Logisches Denken bei Ameisen

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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Ureaplasma
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#9 AW: Logisches Denken bei Ameisen

Beitrag von Ureaplasma » 19. April 2012, 17:20

@ Baumarkthammer, ich stimme Dir vollkommen zu; soll man den Thread schliessen?



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Ossein
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#10 AW: Logisches Denken bei Ameisen

Beitrag von Ossein » 19. April 2012, 17:25

Ameisen scheinen ein in der Tat, im Verhältnis zu ihrer Kopfgröße, phänomenales Gedächtnis zu haben: Schon bei Cataglyphis sp. ist bekannt, dass sie sich Wegmarken merken können, und auch bei Formica sp. ist die Wegfindung mithilfe des Gedächtnisses mehrfach untersucht worden. Auch hier im AF müsste man den Niederschlag dieser Arbeiten mit der SuFu finden können - momentan bin ich aber dienstlich verhindert danach zu suchen. ;)

Die Frage ist nur nicht, ob Ameisen ein phänomenales Gedächtnis haben, eine ausgeklügelte und differenzierte Kommunikationsform und eine ausgeklügelte Wahrnehmung besitzen, um sich mit ganz unterschiedlichen Informationen zu versorgen.

Die Frage nach dem Logischen bezieht sich darauf, ob Ameisen einen Begriff (wie auch immer geartet) von diesen Eindrücken (und damit ihrer Umwelt, oder gar sich selber) haben und diesen einsetzen können, um Probleme zu lösen.

Daher empfinde ich persönlich auch den Begriff des "Traumas" für schwierig, da er in diesem Zusammenhang immer auch eine irgendwie geartete "Psyche" voraussetzt*, auf die das Trauma wirkt. Hier geht es ja nicht um körperliche Traumata**, sondern um die Erinnerung an Stress, Auseinandersetzungen und schwierigen Verhältnissen.
Meiner unmaßgeblichen Meinung nach, reicht es doch da vollkommen von Erinnerung an unerreichten Zielsetzungen zu sprechen, beispielsweise Nichterlangung von Nahrung, Übermacht gegnerischer Kolonien, etc. pp..

Wobei mich mein Beruf dahingehend vielleicht übermäßig prägt und ich meine eigene Begriffsbildung in Frage stellen lassen müßte.

LG, Ossein.

*Ich empfinde es nicht als so schwierig sich darüber auseinanderzusetzen, ob Ameisen eine Psyche haben, lediglich halte ich es für unwissenschaftlich diesen Begriff vorauszusetzen, wenn es um die Reaktion von Ameisen in diesem Zusammenhang geht...

** Was nicht mehr bedeutet, als eine körperliche Schädigung.



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Gabriel
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#11 AW: Logisches Denken bei Ameisen

Beitrag von Gabriel » 19. April 2012, 17:51

Hallo

Tut mir Leid wenn ich den falschen Titel ausgewählt habe. Mir fiel halt nichts Besseres ein. Jetzt aber schon.^^
Eig. ging es mir darum, ob ihr auch schon eine interessante Beobachtung gemacht habt und es dann hier hineinpostet. Jetzt sind wir aber bei einem ganz anderen interessanten Thema.

LG Gabriel



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Ossein
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#12 AW: Logisches Denken bei Ameisen

Beitrag von Ossein » 19. April 2012, 18:05

Und ich finde auch, dass Du ein sehr interessantes Thema angestoßen hast,

Gabriel,

und es Beachtung verdient.
Auf der anderen Seite aber steht es Dir gänzlich frei, einen neuen Thread aufzumachen, wobei es ähnliche Threads natürlich schon gibt und die Katagorie "Interessante Beobachtungen" in den "Haltungsberichten" ebenso zu finden ist, wie in "Freilandbeobachtungen" oder "Neues aus Medien und Wissenschaft", um nur wenige zu nennen.

Immer weiter! ;)

LG, Ossein.



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KayRay
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#13 AW: Logisches Denken bei Ameisen

Beitrag von KayRay » 19. April 2012, 18:09

Meiner unmaßgeblichen Meinung nach, reicht es doch da vollkommen von Erinnerung an unerreichten Zielsetzungen zu sprechen, beispielsweise Nichterlangung von Nahrung, Übermacht gegnerischer Kolonien, etc. pp..

Das ist die Frage.. Ist es eine situationsspezifische Erinnerung die es einer Ameise ermöglicht sich in der gleichen Situation anders (vorteilhafter) zu Verhalten als beim ersten mal? Kann eine Ameise soetwas überhaupt? Woher weiß sie wie sie die Verhaltensänderung in eine erfolgsversprechendere Richtung lenken soll?
Es ist also ein Reizmechanismus am Werke oder? Sonst müsste sie mehrfach ihr Verhalten ändern um dann das logisch sinnvollste für die Zukunft auszuwählen.
Soetwas konnte ich selbst noch nicht beobachten. Außerdem währe das wieder unvorteilhaft (mehr Individuen würden in der Natur sterben), außer dieses Wissen kann geteilt werden (fraglich wie so Komplexe Infos mittels Pheromonen oder Klopfzeichen vermittelt werden sollten)... Wenige Opfer zur Optimierung der gesamten Kolonie währen aber äußerst vorteilhaft.

Ameisen haben zwar ein sehr komplexes Verhaltensspektrum aber sie sind mEn nicht in der Lage Entscheidungen zu treffen. Das heißt: Ein wahrgenommener Reiz kann nur auf eine bestimmte Art interpretiert werden und löst ein immer gleiches Muster aus. Aus verschiedenen Kombinationen erschließen sich situationsgerechte Verhaltensweisen. Diese Mechanismen sind genetisch zu 100% festgelegt. Ein Säugetier hingegen ist in der Lage seine kognitiven Fähigkeiten etwas unabhängiger von seiner Genetik zu spezialisieren und im Laufe seines Lebens weiterzuentwickeln.
Diese wahrgenommen Muster erscheinen uns logisch und das sind sie auch. Logik ist ein fester Bestandteil der Evolution. Das statistisch erfolgreichste Verhaltensmuster wird mehrheitlich weitervererbt.


Logisches Denken definiert sich für mich grob so: Das analysieren und lösen neuer Probleme unter Einflussnahme bereits vorhandener Informationen.
Ameisen können das mit Sicherheit nicht! Die wenigsten Wirbeltiere sind dazu in der Lage. Wie dieser Prozess im Detail aussieht und wie er sich von reiner Reizverarbeitung unterscheidet ist mWn nicht wirklich erforscht. Ameisen wären hier doch ein guter Modellorganissmus um die synaptischen Vorgänge, die bswp eine bestimmte Schrittzahl abspeichern und abrufen, zu erforschen.
Erinnerungen dürften sich hier auch wesentlich unkomplexer in Relation zum menschlichen Gehirn darstellen.

Was mich in höchstem Maße interessiert ist der genaue Bauplan.
Das Nervensystem ist so aufgebaut, dass der genetische Grundplan schon das gesamte Verhaltensspektrum abdeckt.
Wie genau sind diese Informationen abgespeichert? Ist es die Struktur der Nervenzellen die eine Informationseinheit bildet? Sind es einzelne Zellen die einzelne Informationen speichern können? Was für eine Codierung wird bei der Datenversendung vorgenommen.. ja eletrische/chemische Reize.. aber macht die Frequenz oder die Impulsstärke den Unterschied? Wie lässt sich daraus ein Code ablesen den man verstehen und wieder anwenden kann?
Da krieg ich wieder richtig Lust in die Grundlagenforschung zu gehen...
Ich denke Insekten wären hier für die Forschung erstmal mindestens genauso interessant wie die Forschung am menschlichen Nervensystem.
Hier lassen sich Grundprinzipien vermutlich eher aufdecken und verstehen.

Befasst sich damit vlt. schon jemand genauer?

Lg


Mitdenken tut nicht weh.
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The_Paranoid
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#14 AW: Logisches Denken bei Ameisen

Beitrag von The_Paranoid » 19. April 2012, 18:17

Baumarkthammer hat geschrieben:Was logisches Denken angeht, so ist dies häufig schwer von Instinkt zu unterscheiden. Ich glaube kein Wissenschaftler wird bei Ameisen von Intellekt reden, oder gar von logischem Denken, was in der öffentlichen Meinung bei Tieren eh unmöglich ist...


Da möchte ich mal wiedersprechen. Vielen Säugetieren würde ich logisches Denken unterstellen. Nämlich allen, die man auf kompliziertere Verhaltensweisen dressieren kann ... eben alles was über einfache Konditionierung hinausgeht. Darunter fallen unter anderem Ratten,Delphine, Hunde ... und besonders Menschenaffen. Werkzeug-Gebrauch bei Affen sowie die Fähigkeit Sprachen zu lernen sind wohl eindeutiges Indiz, dass hier eine gewisse Form von logischem Denken vorhanden ist.

Selbes gilt wohl auch für einige Vogelarten. Z.B. wurde für Krähen gezeigt, dass diese einen Draht verbiegen um damit an Futter zu kommen.
Oder bei einer anderen Vogelart die Futter vergräbt um sich Vorräte anzulegen. Schaut ein Artgenosse zu, so vergraben sie ihr Futter erst, warten bis der andere Vogel weg ist, graben es aus und wieder an einer neuen Stelle ein, damit es der andere Vogel nicht wegschnappt.

Auch wenn sich Tiere im Spiegel erkennen deutet das wohl darauf hin, dass hier eine Form von logischem Denken vorhanden ist (bzw. mehr als nur logisches Denken).


Um wieder zurück zu Ameisen zu kommen. Gibt auch Berichte von so etwas wie Werkzeug-Gebrauch bei Ameisen, dass Sand als Schwamm benutzt wird um Flüssigkeiten aufzusaugen und so mehr transportieren zu können oder dass Messor capitatus kleine Kieselsteine als "Munition" benutzten und bei "gegnerischen" Ameisenkolonien in den Bau runterwerfen um sie am fouragieren zu hindern.
Aber würde in dem Fall auch eher dazu tendieren, dass dies angeborene Verhaltensweisen sind und nicht die Fähigkeit zu logischem Denken zeigen.

Wie aber erwähnt sind einige Insekten aber durchaus in der Lage zu lernen. Interessant finde ich dabei eine Arbeit bei der gezeigt wurde, dass eine Wespenart in der Lage ist die Gesichter ihrer Artgenossen zu unterscheiden. Bei der Studie wurden die Wespen auch dressiert ... in dem Fall aber nur durch Konditionierung. Für Springspinnen wurde z.B. auch gezeigt, dass diese Lernen können anhand von Farbmarkierungen Futter zu finden. Hat zwar nichts mit logischem Denken zu tun, aber zeigt, dass auch in so kleinen/niederen Tieren doch mehr drin steckt, als man allgemein glaubt.

Edit:
KayRay hat geschrieben:Ameisen haben zwar ein sehr komplexes Verhaltensspektrum aber sie sind mEn nicht in der Lage Entscheidungen zu treffen. Das heißt: Ein wahrgenommener Reiz kann nur auf eine bestimmte Art interpretiert werden und löst ein immer gleiches Muster aus. Aus verschiedenen kombinationen erschließen sich situationsgerechte Verhaltensweisen. Diese Mechanismen sind genetisch zu 100% festgelegt.


Deine Definition heißt dass sie nicht in der Lage sind zu lernen. Sind sie aber.

KayRay hat geschrieben:Was für eine Codierung wird bei der Datenversendung vorgenommen.. ja eletrische/chemische Reize.. aber macht die Frequenz oder die Impulsstärke den Unterschied? Wie lässt sich daraus ein Code ablesen den man verstehen und wieder anwenden kann?

Die Impulsstärke ist bei einer Synapse ja immer die selbe. Von daher kann Information nur über die zeitliche Verteilung von Signalen bzw. über das Zusammenspiel mehrer Neurone kodiert werden.

Dass man daraus Codes ablesen kann zeigt sich z.b. darin dass man sowohl aus Einzellzellableitungen als auch bei der Ableitung größerer Neuronengruppen in der Lage ist Information wie Bewegung oder Sinneswahrnehmungen rauszurechnen.
Dass man dies auch andersrum anwenden kann und Information reingeben kann sieht man z.b. bei Retina-Implantaten.



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KayRay
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#15 AW: Logisches Denken bei Ameisen

Beitrag von KayRay » 19. April 2012, 21:10

Deine Definition heißt dass sie nicht in der Lage sind zu lernen. Sind sie aber.
Eine gewisse Lernfähigkeit möchte ich den Wirbellosen ja nicht absprechen. Aber diese ist genetisch festgelegt und im Vergleich zu Wirbeltieren eher gering ausgebildet..
Sagen wir Ameisenart X hat eine genetische Anlage Futterreize abzuspeichern.
Mit informativen Angaben zur Qualität und Fundort der Nahrung. Dann kann diese Art in der Natur sehr viel differenzierter und effektiver agieren. Das ist dennoch ein sehr einfacher Mechanismuss der keine eigene Entscheidungskraft zulassen muss.
Wirbellose können vieleicht sehr spezifische Informationen abspeichern aber WAS abgespeichert wird und was nicht legt das Tier nicht bewusst fest, es sind ganz spezifische Anpassungen an die Lebensbedingungen.

Aus verschiedenen Kombinationen erschließen sich situationsgerechte Verhaltensweisen. Diese Mechanismen sind genetisch zu 100% festgelegt.
Diese Reizkombinationen können vieleicht abgespeichert und bei Auftreten der gleichen Reizkombination eine vorher abgespeicherte Verhaltensanpassung auslösen.


Ich würde sogar behaupten, dass selbst Menschen nur "Bioroboter" sind und das Bewusstsein zwar eine wahrgenomme Kontrollinstanz aber wie wissen wir durch was eine Entscheidung zu stande kommt? In aller Regel entscheiden wir uns nicht optimal, oft sogar nichtmal zu unserem eigen Vorteil. Es fließen in jede Entscheidung Reizverarbeitungen mit ein. Die emotionale Verfassung spielt eine Rolle also unser Hormonhaushalt über den wir nur eine sehr geringe bewusste Kontrolle haben etc. Also spielen allein schon viele äußere Reize auf die wir höchstens indirekt Einfluss nehmen können eine große Rolle. Das Unterbewusstsein entscheidet auch vieeeel mehr mit als wir für möglich halten würden. Wir bemerken es nicht.

Ich denke Nervensysteme funktionieren vom Grundprinzip alle sehr ähnlich. Allerdings gibt es natürlich riesige Unterschiede in Spezialisierung und Komplexität. Was ich damit sagen will. Tiere nehmen ihre Umwelt nicht anders wahr als wir mit unserem "Bewusstsein" was ja lange Zeit nur dem Menschen zugeschrieben wurde. Tiere haben die gleichen Sinne und Reizrezeptoren. Inwiefern ist der Mensch also Herr über sich selbst? Wenn andere Tiere sich nur instinktiv Verhalten. Ich denke Menschen sind auf jedenfall in wesentlich geringerem Maße in der Lage sich selbst zu bestimmen, als des Individuum subjektive Wahrnehmung vermuten lässt.


Mitdenken tut nicht weh.
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Baumarkthammer
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#16 AW: Logisches Denken bei Ameisen

Beitrag von Baumarkthammer » 19. April 2012, 22:56

@The_Paranoid, ich habe nur von der öffentlichen Meinung und nicht meiner Meinung gesprochen. Meiner Meinung nach ist es natürlich so, dass mehr Tiere als nur der Mensch über die Fähigkeit des logischen Denkens verfügen. Aber versuch das mal Menschen klar zu machen, die in der Stadt leben und neben der Taube nur Katze und Hund kennen und sich mit beiden wahrscheinlich noch nie beschäftigt haben.



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