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Volle Gaster nicht gleich volle Gaster?

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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Streaker87
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#1 Volle Gaster nicht gleich volle Gaster?

Beitrag von Streaker87 » 9. November 2010, 07:46

Der Hinterleib einer meiner Camponotus sp. Arbeiterinnen ist angeschwollen. Zwischen den Tergitenplatten kann man das Gewebe gut erkennen. Dieses ist beige bis matt-gelb. Ich meine beobachtet zu haben, dass das Gewebe fast durchsichtig ist, wenn die Arbeiterinnen kurz vorher Zuckerwasser aufgenommen haben. Ich dachte mir also, dass die besagte Arbeiterin eventuell "feste" Kost, etwa Proteine, speichert. Oder handelt es sich um bereits verdaute Nahrung, dass die Gaster nicht durchsichtig erscheint?

Wer weiß mehr darüber?

Auf den Fotos ist es schwer zu erkennen. Vielleicht habe ich mich auch getäuscht. Aber die Frage bleibt dennoch, ob man gespeichertes Zuckerwasser von gespeicherten Proteinen unterscheiden kann. Ich denke, man kann einen vollen Magen ausschließen. Keine Ameise wäre so egoistisch und würde sich den Bauch so voll schlagen. Es muss sich also m.M.n. um gespeicherte Nahrung im Sozialmagen handeln.




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Stiko
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#2 AW: Volle Gaster nicht gleich volle Gaster?

Beitrag von Stiko » 9. November 2010, 08:07

Wer weiß mehr darüber?
Also wissen tue ich es auch nicht, kann aber das selbe berichten wie du.
Daher habe ich ein wenig rum experimentiert.
Gibt man den Ameisen Honig pur, sinkt die Zahl der Ameisen mit durchsichtiger Gaster. Dafür werden die Gaster so eine Art Glühbirne mit Milchglas. Allerdings weniger.
Honig pur ist wohl Energiereicher und muss nicht in den Mengen gelagert werden wie Zuckerwasser.
Ich habe absichtlich mal 1-3 Tage der Mehlwurmfütterung ausgelassen (Bis ich merkte, das die Arenabevölkerung steigt) und konnte beobachten, das es weniger Aneisen mit weiß/gelber Gaster gibt.
Wenn ich aber mal einen Würfel Mückenlarven fütter wird es ganz witzig.
Denn dann werden die Gaster rot. Erst sieht man, das viele Ameisen viel Flüssigkeit in der Gaster haben, da dieser rot durchsichtig zu sein scheint, ähnlich Zuckerwasser.
Aber Tage später sieht man immer noch Ameisen, die mit einer dunkelroten Gaster rum laufen, welcher scheinbar nur noch mit Fleisch der Mückenlarven gefüllt ist.
Nach Mückenlarvenfütterung brauche ich erst einmal 3 Tage nix zu füttern, da ich die seltener fütter und die Camponotus sich da den Bauch voll schlagen.
Da ich nur sehr wenig Majore, aber viel Brut habe, bin ich fest davon überzeugt, das die Arbeiter auch sehr fleißig den Koloniemagen bilden können.
Bild



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#3 AW: Volle Gaster nicht gleich volle Gaster?

Beitrag von Gast » 9. November 2010, 12:08

Viele Ameisen, auch Camponotus sp., legen vor der Überwinterung Vorräte an in Form von Fett und Eiweiß, die aber nicht im Kropf oder Darm, sondern in eigenen Fettkörpern in der Gaster gespeichert werden. Solche Speicherung kommt auch vor, wenn Ameisen ohne Winterruhe sehr viel fett- und eiweißreiche Nahrung bekommen.

@ Stiko: Mückenlarven enthalten Hämoglobin, also den roten Blutfarbstoff. Die Ameisen schlucken aber nur Flüssiges, also den aus den Mückenlarven heraus „gelutschten“ flüssigen Inhalt. Das Mücken-Hämoglobin ist nicht in roten Blutkörperchen untergebracht (wie bei uns), sondern in der Hämolymphe gelöst. Die (nicht „der“) Gaster ist also nicht mit Mückenfleisch gefüllt, sondern mit rot gefärbter Hämolymphe (die außer dem Hämoglobin auch sonstige gelöste Proteine enthält). Feste Bestandteile der Mückenlarven werden entweder an die Larven verfüttert, oder sie bleiben ungenutzt liegen.

MfG,
Merkur



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Streaker87
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#4 AW: Volle Gaster nicht gleich volle Gaster?

Beitrag von Streaker87 » 9. November 2010, 12:34

Merkur hat geschrieben:[...] legen [...] Vorräte an in Form von Fett und Eiweiß, die [...] in eigenen Fettkörpern in der Gaster gespeichert werden. Solche Speicherung kommt auch vor, wenn Ameisen ohne Winterruhe sehr viel fett- und eiweißreiche Nahrung bekommen.
Können die Vorräte, die im Fettkörper gespeichert werden, wieder zur Fütterung der Larven genutzt werden oder stehen sie nur für die jeweilige Ameise zur Verfügung? Letzteres fände ich etwas egoistisch, aber mir ist der erste Punkt nicht klar. Geht die freigesetzte Energie nicht sofort in den (Magen)/Darm-Trakt über und wird verdaut? Oder kann die Ameisen selbst dann noch die Nahrung hochwürgen?




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#5 AW: Volle Gaster nicht gleich volle Gaster?

Beitrag von Gast » 9. November 2010, 14:57

Zitat Streaker87:

Können die Vorräte, die im Fettkörper gespeichert werden, wieder zur Fütterung der Larven genutzt werden oder stehen sie nur für die jeweilige Ameise zur Verfügung? Letzteres fände ich etwas egoistisch, aber mir ist der erste Punkt nicht klar. Geht die freigesetzte Energie nicht sofort in den (Magen)/Darm-Trakt über und wird verdaut? Oder kann die Ameisen selbst dann noch die Nahrung hochwürgen?
Aus dem Fettkörper-Gewebe können Fett, Kohlenhydrate und niedermolekulare Eiweißverbindungen in die Hämolymphe (das "Insektenblut") übergehen. Sie werden dann von bestimmten Drüsen ("Futtersaftdrüsen", im Kopf, oder Speicheldrüsen, im Thorax) aus der Hämolymphe aufgenommen und von den Drüsen eben als Futtersaft über Ausführgänge in die Mundhöhle sezerniert. Die Drüsensekrete werden in der Regel dann an Larven, an andere Arbeiterinnen (zur Weiterverteilung) sowie an die Königinnen verfüttert.
Die Arbeiterin kann auch ihre eigenen Drüsensekrete verschlucken (in den Kropf) und bei Bedarf wieder hervorwürgen, so wie sie das mit Honigtau o.dgl. auch macht. - Eine ziemlich komplizierte Geschichte!

Das Prinzip ist ähnlich dem bei Säugetieren: Im Körper gespeichertes Fett wird bei Bedarf mobilisiert, geht in den Blutkreislauf und wird z.B. von den Milchdrüsen herausgefangen und zur Ernährung der Jungtiere abgegeben.

"Geht die freigesetzte Energie nicht sofort in den (Magen)/Darm-Trakt über und wird verdaut?"
Ich weiß nicht, wie weit hier ein Missverständnis vorliegt: Wir reden von "Energie" und meinen eigentlich "Energieträger". Z.B. Zucker oder Fette sind Energieträger, die mittels Sauerstoff veratmet ("verbrannt") werden müssen, wobei CO2 und Wasser entstehen. Die dabei frei werdende chemische Energie wird in Form von ATP gespeichert. Mit ihrer Hilfe können dann Muskeln bewegt oder Stoffwechsel-Umsetzungen durchgeführt werden, also z.B. Proteine synthetisiert.

Hoffe, jetzt wird's klarer.
MfG, Merkur



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Streaker87
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#6 AW: Volle Gaster nicht gleich volle Gaster?

Beitrag von Streaker87 » 9. November 2010, 17:03

Ja, ist klarer. Das Drüsenphänomen hat's geklärt. Danke!
Streaker87 hat geschrieben:Geht die freigesetzte Energie nicht sofort in den (Magen)/Darm-Trakt über und wird verdaut?"
Mit "Energie" meinte ich natürlich die Träger, die erst freigesetzt und dann verdaut werden ;)




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Streaker87
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#7 AW: Volle Gaster nicht gleich volle Gaster?

Beitrag von Streaker87 » 18. Februar 2011, 16:48

Kann mir jemand diese Abbildung etwas genauer erklären?

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Ich nehme mal an, dass das Weiße der Fettkörper ist. Die krasse Unterteilung finde ich interessant. Anhand der roten Pfeile erkennt man, dass es sich dabei nicht um ein Schauspiel von Perspektive und Licht handeln kann.




Sahal
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#8 AW: Volle Gaster nicht gleich volle Gaster?

Beitrag von Sahal » 18. Februar 2011, 19:12

Sawasdee krub

@Streaker
DEN Fettkörper gibt es nicht, sondern eine nervige Anzahl von Perlenschnüre, die die winzigen kugelförmigen Fettkörper zusammenhalten.
Das angehängte rote Bild zeigt eine Formica sp mit zerlegter Gaster. Zu sehen ist der golden schimmernde Kropf (Honig) und der Mitteldarm mit Malphigi-Gefäßen. Das weiße Gewirr ist ein Teil der Fettkörperchen, oben rechts im Bild sieht man noch die Restgaster liegen, vollgefüllt mit weiteren Fettkörpern (und halb herausschauender Rectalblase).


Ein prall gefüllter Kropf nimmt durchaus 1/3 bis die Hälfte (oder mehr) der Gaster ein. Zudem verteilen sich die Fettkörper nicht zwangsläufig gleichmäßig unter der "Haut" und geben somit, zusammen mit ihren Kollegen Magen, Darm und anderen diversen Organen, oft ein dekorativ marmoriertes Bild ab.
Man sollte auch nicht vergessen, dass die gastrale Inneneinrichtung einer Ameise nicht fest fixiert ist, sondern rel. locker in einer Flüssigkeit schwimmt.
Fest fixiert ist praktisch nur der Eingang des Kropfes und der Ausgang der Rectalblase sowie dort mündende Drüsen.



@Merkur:
das Ameisen nur flüssige oder breiige Nahrung aufnehmen können ist ja bekannt bzw durch den Petiolus bedingt.
Bei Präparationen habe ich allerdings nicht selten breiige bis feinstzerriebene Nahrung gefunden, dazu ein Video bei Youtube.
Können Ameisen Fleisch soweit zerraspeln/zerkauen, dass der Brei die Speiseröhre passieren kann?
Ich erinnere mich jetzt nur an Aussagen, dass keine größeren Fleischstücke oder Cuticula-Teile gefunden wurden, im Gegensatz zur larvalen Ernährung. Allerdings habe ich bei Camponotus ligniperdus mit kleinen Larven (durch die Größe prima) beobachte können, wie die Arbeiterinnen lange ohne Unterbrechung an einem Mehrwurm herumkauten, das Fleisch mit den Mundwerkzeugen herausbissen und nur die Cuticula übrig gelassen haben... auch dazu ein Video.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Arbeiterinnen diese beachtliche Menge an Fleisch in Schlund, Mundhöhle oder Infrabuccaltasche lagern konnten.
Dateianhänge
Fsp_Pr_10x_cro+mid.jpg


Wenn die Flinte ins Korn gefallen ist, nicht gleich das Kind in den Brunnen werfen, auch wenn das der Tropfen ist, der dem Fass die Krone ins Gesicht schlägt!

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