Messor barbarus - Bericht: Zufütterung bei der claustralen Gründung

Allgemeine Fragen und Themen über europäische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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Timmili
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#1 Messor barbarus - Bericht: Zufütterung bei der claustralen Gründung

Beitrag von Timmili » 24. Mai 2011, 11:40

Hallo,

ich habe letztes Jahr einmal einen Versuch durchgeführt und möchte euch hier davon berichten.

Da letztes Jahr die Frage sehr groß war, ob die Zufütterung bei der claustralen Gründung sinnvoll ist, habe ich mir gedacht ich versuche es doch auch einmal an Messor barbarus Königinnen. Ich erhielt von einen guten Freund von mir aus Cordoba in Spanien im September letzten Jahres 2 Messor barbarus Königinnen. Beide haben in Spanien ein Reagenzglas mit Wassertank bekommen und gingen auf die Reise zu mir.

Als sie bei mir ankamen, war noch keine Brut vorhanden, was sehr gut war, denn es sollte bei einer Königin von Anfang an zugefüttert werden. Ich legte einer Königin also eine überbrühte Drosophila, ein paar Samen und einen Tropfen Honig-Zucker-Wasser in ihr Reagenzglas. Hierbei ist es sehr wichtig, dass man bei dem nächsten Zufüttern das Reagenzglas gründlich reinigt, ohne von der Königin bearbeiteten Samen zu beschädigen. Die zweite Königin ließ ich im Schrank liegen und versuchte sie bei der Fütterung der ersten Königin den gleichen Stress auszusetzen. Ich nahm sie also auch einmal hoch und ließ kurz Licht an sie rankommen. Dann kam sie wieder in den Schrank. Die erste Königin nahm vor allen die Drosophilas und die Samen gerne an. Am Honig-Zucker-Wasser konnte ich sie kaum beobachten. Bereits nach zwei Tagen konnte ich Unterschiede erkennen. Die Königin ohne Zufütterung hatte bereits Eier gelegt, 11 Stück, während die andere Königin noch keine Eier gelegt hatte. Dies tat sie erst zwei Tage später, dafür jedoch die doppelte Anzahl, 23 Stück.

Nach fast drei Wochen schlüpften nun die ersten Larven, welche bei der Zufütterung viel schneller wuchsen und auch eine größere Anzahl boten. Dadurch fand die Verpuppung natürlich auch eher statt, als bei der Königin ohne Zufütterung, diese verpuppten sich 4 Tage später und es waren nach ein paar Tagen auch insgesamt 5 Puppen weniger.

Als nun die ersten Arbeiterinnen bei der Königin mit Zufütterung 3 Tage vor der Königin ohne Zufütterung schlüpften, stand für mich ein Ergebnis fest. Die Zufütterung bei Messor barbarus bringt Vorteile, wenn jedoch nur geringe, denn ich habe den Versuch nur mit zwei Königinnen durchgeführt. Für ein wirklich ausschlaggebendes Ergebnis, bräuchte man hierzu nun ein paar mehr.

Hier ein Bild der ersten Arbeiterinnen und der Kolonie:
Bild
Kolonie mit Zufütterung (rechts) hat bereits 2 Arbeiterinnen, Kolonie ohne Zufütterung (links) hat noch keine Arbeiterinnen.

Heute leben die kleinen Kolonien immer noch unter gleichen Bedingungen. Sie leben noch in ihren Reagenzgläsern und haben als Auslauf eine Ferrero Rocher Schachtel, in welcher ein Napf mit Körnern steht. Die Kolonie, welche zugefüttert wurde, hat heute 23 Arbeiterinnen, die andere nur 12, was auch auf eine positive Auswirkung von Zufütterung hindeutet.

So sahen die gleichen Bedingungen aus:
Bild

So sieht es heute aus:
Bild

Lob, Kritik, Anregung ist in diesem Thread erwünscht.

liebe Grüße,
Tim



DermitderMeise
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#2 AW: Messor barbarus - Bericht: Zufütterung bei der claustralen Gründung

Beitrag von DermitderMeise » 24. Mai 2011, 13:05

Hallo Tim,
danke dir für die Durchführung des Experiments! Ein paar Fragen habe ich dazu, doch kommen wir erst einmal zum Knackpunkt: Es ist leider nicht aussagekräftig. In der Gründungsphase und auch danach entwickeln sich Kolonien ganz unterschiedlich; so kann niemand wissen, ob die zugefütterte Kolonie auch in natura einen besseren Start hingelegt hätte. Damit solche Variationen nicht mehr ins Gewicht fallen, muss man Replikate einsetzen, d. h. pro Versuchsgruppe mehrere unabhängige Teilnehmer, in deinem Fall mehrere gründende Gynen.
Ende 2009 habe ich vier Gynen einer großen Messor-Art aus Tunesien mitgebracht; davon verstarb eine während der Winterruhe, drei begannen im Frühjahr 2010 mit der Eiablage (ohne Zufütterung, zunächst bei Raumtemperatur, später bei etwa 25 °C). Eine Königin legte viele Eier, zog sehr viel Brut auf - inkl. einer Media-Arbeiterin! - brauchte dafür aber länger als die beiden anderen Kolonien. Sie hatte in der weiteren Entwicklung jedenfalls einen deutlichen Vorsprung gegenüber den Kolleginnen; während bei denen zwei kleine Arbeiterinnen furagierten, hatte die "produktive" Gyne wenig später vier aufgezogen. Mitte 2010 nach erfolgreicher Gründung verstarb eine Gyne der beiden kleineren Kolonien, plötzlich und unerwartet. War sie vielleicht krank und hatte deswegen nicht so viel Brut aufgezogen?
Damit solche individuellen Effekte nicht das Ergebnis verfälschen ist es unbedingt nötig, mehrere Tiere pro Versuchsgruppe zu beobachten. Deswegen ist diese Frage bisher auch nicht zufriedenstellend beantwortet worden. (und deswegen & aus vielen anderen Gründen ist das wissenschaftliche Experimentieren auch immer gleich ziemlich... kompliziert)

Meine Fragen, die da noch wären: In welchem Zeitraum fand die Gründung statt, noch im letzten Jahr? Bei welcher Temperatur hast du die Tiere gehalten, hatten sie eine Winterruhe?



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Timmili
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#3 AW: Messor barbarus - Bericht: Zufütterung bei der claustralen Gründung

Beitrag von Timmili » 24. Mai 2011, 13:25

Hallo DermitderMeise,

vielen Dank für deine Antwort.

Das das Experiment nicht aussagekräftig ist, schrieb ich bereits in meinem Beitrag und verstehe es auch.
Die Zufütterung bei Messor barbarus bringt Vorteile, wenn jedoch nur geringe, denn ich habe den Versuch nur mit zwei Königinnen durchgeführt. Für ein wirklich ausschlaggebendes Ergebnis, bräuchte man hierzu nun ein paar mehr.


DermitderMeise hat geschrieben:Meine Fragen, die da noch wären: In welchem Zeitraum fand die Gründung statt, noch im letzten Jahr? Bei welcher Temperatur hast du die Tiere gehalten, hatten sie eine Winterruhe?


Die Gründung der Königinnen fand teilweise noch 2010 statt. Die beiden hatten dann während des Larvenstadiums eine Winterruhe von Anfang November bis Mitte Februar. Die Temperaturen habe ich denen in Cordoba angeglichen, hierzu dient eine Wärmelampe verbunden mit einem Thermostat.

liebe Grüße,
Tim



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#4 AW: Messor barbarus - Bericht: Zufütterung bei der claustralen Gründung

Beitrag von DermitderMeise » 24. Mai 2011, 20:56

Hi Tim,
Timmili hat geschrieben:Das das Experiment nicht aussagekräftig ist, schrieb ich bereits in meinem Beitrag und verstehe es auch.

das nahm ich wohlwollend zur Kenntnis. :) Allerdings versuchst du trotzdem diese Schlüsse zu ziehen:
Timmili hat geschrieben:Als nun die ersten Arbeiterinnen bei der Königin mit Zufütterung 3 Tage vor der Königin ohne Zufütterung schlüpften, stand für mich ein Ergebnis fest. Die Zufütterung bei Messor barbarus bringt Vorteile, wenn jedoch nur geringe, denn ich habe den Versuch nur mit zwei Königinnen durchgeführt.

(Hierzu noch eine kurze Anmerkung: drei Tage sind ein ganz alltäglicher Unterschied bei Gründungen.)

Die Kolonie, welche zugefüttert wurde, hat heute 23 Arbeiterinnen, die andere nur 12, was auch auf eine positive Auswirkung von Zufütterung hindeutet.

- und da frage ich mich: Welche Schlüsse - außer gar keine - kann man aus einem nicht aussagekräftigen Versuch ziehen? Sicherlich aber den: Wie man es nächstes Mal besser macht. ;)

Bitte versteh' das nicht falsch, ich finde deinen Versuchsaufbau gut und möchte dir weder das Experimentieren madig reden noch deinen Enthusiasmus austreiben; nur aus zwei gründenden Gynen verallgemeinernde Folgerungen abzuleiten - das hilft "der Sache an sich" nicht weiter.

So, weiter im Text: Danke für die Aufklärung hinsichtlich der Umweltbedingungen bei dir! Da Cordoba eine der wärmsten Ecken Europas ist, können sich die Gynen dort evtl. noch eher im gleichen Jahr "trauen"? Ich durfte bisher nur Erfahrungen mit im Frühjahr gründenen Messor sammeln.



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noana
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#5 AW: Messor barbarus - Bericht: Zufütterung bei der claustralen Gründung

Beitrag von noana » 24. Mai 2011, 21:28

Hallo Gemeinde,

Mein Versuch sieht etwas anders aus, wirkt aber ähnlich.
Irgendwie kriege ich mein Formikarium wohl nicht richtig eingestellt.
Meine M.barbarus hat im RG sechs Wochen auf Eiern rumgeschlichtet, die immer kleiner und weniger wurden. Keine Larven, keine Puppen, keine Assistenz.
Ich habe mir dann eine Kolonie mit 10 Assistenten geholt. Da war auch Brut.
3 oder 4 sind dazu geschlüpft. Aber parallel ist fast jede Nacht eine verschwunden. Insgesamt ist die Kolonie nun mit nur 2 der neuen Arbeiterinnen stabil. Brut ist da, aber schlecht zählbar - das ist aber nicht die Geschichte...
...nun zum zufüttern...
...die andere Königin wollte ich nicht himmeln. Ich habe ihr RG ausserhalb des Formikariums mit einem T-Stück an den Schlauch gekoppelt. Die ersten 10 Tage tat sich gar nichts - keine Brut nur ihr Elendshaufen.
Dann habe ich ihr einen Wattebausch mit Honigwasser gegeben. Nach ein paar Tagen gab es dann wieder ein kleines Eierhäufchen. Den Wattebausch habe ich alle paar Tage mal mit Wasser (Das RG ist auch gefüllt) mal mit Honig runderneuert. Nun sitzen da drei fette Larven und spielen mit der Gyne Ameise-ärger-dich-nicht (irgendwas müssen sie doch tun!)
Eier gibt es auch. Und eine Puppe ist wohl nur eine Frage der Zeit.

Also zufüttern scheint sich zu lohnen.

Viel Grüsse
noana

P.S. Hier noch ein paar Satzzeichen und Reservebuchstaben für die RS Fanatiker .,.,.,.,.,.,.,ASDFGHdfERTzuiZMN,B


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#6 AW: Messor barbarus - Bericht: Zufütterung bei der claustralen Gründung

Beitrag von NIPIAN » 24. Mai 2011, 22:38

Bei den geringen Fallzahlen ist eine getroffene Aussage zu einer proklamierten Wirkung mehr als mutig. Unterhalb von 10 Gynen pro Gruppe ist eine Auswertung nicht möglich. Eine Auswertung ist ebenso nur bei näherungsweise gleicher Ausgangslage möglich.



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#7 AW: Messor barbarus - Bericht: Zufütterung bei der claustralen Gründung

Beitrag von noana » 25. Mai 2011, 07:47

Sind Ameisenhalter nicht alle mutig?

Gibt es ein halbes Indiz, das es schadet?

Gruß
noana


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#8 AW: Messor barbarus - Bericht: Zufütterung bei der claustralen Gründung

Beitrag von NIPIAN » 25. Mai 2011, 13:11

Sind Ameisenhalter nicht alle mutig?

Sind Ameisenhalter nicht alle braunäugig?

Gibt es ein halbes Indiz, das es schadet?

Wieso? Es ist lediglich die Behauptung aufgestellt worden, dass es hilft - Aus zwei Völkern ein Indiz abzuleiten, welches diskutiert werden soll, ist mehr als gewagt.



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