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Hier ruhen fünf Völker Lasius niger.

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erix
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#1 Hier ruhen fünf Völker Lasius niger.

Beitrag von erix » 26. November 2008, 01:09

Ein winterliches Bild heute von meinem Balkon:

http://www.ameisenforum.de/attachment.php?attachmentid=12189&stc=1&d=1227656941

In der Polystyrolbox unter der Giesskanne überwintern z.Z. fünf Völkchen Lasius niger mit ihren Königinnen vom Jahrgang 2007.
Es ist der zweite Winter für sie. Die Polystyrolkiste steht seit dem 2. November auf dem Balkon. Vorher waren sie zwei Wochen im ungeheizten Dachraum zur Vorbereitung auf die Winterruhe.

Machen wir mal den Deckel auf:

http://www.ameisenforum.de/attachment.php?attachmentid=12190&stc=1&d=1227656941

Die weissen Behälter waren Glacéverpackungen (Eiskrem in der BRD) und dienen als Arenen. Ihr Boden ist 1 cm hoch mit Gips ausgegossen, die Wände sind mit etwas Talkum bepudert, kein Deckel. Die Wand darf nicht angefasst werden, dann genügt dies als Ausbruchsschutz. (Natürlich nur bei Arten, die keine Gefahrenpotentiale mit sich bringen!)

In der mittleren Arena überwintert ein kleineres Völklein im Reagenzglas (in oranger Papierhülle). In jeder Arena liegt ein kleines Reagenzglas mit Wasser und Wattepfropf als Trinkwasserquelle. Die blauen Kühlelemente dienen dazu, die Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht abzupuffern. Plastikflaschen mit Wasser gefüllt würden den gleichen Zweck erfüllen, haben aber hier nicht Platz.

http://www.ameisenforum.de/attachment.php?attachmentid=12191&stc=1&d=1227656941

An jeder Arena ist mit Schlauch ein liegendes Ytongnest angeschlossen. Die Nester sind mit einem Blechdeckel lichtdicht abgedeckt (rechts oben) das andere Nest ist für das Foto aufgedeckt. Die Nestkammern haben 35 mm im Durchmesser und sind 6 mm tief. Rechts oben ist eine tiefere Kammer ausserhalb des Deckglases als Wasserbehälter für die Befeuchtung. Ich schätze liegende Nester, weil der Einblick viel besser ist als bei stehenden und die Glasscheibe fast immer sauber bleibt. Man kann auch mit der Stereolupe (Stereo-Mikroskop) die Brutpflege sehr schön beobachten.

http://www.ameisenforum.de/attachment.php?attachmentid=12192&stc=1&d=1227656941

Erstaunlich ist, dass die Arbeiterinnen sich während der Winterruhe nicht irgendwie zusammenballen, sondern sich gleichmässig über die ganze Fläche der Nestkammern verteilen. Ich vermute, dass dies für das Volk den Sinn hat, die ganze Fläche des Nestes unter Kontrolle zu haben. Mit der Lupe kann man oft sehen, dass sich die Arbeiterinnen mit den Tarsen oder Fühlern gegenseitig berühren während der Ruhe. Sie "schlafen" gewissermassen "Händchen haltend"!
Nur um die Königin in der mittleren Kammer rechts und um die Haufen von Puppen und Larven (untere Reihe links) bilden sich Anhäufungen von Arbeiterinnen. Diese Königin (Jahrgang 2006) hat ganz ungebremst Eier gelegt bis Ende Oktober. Die andern reduzierten die Eilage schon im September stark.

http://www.ameisenforum.de/attachment.php?attachmentid=12193&stc=1&d=1227656941

Einige Arbeiterinnen überwintern jeweils im kleinen Reagenzglas, das in der Arena als Wasservorrat dient. Es ist dort keineswegs dunkel, sondern fast taghell. Vielleicht ist dies als Vorposten vor dem Nest gedacht. Einzelne Tiere sind sogar ganz in der Arena draussen in Ruhe. (Temperatur 0°C zur Zeit der Aufnahme.)

Die Alufolien-Fetzchen tragen je einen Honigtropfen. Er ist mit einem kleinen Stückchen Alufolie überdeckt als Sicherheitsmassnahme. Die Ameisen haben zusätzlich allerlei Abfälle darüber gelegt.

http://www.ameisenforum.de/attachment.php?attachmentid=12194&stc=1&d=1227656941

Zwei Nesteineiten sind auf einem Sperrholzbrett. Zwei weitere sind darunter in der Styroporkiste. Die rosafarbenen Bänder dienen dazu, die Platte zwecks Kontrolle und Befeuchtung aus der Kiste zu heben.

Die fünf Völkchen bleiben nun auf dem Balkon bis im Frühling. Dann gilt es, den richtigen Zeitpunkt zu erwischen, sie wieder ins Haus zu nehmen, denn auf dem Balkon lebt auch ein grösseres Volk Lasius niger wild in verschiedenen Pflanzentrögen und Blumentöpfen. Würde dieses die Ueberwinterungsgäste bemerken, so gäbe es unweigerlich ein Gemetzel. Sie müssen also wieder weg, wenn die freilebenden Territoriums-Besitzer ihre Winterruhe beenden.

Ich wünsche allen eine gute Ueberwinterung: erix
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erix
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#2 AW: Hier ruhen fünf Völker Lasius niger.

Beitrag von erix » 21. September 2011, 19:04

Nachtrag ein paar Jahre später:

Dieser Beitrag ist nun schon einige Jahre alt. Ich habe bis zum letzten Winter immer so überwintert und ohne Verluste.

Bedingt durch einen Umzug, konnte ich im letzten Winter nicht mehr auf dem Balkon überwintern. Es stand mir jedoch eine Einzelgarage zur Verfügung, in der ich die Völker überwintert habe, ohne Isolierbox.

Die Ueberwinterung war, trotz der sehr ausgeglichenen Temperatur in der Garage nicht optimal. Das Problem war die Trockenheit. Während ich in der Isolierbox nur ein oder zwei Male pro Winter die Nester etwas befeuchten musste, waren sie in der Garage ständig zu trocken. Erstmals habe ich nun auch gesehen, dass alle Ameisen sich zu Haufen sammeln, was sie in der Isolierbox nie taten. Das Zusammenballen scheint mir dazu zu dienen, die Feuchtigkeitsverluste zu vermindern. Da auch bei Ameisen die Ausatemluft Wasserdampf enthält, ist es unmittelbar einleuchtend, dass durch das Zusammenballen das Einzeltier von der ausgeatmeten Feuchtigkeit profitiert.

Es wäre interessant, weitere Beobachtungen hierzu zu sammeln. Möglicherweise könnte man aus dem Grad der Zusammenballung systematisch Rückschlüsse auf die Luftfeuchtigkeit zu machen nach dem Schema:

Verteilte Anordnung der Einzeltiere = Luftfeuchte im Nest gut.
Geballte Anordnung der Einzeltiere = Luftfeuchte im Nest zu niedrig.

Der nächste Winter kommt bestimmt!

Gruss: erix



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#3 AW: Hier ruhen fünf Völker Lasius niger.

Beitrag von Leghorn » 21. September 2011, 23:19

Sag mal, hast du ihnen außer Wasser noch was gegeben?



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