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Beobachtungen und Nester von Crematogaster scutellaris

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swagman
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#1 Beobachtungen und Nester von Crematogaster scutellaris

Beitrag von swagman » 12. September 2009, 16:11

Freilandbeobachtung zu Crematogaster scutellaris.

Bei einem Urlaub in Kroatien im Jahr 2006 gelang es mir eine begattete Jungkönigin von Crematogaster scutellaris zu fangen und zu hause erfolgreich zur Gründung zu bringen. Die Haltungserfahrungen die ich mit dieser Art gemacht habe, konnte ich dieses Jahr bei einem Urlaub in der selben Gegend durch einige Freilandbeobachtungen ergänzen.

Ort der Beobachtungen.
Die Beobachtungen wurden von mir in Kroatien an der Kvarner Bucht bei Istrien gemacht.
Das Gebiet zeichnet sich durch eine bergige Landschaft aus, welche bis zum Meer reicht. Während das Klima zum Meer hin warm und mild ist, nimmt die Temperatur mit steigender Höhe deutlich ab. Erkennbar ist dies auch an der Vegetation. Dominieren vom Meer bis in eine Höhe von 300-400 Metern noch Lorbeerwälder, ändern sich diese nach oben hin in Wälder mit Buchen und Bergahorn.
Gerade in den Lorbeerwäldern ist C. scutellaris sehr häufig zu finden. Dort sind auch sehr viele Obstbäume zu finde, wie Feigen und Pfirsiche, aber auch zahlreiche Esskastanien, deren alte Stämme und morschen Äste fast immer Nester von C. scutellaris aufweisen.

Allgemeine Beobachtungen
Crematogaster scutellaris ist dort eine weit verbreitete Art, welche recht dominant ist. Ihre Nester sind sehr Volkreich mit mehreren Zehntausenden Tieren. Sie verfügen über ein starkes Abwehrsekret, welches bei Bedrohung oft als deutlich sichtbares Tröpfchen an der Hinterleibsspitze abgesondert wird.
Dieses Sekret hinterließ gelbliche Flecken auf meinen Händen und war, trotz mehrmaligen Waschens mit Seife, auch noch einige Tage später zu riechen.

Diese Art ist recht aggressiv gegenüber anderen Ameisenarten und kann sich durch ihre sehr schnelle Rekrutierung und dank ihres Abwehrsekrets zum Beispiel an Futterquellen behaupten. Selbst Wespen werden durch das Sekret erfolgreich abgewehrt.
Daher kann diese Art auch größere Beute verwerten, wie verendete Kleintiere und diese vor anderen Konkurrenten sichern.

Bild
Hier verwertet C. scutellaris eine überfahrene Schlange, welche in den Bergstraßen häufiger Opfer des Autoverkehrs werden.

Bild
Hier ein Exemplar welches es kurz zuvor überfahren wurde.

Oft führen sehr lange und dicht belaufene Ameisenstraßen von den Nestern zu diesen reichen Futterquellen.
Sie jagen aber auch geschickt kleinste Insekten, wie kleine Fliegen, Schlupfwespen und Blattläuse und bringen diese zum Nest.
Aber Blattläuse werden nicht nur gefressen, sie dienen dieser Art auch als Lieferanten von Honigtau.
Beobachten konnte ich auch wie diese Ameisen Wasser aus einem alten Fass eintrugen. Es herrschte in dieser Gegend Kroatien eine längere Trockenheit, weshalb auch einige Ameisengattungen (sehr auffällig bei Messor) kaum zu beobachten waren da sie sich tief in ihre Erdnester zurückgezogen hatten.
Crematogaster scutellaris war jedoch sehr präsent und könnte von mir immer beobachtet werden.

Naturnester.
Die Nester dieser Art konnte ich praktisch überall finden.
Fast jedes größere, morsche Holzstück enthält ein Nest. Oft im sonnigen bis halbschattigen Bereich, jedoch genauso im Schatten dichten Waldes. Neben alten Baumstümpfen, Wurzeln und Ästen werden auch Zaumpfosten und der Gleichen genutzt. Auch in Spalten von Felsen fand ich ihre Nester, jedoch so gut wie kaum unter Steinen. Erdnester konnte ich keine entdecken, auch die manchmal beschriebenen Kartonnester konnte ich nicht beobachten.

Hier einig Freiland-Nester:

Bild
Hier nutzt diese Art neben Holz auch Spalten in den Felsen,
wie auf dem nächsten Bild zu sehen ist.

Bild
Nesteingang in den Fels.

Bild
Typisches Holznest dieser Art.

Bild
Ein weiters sehr großes Nest in einem Holzstück.

Bild
Bei der kleinsten Störung schwärmen sofort tausende von Tieren aus dem Nest hervor.

Bild
Innenansicht eines Nestes, hier der Rest einer Esskastanie.

Die Nester enthielten Zahlreiche Geschlechtstiere, da diese Art relativ spät im Jahr erst schwärmt.
Dabei waren immer Männchen und Jungkönigin enthalten. Brut war jedoch erstaunlich wenig zu finden. Der Nachweis von Puppen und Larven gelang mir nur bei zwei Nestern, wobei deutlich mehr Larven vorhanden waren.


So, nun noch etwas Werbung für diese tolle Art.^^
Alles in allem lässt sich diese Art sehr häufig finden und damit auch gut beobachten. Auch ihre auffällige Färbung macht ein erkennen leicht, zudem ist der für Crematogaster typische Habitus unverwechselbar. Ihr Verbreitungsgebiet liegt zudem noch in bester Urlaubslage.
Die Haltung ist abgesehen vom schnellen Wachstum und der zu erreichenden Koloniengröße recht einfach. Wichtig ist nur ein entsprechend guter Ausbruchsschutz, da diese Art sehr expansionsfreudig ist und ständig versucht neue Nahrung zu erschließen. Für den erfahrenen Halter ist diese Art durchaus interessant, da ständig viele Arbeiterinnen furagieren, sie nicht sehr wählerisch beim Futter sind und zudem noch eine schöne Färbung aufweisen.
Die Anlagen müssen nur entsprechend groß sein, um den Bewegungsdrang dieser Tiere gerecht zu werden.
Etwas verwunderlich finde ich es daher schon, dass man kaum Berichte über die Haltung dieser Ameisen findet.



hypnotized
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#2 AW: Beobachtungen und Nester von Crematogaster scutellaris

Beitrag von hypnotized » 12. September 2009, 19:45

Wahrscheinlich schrecken die Horrorgeschichten von Holzschädigungen vor der Haltung dieser Art ab.

Ich selber habe eine große Faszination für diese Art entwickelt, habe aber Angst, dass sie mir über den Kopf wachsen könnten.

Da du ja ein sehr erfahrener Halter bist, würd ich gern wissen, was für dich "einfach zu halten" ist. ;)

Hat diese Art irgendwann ein Populations Maximum erreicht? Und dieses dabei noch sehr schnell? (Was auch positiv sein kann.)
Oder wird die Kolonie rasch immer größer und größer?
Wie geht man mit so vielen Geschlechtstieren um? Ich muss grad an den Crematogaster rogenhoferi thread denken.

Deine hast du ja damals in einer Korkfarm und Tupperware Dosen gehalten oder?



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#3 AW: Beobachtungen und Nester von Crematogaster scutellaris

Beitrag von donbilbo » 12. September 2009, 23:20

Crematogaster rogenhoferi und südamerikanische Crematogaster spec. halte ich gerne. Crematogaster scutellaris sind wegen ihrer Winterruhe für mich nicht so attraktiv, dein Bericht macht allerdings Lust auf einen Versuch, Crematogaster scutellaris in einem grossen Holzstück anzusiedeln. Nur wie soll man das in den Kühlschrank packen. ;)



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swagman
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#4 AW: Beobachtungen und Nester von Crematogaster scutellaris

Beitrag von swagman » 13. September 2009, 14:56

Hallo

hypnotized hat geschrieben:Wahrscheinlich schrecken die Horrorgeschichten von Holzschädigungen vor der Haltung dieser Art ab.

Gut möglich, wobei ich selbst in einer Dachwohnung mit Holzbalken im Wohnraum lebe. Hatte da jetzt keine bedenken. Da kommt es wohl eben auf die Erfahrung an, damit die Kolonie eben nicht ausbrechen kann.

hypnotized hat geschrieben:habe aber Angst, dass sie mir über den Kopf wachsen könnten.

Hatte ich anfangs auch, jedoch lässt sich das Wachstum recht gut regeln. Weniger Futter, weniger Brut, ausreichend lange Winterruhe = kürzere Periode zum Aufziehen von Arbeiterinnen und dann natürlich noch die Möglichkeit Tiere abzusammeln und zu überbrühen.

hypnotized hat geschrieben:Da du ja ein sehr erfahrener Halter bist, würd ich gern wissen, was für dich "einfach zu halten" ist. ;)

Erstmal danke für das Lob.^^
Na ja, macht ein beurteilen nicht immer leicht, aber wenn die Gründung geschafft ist braucht man nur noch füttern und der Rest läuft dann wie von selbst.

hypnotized hat geschrieben:Hat diese Art irgendwann ein Populations Maximum erreicht? Und dieses dabei noch sehr schnell? (Was auch positiv sein kann.)
Oder wird die Kolonie rasch immer größer und größer?
Wie geht man mit so vielen Geschlechtstieren um? Ich muss grad an den Crematogaster rogenhoferi thread denken.

Hab ja nur ein Volk gehalten und dieses hab ich inzwischen ja dem Frank gegeben, darum kann ich nicht sagen wie groß die Völker wohl werden könnten.
Anfangs ist das Volk jedenfalls sehr schnell gewachsen, in einem Jahr auf gut 1000 Tiere. Aber sie haben dann, jedenfalls kam es mir so vor, etwas langsamer gemacht. Ende 2008, nach zwei Jahren also, waren es etwa 5000 Tiere oder so. Allerdings haben die jetzt noch lange nicht so viel Platz gebraucht. In der Farm hätten wohl gut noch mal so viele Platz gehabt oder auch mehr.
In der Winterruhe sind auch meist einige Arbeiterinnen eingegangen, dass hat das Wachstum schon etwas reguliert.
Ich denke sie hätten schneller noch größer werden können, allerdings hab ich sie schon entsprechend kurz gehalten mit Proteinen.
Eine Erweiterung der Anlage wäre ja auch noch leicht machbar, so eine Farm nimmt ja nicht viel Platz weg. Futterbecken kann man leicht mit sehr langen Schläuchen verbinden, die Laufen die Strecken ohne Probleme. Man könnte z.B. einen 25 Meter langen Schlauch einfach als Rolle aufgewickelt verwenden. Dann steht die Arena gleich neben der Farm und dennoch müssten die Ameisen 50 Meter zurücklegen um Futter zu holen und ins Nest zu bringen. Machbar wäre da einiges.

hypnotized hat geschrieben:Deine hast du ja damals in einer Korkfarm und Tupperware Dosen gehalten oder?

Genau, hätte ich sie nicht abgegeben, hätte ich einfach weitere solche Farmen angeschlossen und auch noch mehr oder größere Dosen. Diese Dosen hätte ich allerdings mit einem Lüftungsgitter versehen um genügen Luftaustausch zu gewährleisten.
Diese Art bildet auch Zweignester, daher kann man leicht mit mehreren Farmen Arbeiten. Und wer auf die gigantischen Anlagen der Blattschneider steht, der könnte dies mit dieser Art genauso machen, nur ohne die Klima und Futterprobleme.


Zugegeben, die im Freien beobachteten Volker waren teils enorm groß. Da hätte man in der Wohnung schon Probleme. Aber ich vermute, dass gehaltene Völker nicht unbedingt so groß werden müssen.
Auffällig war auch, dass die Arbeiterinnen im Freien deutlich größer waren als die bei meiner Kolonie. Wobei diese am Schluss schon einige Tiere dieser Größe aufgezogen hatten.


donbilbo hat geschrieben:dein Bericht macht allerdings Lust auf einen Versuch, Crematogaster scutellaris in einem grossen Holzstück anzusiedeln. Nur wie soll man das in den Kühlschrank packen. ;)

Stimmt, könnte schwierig werden.^^ Da lassen sich Farmen leichter reinstellen. Arena abkoppeln und gut ist.
Man könnte sie ja auch im kühlen Keller oder ähnlichen frostsicheren Räumen überwintern. Kühlschrank macht ja nicht jeder bei südeuropäischen Arten, was manchmal aber wohl durchaus angebrachter wäre.
Übrigens hat die Winterruhe den Vorteil, dass man sich um die Anlage kümmern kann ohne das dort Tausende Ameisen rumlaufen. Zudem war es schon spannend die im Frühjahr wieder auszuwintern und zu sehen wie sie wieder los gelegt haben mit ihrem Jahresprogramm. Na, hat schon auch was wenn es nicht das ganze Jahr so monoton durchgeht.



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