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Futterinsekten - Zusammenfassung

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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NIPIAN
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#1 Futterinsekten - Zusammenfassung

Beitrag von NIPIAN » 23. April 2008, 10:44

Hoi,


in einem anfallsartigen Wahn unendlichen Fleißes, entsteht hier im Laufe einiger Tage eine Zusammenfassung von Futterinsekten und ihren Eignungen bezüglich der Ameisen. Interessant für größere Kolonien, speziell für ganzjährige Sonderlinge.


Der Mensch ist von Natur aus faul und geht den Weg des geringsten Widerstandes, deshalb sollten Futtertiere:
- so gut wie geruchsneutral und
- möglichst leise sein,
- wenig Arbeit machen,
- leicht zu halten, sowie
- lecker und interessant für die Völker sein


Die Bandbreite ist gigantisch, gibt es doch vermutlich mehrere Millionen Arten an Insekten. Gut, minus etwa 12.000, weil wir wohl eher kaum Ameisen an Ameisen verfüttern (bei dem ein oder anderen Thread hier bin ich mir allerdings über die Absichten des Halters nicht so im Klaren).

Für die Zusammenfassung stehen mir 2 Bücher, einige Internetseiten und 4 Reptilienpfleger zur Verfügung:

- "Praxisratgeber Futtertiere" - F. Bruse et al
- "Futtertierzucht Lebendfutter für Vivarientiere" - Friedrich/Volland
- "Kumpels"
- div. Internetseiten, die ich auf Wunsch angeben werde


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#2 AW: Futterinsekten - Zusammenfassung

Beitrag von NIPIAN » 23. April 2008, 11:17

Haltung? Warum?

Da hier Insekten für Insekten herhalten und die "Jäger" von zuerst eher kleinerer und zahlenmäßig geringerer Natur sind, lohnt sich eine Anschaffung eigentlich nur unter folgenden Gesichtspunkten:

Die Wiesenfauna gibt zuwenig schmackhaftes her (meine verweigern die Grashüpfer et al regelmäßig), der Zoofachhandel schafft es nicht, die Mehlwürmer auch ohne Milben oder ähnliches zu verkaufen, das Volk sprengt inzwischen auch das dritte angegliederte Nestteil und zupft ungeduldig an Watte, Plastik oder Stahl; sie nehmen anstelle des kleinen Fingers gleich den gesamten Halter *börps*.

Richtig, ich schreibe von Kolonien, die durchaus der Adjektive "gefräßig" und "gigantisch" würdig sind.

Nach einer einabendlichen und völlig unpraktischen Recherche bin ich auf folgende, interessante Lebendtierchen gestoßen:
Mehlkäfer (Tenebrio molitor), Steppengrillen (Gryllus assimilis), Stubenfliegen (Musca domestica).

Weniger interessant, aber dennoch akzeptabel:
Heimchen (Acheta domesticus), Großer Schwarzkäfer (Zophobas morio)

Nicht geeignet:
Kleine/Große Wachsmotte (Achroea grisella/Galleria mellonella), Fleischfliege (Sarcophagidae), Schmeißfliege (Calliphora erythrocephala)

Alle angeführten Viecher sind gehalten worden und von Reptilienfreunden entsprechend bewertet worden. Die Bücher haben explizitere Anhaltspunkte an Nahrung und Umgebung gegeben.

Selbstverständlich muss man für diese Viecher entsprechende Lebensräume zur Verfügung stellen. Mal mehr, mal weniger kompliziert. Aber dazu später mehr.

Wenn irgendjemand andere Erfahrungen und spezifischeres Wissen hat, schreibt mir bitte ne PN.


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#3 AW: Futterinsekten - Zusammenfassung

Beitrag von NIPIAN » 23. April 2008, 11:34

Mehlkäfer:

Er ist klein, schwarz und wenn er will, dann stinkt er furchterbar.
Aber in seinen juvenilen Stadien ist er super lecker.
Laut Friedrich/Volland (2005) besteht er mitnichten "nur aus" Fett. 13% Lipide (=Fette), 23% Proteine (Eiweiß), der Rest... Wasser, Kohlenhydrate, Chitin, Mineralien.
Die Haltung gestaltet sich relativ einfach. Bei passendem Futter (z.B. Gurke+Karotte+Mehl) fängt er an süßlich zu riechen, oftmals kaum merkbar, sobald er jedoch süßlich-würzig muffig riecht, hat er seinen Vordermann angeknabbert.
Mittels Temperaturanpassung dauert die Entwicklung mal länger (=kühl), mal kürzer (=warm). Wie so'n Drehknopf.

Seine Verteidigung besteht aus kräftigem Chitin und im Puppenstadium aus einem Zweizack am Schwanzende, den er mehr oder minder geschickt kreisen lässt.


Auf Wunsch schreibe ich mehr über diesen recht zugänglichen Zeitgenossen, sofern er nicht gerade in der Speisekammer das leckere 405er (je nach Ökolage auch höherwertiger) verspachtelt.

Wertung:
"so gut wie geruchsneutral": Joah, bei entsprechender Futterlage, s.o.
"möglichst leise sein": Wenn man leise ist, hört man ihn rascheln
"wenig Arbeit machen": Feuchtfutter muss immer gewechselt werden und siehe nächster Punkt
"leicht zu halten": adulte Tiere muss man extra halten, die Eier und jungen Larven später ebenfalls. Kot muss abgesiebt werden, wird sonst muffig
"lecker und interessant für die Völker": Achtung, Chitin: Larve, ritsch, ratsch, matsch, Puppe: ritsch, ratsch, wenig matsch (wegen den mangelnden Enzymen),
"Bewegungsdrang": nach dem Messer-Massaker zumeist recht gering.


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#4 AW: Futterinsekten - Zusammenfassung

Beitrag von NIPIAN » 23. April 2008, 21:10

Steppengrillen:

Sie werden im adulten Stadium ca. 2,5cm lang, sind im Vergleich zu Heimchen recht träge, sowohl springerisch als auch fliegerisch, aber wenn sie ordentlich warm werden, geht die Post ab. Die Rede ist von Mr. & Mrs. M (guckt man sich den Kopf von oben an, sieht man die "M"-artige Zeichnung zwischen den Komplexaugen). Ihr Vorteil: entkommen sie, gehen sie zumeist zu Grunde. Heimchen werden leider unter Umständen hartnäckig.

Was wichtig ist: die Beißerchen, oder auch Mandibeln genannt, sind durchaus in der Lage Hackchitin aus den Imagos zu machen. Natürlich auch aus Gynen. Die Sprungbeine erlauben recht erfolgreiche Fluchten. Deshalb: vorher abknapsen, wenn nötig (hey, das machen wohl viele so...), oder vorher im Kühlschrank das hitzige Gemüt etwas abkühlen lassen.

Die Haltung ist einfach, die Zucht lässt sich recht leicht bewerkstelligen. Ca. 30°C und los geht (mit dem passenden Legecontainern) der Larvenboom (dann in einem zweiten Kasten). Alles an Grünzeug kann gegeben werden, über Fischflockenfutter freuen sie sich ebenfalls. Feuchtfutter (Gurken, Wassermelone etc.) logischerweise wegen dem Wasser.

Wie bei allen Insekten gilt auch bei diesem Tierchen: Je höher die Temperatur (<35°C) desto spring.

Auf Wunsch schreibe ich mehr über diese interessanten Hupfdohlen, welche von meinen Ameisen (Lasius niger, Camponotus herculeanus) sehr gerne angenommen werden (besser als Mehlwürmer).


Wertung:
"so gut wie geruchsneutral": wie Mehlwurm, futterabhängig
"möglichst leise sein": rascheln und gelegentliches leises(!!!) stridulieren
"wenig Arbeit machen": etwas aufwändiger als Mehlwürmer, machen es aber wieder wett.
"leicht zu halten": sehr ausdauernde Tierchen, die auch Haltungsfehler verzeihen *g*
"lecker und interessant": ersteres ja, zweiteres je nach Grillenzustand, von otzlangweilig bis hostel-mäßig.
"Bewegungsdrang": Mit den Beinchen ist alles drin, bei entsprechend hoher Temperatur. Selbst wenn ein paar Imagos dranhängen.


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#5 AW: Futterinsekten - Zusammenfassung

Beitrag von NIPIAN » 23. April 2008, 22:29

Stubenfliegen:

6 - 8mm groß, schwarz-grau summt und brummt es "im Haus herum". Allerdings sind nicht alle Fliegen im Haus auch automatisch Stubenfliegen. Deshalb Vorsicht: die Stubenfliege kann man ernähren, ohne dass es ernsthaft mieft.

Stubenfliegen sind, wenn sie ersteinmal an den Boden gefesselt sind, vollkommend hilflos. Die Larven sowieso. Allerdings habe ich lediglich die aulte Version verfüttert und die sind genommen worden wie bei uns Schnitzel und Pommes (Veggis: Ruhe etz!).

Die Haltung ist relativ leicht, jedoch die Zucht schon etwas komplizierter. Aber mit etwas Routine lässt auch sie sich in den Griff kriegen.
Und wenn man weiß, dass gut angefeuchtete Maden auch mal ne steile Plastik-/Glaswand hochkraxeln, dann ist man mit dem Damenstrümpfen-über-dem-Arbeitsloch gut beraten.
Der Ammoniakgeruch lässt sich leider niemals vollständig ausschalten, allerdings mittels Madenfutterkombination aus Haferflocken, Voll-Sojamehl, Milchpulver und Bierhefe stark einschränken (Friedrich/Volland). Jedoch sollten die Ausscheidungen der Maden rechtzeitig entfernt werden (Laufumgebung: Späne, möglichst oft wechseln).

Will man den armen, kleinen Stubenfliegen nicht die Flügel ausreißen, um sie leichter zugänglich für Arbeiterinnen zu machen, kann man auf maßgeschneiderte Stubenfliegen zurückgreifen, den sogenannten Terflies. Nicht nur, dass sie genetisch bedingt verkrüppelte Flügel haben, nein, sie sind dazu sogar noch blind! Toll, nicht wahr? Sehen es nicht einmal, wenn viele Chuckys auf sie zuwalzen! Von der Haltung und Zucht her ähnlich, jedoch etwas weniger produktiv.

"so gut wie geruchsneutral": wird schon kritisch, aber wer Säureausdünstungen verträgt, verträgt auch nen leichten Geruch nach Ammoniak! Viel Lüften soll ja gesund sein.
"möglichst leise sein": summen können die schon beim Fliegen... sonst angenehm mau.
"wenig Arbeit machen": na ja, je größer die Menge, desto größer die Arbeit
"leicht zu halten": befriedigend, soll ja net stinken, ne?
"lecker und interessant": ersteres klares ja, zweiteres... wer Strategiespiele auf sehr leicht spielt und gerne völlig ungefährliche Gegner mit einer gnadenlosen Übermacht plättet, wird mit diesem Futtertier seine wahre Freude haben. Sofern die Flügel vorher entfernt worden sind.
"Bewegungsdrang": Groß, vor allem, wenn eine aus dem Zuchtkasten entkommt. Ohne Flügel können sie jedoch nur weglaufen.


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#6 AW: Futterinsekten - Zusammenfassung

Beitrag von NIPIAN » 23. April 2008, 22:51

Heimchen:

Knappe 20mm, manchmal auch etwas größer, beige-braun bis dunkelbraun und irgendwie suspekt.
Stehen sie erst scheinbar harmlos neben den Riesengrillen beim Tierhändler herum, machen sie spätestens Abends lautstark von sich hören. Stridulation nennt sich das dann und raubt einem schonmal den seichten Schlaf. Nebenbei sind sie bei Zimmertemperatur lebhafter als die Genossen der Steppengrillen. Und wenn sie entkommen, dann vermehren die sich schonmal in der Speisekammer. Heißen ja nicht umsonst HEIMchen (umstrittene Namenserklärung). Und fliegen können sie auch noch!

Ansonsten gilt alles wie bei den Steppengrillen.

"so gut wie geruchsneutral": s. Steppengrille
"möglichst leise sein": rascheln und gelegentliches, gut hörbares stridulieren der adulten Tiere.
"wenig Arbeit machen": s. Steppengrille, bis auf Ausbruch
"leicht zu halten": s. Steppengrille
"lecker und interessant": ersteres ja, zweiteres je nach Grillenzustand, von otzlangweilig bis mittel-hostel-mäßig. Sind ja schließlich kleiner als Steppengrillen.
"Bewegungsdrang": Mit den Beinchen ist alles drin, bei entsprechend hoher Temperatur. Selbst wenn ein paar Imagos dranhängen. Und sie sorgen bei uns für Bewegungsdrang, wenn sie sich bei uns häußlich niedergelassen haben...

Deshalb die Abstufung "befriedigendes Zucht-Futtertier".


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#7 AW: Futterinsekten - Zusammenfassung

Beitrag von NIPIAN » 24. April 2008, 20:41

Großer Schwarzkäfer:

Er sieht fast aus, wie der große Bruder der Mehlkäfer, aber eben nur fast. Knappe 35mm wird der Käfer lang, die Larve bis zu 65mm. Damit hört die Bruderschaft allerdings schon auf. Der Kleine kann furchterbar stinken, im Vergleich hierzu stinken die großen Schwarzkäfer tödlich, wenn sie sich bedroht fühlen. Als Lebendfutter eher ungeeignet. Die Larven haben einen ähnlichen Abwehrmechanismus. Packt man sie per Pinzette, um den Chitinpanzer zu brechen, sondern sie am Boppers ne Flüssigkeit ab, die den Ameisen nicht schmeckt (-> sie suchen größtenteils das Weite). Also abwischen und dann vorgesetzt.

Aufgrund der Größe könnte man die sub-/tropisch veranlagten Tiere auch als eigenständiges Hausinsekt halten. Macht mer aber meistens net.

Ansonsten funktioniert die Haltung und Verfütterung ähnlich wie beim Heimchen. Jedoch sollte das Futter, bzw. gleich der komplette Lebensraum, auch aus Mulm, Torf und ähnlichem bestehen, wird sehr gerne von den Larven angenommen. Der Geruch erinnert dann an feuchten Waldboden. Das Gefäß sollte demnach nicht aus Holz sein, würde angeknabbert werden.

Wertung:
"so gut wie geruchsneutral": Joah, bei entsprechender Futterlage, s. Mehlkäfer sollten aber nicht unter Stress geraten.
"möglichst leise sein": Die Kerls sind friedliche Zeitgenossen
"wenig Arbeit machen": Feuchtfutter muss immer gewechselt werden, das Substrat stets feucht sein und nicht schimmlig, und siehe nächster Punkt
"leicht zu halten": adulte Tiere muss man extra halten, die Eier und jungen Larven später ebenfalls. Substrat regelmäßig wechseln wird sonst muffig, braucht hohe Luftfeuchte für eine deutlich erfolgreiche Zucht.
"lecker und interessant für die Völker": wie bei den Mehlkäfern. Jedoch vertreiben die Exsudationen zumindest Lasius niger-Imagos zeitweise erfolgreich.
"Bewegungsdrang": die Larven sollte man schonmal anritzen, Puppen wie bei Mehlkäfer.

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#8 AW: Futterinsekten - Zusammenfassung

Beitrag von NIPIAN » 24. April 2008, 21:05

Kleine/Große Wachsmotte:

"Wachsmaden im Brei" liest sich die Packung. Dann dreht man das Plastikbehältnis erstaunt hin und her und wundert sich über Unmengen an scheinbar gewöhnlichem AleteBrei mit Holzspäne, aber keine sichtbare Wachsmade. Klar, die Maden sind lichtscheu und haben sich vollständig in den Klumpen zurückgezogen. Dolles Ding. Zu Hause stellt man das Ding dann ins Regal mit Schiebetür und freut sich auf die nächste Fütterung. Zum Glück guckt man erwartungsvoll am übernächsten Tag in die dunkle Ecke... erstaunlich, die Viecher können eine Regalwand hochkraxeln und sich offensichtlich durch Plastik nagen. Na subba.
In der Fachliteratur heißt es dann noch so schön: "Entkommene große Raupen können Löcher in Bücher und Polstermöbel fressen oder hinter Tapeten kriechen" (Friedrich/Volland - 2005). Hätte man das nur vorher gelesen.
Und die Tatsache, dass sich diese Viecher von Honigwaben ernähren. Es werden dann noch 2 Alternativrezepte genannt, wenn der (Hobby-)Imker lieber Kerzen aus dem Nebenprodukt seiner Stöcke macht, die einiges an Gepansche erfordern, aber wohl ordentliche Resultate erzielen. Ich hab die Viecher kurzerhand verfüttert. Klappt recht gut, solange die Corpus nicht zu lange herumliegen. Vertrocknen einfach, nachdem sie matschig geworden sind.
Zucht hab ich nicht ernsthaft probiert. Bin ja von Natur aus faul^^.

Wertung:
"so gut wie geruchsneutral": Jepp, sind sie. Selbst das Substrat riecht irgendwie angenehm.
"möglichst leise sein": hab keinen Piep gehört, nicht mal beim durchs-Plastik-fressen.
"wenig Arbeit machen": Wenn man nicht züchtet, dann gehts. Hatte ja nur die gekauften Exemplare.
"leicht zu halten": das Aletezeug reicht für knapp 2 Wochen, dann hat's geschimmelt.
"lecker und interessant für die Völker": ein gigantischer Protein-Wackelpeter
"Bewegungsdrang": kann ziemlich flott werden, selbst Glas wird erklommen.

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