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Gipsnest mit Lehmnest - "feindliche" Ãœbernahme durch Lehmwespe (?)

Themen über andere Insekten und Spinnentiere.
paxi
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#1 Gipsnest mit Lehmnest - "feindliche" Ãœbernahme durch Lehmwespe (?)

Beitrag von paxi » 9. Juni 2010, 18:54

Seid gegrüßt!

Anfang April bastelte ich das erste etwas größere Gipsnest. Leider ist das Teil abgestürzt und die Frontscheibe gebrochen, bevor die Ameisen eingezogen sind. Da ich es nicht über´s Herz brachte, das Ding weg zu schmeißen, lag es seither zum trocknen auf der Heizung.

Heute dann die große Überraschung: Aus dem Augenwinkel sah ich einen dunklen Fleck mittendrin. Erster Gedanke: Hä - wie kommt denn der Dreck da rein? Seht selbst...

Der Gang, in dem das Nest angelegt wurde, ist 1 cm breit, rechts von dem Bau befindet sich eine Kammer mit Zugang ins Freie(*). Dieser Zugang wurde sauber mit Lehm verschlossen. Die linke Brutkammer enthält ein Ei und ist noch offen, von dort sind es 10-15 cm zu den nächsten Ausgängen. Dummerweise waren die Fenster heute den ganzen Tag zu, wahrscheinlich wird da nix mehr draus. Dafür ist die rechte Brutkammer satt gefüllt und bietet einen hervorragenden Einblick.;)

Am Wochenende ist mir einige Male eine Wespe aufgefallen, die sich "unter" dem gekippten Dachfenster festgeflogen hatte. Wie bei allen "fliegenden Ameisen" stellte ich das Fenster ganz auf, damit sie ihres Weges fliegen konnte. Das Tier hatte einen ähnlichen Habitus wie die "normalen" (echten) Wespen, allerdings etwas kleiner, der Hinterleib schwarz mit 3-5 sehr schmalen gelben Streifen - so genau habe ich leider nicht hingeschaut...

Hat jemand zu dieser äußerst vagen Beschreibung einen Bestimmungs-Vorschlag? Wie lange wird die Entwicklung zum Imago in etwa dauern?

LG, paxi

(*) Der Ausgang ist an beiden Enden verschlossen, darin könnten weitere Brutkammern sein.
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setech
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#2 AW: Gipsnest mit Lehmnest - "feindliche" Ãœbernahme durch Lehmwespe(?)

Beitrag von setech » 10. Juni 2010, 23:01

Hallo,

eine Bestimmung wird ohne Bilder nicht möglich sein.
Es gibt eine ganze Reihe an Solitärbienen und -wespen, die Nistkammern mit Nahrungsvorrat in verschiedensten Materialien, wie etwa hohlen Pflanzenstängeln oder eben Lehm, anlegen. Ich hoffe ich habe die Zahlen noch richtig in Erinnerung: In Mitteleuropa müssten es gut 5000 Arten Solitärwespen, von denen ca. 20% sozial-parasitär Leben, und weitere 700 Arten Solitärbienen sein. Viele Arten sind auf bestimmte Nitplätze spezialisiert, andere dagegen sind Generalisten. Die Größen reichen dabei von einigen Millimetern bis hin zur Größe ihrer staatenbildenen Verwandten. Ich denke das Problem wird deutlich...

Zur Entwicklung: Aus den Eiern werden wahrscheinlich erst im Spätsommer die Larven schlüpfen. Diese ernähren sich von den eingetragenen Insekten und verpuppen sich, sobald die Vorräte aufgebraucht sind. Die Imagines schlüpfen dann im folgenden Frühjahr. Eine Kälteperiode, möglicherweise auch Frost, ist dafür zwingend notwendig.


Sofern du nicht über einen Garten verfügst, dürfte sich die Aufzucht also schwierig gestalten. Ich finde es allerdings interessant, dass diese Nistmöglichkeit auch - und vor allem so schnell - in einer Wohnung angenommen wurde. Im Regelfall dauert es eine ganze Zeit bis sich in der Natur entsprechende Insekten einstellen.


Viele Grüße



paxi
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#3 AW: Gipsnest mit Lehmnest - "feindliche" Ãœbernahme durch Lehmwespe(?)

Beitrag von paxi » 11. Juni 2010, 00:58

Hi setech!

Danke für deine ausführliche Antwort.

Dass eine Bestimmung bzw. Annäherung an die Art schwierig wird, war zu befürchten. Evtl. dann im Frühjahr, Garten steht zur Verfügung, die Ameisen haben den langen, kalten Winter im Schuppen bestens überstanden.

Die Aufzucht beschränkt sich ja wohl auf die richtige Lagerung, über die nötige Geduld sollte ich als Ameisenhalter verfügen. ;) Hast du noch konkrete Tips oder Infoquellen auf Lager?

LG, paxi



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Boro
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#4 AW: Gipsnest mit Lehmnest - "feindliche" Ãœbernahme durch Lehmwespe(?)

Beitrag von Boro » 11. Juni 2010, 09:12

Hallo paxi!
Finde ich sehr nett, dass du das Tierchen so gewähren lässt. Es handelt sich um harmlose Solitär-Wespen, die im Prinzip nützlich sind. Die Kollegen haben das richtig dargestellt. Wenn du dem Tier noch Zugang gewährst, wird sie die noch offene Kammer ebenfalls mit einem Ei bestiften und verschließen. Ich schätze, dass die Entwicklungszeit grob geschätzt etwa wie bei den Ameisen 2 Monate betragen wird.
Vergleiche hier: http://www.google.at/images?hl=de&q=Lehmwespen&um=1&ie=UTF-8&source=og&sa=N&tab=wi
L.G.Boro



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setech
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#5 AW: Gipsnest mit Lehmnest - "feindliche" Ãœbernahme durch Lehmwespe (?)

Beitrag von setech » 11. Juni 2010, 12:44

Wie Boro schon sagte, wird die Wespe wahrscheinlich zurück zu ihrem Bau kommen, wenn sich die Möglichkeit bietet. Wenn du den Lehmklotz nach draußen stellst, werden sich mit der Zeit wohl auch weitere Wespen und Wildbienen einstellen.
Wichtig ist hier nur, dass er von der Wetterseite abgewandt steht. Ansonsten wird er nicht angenommen werden, da langfristiger Witterungseinfluss sowohl den Lehm, als auch die Brut schädigt.

In den letzten Dekaden sind durch Landschaftsveränderungen, wie Monokultur und Einebnungen, und veränderte Bauweisen, etwa Ziegelsteine anstelle von Fachwerk, die Nistmöglichkeiten dieser Insekten stetig reduziert worden.
Wenn du deinen Lehmklotz ohnehin in den Garten stellen möchtest, kann ich dir nur ans Herz legen, diesen gleich in ein kleines Insektenhotel zu integrieren.


Für weitergehende Informationen würde ich dir http://www.wildbienen.de/ empfehlen. Meiner Meinung nach ist dies die beste, wenn auch dezent unübersichtliche, Seite zum Thema.

Viele Grüße



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Boro
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#6 AW: Gipsnest mit Lehmnest - "feindliche" Ãœbernahme durch Lehmwespe (?)

Beitrag von Boro » 11. Juni 2010, 14:55

In der urbanen Zone fehlt es heute generall an Lehm/Ton als Baustoff. Das ist ein Hauptgrund, warum die Schwalben verschwunden sind.
Man kann auch das eine oder andere Mal Lehmklumpen von einer Wanderung/Exkursion mitnehmen und einfach in den Steingarten legen. Es wird nicht lange dauern und einige solitäre Wespen und Bienen werden sich einfinden, um das Baumaterial abzuholen. Das fördert die Artenvielfalt!! So wie hier: http://www.ameisenforum.de/andere-insekten-spinnentiere/36139-solit-re-wespen-zu-besuch.html
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Gilthanaz
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#7 AW: Gipsnest mit Lehmnest - "feindliche" Ãœbernahme durch Lehmwespe (?)

Beitrag von Gilthanaz » 11. Juni 2010, 15:20

Hm. Ich wohne quasi mitten im Wald, und habe schwer mit irgendwelchen Holzwespen oder Hummeln(?) zu kämpfen. Die Kokons der in das Holzgeländers meiner Terrasse gefressenen Kammern sind aus Blättern und sehen faszinierend aus - Foto kann ich leider keines mehr machen, habe sie letztes Jahr als Holzschädling vernichtet.

Dieses Jahr sind sie wieder da .. und das Geländer ist noch "angefressen", also lasse ich sie erstmal und werde sie im Winter "abbauen" und umsiedeln, und ein neues Geländer machen.

Eine etwa 35mm große Hornisse fliegt seit einigen Tagen andauernd in meinen Dachstuhl. Na, juhu... sieht stark nach Gyne aus.

Mein Gemüsebeet habe ich dieses Jahr brachliegen lassen, nachdem ich beim ersten Spatenstich eine ganze Ladung sehr erregter Hummeln auf der Schaufel hatte. Na, gibts eben keine Tomaten dieses Jahr.

Einige Wespenvölker nisten gerade rund um mein Haus an diversen Stellen (Holzdach), allerdings scheinen diese Gründungen öfter mal daneben zu gehen, und Nester sind bald wieder leer. Hat aber vielleicht auch mit Konkurrenz zu tun, und sie erstechen sich gegenseitig (Von Wespen hab ich leider nicht viel Ahnung).

Außerdem bin ich letztes Jahr in ein Wespennest getreten - zumindest glaube ich, es wären Wespen. Die Gaster sind komplett schwarz, die Tiere insgesamt sehr schlank gebaut und richtig lang (ca 20 - 25mm). Was passiert ist? Etliche Stiche (Schläfe, rechte Hand, linke Hand, Hals...) und ich habe gelernt, dass das Gift dieser Tiere wesentlich böser ist als das der Honigbiene => 4 Tage Krankenstand, Eispackungen und Antihistamine.

Und ich kann meine Büsche nicht stutzen, weil überall Vögel nisten.

Es ist eindeutig:
Ich habe den Kampf um meinen Garten verloren, bevor er angefangen hat :)


Anscheinend interessieren sich ja einige Leute hier sehr für Wespen, Hornissen etc. - eventuell komme ich mal nahe genug ran, um gute Fotos zu machen, ohne erstochen zu werden. Obwohl ich mich von diesen riesigen Hornissen und Erdwespen mal eher fern halte ;)

lg,
- G

Edit:
So, jetzt habe ich vergessen, warum ich eigentlich hier posten wollte ;) Besteht die Chance, wenn ich genug dieser Kunstnistmöglichkeiten anbiete, die Tiere mein Haus eher in Ruhe lassen? :)



paxi
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#8 AW: Gipsnest mit Lehmnest - "feindliche" Ãœbernahme durch Lehmwespe (?)

Beitrag von paxi » 12. Juni 2010, 01:44

Ist ja richtig was los hier!

@Boro: Urban ist hier nicht das Problem, Baumaterial auch nicht. Ich wohne auf dem Land, umgeben von Lehmböden. Mit Nistmöglichkeiten sieht´s da in der Kulturlandschaft schlechter aus.

Ein Tag ohne Zugang (Fenster waren zu) hat wohl gereicht um die Dame einen anderen Nistplatz suchen zu lassen. Die offene Zelle war schon bestiftet, enthielt aber noch kein Futter. Das Ei war gelblich, jetzt ist ein weisses, längliches verschrumpeltes Etwas zu erkennen, vermutlich die verhungerte und ausgetrocknete Larve.

Dafür gibt´s aus der anderen Kammer gute Neuigkeiten: Eine recht große Larve, grünlich mit gelb durchschimmernden inneren Organen, Durchmesser 2-3 mm, Länge nicht genau zu erkennen, da ein Ende im Raupenvorrat verschwand. Die Fotos vom USB-Mikroskop wurden nicht abgespeichert, versuch´s morgen nochmal mit der "Großen".
Für Ameisenverhältnisse eine erstaunlich schnelle Entwicklung und ich betrachte es als großes Geschenk der Natur, das beobachten zu dürfen.

@setech:
Nochmals danke für die Tips. Zur Klarstellung: Es handelt sich um ein Gipsnest, das nur ganz dezent mit Lehm abgerundet und verschlossen wurde. Bilderupdate folgt.

Ein Insektenhotel steht schon länger auf der ToDo-Liste. ;)

@Gilthanaz:
Leicht OT;). Herzlichen Glückwunsch zu den ganzen Tierchen, sieh´s nicht als Kampf, sondern als Miteinander, in dem es manchmal Missverständnisse gibt...

Hornissen kenne ich eigentlich nur total friedlich, lassen sich prima mit Zuckerwasser anlocken und dann kann man ihnen auch recht nah mit der Linse auf die Pelle rücken. Vorsicht mit Honig, der kann Krankheitserreger enthalten - wenn dann nur vom Imker um die Ecke (Infektionsthread lässt grüßen).

Mit einem "herkömmlichen" Insektenhotel wirst du die staatsbildenden Wespen wohl nicht locken können, die sind mehr für die "Singles" gedacht. Vielleicht eher sowas wie "Wespenkästen"?

LG, paxi



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