Die sehr artenreiche GattungPheidole ist unrühmlich bekannt dafür, dass kaum jemand die Arten wirklich sicher bestimmen kann. Trotzdem tauchen im Handel immer wieder „Pheidolesp.“ auf, also unbestimmte Arten, über deren Potenzial als Schadameisen bzw. invasive Neozoen man folglich keine Aussage machen kann. Wie zuverlässig die mit Artnamen versehenen Arten bestimmt sind, sei dahin gestellt.
Pheidole teneriffana wurde ursprünglich von Teneriffa beschrieben. Heute ist sie außer auf den Kanaren in Nordafrika und auf den Mitteleerinseln einschließlich Zypern verbreitet. Ein Verkauf der Art unter Pheidolesp. oder unter einem falschen Namen und damit eine Einschleppung in Deutschland ist möglich.
Der „besondere Wert“ dieser niedlich kleinen Ameisen von den Seychellen entspricht etwa dem einer Kolonie von Monomorium sp. derselben Herkunft, die sich dann als Monomorium pharaonis identifizieren lässt. :verrueckt:
Wer Schäden an der Natur oder durch Hausameisen vermeiden möchte, verzichtet auf den Erwerb und die Haltung solcher Risiko-Ameisen! Dazu gehört auch, dass man sich keine fragwürdigen Ameisen aus dem Urlaub mitnimmt oder mitbringen lässt.
Die wissenschaftliche Beschreibung von P. fossimandibula Longino, 2009 ist noch nicht einmal vollständig, Königin und Männchen sind nicht beschrieben, aber der Shop bietet Kolonien mit Königin an! Und kennt alle wichtigen Daten: „Pheidole cf. fossimandibula ist eine weit verbreitete Pheidole aus dem Tiefland Costa Ricas. Man findet sie an jedem geeigneten feuchten Standort und sie sammeln alles was verwertbar scheint. Die Majore sind sehr scheu und verbleiben meist im Nest. Ihre genaue Funktion ist noch ungeklärt. Anders als die meisten Pheidole Arten bleiben ihre Nester eher klein mit wenigen 1000 Tieren.“
Nun behauptet der Shop dies allerdings nur für eine P. cf. fossimandibula, also eine ähnliche Art! Für Ameisenhalter sollte dies doch eine unwiderstehliche Herausforderung sein, eine nicht sicher bestimmte Art zu „pflegen“, für die zwar spezifische Haltungsbedingungen, Futter, Nestsubstrat usw. angegeben werden, doch ohne Bezug auf eine benennbare Art. Da kann man wirklich nur „viel Erfolg“ wünschen! :ironie: Die biologischen Daten zur „echten“ P. fossimandibula entstammen einer Arbeit von Longino: http://www.antwiki.org/wiki/images/0/09/Longino_J_2009.pdf Auf 90 Seiten wird eine große Zahl von Arten aus Amerika revidiert. Insgesamt gibt es 1124 gültige Namen von Pheidole-Arten, wovon 2/3 in der Neuen Welt vorkommen. Bilder von P. fossimandibula sind auf S. 32, die Beschreibung auf S. 33 zu finden.
Dieses Beispiel hat scheinbar nicht allzu viel mit dem Startpost gemein, geht es dort ja eher um den Import als invasiv bekannter Arten aus Unkenntnis. Doch macht die Shop-Beschreibung für P. cf. fossimandibula stutzig: "Man findet sie an jedem geeigneten feuchten Standort", und: "...bleiben ihre Nester eher klein mit wenigen 1000 Tieren.“- Das sind schon ganz schön viele!
Wenn man sich die Größe der Tiere betrachtet und sie mit anderen Pheidole vergleicht sind die Kolonien nicht wirklich gross.
Wie kommen sie denn darauf das es keine benennbare Art ist ? Der Shop sagt doch das es sich um Pheidole cf. fossimandibula handelt. Von Myrmecia pavida wurden auch nie Königinnen beschrieben und trotzdem werden sie unter der Bezeichnung verkauft und niemand weiß was man bekommt.
Sie haben die cf. Bezeichnung selbst eingeführt und jetzt beschweren sie sich wenn ein Shop sie verwendet ? cf. ist immernoch besser als spec. und ohne ein Sammlungsexemplar als Vergleich, nur aufgrund eines Bestimmungsschlüssels ist eine korrekte Bestimmung doch eh kaum möglich.
Es ist gut auf das Risiko möglicher invasiver Arten hin zuweisen. Man sollte aber dann auch andere risikoreiche Arten wie etwa Nylanderia vividula oder Prenolepis imparis, die ja seit neuestem gerne aus Nordamerika importiert werden, nicht unerwähnt lassen.
„Wie kommen sie denn darauf das es keine benennbare Art ist ? Der Shop sagt doch das es sich um Pheidole cf. fossimandibula handelt.“
Sie sind doch studierter Biologe. Also dĂĽrften Sie wissen, dass das verkaufte Produkt eben absolut nicht sicher den angegebenen Namen verdient.
„Sie haben die cf. Bezeichnung selbst eingeführt und jetzt beschweren sie sich wenn ein Shop sie verwendet ? cf. ist immernoch besser als spec. und ohne ein Sammlungsexemplar als Vergleich, nur aufgrund eines Bestimmungsschlüssels ist eine korrekte Bestimmung doch eh kaum möglich.“
« cf. » wurde nicht von mir eingeführt; es ist ein allgemein in der Taxonomie verwendeter Hinweis darauf, dass die Bestimmung einer mit „cf.“ gekennzeichneten Art nicht gesichert ist. Die so bezeichneten Tiere sehen der genannten Art nur ähnlich! (Wozu der Händler bzw. Namengeber aber entsprechendes Vergleichsmaterial haben bzw. die genannte Art gut kennen muss). –Ich habe das Kürzel wohl in den Ameisenforen eingeführt. Näheres: http://www.ameisenwiki.de/index.php/Cf.
„Wenn man sich die Größe der Tiere betrachtet und sie mit anderen Pheidole vergleicht sind die Kolonien nicht wirklich gross.“
Der Shop zeigt kein Foto! Und ob eine Kolonie mit „wenigen 1000 Tieren“ wirklich groß ist, darüber lässt sich streiten. Es spielt auch keine Rolle, wenn man nicht weiß, auf welche Art sich die Angaben beziehen.
ANTST… macht sehr präzise Angaben über Monogynie, Gründung claustral, Nahrung, Feuchtigkeit (m. E. widersprüchlich zu der Angabe des Lebensraumes „Tieflandregenwald“ – ich war in diesem!), alles Angaben, die in der Literatur unter dem Namen P. fossimandibula (ohne cf.) nicht auffindbar sind. – Woher stammen diese Angaben, auf welche Art beziehen sie sich?
Bei Myrmecia pavida habe ich vielfach ebenfalls Myrmecia cf. pavida geschrieben, da fĂĽr die im Handel angebotenen Tiere eine sichere Bestimmung durch einen Fachmann meines Wissens nicht vorliegt.
Geben wir der Sache mal einen anderen Dreh: Was bitte hindert die Händler daran, mal einem Fachmann ein paar Tiere zur Bestimmung zu senden? Das würde so manches Problem und viele Zweifel aus der Welt schaffen! P. fossimandibula wurde erst 2009 beschrieben, durch John T. Longino, einen aktiven Ameisenexperten, dessen Adresse man leicht finden kann.
Hätte er 2009 in dem zu P. fossimandibula gerechneten Material eine Königin gefunden, hätte er sie selbstverständlich gleich mit beschrieben. Aber leider besteht das Material nur aus Arbeiterinnen, aus Fallen- und Handfängen sowie zwei unvollständig ausgegrabenen Kolonien ohne Geschlechtstiere. Wenn man ihm Arbeiterinnen, Soldaten und evtl. eine Königin zusenden würde (natürlich muss der Fachmann genaue Funddaten haben!), würde er sicher gerne die Königin beschreiben und die Artzugehörigkeit bestätigen, oder auch nicht.
Es ist davon auszugehen, wie überall im Tierhandel, dass auf den Transporten und im Händlerlager immer wieder Tiere verenden. Was damit geschieht, lässt ohnehin jeden guten Biologen oder gar Taxonomen schaudern. Eine Vergleichssammlung seiner vielen „cf.“ und „sp.“ legt sich meines Wissens keiner der Händler an. Angeregt hatte ich das schon öfter.
Auch die Myrmecia cf. pavida, die hier seit Jahren gehandelt wird, hätte man längst durch einen der hervorragenden australischen Ameisenforscher nachbestimmen lassen können. (Natürlich verlangen die Australier einen Nachweis der legalen Ausfuhr der Tiere). Immerhin ist belegt, dass es bei der „echten“ M. pavida geflügelte Gynen gibt: http://www.myrmecologicalnews.org/cms/images/pdf/volume18/mn18_25-32_non-printable.pdf Fig. 1 allerdings zeigt, dass man unter M. pavida drei „Morphen“ genetisch unterscheidet. Welche davon wird/werden bei uns verkauft? – Belegmaterial aus verstorbenen Tieren kann für die Wissenschaft sehr wertvoll sein. Davon allerdings haben die Händler allesamt keine Ahnung, und es interessiert sie nicht die Bohne. Hauptsache es wird verkauft!:mad:
Danke für den Hinweis auf Nylanderia und Prenolepis. Ich weiß das sehr wohl. Hier ging es jedoch um Pheidole cf. fossimandibula.Käufer sollten erfahren, worauf sie sich einlassen.
Naja aber bei einer Pheidole spec. würde man noch mehr die Katze im Sack kaufen besonders bei einer Gattung wie Pheidole die so eine hohe ökologische Varianz aufweist.
Eine Vergleichssammlung ist sicherlich hilfreich und wenn es nur standardisierte hochauflösende Fotos sind. Aber gerade aus dem asiatischen Raum kommen die Tiere doch vollkommen willkürlich bestimmt über den großen Teich. Im schlimmsten Fall sogar mit Fantasienamen wie Camponotus spec a.k.a xiangban . Da kann es durchaus sein das man jedesmal ne andere Art und dem gleich Namen geschickt kriegt.
Was die M. pavida angeht so wurden von mir einige Exemplare vor 3 Jahre im Zuge meiner Diplomarbeit am Museum Melbourne bestimmt und sie stellten sich als Myrmecia vindex raus. Die Arbeit die sie anführen ist sehr interessant aber leider haben die Autoren es versäumt Fotos ihrer Tiere mit einzufügen so das ein Vergleich mit "deutschen" Tieren nicht möglich ist.
- Das geht ja eigentlich nur, wenn man zwei, drei oder mehr Katzen in einem Sack kauft. Aber das ist beim Kauf einer Myrmecia cf. ... oder Pheidole cf. ... auch nicht ausgeschlossen. Merkur :fettgrins: