei viel Wärme und Futter ihr Wachstum nach oben zu kurbeln. Was dann schon im ersten Jahr zu der Erkenntnis führen kann: „Oh Mist, was mach ich denn nun das sind ja schon 5000 Tiere."

Das mit dem stellenweise abtöten von Arbeiterinnen würd ich in der Anfangsphase erst mal lassen, da es da immer mal Rückschläge geben kann. Ich würde mal von 3-4 Monaten als Schonfrist ausgehen danach kann eine Reduzierung theoretisch schon stattfinden, aber dies muss dann maßvoll von statten gehen. Heißt also nicht das man dann erstmal 50% der Arbeiterinnen abtötet, da man hier immer bedenken muss die Königin und die Brut müssen versorgt, das Futter beschafft und das Nest gereinigt werden. Und all diese Punkte müssen erledigt werden da sonst Probleme auftreten. Die Köngin frisst die Brut, die Brut verhungert oder es bilden sich unangenehme Bettgesellen bei den Ameisen.

gruß
benai



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Erne
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#5 Re: Langzeithaltung: natürlichen Schwund herbeiführen

Beitrag von Erne » 29. Juni 2016, 08:33

Es wird oft darüber geschrieben, Ameisen möglichst naturnah zu halten, wundert mich, dass die Reduzierung der Arbeiterinnenanzahl da nicht auch mit auf dem Plan steht.

Eine Reduzierung der Arbeiterinnenanzahl in der Haltung ist normal.
Ein Ausgleich für Verluste die Ameisen in der Natur täglich erleben.
Regelmäßig kleinere Reduzierungen, nicht seltenere größere Reduzierungen, halten Ameisen aktiv.
Mit Bedacht durchgeführt bleiben Schäden nicht nur aus, im Gegenteil, Ameisen werden angeregt aktiv zu bleiben und nicht untätig in allen Bereichen einer Anlage herum zu lungern.

Differenzierter betrachte ich die Haltung von Ameisenvölkern die massiv auf Expansion eingestellt sind, wie z. B. die schon angesprochenen Blattschneider Arten.
Arten die nur richtig funktionieren wenn sie es auf richtig viele Arbeiterinnen bringen können.
Da muss massiver eingegriffen werden und das ist ganz gegen den Entwicklungsdrang dieser Ameisen.
Denke da gehört viel Erfahrung zu, um auch bei solchen Arten Reduzierungen durchzuführen, ohne das am Ende das Volk ruiniert ist und eingeht.

Die Entwicklung der Ameisenhaltung geht aus meiner Sicht dahin, dass Ameisenvölker immer schneller gegen neue Arten gewechselt werden,
es weniger Halter gibt, die ihre Ameisen so lange halten, bis sie bei ihren Völkern in Bereiche von Arbeiterinnenanzahlen kommen, wo sie überlegen müssten, ob und wie sie reduzieren.
Zudem gibt es etliche Halter, die als Anfänger versuchen ihre Ameisenhaltung in den Griff zu bekommen, für die Reduzierungen von Arbeiterinnen auch kein Thema ist.
Abgesehen von einigen Arten, gibt es durchaus Ameisen die mit sehr vielen Arbeiterinnen gehalten werden können, ohne das Reduzierungen erfolgen müssten.
Alles Gründe die dazu beitragen könnten, dass es hier zu diesem Thema nur wenige Beiträge gibt.

Lasse mich gerne eines Besseren belehren.

Grüße Wolfgang
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trailandstreet
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#6 Re: Langzeithaltung: natürlichen Schwund herbeiführen

Beitrag von trailandstreet » 29. Juni 2016, 11:08

Da bin ich ja richtig froh um meine zwei Temnothorax und die Leptothorax. Die haben nämlich jetzt mal ein größeres Behältnis bekommen, das für den Rest ihrer Haltung ausreichen sollte.

Wie Erne schon erwähnt hat, stellt sich die Frage bei Anfängern ja kaum. Meist verlieren sie schon mehr Arbeiterinnen durch Haltungsfehler als ihnen lieb ist.
Auch ist bei den einheimischen oft schon die Überwinterungsphase auch ein gewisser "personeller Einschnitt", da diese die eine oder andere gar nicht mehr übersteht. Diesen Eindruck hab ich bei den Formica immer wieder, obwohl ich keine Toten finden kann, aber denen scheint das Ab-und-zu-einfrieren doch mehr zu schaden als den anderen.
Heimische Arten können aber bei warmen Temperaturen und genügend Proteinzufuhr schon ordentlich Gas geben.
Nachdem meine Lasius niger schon ziemliche Ausbruchstendenzen zeigen, hab ich schon überlegt, ob es sinnvoll wäre, den Deckel einfach mal offen zu lassen. Schwerere Ameisen, wie auch die Formica kommen kaum über das Paraffin. Das würde ja heißen, das die Königin drin bleiben müsste. So gesehen hätte man schon fast eine Art Filter, der nur die Arbeiterinnen durchlässt. natürlich würden viele wieder von ihren Streifzügen zurückkehren, aber sicher nicht alle. Die Frage ist nur, wo stellt man das dann auf?
Eine Arena mit "Feindberührung" wäre vielleicht auch eine Idee, wenn ich aber da an die Formica denke, dann dürfte das schon etwas sein, das nicht später auf deren Teller enden sollte.
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benai

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#7 Re: Langzeithaltung: natürlichen Schwund herbeiführen

Beitrag von benai » 29. Juni 2016, 13:08

Hallo,

um das hier mal in aller Deutlichkeit zu sagen ein Gassi gehen lassen der Kolonie nach draußen ist keine Option. Ich habe mir hier eine ausschmückendere Wortwahl gespart.
Dies sollte unter dem Gesichtspunkt der Fremdkontamination nie in Erwägung gezogen werden. Du kannst mit deinen Tieren andere Tiere infizieren udn deine Tiere könnten auch mit einem Geschenk zurückkommen z. B. Milben oder mit anderen Parasiten. Außerdem kommt das bestimmt toll wenn in deiner Wohnung Lasius niger Arbeiterinnen rumrennen und Futter suchen und die in einem Müsli dem Kühlschrank auf dem Esstisch usw. nach Nahrung suchen. Der Vermieter, die Mitmieter oder die Eltern etc werden davon hoch begeistert sein.
Daher lass es.

Diese Feindberührung führt in aller Regel dazu das die zahlenmäßig größere Kolonie die kleinere platt macht.

gruß
benai



Gast
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#8 Re: Langzeithaltung: natürlichen Schwund herbeiführen

Beitrag von Gast » 29. Juni 2016, 13:34

um das hier mal in aller Deutlichkeit zu sagen ein Gassi gehen lassen der Kolonie nach draußen ist keine Option. Ich habe mir hier eine ausschmückendere Wortwahl gespart.
Dies sollte unter dem Gesichtspunkt der Fremdkontamination nie in Erwägung gezogen werden. Du kannst mit deinen Tieren andere Tiere infizieren udn deine Tiere könnten auch mit einem Geschenk zurückkommen z. B. Milben oder mit anderen Parasiten.


Ich halte die ganze Infektionsgefahr für maßlos übertrieben. In jedem größeren Zoo gibt es Ameisen, die dort frei in den Tropenhäusern umherlaufen, ähnlich schaut es in vielen Botanischen Gärten aus. Die sind auch nicht nach außen hin ameisensicher abgeschlossen, d. h. die Ameisen werden vor allem im Sommer auch gerne mal nach draußen gehen und da kam es sicher schon zu unzähligen Kontakten mit einheimischen Arten. Und was ist passiert? Nix. Weder hat sich irgend eine Art hier neu angesiedelt, noch siechen die einheimischen Arten dahin. Mir wäre allerdings das Risiko zu groß, dass mir die Kolonie dann ganz abhaut.

Seit 16 Jahren werden mittlerweile Ameisen kommerziell verkauft und ich bin mir sicher, dass in der Zeit schon hunderte exotische Ameisen entkommen sind und unzählige auch Berührungen mit einheimischen Arten hatten, aber da bis jetzt nichts passiert ist, schließe ich, dass die Darstellung der ganzen Gefahren maßlos übertrieben wurde und wird.

Freilaufende Katzen richten sicher einen weit aus größeren Schaden an, als die exotischen Ameisen, die in Zoos vorhanden sind und im Sommer mal das Freiland erkunden ;)

benai hat geschrieben: Außerdem kommt das bestimmt toll wenn in deiner Wohnung Lasius niger Arbeiterinnen rumrennen und Futter suchen und die in einem Müsli dem Kühlschrank auf dem Esstisch usw. nach Nahrung suchen. Der Vermieter, die Mitmieter oder die Eltern etc werden davon hoch begeistert sein.
Daher lass es.


Bert Hölldobler hat genau das gemacht, der lies seine Camponotus im Zimmer frei herumlaufen und hat sogar ein Schild an die Tür gehängt, dass seine Mutter doch bitte nicht gegen Abend staubsaugen solle ;).



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