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Ameisenkolonie im Freiland

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Polyoma
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#1 Ameisenkolonie im Freiland

Beitrag von Polyoma » 29. Juli 2016, 22:15

Hallo zusammen,

ich hoffe ich verärger niemanden mit meiner Idee, aber hört es euch vielleicht einmal an. Bei und in der gegend (Oldenburger Münsterland) ginbt es seit Jahren immer weniger Feldhühner, also insbesondere Fasan und Rebhuhn. Die Ursache ist nicht klar, aber es wird u.a. vermutet, dass durch die intensive Landwirtschaft zu wenig Insekten als Nahrung für die Küken vorhanden ist. Meine Überlegung war, dass man an Ecken ohne Landwirtschaft versucht, Ameisenkolonien heranzuziehen, um dadurch das Nahrungsangebot zu verbessern. Bedengt als Ameisenfreunde bitte, dass die Ameisen dabei nicht nur Futtertiere sind, sondern dadurch auch die Anzahl der (auf den Feldern quasi verschwundenen) Ameisen und ihre Funktion für das Ökosystem verbessert wird.
Falls jemand hiermit Erfahrung oder Tipps hat wäre das für uns eine große Hilfe! Schön wäre natürlich, wenn man anschließend nicht ständig nachfüttern oder säubern muss. Reicht es vielleicht, Holzbretter auf dem Boden zu verteilen? Bei uns im Garten finden sich darunter bzw. unter größeren Steinen regelmäßig Ameisenkolonien. Aber wie kann ich das ganze noch verbessern? Gibt es Lockmittel, um irgendwo eine Kolonie zu gründen? Die Art der Ameisen wäre hierbei sicher zweitrangig.

Danke!



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trailandstreet
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#2 Re: Ameisenkolonie im Freiland

Beitrag von trailandstreet » 29. Juli 2016, 22:23

Für gewisse Arten hilft sicher auch ein erhöhter Anteil von Totholz. Lasius niger, aber auch L flavus kommen aber durchaus auch im Gras vor. Lässt man dieses ungemäht, treten auch die typischen Hügel auf.



kathus
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#3 Re: Ameisenkolonie im Freiland

Beitrag von kathus » 30. Juli 2016, 02:32

Da in unserem Garten auch Ameisenmangel herrschte, habe ich im Laufe der letzten Jahren mehrere kleine Kolonien Lasius niger im Formicarium angezüchtet und dann im Frühjahr die Formicarien offen und mit entsprechender Möglichkeit zum Rausklettern in den Garten gestellt. Die Vorbesitzer waren wohl keine sonderlichen Insekten-Fans. Es hatte nicht lange gedauert bis die Kolonien umgezogen waren, so dass ich die Formicarien wiederverwenden konnte. Auf diese Weise haben wir mittlerweile wieder mehrere gesunde Kolonien im Garten, die von meinen Kindern auch gern mal mit Honig verwöhnt werden. Ameisen irgendwo anzusiedeln ist also nicht sonderlich schwer.

Meiner Beobachtung nach ist es aber auch wichtig insgesamt für mehr Insekten zu sorgen, damit die Kolonien ausreichend Nahrung finden. Dazu ist es notwendig die Vegetation entsprechend anzupassen und Nistmöglichkeiten zu bieten. Theoretisch kann man für die Nistmöglichkeiten fertige Insektenhotels verwenden. Ein paar Reisigbündel, alte Holzbalkenteile, Steinhaufen, Laubhaufen und ähnliches tun es aber auch. Bei der Vegetation sollte man darauf achten, dass man genug Pflanzen, die von Insekten bestäubt werden, ansiedelt. Gräser sind also eher suboptimal. Es gibt aber fertige Samenmischungen für Schmetterlingswiesen, die man einfach mal auf Freiflächen verteilen kann. Werden auch von anderen Fluginsekten gut angenommen. Seit ich diese Maßnahmen ergriffen habe, sind die Kolonien in unserem Garten förmlich explodiert und mittlerweile haben wir sogar die erste Formica-Kolonie, die sich selbst unseren Hof als Heimat ausgesucht hat.

Insgesamt denke ich, dass es nicht verkehrt ist Insekten gezielt irgendwo anzusiedeln, wenn die Natur durch Landwirtschaft oder falsch verstandenen Gartenbau zu sehr geschädigt wurde. Man sollte halt darauf achten, dass auch die Schädigung aufhört. Ich stehe z.B. mit diversen Landwirten in Kontakt, die von konventioneller auf nachhaltige Landwirtschaft umgestiegen sind. Auch diese haben ähnliche Probleme mit der Restrukturierung des Ökosystems an ihren Feldern. Das gezielte Ansiedeln von Insekten ist dort eine gängige Praxis um Bodenqualität und das Ökosystem in Feldrandstreifen wieder zu verbessern. Dass Insekten automatisch auch Futterquelle für andere Tiere sind, liegt nunmal in der Natur der Sache. Gerade bei Ameisen würde ich mir da weniger Gedanken machen, da in einer gesunden Kolonie, die ausreichend Nahrung findet, selten mehr als die Hälfte der Arbeiterinnen ausserhalb des Nestes unterwegs sind.

Man muss aber das Ökosystem als Ganzes sehen. Nur Ameisen irgendwo ansiedeln wird nicht reichen. Zu gesunden Ameisenkolonien gehört auch ein ausreichendes Nahrungsangebot, das nur durch ein gesundes Ökosystem oder künstlich geboten werden kann. Will man das Nachfüttern vermeiden, muss man für die richtige Umgebung sorgen. Gerade Landwirten ist das leider zumeist nicht recht, erst recht nicht, wenn sie konventionelle Landwirtschaft betreiben, da sie immer die Sorge der zu vielen Schädlinge auf den Feldern haben. Da sollte man sich mit den Besitzern der Felder zusammensetzen und ihnen klarmachen, dass man auch viele Nutzinsekten ansiedelt, wenn sie es zulassen, dass man auf ihren Feldrandstreifen entsprechende Unterkünfte für Insekten bereitstellt. Vogelkästen in den Bäumen helfen auch dabei die Insekten-Populationen im Zaum zu halten.

Es ist aber kein leichtes Unterfangen ein ausgeglichenes Ökosystem an den Randstreifen zu schaffen. Damit ist man meiner Erfahrung nach mehrere Jahre beschäftigt. Ich hab unter http://beta.nature-company.eu/?mod=map vor einiger Zeit angefangen Biohöfe und andere nachhaltige Unternehmen zu sammeln, mit denen man sich bei solchen Unternehmungen in Verbindung setzen kann. Von dem ein oder anderen bekommt man da durchaus Unterstützung. Gerade Bio-Bauern haben ein hohes Interesse daran, dass um ihre Felder herum ein gesundes Ökoklima herrscht, da es sie vor zu vielen Schädlingen bewahrt. Und ihnen ist auch bewusst, dass sowas nicht von heute auf morgen machbar ist und es durchaus Rückschläge gibt, bis man einen Ausgleich zwischen Schädlingen und Nützlingen geschaffen hat.



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trailandstreet
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#4 Re: Ameisenkolonie im Freiland

Beitrag von trailandstreet » 31. Juli 2016, 11:07

In gewissen Punkten kann ich dir wohl zustimmen. Andererseits spielen bezüglich der Artenvielfalt im Garten auch noch andere Gesichtspunkte eine Rolle. So zB die Anzahl der Blühpflanzen, die Größe der "unbewirtschafteten" Bereiche usw.
Dazu dann aber noch die Frage, warum nur Lasius niger und nicht auch noch Lasius flavus, Myrmica rubra oder ruginodis, etc?



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Safiriel

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#5 Re: Ameisenkolonie im Freiland

Beitrag von Safiriel » 31. Juli 2016, 17:42

Für Artenvielfalt hatte mein Vater immer ein Patentrezept: Wildwiese.
Es gibt in seinem Garten immer einen (nicht kleinen) Abschnitt, der nur im Herbst einmal gemäht wird. Ansonsten kann sich die Natur dort entfalten, und er freut sich immer, "was sich dort alles selbst anpflanzt". Das ist sicherlich eine langsamere Methode als Ameisen auszuwildern, aber vermutlich auch der natürlichere.



Polyoma
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#6 Re: Ameisenkolonie im Freiland

Beitrag von Polyoma » 2. August 2016, 15:27

Vielen Dank für die Antworten!
Und Entschuldigung für die späte Rückmeldung, beruflich viel zu tun...

Schmetterlingswiese etc. ist in Planung, allerdings sind die Flächen dafür recht klein, und hier ist leider dafür der falsche Boden, da wachsen die meisten Samenmischungen nicht. Und an den schmalen Randstreifen ist wenig zu machen. Deshalb kam die Idee mit den Ameisenkolonien. Insektenhotels ist eine gute Idee. Muss man die eigentlich jedes Jahr erneuern? Häufig sind die Röhrchen ja mit Lehm etc. zugeklebt. Oder werden die Wiederverwendet? Und welchen Teil davon würdet ihr empfehlen? Es ist sicher nicht machbar, etliche von den gemischten, großen, kaufbaren Insektenhotels mit mehreren verschiedenen Parzellen aufzustellen. Lieber würde ich dann nur den effektivsten Teil (Reisig, Holzklotz mit Löchern oder was auch immer) mit Dach versehen aufhängen.

Es war die Rede von "mit Honig verwöhnt". Könnte man damit evtl. Ameisen an einen bestimmten Ort locken und über eine anfangsfütterung zum Koloniebau anregen?
Was ist sinnvoller, Steinhaufen oder Holzhaufen? Problematisch ist allerdings bei beidem, dass die Flächen gelegentlich gemäht werden, und dann würden beide stören.

Viele Grüße aus Niedersachsen!



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