Formica (Coptoformica) in der Schweiz nicht besonders geschützt?

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
Neues Thema Antworten
chrizzy
Halter
Offline
Beiträge: 1537
Registriert: 29. Mai 2006, 19:42
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 5 Mal

#1 Formica (Coptoformica) in der Schweiz nicht besonders geschützt?

Beitrag von chrizzy » 9. Oktober 2009, 21:52

Hallo,

kurze Frage für einen Thread den ich schreibe: Kann es sein, dass in der Schweiz lediglich die Ameisenarten der Untergattung Formica s. str. besonders geschützt sind, nicht jedoch (wie z.B. in Deutschland) Coptoformica sp.?

Formica aquilonia
Formica lugubris
Formica paralugubris
Formica polyctena
Formica pratensis
Formica rufa
Formica truncorum
und zusätzlich
Polyergus rufescens


So zumindest die Arten, die im Anhang 3 zum Art. 20 der NHV genannt werden. Siehe auch hier: http://www.admin.ch/ch/d/sr/451_1/index.html#id-3

Oder stehen die unter anderen Bestimmungen (in Kärnten gibts beispielsweise neben vollkommen geschützten tieren noch die "teilweise geschützten Tiere", wie beispielsweise eben die Waldameisen, weil das die Zusatzregelung deutlich machen soll, dass Ameisen unter fachkundiger Anleitung umgesiedelt werden dürfen)?

Würde mich schon etwas wundern, wären 5 Waldameisen weniger (Formica bruni, Formica foreli, Formica forsslundi, Formica pressilabris, Formica uralensis) unter den erweiterten Schutzbestimmungen als in Deutschland.

Kann mir jemand bestätigen, dass es tatsächlich nur die oben genannten sind? (Ryk? ;))

lg, chrizzy



Benutzeravatar
erix
Halter
Offline
Beiträge: 262
Registriert: 19. März 2007, 19:38
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 1 Mal

#2

Beitrag von erix » 10. Oktober 2009, 04:44

Hallo crizzy

Die Schweiz ist kein Einheitsstaat, sondern ein Bundesstaat von 26 im Prinzip eigenständigen Kantonen, die die eigentlichen Träger staatlicher Macht sind. Der Bund (die Schweizerische Eidgenossenschaft) hat nur jene Rechte, die ihm die Kantone ausdrücklich abgetreten haben, z.B. Armee, Nationalstrassen, Aussenpolitik usw. Das gilt auch für den Naturschutz. Der Bund hat dabei nur sehr beschränkte Befugnisse (z.B. Schutz der Hochmoore), eigentliche Träger der Macht sind auch hier die Kantone. Eine Bundesliste von geschützten Arten, sagt deshalb noch nicht viel aus.
Auf kantonaler Ebene existieren zwar meist auch Listen von geschützten Arten, sie haben aber wenig Bedeutung. In der Praxis hat sich der viel sinnvollere Biotopschutz durchgesetzt, aus der Erkenntnis heraus, dass es kaum etwas nützt, einen bestimmten Käfer oder Schmetterling zu schützen, weil nur wenige Leute (Fachleute) diese überhaupt von anderen, nicht geschützten Arten unterscheiden könnten. Es werden deshalb Lebensräume (Biotope) unter Schutz gestellt, die ganze Lebensgemeinschaften umfassen. Die Artenliste dient dann den Fachleuten dazu, besonders schutzwürdige Biotope zu erkennen und deren Schutz zu begründen. Man kann zwar Adler, Eisvogel, Luchs oder Teichmolch als Arten schützen, aber das nützt wenig, wenn deren Lebensräume zerstört werden. Bei Wirbellosen wie Insekten oder Schnecken, die keiner kennt und von denen man oft kaum etwas weiss, gilt dies noch weit mehr.
Vermutlich ist es für Deutsche schwer nachvollziehbar, wie die Schweiz fast ganz ohne lebenslängliche Beamte regiert wird. Vieles ist nicht codifiziert, aber dennoch durchaus qualifiziert geregelt. Deine Frage, welche Ameisenarten denn nun in der Schweiz geschützt sind, lässt sich deshalb so einfach nicht beantworten. Man müsste alle kantonalen Schutzbestimmungen durchackern und hätte dann doch keine brauchbare Aussage. Aber vielleicht hat ja jemand die Übersicht...

Gruss: erix

PS: Habe erst jetzt gemerkt, dass du ja Kärntner bist, nicht Deutscher.



chrizzy
Halter
Offline
Beiträge: 1537
Registriert: 29. Mai 2006, 19:42
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 5 Mal

#3 AW: Formica (Coptoformica) in der Schweiz nicht besonders geschützt?

Beitrag von chrizzy » 10. Oktober 2009, 12:25

Hallo,

damit habt ihr Bundesweit sogar mehr geregelt als wir Österreicher - bei uns ist nämlich der Natur- bzw. Artenschutz laut Bundesverfassung reine Ländersache, eine bundesweit geschützte Art gibt es überhaupt nicht, die können alle ausschließlich vom jeweiligen Land unter besonderen Schutz gestellt werden. Macht 9 komplett verschiedene Naturschutzgesetze mit verschiedenen geschützten Arten (wobei mir kein Bundesland bekannt ist, in dem nicht alle auch in Deutschland geschützten Arten unter erweiterten Schutzbestimmungen stehen).

Naja, ich hab ja jetzt den direkten Vergleich der 3 Vorgehensweisen, ich persönlich halte da das deutsche (bzw. auch schweizer) System für besser. Damit haben sowohl die Länder als auch die Einwohner eine ungefähre Richtlinie...

Danke für die Anwort, hab mir so was schon gedacht.

lg, chrizzy



Jan
Halter
Offline
Beiträge: 663
Registriert: 17. Juli 2005, 15:14
Hat sich bedankt: 0
Danksagung erhalten: 0

#4

Beitrag von Jan » 10. Oktober 2009, 15:59

Auf kantonaler Ebene existieren zwar meist auch Listen von geschützten Arten, sie haben aber wenig Bedeutung. In der Praxis hat sich der viel sinnvollere Biotopschutz durchgesetzt, aus der Erkenntnis heraus, dass es kaum etwas nützt, einen bestimmten Käfer oder Schmetterling zu schützen, weil nur wenige Leute (Fachleute) diese überhaupt von anderen, nicht geschützten Arten unterscheiden könnten. Es werden deshalb Lebensräume (Biotope) unter Schutz gestellt, die ganze Lebensgemeinschaften umfassen. Die Artenliste dient dann den Fachleuten dazu, besonders schutzwürdige Biotope zu erkennen und deren Schutz zu begründen. Man kann zwar Adler, Eisvogel, Luchs oder Teichmolch als Arten schützen, aber das nützt wenig, wenn deren Lebensräume zerstört werden. Bei Wirbellosen wie Insekten oder Schnecken, die keiner kennt und von denen man oft kaum etwas weiss, gilt dies noch weit mehr.
Vermutlich ist es für Deutsche schwer nachvollziehbar, wie die Schweiz fast ganz ohne lebenslängliche Beamte regiert wird. Vieles ist nicht codifiziert, aber dennoch durchaus qualifiziert geregelt. Deine Frage, welche Ameisenarten denn nun in der Schweiz geschützt sind, lässt sich deshalb so einfach nicht beantworten. Man müsste alle kantonalen Schutzbestimmungen durchackern und hätte dann doch keine brauchbare Aussage. Aber vielleicht hat ja jemand die Übersicht...


Wow, danke dass Du das so erläutert hast, erix!

Endlich mal ein Land das von sich sagen kann seine Natur zu schützen.
So wie das in Deutschland und Österreichgeregelt ist ist es äusserst heuchlerisch von "Naturschutz" zu reden.

Respekt... Hop Schwiiz ;)

Grüße,

Jan


"Wie ist das genau? Die Blattschneider Ameisen züchten ja dieses Pils,..."- ein Forenteilnehmer

Blattschneiderameisen: Braukultur, lange bevor es Menschen gab...

Neues Thema Antworten

Zurück zu „Europäische Ameisenarten & Allgemeines“