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Unbegattete Königinnen bei Kolonien polygyner Arten

Allgemeine Fragen und Themen über exotische Ameisenarten (hier keine Berichte)
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#1 Unbegattete Königinnen bei Kolonien polygyner Arten

Beitrag von Gast » 11. März 2016, 20:06

Wie evtl. der ein oder andere mitbekommen hat, war die Königin meiner Pheidole flaveria Kolonie aller wahrscheinlich nach nicht begattet. Ich bekam auch Ersatz nach Rückfrage, trotzdem will ich das Thema hier noch einmal etwas allgemeiner ansprechen, da ich finde, dass die Händler dort einige Dinge besser machen können.

Zunächst muss man ja mal klären, wie überhaupt polygyne Arten gesammelt werden und anschließend in den Verkauf gelangen. Dazu gibt es einen Screenshot aus Facebook, der zeigt, wie eine große Kolonie Polyrhachis dives gesammelt wurde:

a61a580cfe7498922d87105d4107ee8a.png


Und was passiert dann mit dieser riesigen Kolonie?

Sie wird in viele kleinere aufgeteilt (das hat mir auch der Sammler bestätigt).

Und wie macht man das?

Man nimmt eine oder mehrere der Königinnen ohne Flügel und setzt sie mit einigen Arbeiterinnen in ein eigenes Reagenzglas. Und genau hier beginnt das Problem. Denn woher weiß der Sammler, dass die Königinnen begatte sind? Dass eine Königin ihre Flügel abgelegt hat, ist zwar ein Indiz, aber es ist noch lange nicht sicher, dass die Königin begattet ist. Ich halte z. B. selber eine Polyrhachis dives Kolonie, welche ich mit einer Königin bekam. Mittlerweile sind in der Kolonie viele Königinnen vorhanden, welche ihre Flügel abgelegt haben.

begattet.jpg


Als ich mehrere zusammen mit Arbeiterinnen in separate Reagenzgläser setzte, legte keine einzige von ihnen Eier. Nach mehr als zwei Monaten starben sie dann (trotz Nahrungsversorgung).

Wie kann man sicher feststellen, ob eine Königin begattet ist? Da gibt es nur zwei Möglichkeiten:

  • Man schneidet sie auf und sieht nach, ob Spermien gespeichert sind (Kann nur von einem Experten durchgeführt werden und der Verkauf ist danach nicht mehr möglich, weil die Gyne tot ist.)
  • Man hält sie so lange, bis sie Eier legt und sich aus diesen Eiern Arbeiterinnen entwickeln. Da sich diese nur aus befruchteten Eiern entwickeln, ist die Gyne dann auch begattet.

Und genau da kommt jetzt mein Kritikpunkt an unsere Ameisenhändler. Leider werden die Kolonien viel zu schnell in den Shops angeboten. Es wird nur kontrolliert, ob Milben oder andere Krankheiten erkennbar sind, aber es werden die Kolonien oft nicht so lange gehalten, dass man erkennt, ob sie wirklich begattet sind, oder nicht.

Der leidtragende ist dann oft der Kunde, weil er eine unbegattete Königin bekommt. Und wenn ich dann auch noch höre, dass man eigentlich nur Geld zurückgibt, wenn innerhalb des ersten Monats festgestellt wurde, dass die Königin unbegattet ist, dann finde ich das schon etwas schwach (Und verstößt meiner Meinung nach auch gegen Deutsches Recht, da man 2 Jahre Gewährleistung hat und der Verbraucher innerhalb der ersten 6 Monate nicht einmal beweisen muss, dass der Mangel bei Gefahrenübergang vorlag) .

Vor allem wird angenommen, dass eine unbegattete Königin immer Eier legt und sich so Männchen bilden, was aber eben oft auch nicht der Fall sein kann.

Also liebe Ameisenhändler, die sich angesprochen fühlen, überdenkt bitte eure Praktiken in der Beziehung. Haltet insbesondere Kolonien polygyner Arten selber lange genug, um sicherzustellen, dass nur begattete Königinnen verkauft werden. Langfristig kann es doch nur euer Ziel sein, dass die Kunden sich nicht darüber aufregen, dass sie unbegattete Gynen bekommen



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#2 Re: Unbegattete Königinnen bei Kolonien polygyner Arten

Beitrag von Erne » 12. März 2016, 10:52

An für sich, auf den ersten Blick ein prima Ansatz, Ameisenköniginnen, Ameisenvölker erst zu verkaufen,
nachdem sie eigenen Nachwuchs aufgezogen haben.

Es sind ja überwiegend nur Vermutungen, das Königinnen die keine Eier legen, nicht begattet sein könnten.
Keine gelegten Eier, das gibt es nicht nur bei polygynen Arten, sondern auch bei Monogynen,
die müssten dann schon mit nicht begatteten Königinnen eingesammelt worden sein.

Weiter gibt es genügend Möglichkeiten die dazu führen, dass auch begattete Königinnen keine Eier legen oder aufhören Eier zu legen.

Für mich eine wesentliche Voraussetzung, die Haltungsbedingungen.
Die dürften, bei langen Transport Zeiten aus fernen Ländern, kaum im Rahmen zu halten sein.

Es ist schon nicht immer einfach, für ein oder einige wenige Königinnen oder kleinste Völker alles passend zu bekommen, damit was daraus werden kann.
Wie soll das funktionieren, wenn einige hundert Königinnen und Völker optimal versorgt werden müssen, bis sie ihren eigenen Nachwuchs aufgezogen haben?
Das würde aus meiner Sicht dazu führen, dass der Ameisenhandel im größeren Umfang, zusammen bricht.
Ameisen derart teuer würden, das sich die nur noch wenige Privilegierte, mit großem Geldbeutel leisten könnten.

Eine weitere Frage, wer garantiert, das Völker die als Völker mit eigenem Nachwuchs angeboten werden,
auch wirklich eigenen Nachwuchs haben?

Ameisenkauf ist immer ein Risiko, das für mich, auch Käufer mit tragen müssen.
Auch Vertrauenssache, die Verkäufer mit einbezieht, indem sie auch das Risiko mit tragen und sich entsprechend kulant verhalten.
Mit mehr Transparenz, bei angeboten Königinnen/Ameisenvölkern, Käufer umfassender informieren.

Das es in der Haltung Jungköniginnen gibt, die nicht begattet ihre Flügel abbrechen, ist für mich ein ganz anderes Thema.
Sie sind in der Haltung Bedingungen ausgesetzt, die Gründe für ein derartiges Fehlverhalten abgeben.
In der Natur muss das nicht so sein, sie haben dort die Möglichkeit sich aus dem Nestbereich zu entfernen.

Grüße Wolfgang
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#3 Re: Unbegattete Königinnen bei Kolonien polygyner Arten

Beitrag von Gast » 12. März 2016, 13:31

Erne hat geschrieben:Es sind ja überwiegend nur Vermutungen, das Königinnen die keine Eier legen, nicht begattet sein könnten.
Keine gelegten Eier, das gibt es nicht nur bei polygynen Arten, sondern auch bei Monogynen,
die müssten dann schon mit nicht begatteten Königinnen eingesammelt worden sein.

Weiter gibt es genügend Möglichkeiten die dazu führen, dass auch begattete Königinnen keine Eier legen oder aufhören Eier zu legen.


Stimmt, es kann auch etwas anders sein, aber der Käufer muss innerhalb der ersten sechs Monate nicht beweisen, dass der Mangel bereits bei Gefahrenübergang vorlag: § 476 BGB.


Für mich eine wesentliche Voraussetzung, die Haltungsbedingungen.
Die dürften, bei langen Transport Zeiten aus fernen Ländern, kaum im Rahmen zu halten sein.


Ja, die Gynen können auch beim Transport auch verletzt worden sein, was evtl. nicht zu Tod führte, aber halt dazu führt, dass sie nicht mehr gründen.

Es ist schon nicht immer einfach, für ein oder einige wenige Königinnen oder kleinste Völker alles passend zu bekommen, damit was daraus werden kann.
Wie soll das funktionieren, wenn einige hundert Königinnen und Völker optimal versorgt werden müssen, bis sie ihren eigenen Nachwuchs aufgezogen haben?
Das würde aus meiner Sicht dazu führen, dass der Ameisenhandel im größeren Umfang, zusammen bricht.
Ameisen derart teuer würden, das sich die nur noch wenige Privilegierte, mit großem Geldbeutel leisten könnten.


Bei anderen Tierarten klappt das doch auch, warum soll das bei Ameisen nicht der Fall sein. Und ja, wenn es dann dazu führt, dass die Ameisen teurer werden, wäre es glaube ich besser als Ameisen für weniger € zu verkaufen und dann bei bei 1/3 Gynen zu verkaufen, die nicht begattet sind. Und wir alle kennen ja die Gewinnspannen, wenn ein Ameisenhändler so die Gynen einfach an den Kunden weiterverkauft, ohne zu wissen, ob die Gynen begattet sind, dann hat er teilweise über 100% Gewinn gemacht, weil ja dann der Schwarze Peter beim Kunden liegt... Kanns das sein?

Eine weitere Frage, wer garantiert, das Völker die als Völker mit eigenem Nachwuchs angeboten werden,
auch wirklich eigenen Nachwuchs haben?


Das ist auch ein Problem, das ich sehr kritisch sehe. Vor allem, wenn man diverse Pheidole Kolonien kauft und man hat bei 15 Arbeiterinnen 10 Soldatinnen dabei, dann passt etwas nicht. Dann kann man letztlich gar nicht sagen, ob die überhaupt begattet ist, weil ja stark gepusht wurde. Auch so etwas sollte normal angegeben werden beim Angebot.

Ameisenkauf ist immer ein Risiko, das für mich, auch Käufer mit tragen müssen.


Nein muss der Käufer nicht, außer es steht im Angebot klar drin: "Achtung Kolonie kann eine unbegattete Gyne enthalten, Kauf auf eigenes Risiko". Und wie bereits oben gesagt, muss der Käufer auch innerhalb der ersten 6 Monate nach Kauf nicht beweisen, dass der Mangel bereits bei Gefahrenübergang vorlag. Der Händler muss also beweisen, dass der Mangel erst später auftrat z. B. durch einen Haltungsfehler.


Auch Vertrauenssache, die Verkäufer mit einbezieht, indem sie auch das Risiko mit tragen und sich entsprechend kulant verhalten.


Mit Kulanz hat das normalerweise nichts zu tun, wenn man einen Mangel dem Händler innerhalb der ersten 6 Monate anzeigt. Das ist geltendes Recht.

Mit mehr Transparenz, bei angeboten Königinnen/Ameisenvölkern, Käufer umfassender informieren.


Ja da stimme ich zu.

Das es in der Haltung Jungköniginnen gibt, die nicht begattet ihre Flügel abbrechen, ist für mich ein ganz anderes Thema.
Sie sind in der Haltung Bedingungen ausgesetzt, die Gründe für ein derartiges Fehlverhalten abgeben.
In der Natur muss das nicht so sein, sie haben dort die Möglichkeit sich aus dem Nestbereich zu entfernen.


Und woher weißt Du, dass das nicht in der freien Natur auch vorkommt? Herr Buschinger hat das sogar untersucht. Er stellte fest, dass bei der Gattung Leptothorax Kolonien vorkomen, die nur eine einzige fruchtbare Königin enthielten, aber mehrere unfruchtbare: Siehe Seite 316 Tabelle 2: http://downloads.hindawi.com/journals/p ... 060604.pdf

Also kommt es in der Natur genauso vor, dass nicht alle Königinnen ohne Flügel begattet sind.



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#4 Re: Unbegattete Königinnen bei Kolonien polygyner Arten

Beitrag von Erne » 12. März 2016, 17:34

Es geht mir nicht so sehr um die rechtliche Seite, wie von Dir passend dargestellt, eher um das was in der Praxis machbar ist.
Gehe davon aus, das angebotene Königinnen und Völker nicht nur teurer würden, sondern auch deutlich knapper.
Wer bekommt die dann noch?

Sicherlich ist für Viele ein höherer Preis tolerierbar, wenn dafür nur begattete Tiere in den Markt kommen.
Ob sich dadurch Fehlschläge in der Haltung merklich reduzieren ließen, wäre interessant zu beobachten wie sich das entwickelt.
Möglicherweise würde nur ein Argument für Fehlschläge wegfallen.

Aus meiner Sicht wird es eine letztendlich Garantie auf lebensfähige Königinnen/ Völker nie geben können, selbst wenn die nachweislich beim Verkäufer eigenen Nachwuchs aufgezogen haben.
Eher werden dadurch die Preise noch höher werden und Menschen mit weniger finanziellen Mitteln, das interessante Hobby Ameisenhaltung vorenthalten.
Selber einheimische Arten sammeln und halten ist ja durchaus auch interessant.
Und woher weißt Du, dass das nicht in der freien Natur auch vorkommt?

Weiß ich nicht und habe ich auch nicht geschrieben.

Ist ein prima Thema das Du hier aufgegriffen hast, möglicherweise lässt sich dadurch auch was bewegen, wünschenswert wäre es alle mal.

Grüße Wolfgang



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