Artgerecht wichtiger als naturnah oder künstlich?

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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swagman
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#1 Artgerecht wichtiger als naturnah oder künstlich?

Beitrag von swagman » 23. November 2008, 12:56

Hallo.

Immer wieder werden Becken vorgestellt, bei welchen sich die Frage stellt ob es Artgerecht ist oder nicht?
Neuester Fall hier.

Doch was bedeutet "Artgerecht"?

Ich versuch einmal meine Vorstellung von "Artgerecht" näher zu erläutern, um eventuell dem einen oder anderen Halter die Thematik etwas näher zu bringen.
Dieser Thread hier soll das Ganze mal zusammen fassen.
Dabei sollte man nicht Naturnah und Artgerecht verwechseln. Es ist möglich Ameisen Artgerecht zu halten und dabei völlig auf Natur zu verzichten.
Auch möchte ich nicht auf Temperatur oder Luftfeuchtigkeit eingehen, da auf diese Faktoren zumeist schon geachtet wird. Jedoch werden meiner Meinung nach oftmals andere, für die richtige Haltung genauso wichtige Dinge ausser acht gelassen.

Das Problem ist es, die Ansprüche der Ameisen und die des Halters zu vereinen.
Der Halter möchte natürlich so viel wie möglich von seinen Tieren sehen. Dafür ist eine sterile Umgebung sehr gut geeignet. Nur, ist sie das auch für die Ameisen? Jetzt kommt es eben darauf an, welche Art man hält und welche Lebensweise diese haben.
Für Arten, welche in Sandwüsten ohne nennenswerte Vegetation leben, ist ein steriles Becken mit Sand und einigen wenigen Einrichtungsgegenstände ausreichend.
Viele Arten, welche kleine Kolonien haben und in Wald ähnlichen Lebensräumen vorkommen, leben beispielsweise in der Streuschicht. Sie suchen dort nach Nahrung, verstecken sich bei Gefahr unter Blättern und ähnlichem und nutzen das Material zum Teil zum Nestbau. Für solche Arten wäre ein steriles Becken nicht Artgerecht, da es ihrem Verhalten nicht entspräche sich so schutzlos ohne Deckung zu zeigen. Oftmals sind solche Arten durch ihre Färbung noch an die Streu angepasst.
In einem "naturnahen Becken" könnte man also eine Schicht Laub und andere pflanzliche Bestandteile einbringen. Man könnte aber auch, wenn es nicht Naturnah sein sollte, anderes Material einbringen, welches die gleiche Aufgabe erfüllt. Den Ameisen also Deckung bietet, die Lauffläche erhöht und sie zum suchen nach Nahrung in diesem Material animiert. So können diese Arten ihre Verhaltensweisen ausleben und sind damit "Artgerecht" gehalten. Man sieht die Ameisen vielleicht nicht mehr so gut, dafür wird man mit einem viel natürlicheren Verhalten der Tiere und sicherlich auch einer gesünderen Kolonie belohnt. Denn eine falsche Haltung, welche es den Ameisen nicht ermöglicht ihre Instinkte auszuleben, führt durch Dauerstress zu unnatürlichem Verhalten und zur Schädigung des Volkes.

Wichtig ist es wie immer, den Lebensraum der Ameisen welche man halten will genau zu kennen und fast noch wichtiger ihre Lebensweise um ihnen entsprechend nachgestaltete Lebensbedingungen zu bieten. Dabei spielt es nun eben kaum eine Rolle, ob es durch künstliche oder naturähnliche Becken umgesetzt wird.
Noch einige Beispiele:
Sind die Völker groß und tragen die Nahrung über weite Entfernungen ein (Atta, Messor usw.), kann man dies mit nicht sehr natürlichen, langen Schlauchverbindungen von mehreren Becken einfach nachgestallten.
Beispiel Polyrhachis dives, diese könnte man sicherlich auch in nicht naturnahen Becken halten. Anstatt ihnen ein Stück Holz anzubieten, an welchen sie ihre Nester bauen, könnte man auch halbierte Plastikrohre verwenden, wie sie z.B. im Kanalbau eingesetzt werden. Statt ihnen Moos, Holzstücken und anderes pflanzliches Material für den Nestbau zu geben, könnte man ihnen auch kleine Plastikschnipsel und ähnliches anbieten. Anstatt einem Erdsubstrat, könnte man auch Seramis nehmen, welches Feuchtigkeit genauso speichert und an die Luft abgibt.
Beispiel meine Iridomyrmex, diese bauen Nesthügel aus pflanzlichen Material, aus Erde und Steinen. Eine Haltung im Ytong oder Gipsnest scheidet für mich aus, da die Tiere ihren unbändigen Trieb zum Nestbau ausleben können sollen. Auch wenn ich so weniger Einblick ins Nest habe, ist mir eine artgerechte Haltung wichtiger.

Meiner Meinung nach liegt es im Ermessen des jeweiligen Halter ob seine Anlage eher künstlich oder natürlich einrichtet ist, wichtiger ist es sie Artgerecht zu gestallten.
Ein schönes Bespiel für ein naturnahes und Artgerechtes Becken von Frank findet sich hier.
Eher künstlich, doch sehr Artgerecht finde ich diese Anlage.

Über weitere Meinungen und Anregungen würde ich mich sehr freuen. Ich finde dieses Thema sehr wichtig und da es immer wieder zu Äusserungen kommt wie: das ist nicht Artgerecht, sollte man das Ganze mal genauer darlegen. Mir der Aussage "nicht Artgerecht" alleine kann schließlich nicht jeder etwas anfangen.



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Hawksfire
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#2 AW: Artgerecht wichtiger als naturnah oder künstlich?

Beitrag von Hawksfire » 23. November 2008, 13:31

Sehr schöner Denkanstoß von dir Swagman.
Zuersteinmal möchte ich dir zustimmen: Mir ist die artgerechte Haltung der Ameisen (auch) wichtig(er).
Man sollte sich zuerst mit den Lebensraum und die Lebensbedingungen der zu haltenden Ameisenart bechäftigen. Wie man diese dann letzendlich umsetzt, ist jedem selber überlassen.
Ich für meinen Teil stehe eher auf sterile Becken, mit etwas Sand.
Vor kurzem habe ich meine Becken erst mit Gips ausgegossen (!) und mit dem Spachtel etwas modelliert und dann Sand drüber gekippt. Nach dem Aushärten der Gipsschicht den Sand abgekehrt. Nun habe ich eine hellbraun gefärbte Gipsschicht mit Hügeln und einigen Sandkörnern.
Das würde ich durchaus als steril bezeichnen. Artgerecht, aber nicht naturnah. ( ~ für Messor sp.)
Man kann wirklich artgerechte Haltung mit steriler oder naturnaher Haltung verbinden. Das ist jedem selber überlassen.

Als Beispiel möchte ich hier auch noch die Haltung in labors in den Raum werfen. Riesige Kolonien werden hier in Acrylglasbehältern und Acrylglasrohrsystemen gehalten.
Vermutlich sind diese Haltungsbedingungen artgerecht, da sonst die Forschung wohl kaum einen Sinn ergeben würde.

Spontan weiß ich nicht wo man sich so etwas ansehen kann, habe da keinen Link/Foto zur Hand, aber ich weiß, dass es im Film "Ameisen - die heimliche Weltmacht" zu sehen ist.

liebe Grüße
Hawki



Imago
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#3 AW: Artgerecht wichtiger als naturnah oder künstlich?

Beitrag von Imago » 23. November 2008, 14:10

Hi swagman!

Ich habe mich, bevor ich mir eine Gyne bestellt habe, ausgiebig mit diesem Thema befasst und teile meine Ansichten mit Dir. Gerade in den Punkten:

Naturnah und artgerecht!

Ich denke gerade bei den "Anfängerameisen" werden gerne unbewusst Fehler gemacht. Die zum Teil auf Aussagen zurückzuführen sind wie: Lasius niger ist eine genügsame Ameise. Super für den Anfäger und optimal für den kleinen Geldbeutel. Leider sehen viele Formicarien auch dem entsprechend aus, und hier spreche ich nicht von der optischen Esthetik.

Ich denke im Bereich der Exotischen Ameisen wird sich defenitiv mehr Mühe gemacht dem Formicarium einen naturnahen "Look" zu geben und dieses auch gezielt so zu gestallten. Was wohl daran liegt das sich die meißten Halter nun schon länger mit den Tieren beschäftigen, ihren Horizont und ihr Verständnis dem gegenüber erweitert haben. Da geht es einfach nicht mehr nur darum: Wann kommt die Ameise bloß mal aus ihrem Reagenzglas raus!

Ich möchte erst einmal auf die naturnahe Gestaltung des Formicariums eingehen, wobei ich mich nicht nur auf den "Look" beschränken möchte, sondern auch auf das was da hinter steckt!

Ein Naturnaher "Look" erfordert in den meißten Fällen mehr Aufwand, im Sinne von natürlicher Dekoration, die evtl. schimmeln könnte, uneingeladene Gäste mit sich führen könnte etc..

(Und natürlich erfordert dieser "Look" auch mehr Wissen. Welche Insekten vertragen sich miteinander, welche sind schädlich, welche nicht, welche birgen ein Risiko, eine Gefahr für die Ameisen.)

Ein Formicarium zu gestalten welches optisch dem Terrain dieser Ameise ähnelt die ich halten möchte, verlangt im Allgemeinen das Wissen oder zumindest das Grundwissen, was im Normalfall um Ameisen zu halten vorhanden sein müsste.

Leider ist dieses Verständis dem Tier gegenüber gerade bei "Neulingen"noch nicht so sortiert. Der Focus beschränkt sich wohl meist auf die spannende Beobachtung der Tiere. Nicht um den ihre Umgebung!

Meines Erachtens kann man Ameisen in Gefangenschaft gut pflegen, in dem man sie natürlich/artgerecht beherbergt, mit dem Ausschluss der naturnahen Risiken!

Wichtig ist es den Ameisen ein Terrain zu gestallten in dem sie nicht "umgebungsfremd" sind. Viele Arten haben sich auf betimmte Verständigungssytematiken spezialisiert. Auf die denke ich gilt es hier auch einzugehen, wobei wir bei der artgerechten Haltung sind.

Die Artgerechte Haltung denke ich hängt auch/mitunter individuell von der Ameise der gleichen Art/Gattung ab! Die eine Kolonie nimt etwas gerne an, welches die andere veschmäht!

Abhängig von der Gestaltung des Formicariums welches nun einen natürlichen "Look" aufweisen sollte, oder wie swagman schon sinnbildlich geschrieben hat: In der Funktion der natürlichen/biologischen Produkte in nichts nachstehen sollte, ist es wichtig den Ameisen die Möglichkeit zu eröfffnen, ihre Grundbedürfnisse befriedigen zu können. Selbst wenn es hier auch mal um Lebendfütterung geht!

Die Artgerechte Haltung macht uns die Natur vor, die sollte vor allem Beispiel sein!

Ich experimentiere mich einfach an eine optimal Haltung heran. In dem ich meinen Ameisen immer eine Option anbiete.

Da sie zu Zeit ja in Winterruhe sind werde ich demnächst mein Becken umbauen, so naturnah wie möglich. Da die Gyne dieses Jahr im Juli erst gegründet hat, war das Becken noch nicht so wichtig.

Ich halte Camponotus ligniperda, momentan dient ein Y-Tong Stein als Nestvariante ich werde evtl. im kommenden Jahr ein Holznest und noch eine Farm anbieten und bin gespannt welche Nestvariante bevorzugt wird!

LG Imago



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The_Paranoid
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#4 AW: Artgerecht wichtiger als naturnah oder künstlich?

Beitrag von The_Paranoid » 23. November 2008, 15:02

Auf jeden Fall ein guter Topic. Besonders die Trennung zwischen artgerecht und naturnah/künstlich.
Aber für mich stellt sich jetzt die Frage, wie weit artgerechte Haltung geht.
" hat geschrieben:Viele Arten, welche kleine Kolonien haben und in Wald ähnlichen Lebensräumen vorkommen, leben beispielsweise in der Streuschicht. Sie suchen dort nach Nahrung, verstecken sich bei Gefahr unter Blättern und ähnlichem und nutzen das Material zum Teil zum Nestbau. Für solche Arten wäre ein steriles Becken nicht Artgerecht, da es ihrem Verhalten nicht entspräche sich so schutzlos ohne Deckung zu zeigen. Oftmals sind solche Arten durch ihre Färbung noch an die Streu angepasst.

Ist finde ich schon eine sehr harte Definition von artgerecht.
Sind dann YTong Nester überhaupt noch artgerecht? Nur sehr wenige Arten nutzen natürliche Höhlen als Nester. Meistens werden doch Ameisen in YTong Nestern gehalten, die in der Natur in Erde buddeln.
Würde das mit dem artgerecht nicht zu weit treiben. Bin der Meinung, dass Ameisen generell sehr anpassungsfähig sind und sehe es als Ziel der Haltung an, dass meine Ameisen sich gut entwickeln und kein Fehlverhalten zeigen(z.B. Leichentragen wegen Platzmangel). Damit bin ich zufrieden. Wenn dies der Fall ist und sie trotzdem im YTong gehalten werden bzw. Versteckmöglichkeiten fehlen (die in der Haltung eh nicht gebraucht werden) ... naja, kann man drüber streiten ob man das artgerecht nennt oder nicht. Sehe auf jedenfall nichts Negatives in dieser Art der Haltung.



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swagman
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#5 AW: Artgerecht wichtiger als naturnah oder künstlich?

Beitrag von swagman » 23. November 2008, 16:47

Danke für eure Beteiligung.

@ Imago.
Sehr gute Darlegung der Thematik.
Wichtig ist eben, den Tieren die Möglichkeit zu bieten, ihre Verhaltensweisen entsprechend ausleben zu können. Das mit den Duftstoffen ist genauso ein wichtiger Punkt. Der Untergrund sollte den Ameisen die Möglichkeit bieten können. Ob der jedoch naturnah ist oder künstlich spielt keine Rolle, solange die Ameisen ihn entsprechend nutzen können. Wichtig hierbei ist es auch, das man das Substrat bzw. die anderen Oberflächen auch regelmässig säubern kann.
Gerade bei den beengten Bedingungen in der Haltung sehe ich das als Problem an, dass die Duftstoffe sich nicht wie in der Natur durch Regen, Wind und andere Witterungsbedingungen regelmässig auflösen.
Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass die Ameisen mit der Zeit ihre Verhaltensweisen ändern und kaum noch Verhaltensweisen wie Rekrutierung zu Futterquellen zeigen. So ein Schlauch, der jeden Tag von hunderten Arbeiterinnen durchquert wird, bietet keine Möglichkeit eine frische Spur zu legen.
Nach einer Erneuerung des Substrates oder der Schläuche ändert sich das jedoch wieder abrupt. Die Ameisen zeigen wieder ihre normalen Verhaltensweisen, da sie das Gebiet nun ja nicht mehr kennen. Da es schwierig ist ihnen ständig neue Gebiete anzubieten, welche sie erst erkunden müssen, sollte man regelmässig den Untergrund austauschen oder dafür sorgen, dass die Duftspuren aufgelöst werden. Zum Beispiel bei Arten aus regen reichen Lebensräumen durch kräftiges Besprühen der Einrichtung.
Das ganze kann man sich jedoch bei primitiveren Arten sparen, welche sich oft nicht an Duftstoffen orientieren.
Schläuche könne durch neue ersetz werden, die alten gründlich gereinigt können anschließend wieder Verwendung finden.

@ The_Paranoid
Damit bin ich zufrieden.

Und das ist doch gut. Ich will hier niemanden vorschlagen wie er seine Tiere zu halten hat. Jeder hat schließlich andere Ziele und Vorstellungen.
Dieses Thema soll lediglich einige Denkanstöße liefern und vielleicht eine kleine Zusammenstellung an Dingen die man, wenn man will, in der Haltung verbessern könnte.

Sicher kann und will man auch nicht alles so gestallten wie es optimal wäre. Wie eben dein Beispiel mit dem Ytongnestern. Doch selbst bei diesen kann man den Ameisen die Möglichkeit bieten ihren Nestbautrieb zumindest teilweise auszuleben, in dem man einige der Kammern mit Substrat füllt. Andere Arten überbauen z.B. auch ihre Straßen, welche zu Nahrungsquellen führen. Das kann man leicht nachgestallten, indem man ihnen grabfähiges Substrat in der Arena anbietet. Die Schicht braucht nicht sehr hoch zu sein, so dass keine Möglichkeit für die Ameisen besteht hier ein Nest anzulegen.

Versteckmöglichkeiten fehlen (die in der Haltung eh nicht gebraucht werden)

Ja schon, aber wissen das die Ameisen?
Meine Myrmecia chrysogaster als Beispiel sind sehr schreckhaft. Sobald man sich nicht vorsichtig genug dem Becken nähert, verstecken sie sich unter Blättern um nach einigen Minuten wieder ihrer Arbeit nachzugehen. Ohne Blätter rennen sie, ich nenne es mal "panisch", in ihr Nest und lassen sich nicht mehr blicken.
Warum sollte ich ihnen die Möglichkeit vorenthalten sich zu verstecken, wenn es doch zu ihrem angeborenem Verhaltensrepertoir gehört?
Ich selber finde es spannend jedes Verhalten, zu welchem die Ameisen fähig sind zu beobachten. So ist es sehr interessant ihnen dabei zuzusehen wie sie in dem Laub nach Futtertieren suchen. Da wird in jede Spalte gefühlert, unter jedem Blatt nachgeschaut usw.
Eine Streuschicht gehört nunmal in ihren Lebensraum, warum soll ich ihnen diese also vorenthalten und dadurch meine Beobachtungsmöglichkeiten beschneiden.
Aus diesem Grund halte ich fast nur australische Arten. Ich liebe dieses Land und weiß wie die Lebensräume aussehen und kann sie entsprechend nachgestallten. Wenn ich könnte, ich würde mir die Ameisen lieber in ihrer natürlichen Umgebung ansehen. Aber das wäre ein großer Aufwand mit vielen Kosten.^^
Darum halte ich auch keine heimischen Arten. Diese beobachte ich lieber im freien.

Sicher, man könnte sich das alles sparen. Die Ameisen werden auch so weiter machen mit Brutaufzucht usw. Ich sehe das jedoch auch als eine Beschäftigungstherapie für mich als Halter. Ein Volk dem ich Monatelang nur noch Futter gebe verliert doch schnell an Spannung. Was das für Folgen hat weiß man ja.
Warum dann eine neue, spannendere Art holen, wenn man mit etwas aufwand wieder neues bei seinen bestehenden Kolonien entdecken kann.
Ich finde es jedes Mal inspirierend mir neues für meine Ameisen auszudenken. Sieht man dann wie abrupt sich das Verhalten der Tiere zum positiven ändert, wenn man nur kleine Dinge anders macht, ist das auch für mich als Halter eine Bestätigung.
Für mich ist eben wichtig, meinen Tieren so viele Verhaltensweisen wie möglich zu entlocken. Doch auch hier gibt es Grenzen für mich, so werden ich zum Beispiel keine Kolonien aufeinander hetzen um sie kämpfen zu sehen.

@ Hawksfire
Als Beispiel möchte ich hier auch noch die Haltung in labors in den Raum werfen. Riesige Kolonien werden hier in Acrylglasbehältern und Acrylglasrohrsystemen gehalten.
Vermutlich sind diese Haltungsbedingungen artgerecht, da sonst die Forschung wohl kaum einen Sinn ergeben würde.

Damit würdest du es dir aber zu einfach machen. Zumal diese Art der Haltung wohl nicht die Regel ist. Im Internet findet man auch ganz andere Bilder und Beschreibungen.
Zudem werden oft nur bestimmte Verhaltensweisen erforscht, für die eine artgerechte Haltung nicht immer von Nöten ist.
Diese werden in der Regel auch durch Beobachtungen aus dem Naturstandort ergänzt, da die Ameisen in einem Labor eben nicht alle Verhaltensweisen an den Tag legen, welche sie in ihrem angestammten Lebensraum zeigen. Da spielen zu viele Faktoren eine Rolle um diese künstlich zu erzeugen. Man bedenke nur, wie eingebunden eine Ameisenart in ihrem Lebensraum sein kann. Sie spielen direkt oder indirekt für viele andere Tier- und Pflanzenarten eine Rolle.



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#6 AW: Artgerecht wichtiger als naturnah oder künstlich?

Beitrag von TRIA » 23. November 2008, 21:30

Doch was bedeutet "Artgerecht"?

Gute Frage. Ich seh es so, kann die Ameise ihre natürlichen Verhaltensweisen ausleben ist es Artgerecht, unabhängig von der Einrichtung. Formica, Lasius usw. leben auch unter Wegplatten, ist das Artgerecht? Nicht wirklich, aber sie haben diese Lebensräume erobert, haben sich angepasst. Ich finde es wichtig das halt genug Platz da ist ohne das sie sich tot rennen, weil sie nicht wissen wo hin mit dem Müll. Gut finde ich dein Vorschlag, an stelle natürlicher Materialien anderes zu nehmen, was dem Zweck dieser nahe kommt. An stelle von Blättern, könnte man ja Kunstblätter nehmen, nicht natürlich, aber sie können ihr Verhalten ausleben und sich verstecken. Ich für meinen Teil bevorzuge natürlich, so weit wie möglich. ZB. bei meinen Polys habe ich eine Streuschicht mit Asseln, Springschwänzen, Regenwürmern usw.und als Regulativ Scolopender. Sie leben in einem ausgefauelten Baumstamm und haben zum ausbauen, Torfmoos, geschreddertes Schilf und kleine Blätter. Klar ist das noch nicht wie in Freiheit, aber ich versuche dem nah zu kommen und das ist für mich Artgerecht, der Art gerecht werden.

edit: Zu Wegplatten fällt mir noch was ein. Hatte letztes eine Idee, Glasplatten als Wegplatten im Erdbecken. Die könnte man mit Folie oder Glaslack rot abdecken und mit Wärme bestrahlen. So würde man etwas sehen, aber doch nah am natürlichen sein.


Eines Tages wird sich die Sonne zum roten Riesen aufblähen, die Erde verschlingen und das Universum wird über uns herzlich lachen.

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