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Camponotus vagus: Irreführende Angaben zur Überwinterung

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Martin H.

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#9 AW: Camponotus vagus: Irreführende Angaben zur Überwinterung

Beitrag von Martin H. » 3. April 2013, 11:35

NIPIAN hat geschrieben:Bitte gib die Quelle an, auf die er sich beruft. So kann nachvollzogen werden, welchen Stellenwert die Stoffwechselaktivität an der Wärmeproduktion hat.
natürlich ist es schön, wenn gleich Primärquellen angegeben werden, aber immerhin hat er eine Sekundärquelle erwähnt. Wen es wirklich tiefergehend interessiert (was hier wohl eine Minderheit ist), sollte über die Sekundärquelle auch die Primärquelle rausfinden können. Oder einfach höflich nach der Primärquellefragen (dann klappt es auch mit den Nachbarn =;-)


NIPIAN hat geschrieben:
oder Du schreibst sofort wahrheitsgemäß, dass das deiner Vorstellung entspringt, und Du deine Behauptungen nicht belegen kannst.
"... könnte ich mir vorstellen....", "...könnte auch...." finde ich jetzt keine faktizierenden Formulierungen, Du etwa?



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NIPIAN
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#10 AW: Camponotus vagus: Irreführende Angaben zur Überwinterung

Beitrag von NIPIAN » 3. April 2013, 16:47

Hoi,


ich habe von Boro den Hinweis erhalten, dass er von antic sehr viel hält.
Weiterhin bin ich der Auffassung, dass ich mit dem Wort "Bitte..." eine höfliche Formulierung nutze und diese demnach auch so meine.
KNEITZ, Gerhard (1964): Saisonales Trageverhalten bei Formica polyctena Foerst
HORSTMANN, K, 1983: Ueber die mittlere Lebensdauer von Waldameisen-Königinnen der Art Formica polyctena Förster (Formicidae)
HORSTMANN, K. 1990: Zur Entstehung des Wärmezentrums in Waldameisennesten (Formica polyctena FOERSTER, Hymenoptera, Formicidae).–Zoologische Beiträge N.F. 33: 105-124)
[size=84][size=84][size=84]Das Wissen um[size=84] [size=84]hügelbauende Ameisen mit (tot-)
[/SIZE][/SIZE][/SIZE][/SIZE][/SIZE]
holzbewohnenden Arten zu vermengen, halte ich für keine gute Idee. [size=84]Nicht nur der Koloniegröße[size=84] wegen.[/SIZE][/SIZE]

Beitrag #7 ist weder mit rotem Kopf, noch mit blutunterlaufenen Augen verfasst worden. Er ist neutral gehalten. Welche emotionale Komponente der Leser damit in Zusammenhang bringt und wie er darauf kommt, ist seine Sache, nicht die Meine. Was an dem Text unsachlich sein soll, erschließt sich mir ebensowenig. Dennoch entschuldige ich mich für die Formulierung im angekreideten Beitrag, a) des Forenfriedens wegen und b) um des Themas willen.



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Ureaplasma
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#11 AW: Camponotus vagus: Irreführende Angaben zur Überwinterung

Beitrag von Ureaplasma » 3. April 2013, 16:59

Zu ergänzung von antics (Volkers) Referenzen:

HORSTMANN, K. 1983: Regulation der Temperatur in WaldameisenNestern (Formica polyctena FOERSTER). Zeitschrift für Naturforschung 38: 508-510.

HORSTMANN, K. & SCHMID, H. 1986: Temperature regulation in nests of the wood ant, Formica polyctena (Hymenoptera, Formicidae). Entomologia Generalis 11: 229-236.

HORSTMANN, K. 1990: Zur Entstehung des Wärmezentrums in Waldameisennesten (Formica polyctena FOERSTER, Hymenoptera, Formicidae). Zoologische Beiträge N.F. 33: 105-124.


Gelesen hab ich das alles aber nicht :baeh:
Tatsächlich soll der grösste Teil der Wärme in einem Waldameisenhügel durch die Kompostierung von Mikroorganismen entstehen; wie in einem Misthaufen eben. Allerdings sollen sowohl Ameisen als auch deren Larven Eigenwärme produzieren können; dazu hat man kalorimetrische Messungen gemacht.
(Dieter Coenen-Stass, Bernd Schaarschmidt and Ingolf Lamprecht (1980)Temperature Distribution and Calorimetric Determination of Heat Production in the Nest of the Wood Ant, Formica Polyctena (Hymenoptera, Formicidae).Ecology, 61: 238-244 )
http://www.jstor.org/stable/1935180?seq=1

Die Wärmeproduktion der Ameisen ist zwar gering, aber ich könnte mir vorstellen, dass die Masse der Ameisen, die Dichte bei einer "Wintertraube" und die Isolierung durch Nestmaterial für eine kurzfristig effektive Eigenwärme zu Begin der Winterruhe nicht vernachlässigbar sind. Und wenn es nur darum geht das Herunterkühlen/Einfrieren im Winter zu verlangsamen. Andererseite muss man bedenken, dass Insekten poikilotherm sind, und sich ihr Metabolismus bei Abkühlung ebenso verlangsamt. D.h., die Eigenwärme nimmt mit herabsinkender Temperaturen ab und sollte irgend wann bei Null sein.

Ein C. vagus Nest ist da natürlich anders gestaltet als ein F. polyctena Nest, v.a. wenn es in einem Baumstamm liegt, und die Regeln für Waldameisennester gelten nicht; zumindest was die Entstehung der Wärme durch Mikroorganismen angeht. Eigenwärme werden C. vagus jedoch wie Waldameisen produzieren (keine Referenzangaben), ebenso wie eine "Wintertraube". Und isoliert ist ein C. vagus Nest in einem Baumstamm allemal, denn Holz ist ein schlechter Wärmeleiter. Somit könnte die Eigenwärme bei C. vagus für den Begin der Winterruhe auch von Bedeutung sein.



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Ureaplasma
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#12 AW: Camponotus vagus: Irreführende Angaben zur Überwinterung

Beitrag von Ureaplasma » 5. April 2013, 14:57

Habe gerade eine Publikation gefunden, die eventuell zum Thema passt. Es wurde u.A. herausgefunden, dass Königinnen einer bestimmten Camponotus Art aus Japan bessere Überlebenschancen während der Winterruhe haben, wenn die Königinnen mit Arbeiterinnen zusammen überwintern.

Akiyoshi Shiroto, Toshiyuki Satoh and Tadao Hirota (2011) The Importance of Workers for Queen Hibernation Survival in Camponotus Ants. Zoological Science 28: 327–331

Abstract:
The higher proportion of polygynous ant species in northern areas indicates that cold climates influence queen number per colony. It is unclear, however, what ecological and physiological factors facilitate the dominance of polygynous species in cold climates. This is the case in two common arboreal ants in Japan— Camponotus yamaokai and C. nawai — which are quite similar in morphology, but different in social structure and geographical distribution. Polygynous C. yamaokai inhabits colder areas, whereas monogynyous C. nawai inhabits warmer climates. We compared queen survival in both ants at low temperature to evaluate whether interspecific difference in cold tolerance can explain the geographical distribution. We examined the influence of cohabitation with other individuals, as well as individual cold tolerance. Experimental groups with different caste compositions were prepared and maintained under conditions simulating in the laboratory climates of the northern limit of C. nawai. Wintering experiments revealed that C. yamaokai queens survived longer than C. nawai queens under solitary conditions, although half of the queens died in less than a month, even in C. yamaokai. Queens hibernating with workers survived longer than solitary queens, but queen number did not affect queen survival. Cohabitation with workers allowed 80% of C. yamaokai queens to survive more than two months. Under field conditions, monogynous C. nawai foundresses overwinter without workers, whereas new queens of polygynous C. yamaokai always overwinter with many workers. Thus, the geographical distribution of these ants appears to depend on the overwintering behavior of new queens.

http://www.bioone.org/doi/pdf/10.2108/zsj.28.327

In der Diskussion werden drei mögliche Faktoren angegeben, welche zum Überleben der Königin während der Winterruhe beitragen könnten: (i) Trophallaxis, (ii) Gedränge zur Regulierung des Wasserhaushalts im Organismus und (iii) Gedränge als Temperaturpuffer.

Seite 330: “In the present experiment as well, trophallaxis between ants was observed even under cool conditions. Alternatively, crowding as a result of cohabitation could decrease metabolic rates of queens by preventing moisture loss during dry winters, [….]. Additionally, Kaspari and Vargo (1995) suggest that workers surrounding a queen could act as a temperature buffer.”

Kaspari M, Vargo EL (1995) Colony size as a buffer against seasonality: seasonality: Bergmann’s rule in social insects. Am Nat 145: 610–632


Es wird eben auch in wissenschaftlichen Kreisen viel spekuliert. Die Idee der Wintertraube als Temperaturregler ist also nicht unbedingt abzuwerten.



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#13 AW: Camponotus vagus: Irreführende Angaben zur Überwinterung

Beitrag von Gast » 5. April 2013, 17:34

[font=Times New Roman]Eigentlich wollte ich mit dem Thread ja nur eher oberflächlich mal wieder davor warnen, Spekulationen in die Welt zu setzen, die im Internet bekanntlich sehr schnell als Fakten weitergereicht werden (Bsp.: "... ich habe im Internet gelesen, dass ...."). Der Konjunktiv wird da ganz schnell vergessen.[/font]
[font=Times New Roman]Da die Diskussion hier nun sehr in die Tiefe geführt hat und Original-Literatur zitiert wird, will ich noch ein paar Bemerkungen zu der von Ureaplasma zuletzt erwähnten Arbeit machen (gelesen habe ich sie nicht!).[/font]

[font=Times New Roman]Zitat:“In the present experiment as well, trophallaxis between ants was observed even under cool conditions. Alternatively, crowding as a result of cohabitation could decrease metabolic rates of queens by preventing moisture loss during dry winters, [….]. Additionally, Kaspari and Vargo (1995) suggest that workers surrounding a queen could act as a temperature buffer.”[/font]

[font=Times New Roman]Die Tatsache, dass Insekten in Gruppen “besser” überwintern als einzeln, ist unbestreitbar.[/font]
[font=Times New Roman]Alle drei dafür hier genannten Hypothesen wurden bereits mehrfach diskutiert (was ich aus Jahrzehnte langem Literaturstudium weiß, aber gewiss nicht im Einzelnen wieder heraussuchen werde). Meine Kommentare dazu:[/font]

[font=Times New Roman]Trophallaxis kann im Winter ja nur eine Umverteilung der begrenzten Nahrungsvorräte in den Kröpfen sein. Das kann in einer Gruppe dem einen oder anderen Individuum helfen, den Winter zu überstehen, wenn es „zufällig“ zu wenig Vorrat im Kropf hatte. Dafür werden die Chancen für die „Geber“ etwas verringert.[/font]

[font=Times New Roman]Wassersparen dürfte der mit Abstand wichtigste Faktor sein: Ameisen ebenso wie sehr viele solitäre Insekten und andere Arthropoden überwintern auffallend häufig in Gruppen, in Kleinsträumen, die weitgehend vom freien Luftzutritt abgeschirmt sind. Jedes Individuum gibt in trockener Luft Feuchtigkeit ab. Gemeinsam schaffen mehrere Tiere eine relativ feuchte Umgebungsluft, in der die Verdunstung für die einzelnen Tier relativ geringer wird. Ob und wie das eine reduzierte Stoffwechselrate der Königin bewirken soll, ist mir allerdings nicht klar.[/font]

[font=Times New Roman]„temperature buffer“ Jegliche Isolierung vor Kälte kann nur wirksam sein, wenn das zu isolierende Objekt (hier die Königin) selbst Wärme produziert und abgibt. Da keine Isolierung 100% Wirksamkeit hat, wird lediglich die Geschwindigkeit verringert, mit der das Objekt samt Entourage seine Temperatur derjenigen der Außenwelt (außerhalb der Isolierschicht) angleicht. – Bei den winzigen Dimensionen von Ameisengruppen sollte das eine Sache von maximal 1-2 Stunden sein. (Ein ganzes Formikarium mit 15-20 Kilo Masse und von 20 °C auf den Balkon mit 10 °C gestellt, ist über Nacht auf jeden Fall durch und durch nur noch 10 °C „warm“. In einer der so oft empfohlenen Styroporboxen dauert es vielleicht ein paar Stunden länger).[/font]

MfG,
Merkur



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Ureaplasma
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#14 AW: Camponotus vagus: Irreführende Angaben zur Überwinterung

Beitrag von Ureaplasma » 5. April 2013, 20:27

Mir ging/geht es eher darum herauszufinden, ob es in der Literatur irgend etwas zu finden gibt, das auf einen sozialen Wärmehaushalt bei Ameisen während der Winterruhe hindeutet. Wie es aussiht, gibt es darüber nicht viele Studien; und schon gar keine Messungen.
Dass man einheimische Ameisen im Winter bei Minusgraden halten kann ist mir klar. Auch habe ich selber eine C. vagus Gründerkolonie im letzten Winter bei Minusgraden auf dem Balkon gehalten (im Reagenzglas wohlgemert, also nicht isoliert), und sie ist bislang wohlauf.
Hier, bei Wien habe ich C. vagus im Sommer in Eisenbahnschwellen, Baumstümpfen, gefällten Baumstämmen und im Erdboden unter Baumrinde finden können. Die Baumstämme waren, soweit ich das beurteilen konnte nicht im maroden Zustand, so dass das Holz eigentlich als guter Wärmeisolator fungieren müsste. Mich selber würde interessieren welche Temperaturen eigentlich im Winter innerhalb eines toten Baumstamms herrschen. Dazu gibt es sicher etwas zu lesen; werd mich gleich auf die Suche machen.



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