1. Allgemeines
Nach derzeitigem wissenschaftlichen Standpunkt gelten alle Ameisenarten - wie auch alle anderen Insekten - als rotblind. Das bedeutet, sie können ein gewisses Lichtspektrum (rot) nicht wahrnehmen, es ist für sie "dunkel". Über die Ursachen dafür kann man Mutmaßungen anstellen, jedoch hat es sich in der Evolution scheinbar als nicht sinnvoll erwiesen, diese Fähigkeit zu entwickeln.
Natürlich kann nicht bei jeder einzelnen der inzwischen über 12.500 Ameisenarten und noch deutlich mehr Insektenarten ein Versuch zu diesem Thema durchgeführt werden. Deshalb wird hier die übliche wissenschaftliche Vorgehensweise genutzt: Wenn bei genügend Vertretern einer Gruppe, zB wie hier Ameisen (Formicidae), ein Merkmal festgestellt wird, ohne dass es einen Gegenbeweis gibt, wird das Merkmal auf die gesamte Gruppe "angewendet" oder "übertragen".
Etwas kompliziert erklärt, aber im Klartext bedeutet das: Da bei einigen Vertretern der Formicidae festgestellt wurde, dass diese rotblind sind, jedoch bei keinem einzigen, dass er rotes Licht wahrnimmt, können bzw. werden alle Ameisen als rotblind deklariert, bis ein gültiger Gegenbeweis vorgebracht wird. Bei Ameisen könnte es theoretisch noch vorkommen, dass bei einer oder einigen der über 12.500 Arten die Fähigkeit, rotes Licht wahrzunehmen, gefunden wird, auszuschließen ist das nicht. Derzeit wird aber angenommen, dass dem nicht so ist.
Einfaches Beispiel aus unserem Alltag: Die Wissenschaft hat herausgefunden, dass bei jedem Menschen der Fingerabdruck bzw. die Iris verschieden sind, das wurde jedoch längst nicht bei allen Menschen untersucht, sondern nur bei einer bestimmten Anzahl.
Eine Arbeit, in der die Rotblindheit von Lasius niger untersucht wurde (mit dem Ergebnis, dass diese auch rotes Licht sehen können) ist aufgrund methodischer Fehler nicht anerkannt, dazu aber später mehr.
2. Nestleben
Fast alle Ameisenheit sind in ihrem Nest (absolute) Dunkelheit gewohnt, das bedeutet für sie, dass das Nest intakt und die Kolonie somit geschützt ist. Fällt Licht in das Nest, bedeutet das, dass das Nest geöffnet wurde und Fraßfeinde sich problemlos Zugang verschaffen können, das Volk ist ungeschützt ausgeliefert.
Natürlich haben Ameisen auch dafür ein "Notfallprogramm", sofort werden alle Tiere sehr aktiv (sie laufen schnell, in unseren Worten ausgedrückt "hektisch" durch die Gegend) und bringen
Diese Notfallmaßnahmen sind notwendig, aber auch sehr "stressig" und mit Sicherheit nicht förderlich für die Kolonieentwicklung.
3. Auswirkungen auf die Ameisenhaltung (rote Folie)
Klar ist also, dass wir in der Ameisenhaltung das Nest nicht dauerhaft dem Licht ausgesetzt lassen können, um den Tieren nicht zu schaden und das natürliche Verhaltensrepatoire beobachten können. Mit schwarzer Folie, Pappe, Alufolie etc. lässt sich das Nest vollkommen abdunkeln, jedoch kann man es auch nicht mehr einsehen.
Idealerweise kann man sich deshalb die Rotblindheit der Ameisen zunutze machen: Setzt man (gute) rote Folie im Nestbereich ein, dann wird jegliches Licht, das durch diese Folie fällt, für die Ameisen nicht wahrnehmbar, es wird für sie ein Unter-Tage-Gefühl erzeugt. Wir sehen das rote Licht zum Glück und können die Ameisen noch immer gut beobachten.
Jedoch ist längst nicht jede rote Folie geeignet, da nicht jede zuverlässig nur rotes, für die Ameisen nicht wahrnehmbares Licht durchlässt. Vergessen kann man beispielsweise Hefteinbände, ideal ist rote Farbfilterfolie (sie wird im optischen Bereich, z.B. in der Fotografie oder Bühnenbeleuchtung, verwendet) , die garantiert nur rotes Licht durchlässt.
Zwei einfache Tests, die der User Sahal aufgezeigt hat, können zeigen, ob die Folie geeignet ist:
1.) Die klare, dunkelrote Folie wird schlicht in einem hellen Raum vor die Augen gehalten. Man darf jetzt keine anderen Farben mehr als Rot sehen (Blau und Grün eigenen sich sehr gut zum Testen.)
2.) Man legt ein Stück Folie auf verschiedenfarbige Untergründe, ebenfalls in hellem Licht.
Das Stück Folie darf durch die vor die Augen gehaltene Folie nicht mehr zu erkennen sein und keinen Unterschied zum Untergrund aufweisen.
Im folgenden (verlinkten) Beitrag hat NIPIAN netterweise die (nicht anerkannte) wissenschaftliche Arbeit zur Rotblindheit von Lasius niger und die Kritikpunkte daran genauer unter die Lupe genommen.