Camponotus cf. ligniperda - hohe Sterblichkeit

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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jonny
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#1 Camponotus cf. ligniperda - hohe Sterblichkeit

Beitrag von jonny » 31. Juli 2008, 21:40

Hallo Forum

Ameisen haben mich schon lange fasziniert und ich habe in diesem Jahr erstmals zwei Lasius ssp. gefangen, die z.Zt im Reagenzglas gründen. Hier läuft alles bestens.

Nun zur Kolonie: Diese habe ich in unserem Garten gefangen (Süddeutschland, geologischer Übergang vom tertiären Hügelland zur Münchner Schotterfläche). Sie nisteten in einem Stapel alter Teppiche (feucht, sehr warm, direkte Sonne, handtellergroße weiße Pilzmycele) und Planen die dort weg mussten. Den Zufall nutzend habe ich die Ameisen mitsamt Königin und Brut in einen Eimer geschüttelt. Einen großen Teil der Ameisen die entkommen sind, konnte ich später noch nachfangen, da die Tierchen ihre Brut in Verstecke unter Steinen und Brettern trugen. Ich habe versucht die Ameisen mit Hilfe eines Schüssels zu bestimmen und tendiere stark zu Camponotus ligniperda. Ganz sicher kann ich das nicht sagen, ich bin kein Biologe. Dennoch: Die Merkmale zur Unterscheidung Formica / Camponotus sind eindeutig, die Merkmale zur Unterscheidung zur holzzersetzenden Camponotus herculaneus desgleichen. Die Größe der Kasten passt ebenfalls. Der 'Mandibelkampf', also das ruckartige Vorschnellen und zurückweichen lässt sich gut beobachten, die Tierchen suchen sich gern warme Stellen und verstecken sich unter Steinen. Auch das soziale Füttern ist stark ausgeprägt. Jetzt bitte nicht schimpfen, dass ich die Tierchen gefangen habe, lasst euch sagen bei uns im Garten gibts viel Totholz dass mit der Erde in Verbindung steht, unter fast jedem Stock ist ein Ameisennest, nie wäre ich auf die Idee gekommen eines auszugraben. Das besagte Nest musste sowiso umgesiedelt werden, nur hab ich den Ameisen die Entscheidung abgenommen wohin. Die ursprüngliche Koloniegröße schätze ich auf 500+ Exemplare, etwa 300 davon habe ich erwischt. Da die Planen erst seit Mitte März dort lagen kann sich die Kolonie dort nicht entwickelt haben. Etwa 10 m von dem Ort entfernt steht ein alter Apfelbaum, der innen morsch ist (BHD 60, 1/3 Restwandstärke). Er beherbergt ein verlassenes Ameisennest, dessen Gänge in der Größe zu den Camponotus passen würden.

Später habe ich diese dann in ein 60 x 30 Formicarium umgesiedelt, das mittels eines Schlauches an zwei 30 x 20 x 5 Ytong Nester angeschlossen ist. Eines davon ist partiell leicht beheizt (3 W). Ein 10 x 20 Formicarium ohne Einstreu dient als 'Müllhalde'. Das große Formucarium ist ca. 2 cm hoch mit runden Blähton (Duchmesser ca 6 mm - 10 mm) gefüllt, darüber eine Schicht granuliertem Blähtons, mit ca 2 mm - 5 mm Korngröße. Als Verstecke wurden einige flache Ziegelstücke aufgehäuft. Die Ameisen haben sich zunächst darunter verkrochen und dort die Brut in Sicherheit gebracht, haben aber bald den Weg in die Ytong Nester gefunden, wobei die beheizte Kammer bevorzugt wird. Am Formicarium ist eine zeitgesteuerte, vibrationsarme (mechanisch entkoppelte) Lüftung integriert die die relative Luftfeuchte zwischen 70% und 85% hält. Der Boden wird täglich mit einer feinvernebelnden Sprühflasche befeuchtet. Die Nester bekommen täglich 5 ml entkalktes Wasser (Britta Filter). Die Temperatur im Formikarium entspricht der Zimmertemperatur von z.Zt 22-27 Grad Celsius.

Gefüttert werden die Ameisen mit Honig / Zucker Lösung, die in kleinen Tropfen angeboten wird. Diese wird sehr gut angenommen (mehrere ml / Tag). Ab einer Tropfengröße von ca. 2mm Durchmesser fangen die Majorarbeiterinnen jedoch an, Steine in die Tropfen zu legen, wohl um Unfälle zu verhindern. Die Ameisen verkleben sich nämlich gerne, wie ich feststellen musste. Mäßig angenommen wird auch Vitamin-Fruchtsirup.
Schwieriger ist mit der tierischen Nahrung. Frisch gefangene Stubenfliegen werden mäßig angenommen, Regenwürmer ebenso. Heimchen werden meist verschmäht, ebenso Proteinjelly, diverse angeschnittene Maden und Mehlwürmer. Sämtliche konservierten Insekten (Can 'o Crickets) werden verbuddelt. Ich habe den starken Verdacht, dass die Proteinnahrung für die Menge an Ameisen nicht ausreicht. Dennoch hat eine hohe Anzahl der im Nest befindlichen Majorinen ein dickes Gaster mit weißen Dehnstreifen.

Verlauf der Sterblichkeit: Dass es nach dem Stress der rabiaten Umsiedelung zu Todesfällen kommt war absehbar. In den ersten vier Tagen starben ca. 10 Ameisen pro Tag, dann ging die Sterblichkeit 3 Ameisen pro Tag für etwa eine Woche zurück. Nach den ersten zehn Tagen starben dann wenige / keine weiteren Ameisen. Jetzt habe ich die Ameisen bereits acht Wochen, mittlerweile lässt sich wieder eine erhöhte Sterblichkeit (1-3 /Tag) verzeichnen. Alle toten Tiere werden in das kleine Formicarium getragen, ebenso wie 'Essensreste' der Futterinsekten. Dieses Formikarium wird nicht befeuchtet.

Aktivität: Die Besiedelung der Nester ging rasch vonstatten, die Mehrzahl der Ameisen hält sich dicht gedrängt im Y-Tong auf. Tagsüber sind die Tiere eher träge, nachts sehr aktiv. Wird der Deckel des Formikariums nachts geöffnet wuselt alles wie wild durcheinander, tagsüber (beim Füttern) nehmen sie kaum Notiz davon.

Brut ist immer noch reichlich vorhanden, Larven und Puppen, Eier sind jedoch keine erkennbar. Es könnte sein, dass diese versteckt liegen, es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass die Königin zur Zeit gar keine Eier legt. Täglich schlüpfen fünf bis zehn Puppen, was an den leeren Puppenhüllen auf der Müllhalde erkennbar ist. In den ersten Tagen wurden Nackpuppen verspeist, dieses Verhalten ist mittlerweile nicht mehr feststellbar.

In der letzen Woche sind mir zwei geflügelte, noch nicht ganz ausgefärbte Ameisen aufgefallen, die von einem Y-Tong Nest ins andere wechselten.

Heute habe ich etwas sehr beunruhigendes festgestellt: Die Königin sitzt seit Stunden im Schlauch (im Licht). Zuvor hat sie sich stets im Dunkeln aufgehalten, zuerst im Formikarium unter den Steinen, später im Ytong. Ein Wechsel erfolgte außschießlich Nachts. Sie verhält sich aphatisch, liegt teils auf der Seite, teils lange sehr still, teils zucken Fühler und Beine. Zeitweise nimmt die Futter von den Arbeiterinnen an, dabei zucken Fühler der Fütternden Ameise und der Königin sehr hektisch. Arbeiterinnen belecken die Königin. Diese beleckt von Zeit zu Zeit (ca jede Stunde) ihr eigenes Gaster. Ob sie Eier legt und diese frisst konnte ich nicht erkennen. Wenn die Königin Aktivität zeigt (Zucken der Extremitäten) fangen die Arbeiterinnen an, diese zu pflegen. Liegt sie still da, nehmen die Arbeiterinnen keine Notiz von Ihr und laufen über Sie hinweg. Zeitweise ist sie dann auch alleine, ohne pflegende Arbeiterinnen. Es sieh also nicht gut aus, noch lebt sie aber.

Die Begutachtung einiger toter Arfbeiterinnen bei 20 facher Vergrößerung brachte nichts ungewöhnliches zum Vorschein. Alle Futtertiere aus der Zoohandlung wurden abgebrüht. Dennoch konnte ich im Formikarium verschiedene andere, sehr kleine Insekten feststellen, die wohl mit den Ameisen umgezogen sind. Ggf. kamen diese auch mit dem Blähton, der zwar eingeschweisst war, jedoch schon länger im halboffenen Schuppen lagerte.

Nun, so weit meine Schilderung der Lage. Vielleicht habt Ihr ja Tipps für mich, was ich besser machen könnte, was mögliche Gründe für die hohe Sterblichkeit sein könnten und was mit meiner Königin los ist.

Viele Grüße

jonny



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#2 AW: Camponotus cf. ligniperda - hohe Sterblichkeit

Beitrag von indy » 1. August 2008, 10:31

Hi jonny!

Erstmal herzlich wilkommen im Forum.
Wäre dein Thrad doch beinahe aus dem Portal gerutscht...
Möglicherweise schimmeln die organischen Materialien.
Ansonsten weiß ich auch nicht weiter...
villeicht antwortet ja noch jemand, dem da noch mehr Möglichkeiten einfallen.

beste Grüße

indy



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Boro
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#3 AW: Camponotus cf. ligniperda - hohe Sterblichkeit

Beitrag von Boro » 1. August 2008, 14:11

Hallo jonny!
Zuerst möchte ich dich herzlich im Forum begrüßen!
Ich sehe, du gibst dir große Mühe und schreibst einen sehr guten Zustandsbericht in wohltuendem, richtigem Deutsch!
Nun, mit Ferndiagnosen ist das so eine Sache! Ich will daher nur kurz erwähnen, was mir auffällt:
1. Die Zusatzbeheizung würde ich sofort einstellen und ganz abschaffen. Heimische Ameisen brauchen bei Zimmerhaltung keine zusätzliche Wärmequelle. Das führt zum "Turboeffekt", wie ich das bezeichne:
http://www.ameisenforum.de/europaeische-ameisenarten-allgemeines/wann-und-wie-lange-winterruhe-t33222.html
Ständig gleichbleibend hohe Temperaturen ohne Tag-Nacht-Schwankung können für die Tiere überdies schädlich sein!
2. Möglicherweise liegt die Luftfeuchtigkeit etwas zu hoch! Du führst zu den Nestern täglich 5ml Wasser zu? Bei mir wird der Wassertank im Ytongnest einmal in der Woche mit Wasser gefüllt. In der Natur gilt Camponotus ligniperda als thermophil und kommt auch an ziemlich trockenen Stellen vor. Mit dem zusätzlichen täglichen Benebeln mit Hilfe der Sprühflasche kann man die Sache übertreiben.
3. Nimm dir ein paar tote Ameisen und betrachte sie unter der Lupe od. noch besser unter dem Mikroskop, vielleicht kannst du Milben oder irgendeine Pilzinfektion feststellen.
4. Um C. ligniperda eindeutig zu bestimmen, musst du kein Biologe sein. Wenn man die Unterschiede zu Camponotus herculeanus kennt, gibt es keine andere Verwechslungsmöglichkeit in Mitteleuropa. Siehe hier:
http://www.ameisenforum.de/fotoberichte/29961-grosse-mitteleurop-camponotus-arten.html
Beste Grüße von Boro



jonny
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#4 AW: Camponotus cf. ligniperda - hohe Sterblichkeit

Beitrag von jonny » 1. August 2008, 14:30

Hallo Forum,

Erstmal vielen, herzlichen Dank für die Antworten. Ein paar sehr nützliche Hinweise habe ich ja bereits erhalten. Die Zusatzheizung im Nest habe ich abgestellt, die Luftfeuchtigkeit werde ich in einem Nest etwas senken, durch weniger Wasserzugabe.

Schimmel habe ich von Zeit zu Zeit in der Arena, da Futtetiere nicht immer gefressen werden. Diese werden entnommen, so bald ich das feststellen kann. Hier nehme ich mit einem Löffel auch immer etwas Substrat mit, um möglichst viel vom Mycel zu erwischen.

Zur Artbestimmung: Wäre ich mit der Art nicht relativ sicher, hätte ich nur die Gattung genannt. Da Fundort und Lebensraum bekannt sind, Exoten also auszuschließen gibt es nur wenige Arten die in Frage kommen. Und da findet sich in der Universitätsbibliothek Fachliteratur die eine ziemlich eindeutige Bestimmung der Art ermöglicht. Jedoch würde ich mir nicht anmaßen wollen die Art mit 100%iger Sicherheit zu bestimmen, dazu fehlt mir die Erfahrung im Umgang mit Bestimmungsschlüsseln bei Insekten. Ich gehe jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit davon aus, dass es sich um Camponotus ligniperda handelt, da die Gattung sicher bestimmbar ist und andere Arten dieser Gattung ausgeschlossen werden können. Auch habe ich kein Merkmal finden können das Camponotus ligniperda ausschießen würde.

Ich hätte noch ein paar generelle Fragen, auf die ich im Forum bei der Suche keine konkreten Antworten gefunden habe. Zum Fressen: Wie viel frisst denn ein Ameisenstaat dieser Größe unter normalen Bedingungen? Eher 10 Stubenfliegen am Tag eher 20 oder eher 2? Ich habe festgestellt, dass organisches Material sehr schnell vergraben wird und dann zu Schimmeln anfängt und entnommen werden muss. Tote Tiere werden sehr schlecht angenommen, halbtote Fliegen, verletzte Regenwürmer und Tausendfüßler besser. Ich bin immer noch sehr unsicher was die Menge an Futterinsekten angeht. Ich versuche möglichst vielfältig zu füttern und immer Honigwasser, sowie Frischwasser (in Tropfen) bereitzustellen. Hier habe ich schon gemerkt, dass nur kleine Tropfen gefressen werden, ab einem bestimmten Duchmesser fangen die Majorarbeiterinnen an Steine hineinzulegen. Frischwasser wird nur in sehr geringem Maße aufgenommen, die Verwendung einer Ameisentränke ist nicht möglich, da diese sofort zugebuddelt wird und dann das Wasser ausläuft. Ich spiele mit dem Gedanken eine 'Fütterungsstation' zu bauen wie sie in Gößmann 'Die Waldameise' beschrieben wird. Dies ist ein Glasdeckel mit einer umlaufenden Rille in die Honigwasser aus einem nach unten offenen Glaszylinder fließen kann. Der Zylinder steht auf dem Glasdeckel und ist mit der Rinne in Verbindung, so dass diese immer gefüllt ist.

Zur Befeuchtung und Temperatur: Wie hoch ist die optimale Luftfeuchte in der Arena? Eher um die 70%, eher 85% oder doch niedriger? Wie sollte die Temperatur sein? Ich habe gelesen, dass die Art sehr termophil ist, vielleicht sollte ich die 3 W Heizung an einer Ecke des Terrariums installieren? Die Tag / Nacht Schwankungen der Temperatur sind in meinem Zimmer unter dem Dach natürlich viel geringer als im Freien. Kann diese Umstellung mit den anhaltenden Todesfällen zu tun haben? Sollte ich den Ventilator in meinem Zimmer vielleicht nachts laufen lassen und das Fenster öffnen? Die Zimmertemperatur liegt zur Zeit (sehr sonniger Nachmittag) bei 26 Grad Celsius. Ist dies vielleicht sogar zu viel? Sollte ich für noch mehr Belüftung in der Arena sorgen? Zur Zeit läuft der Lüfter von 8 Uhr Morgens bis 22 Uhr alle zwei Stunden für 15 Minuten. Nachts ist er aus.

Zur Größe der Arena: In der kleinen Abfallarena (kein Futter, keine Befeuchtung) halten sich stets 5-15 Arbeiterinnen auf, die mehr oder weniger untätig sind. In der großen Arena (60 cm x 40 cm) sind ständig etwa 50 Exemplare unterwegs, die mit Futtersuche oder 'Terraforming' beschäftigt sind. Es ist höchst erstaunlich wie viel Material die Kleinen in einer Nacht bewegen können. Die Steinverstecke werden ständig erweitert und ausgebaut. Der größte Teil der Kolonie befindet sich mit samt der Brut in den Ytong-Nestern. Ich gehe davon aus, das ein kleiner Teil der Brut sich im Steinversteck befindet, dies ist nicht einsehbar wird aber stets gut bewacht. Ich frage mich ob der Platz für eine Kolonie dieser Größe ausreichend ist. Ich spiele mit dem Gedanken eine weitere Arena (40 cm x 20 cm) anzuschließen, bin mir aber über die Einrichtung noch nicht völlig im klaren. Ich habe schon über angemorschtes Holz nachgedacht, dass ich zuvor in der Mikrowelle sterilisieren würde. Dies müsste jedoch aufgrund der Schimmelgefahr wohl trocken gehalten werden. Auch schränkt dies sicherlich die Beobachtungsmöglichkeiten ein, wäre aber natürlicher.

Dann zum Königin Problem. Hier vorneweg noch ein bischen mehr über den Aufbau meines Formikariums: Die zwei Ytong Nester sind mit einem relativ steilen Schlauch (1/2 Zoll) spiralig verbunden. Am Anfang hatten alle Ameisen Schwierigkeiten diese Steigung zu überwinden und haben diesen nur sehr vorsichtig erkundet. Daher wurde zunächst Nest 1 Besiedelt, dass auf kurzem Wege an die Arena angeschlossen ist. In Nest 1 sind nur wenige Kammern frei, die meisten sind mit Substrat gefüllt. Nest 2 bietet dahingegen viel mehr Platz. Die Königin wechselte bereits nach wenigen Tagen von ihrem Versteck in der Arena in Nest 1. Die Minorarbeiterinnen flitzen mittlerweile sehr flott durch den Schlauch. Am Anfang brauchten sie fast 15 Minuten für die Strecke von etwa einem Meter, mittlerweile schaffen sie das in wenigen Sekungen. Die Majorarbeiterinnen laufen langsamer hoch als die Minorarbeiterinnen, haben jedoch mittlerweile auch keine Probleme mehr die Steigung zu überwinden.

Die Königin liegt nun seit gestern morgen in beschriebener Weise im Schlauch und zwar an der Stelle an der die Steigung beginnt. Zunächst lag der Kopf in Richtung unten, heute weist der Kopf aufwärts. Es sind meist Arbeiterinnen bei ihr, gelegentlich sind Fühlerkontakt sowie ein Belecken festzustellen, manchmal ist die Königin jedoch auch alleine. Ihr aphatisches Verhalten (reagiert teils nicht auf das Befühlern der Arbeiterinnen, liegt auf der Seite, gelegentlich zuckt ein Beinchen) macht mir Sorgen. Es ist vorstellbar, dass sie in das obere Nest 2 wechseln soll, dies aber nicht kann oder will. Vielleicht gibt es jedoch auch ein anderes Problem, das ich nicht direkt sehe. Würde die Königin sterben, wäre die Kolonie mit ziemlicher Sicherheit nicht dauerhaft überlebensfähig, da bei dieser Koloniegröße die Adoption einer fremden Gründergyne sehr unwahrscheinlich scheint. Ich würde sie trotzdem behalten, es wäre jedoch sehr schade eine dem Untergang geweihte Kolonie zu pflegen. Gibt es irgend etwas dass ich für die Königin im Schlauch tun kann? Abdunkeln, kühlen, für Venilation sorgen (schwierig)? An sonsten muss ich einfach geduldig abwarten, wie sich die Sache entwickelt.

Vielen Dank für eure Tipps bis hierher. Vielleicht findet sich ja hier ein erfahrerer Camponotus Halter, der gerne seinen erworbenen Wissenschatz mit einem Neuling wie mir teilt. Ich bin als Neuling in der Ameisenhaltung gleich mit einer großen Kolonie eingestiegen. Diese Kolonie ist in Freiheit aufgewachsen, was für die Ameisen eine riesige Umstellung bedeutet. Ich hatte unsprünglich nicht vor mit einer Kolonie zu beginnen, sondern wollte mit einer gründenden Gynde (Lasius ssp.) anfangen. Alledings konnte ich nicht wiederstehen, als ich die Camponotus Kolonie bei uns im Teppichhaufen gesehen habe. Hätten wir die Teppiche nicht dort entfernen müssen, hätte ich dieses Biotop nie zerstört. Ich möchte niemanden der dies liest dazu animieren Ameisenkolonien bei sich im Garten auszubuddeln (schon gar nicht in freier Natur!) und möchte ernsthaft und aufrichtig von den Problemen berichten, die sich mir als Neuling stellen. Ich verbringe zur Zeit am Tag mindestens zwei Stunden mit Futtersuche (Insekten aus dem Garten), Beobachtung und Hygiene der Arena. Das Rauchen habe ich in dem betreffenden Zimmer eingestellt. Es ist ein ernsthaftes Hobby dass wie alle anderen Hobbies Zeit und Geld verschlingt und es geht um (empfindliche) Lebewesen. Es ist mir ernst mit der Ameisenhaltung und ich habe bereits im Winter damit begonnen Fachliteratur und Foren zu durchstöbern. Selbst bei allen guten Ansätzen kann ich nicht umhin zuzugeben, dass ich die Anlage noch nicht wirklich beherrsche. Immer noch sterben etliche Ameisen und ich bin mir nicht sicher ob ich es schaffen werde die Kolonie dauerhaft und gut zu pflegen, so das den natürlichen Ansprüchen dieser Tiere in ausreichendem Maße Rechnung getragen wird.

Viele Grüße

jonny

Nachtrag: Auch nach intensiverer Untersuchung verschiedener toter Ameisen konnte ich nichts ungewöhnliches feststellen. Die Körperhaltung ist gestreckt oder allenfalls leicht gekrümmt, die Beine sind angewinkelt. Es sind bei 20 facher Vergrößerung äußerlich keine Parasiten erkennbar.

Noch eine Frage: Ist die Entwicklung einzelner, geflügelter Tiere in dieser Jahreszeit normal?



jonny
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#5 Fotos

Beitrag von jonny » 1. August 2008, 20:33

Hallo und guten Abend nochmal...

Hier ein paar Fotos, leider in fürchterlich schlechter Qualität. Aber vielleicht erleichtert das die Ferndiagnose und verdeutlicht den Aufbau meines Formikariums.

Rechts unten steht das Becken, links daneben das viel kleinere 'Abfallbecken', dahinter Nest 1. Darüber steht Nest 2, rechts daneben eine weitere Farm mit einer Lasius Gründergyne (nicht verbunden). Die Königin sitzt im spiralförmigen Schlauch, direkt über dem Abfallbecken, dort wo die Steigung beginnt. Leider ist sie nur als schwarzer Fleck zu erkennen. Sollte ich mal eine bessere Kamera ausgeliehen bekommen, liefere ich gern bessere Fotos nach.

Was ich mir wünsche: Kritik und Anregungen, was man besser machen könnte um es den Ameisen so gemütlich wie möglich zu gestalten. Ich spiele u.a. mit dem Gedanken oben rechts neben Nest 2 ein weiteres Becken (ca. 40 x 20 x 20) zu installieren, weiß aber noch nicht wie ich es gestalten werde.

Zunächst würde es mich sehr freuen, wenn sie die Königin mal wieder in eines der beiden Nester setzen würde und anfangen Eier zu legen.

Verlauf der Königin: Die ersten Tage nach der Zwangsumsiedlung im Becken, zentral unter dem Steinhaufen. Die später gefangenen Ameisen (siehe erster Post) wurden zunächst ins Abfallbecken gefangen (mit Brut). Dieses wurde dann unten an Nest 1 angeschlossen. Die Arbeiterinnen begannen nach wenigen Stunden mit dem Transport der Brut in die untere Kammer von Nest 1. Nach 3 Tagen zog die Königin in die obere Kammer von Nest 1 um. Die Besiedelung von Nest 2 ging, nach ausführlicher Erkundung durch die Arbeiterinnen, nur zögerlich vonstatten. Seit ca. einer Woche haben die Arbeiterinnen sich in der ersten, großen Kammer versammelt. Jetzt liegt die Königin schon seit gestern morgen an besagter Stelle im Schauch und zuckt gelegentlich. Sie bewegt sich sehr wenig. Eier legt sie offensichtlich auch keine. Es lässt sich nicht feststellen, dass die Arbeiterinnen versuchen würden die Königin nach oben zu bugsieren, genau so wenig wird sie zurück geschubst.

Gibt es irgend etwas das ich in der momentanen Situation tun sollte? Möglichst wenig stressen, in Ruhe lassen und abwarten?

Vielen Dank!

jonny
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Schlauchverzweigung.JPG
Schlauch.JPG
Nest2.JPG
Nest1.JPG
Koenigin_in_Schlauch.JPG
Formicarium_gesamt.jpg
Eingang_Becken.JPG
Arena.JPG
Abfallbecken.JPG



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shar
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#6 AW: Fotos

Beitrag von shar » 2. August 2008, 10:59

Servus.

Habe/hatte ja die letzten Tage ähnliche Probleme mit meinen Temnothorax unifasciatus. :(
Die Luftfeuchtigkeit ist meines Wissens viel zu hoch, weswegen u.a. du auch das Schimmelproblem hast bzw. dadurch weiter begünstigt wird.
Ich würde mal die Nester trockener halten und die Arena/Becken sowieso gänzlich trocken.
Dann im Becken mal den Deckel weg lassen, sofern dein Ausbruchschutz funktioniert! So ein Deckel lässt die Luftfeuchtigkeit aus eigener Erfahrung teils massiv hochschnellen.
Vielleicht auch ein Nest ganz/fast austrocknen lassen und das andere leicht feucht halten, so haben sie die eigene Wahl.
Die Verbindung zw. den beiden Nester sollte bzw. wäre wohl besser, wenn sie auch abgedunkelt wäre, den so sehen die Ameisen beide Nester als unabhängige für sich allein stehende an.

Da ich bei meinem Problem auch irgendwie die Verbindungschläuche in Verdachte hatte, habe ich diese auch ganz weg gehauen - meine haben irgendwie leicht gerochen, nach was kann ich nicht sagen. Die Schläuche hab ich aus dem Baumarkt.

Und was ich auch machen würde wäre, die Nester, trotz roter Folie noch zusätzlich mit einem Pappdeckel o.ä. richtig abzudunkeln.
Es wird zwar gesagt, daß Ameisen rotblind wären aber ich bin mir da, auch aus eigener Erfahrung nicht so ganz sicher, ob sie nicht doch eine gewisse Beleuchtung durch diese Folie wahr nehmen. Meine C.l. (1 Gyne, 4 Pygmäen und Brut), die noch im RG sind, reagieren oft darauf, wenn ich die Alufolie die ich noch zusätzlich über der Folie habe weg schiebe und war wird immer in Richtung Lichtquelle "gefühlert", schiebe ich sie wieder ein Stück zurück, soweit, daß ich sie gerade noch sehe, kehrt wieder ruhe ein.
Gleiches kann ich bei meiner Lasius cf. niger-Gyne die im Ytong gründet feststellen!

Zum Anbieten von Wasser. Weis nicht wie lange du immer daheim bist aber ein Tropfen kann schnell verdunsten.
Probier mal folgendes aus, was sich bei mir bisher sehr gut bewährt hat:
Kleine 2cl-Spritze nehmen. Die abstehenden Flügel abschneiden.
Den Kolben raus und bis auf ca. 1cm abschneiden, sodaß du etwa 1cm von dem Teil über hast, der in der Spritze sich befindet. Diesen wieder in die Spritze rein, womit du das Loch für die Kanüle abdichtest.
Dann mit Wasser randvoll auffüllen und ein Stückchen Watte reinstecken, sodaß dieses zwar richtig feucht ist aber kein Wasser auslaufen kann - fertig.
Den Wasserspender stellst du dann schräg irgendwo auf, daß die Öffnung bisschen höher liegt. Das Wasser verdunstet kaum und die Ameisen können jederzeit sich aus der Watte Wasser saugen und du siehst sofort, wieviel noch drinnen ist.


Grüßle ~Shar~


Eine Gesellschaft, die ihre Freiheit zu Gunsten ihrer Sicherheit opfert, hat beides nicht verdient. (B.F.)
Und wenn noch so oft ethisch/moralische Fanatiker mich wegen d. Meinungsäußerungen in einer Diskussion neg. bewerten, ändert dies nichts an meiner geäußerten Meinung und der Tatsache, daß ihre Ethik & Moral nicht die einzig wahre und richtige auf dieser Erde ist!

jonny
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#7 AW: Camponotus cf. ligniperda - hohe Sterblichkeit

Beitrag von jonny » 3. August 2008, 22:54

Hallo Forum,

Zunächst zum Verhalten der Königin: Da sie sich nicht von der Stelle bewegt hat, habe ich Nest 2 auf das gleiche Niveau wie Nest 1 gebracht, so das die Schlauchverbindung keine Steigung mehr aufweist. Dies veranlasste die Königin tatsächlich zum Wechsel in die große Kammer rechts unten von Nest 2. Dort sitzt sie, von Arbeiterinnen umringt, an der Decke.

Die Nestkontrolle hat weiterhin folgendes ergeben: In Nest 2 befinden sich 2 geflügelte Tiere, die nicht in die Arena wechseln. Es sind mehrere Haufen von Larven verschiedener Größe erkennbar. Des Weiteren ist ein Haufen mit Puppen vorhanden. Eier konnte ich keine erkennen. Liegt das daran dass die Königin keine Eier legt, oder sind die nur einfach schwer zu erkennen? Wenn keine Eier mehr gelegt würden: Liegt das evtl. an falschen Haltungsbedingungen oder kann das durch den 'Umzugsstress' und die veränderten Umweltbedingungen hervorgerufen werden?

Zur Größe des Formikariums: Ist das 60 cm x 40 cm Becken für dieses Jahr noch ausreichend, oder sollte ich baldmöglichst mehr Platz schaffen, wenn ja, wie viel mindestens?

Nun zu den Tipps von shar: Erstmal vielen Dank, das hört sich alles plausibel und hilfreich an. Vielen Dank auch für den Tipp mit dem Wasserspender, vielleicht kann man die Idee sogar noch Perfektionieren um mehreren Arbeiterinnen gleichzeitig das Trinken zu ermöglichen. Gibt es Ideen, Konstruktionen zur Honigfütterung?

Zu der Luftfeuchte: Den Deckel kann ich leider nicht unbeaufsichtigt offen lassen, da das PTFE nicht optimal aufgetragen ist. Während der Winterruhe werde ich den Streifen erneuern, diesmal verdünnt und nach der Fliesstechnik. Die Luftfeuchte kann ich jedoch durch weniger sprühen und den Lüfter gut regeln. Hierzu die Frage: Welche Luftfeuchte wäre denn optimal für das Becken? Etwa 65% oder noch weniger? Etwas sprühen muss ich schon, oder eben alternativ auf die Bepflanzung mit Tilsandien verzichten. Die Befeuchtung des Nests ist mit einem Loch im Ytong realisiert in der eine wattegefüllte Filmdose mit kleinen Löchern steht. Wenn 5 ml am Tag recht viel scheinen, was wäre ein Richtwert für die Größe meines Ytong Steines (30 x 20 x 5)? Wie kontrolliert man die Feuchte am besten, da die Verdunstung ja temperaturabhängig ist? Im Nest befinden sich keine Messgeräte. Hinter den Kammern könnten Thermometer angebracht werden, wie aber stellt man die Feuchte des Steines fest und wie sollte diese bestenfalls sein?

Zum Abdunkeln des Nests: Da ich einfache Rotfolie verwendet habe, kann ich shars Beobachtung bestätigen. So bald ich mit der Taschenlampe ins Nest leuchte, lässt sich eine Reaktion feststellen (Tasten mit den Fühlern, erhöhte Aktivität und Beginn der Umlagerung von Larven bei längerer Bestrahlung. Also habe ich die Nester mit einer Pappkartonklappe zusätzlich abgedunkelt. Frage hierzu an diejenigen unter euch die Farbfilterfolie verwenden: Konntet Ihr ebenfalls eine Reaktion der Ameisen auf Licht beobachten? Wenn nein, wo habt ihr eure Farbfilterfolien bezogen? Gibts da im Internet Quellen dafür oder sollte ich mich eher an ein Fotofachgeschäft wenden? Leider habe ich keine Untersuchungen darüber zur Hand, für welche Wellenlängen die Komplexaugen und die Occellen sensibel sind. Daher ist es wohl auch schwierig eine Filter-Folie zu finden, es für die Ameisen wirklich dunkel macht. Wie habt Ihr das gelöst? Eine gute Filter-Folie würde den Stress nehmen, wenn die zusätzliche Verdunkelung bei der Nestkontrolle entfernt wird und dauerhaft eine gute Beobachtung ermöglichen.

Zu den Verbindungsschläuchen und der Anordnung der Nester: Die beiden Nester werden von den Ameisen wohl tatsächlich als unabhängig betrachtet, da ja ein langer, steiler und heller Weg dazwischen liegt. Jedoch finde ich die im Schlauch krabbelnden Ameisen überaus reizvoll anzusehen und es ist schwierig die Nester jetzt noch so umzugestalten, dass diese nebeneinander stehen. Dass sich der Nestwechsel für die Königin so schwierig gestaltet habe ich nicht geahnt, die Arbeiterinnen scheinen auch beim Tragen von Steinen oder Puppen keine Probleme mehr zu haben. Ich gehe nicht davon aus, dass zwei räumlich getrennte Nester wesentlich zur noch immer hohen Sterblichkeitsrate beitragen, falls die Kolonie in Nest 2 genügend Platz findet, entscheidet sie sich vielleicht ja auch für eines der beiden Nester. Weiß hier vielleicht jemand genaueres dazu?

Zu den Schläuchen: Ich habe meine auch aus dem Baumarkt, es handelt sich um handelsübliche, lebensmittelechte Schläuche für Kaltwasser. Gibt es Beobachtungen, die darauf schließen lassen, dass diese Schläuche für Ameisen schädliche Substanzen enthalten können?

Viele Grüße

jonny



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