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von Gast » 13. Januar 2013, 12:19
Habe die Arbeit inzwischen gelesen.
Für die Praxis der Ameisenhaltung ist nicht viel daraus zu entnehmen.
Die Völkchen wurden – standardisiert auf je 75 Arbeiterinnen – zunächst an Kunstnestchen aus Holz „gewöhnt“, die dann (im November, nach Einleitung einer Überwinterung) mit Metallgaze verschlossen wurden. Ein Teil der Nestchen wurde in 5 cm Tiefe vergraben, der Rest an der Bodenoberfläche deponiert. Temperaturen im Boden und an der Oberfläche wurden alle 2 Stunden automatisch registriert. Anfang März wurden die Völkchen wieder ins Labor gebracht und ausgezählt.
In beiden Versuchsgruppen gab es Völkchen mit einer Überlebensrate von 0% bis 100%. Im Mittel überlebten in den eingegrabenen Nestchen 88%, in denen an der Oberfläche nur 48% der Arbeiterinnen.
Die Diskussion bietet mehrere Erklärungen an. So konnten die Völkchen nicht in andere Nistgelegenheiten umziehen (was bei Naturnestchen auch im Winter an wärmeren Tagen evtl. erfolgen kann). Dies könnte die erhöhte Mortalität an der Bodenoberfläche erklären. Ansonsten sei Überwinterung an der Bodenoberfläche kostspielig („costly“), aber die Ameisen überwintern dennoch an der Oberfläche, weil starke Konkurrenz um gute Nistgelegenheiten bestehe (verstehe ich selbst nicht ganz! – Ref.).
Eine weitere Erklärung für das Verbleiben in den oberflächlichen Nestchen wäre, dass die Völkchen im Frühjahr früher aktiv werden und mit dem Furagieren beginnen können als solche, die im noch kalten Boden überwintern. Außerdem könnten sie die besten Nistgelegenheiten besetzen (bzw. besetzt halten).
Ref.: Es ist halt ein Experiment, das unter einer notgedrungen begrenzten Auswahl von Versuchsbedingungen durchgeführt wurde. Wie weit die Interpretation zutrifft, lässt sich m. E. nicht sicher sagen. Für verwandte Temnothorax-Arten wie T. affinis steht wohl ein Umzug aus den Baumkronen (z. T. über 10 m hoch) zur Überwinterung in den Boden ohnehin nicht zur Debatte. Andererseits sind Holznestchen am Boden oder höher im Gehölz auch bei langer Trockenheit recht komfortabel, weil sich in kühlen Nächten Taufeuchtigkeit darauf niederschlägt, während der Boden u. U. sehr tief völlig austrocknen kann. Ökologie ist kompliziert!
MfG,
Merkur