Wie man es NICHT machen sollte...
Ich hatte etwas an meiner Ameisenerkennung gearbeitet, weil ich von den bisherigen Resultaten nicht überzeugt war. Dazu habe ich ein neues Konzept ausprobiert. Dieses hatte ich abends noch schnell versucht wenigstens ansatzweise in das alte Programm zu integrieren.
Da am vergangenen WE sehr viel Aktivität zu verzeichnen war, aber nicht in der darauffolgenden Nacht, hatte ich auch in dieser Nacht mit keiner Aktivität gerechnet, weshalb ich mit keinem Schaden gerechnet habe. Im Grunde wäre mir das sogar recht gewesen, weil ich die Wahrscheinlichkeit für falsch-positiv Fehler verringern wollte - da konnte ich sowieso keine Aktivität brauchen.
Doch leider waren die Schwellwerte für eine Aufnahme durch die Veränderungen so hoch gesetzt worden, daß das Inferno, das die Pygmäe entfacht hat, leider nur sehr unvollständig dokumentiert wurde. Die wenigen Zeugnisse möchte ich aber gerne mitteilen. Der Effekt ist deutlicher, wenn man zwischen den Bildern hin- und herschaltet.
Der Zeitspanne zwischen den Bildern beträgt etwas mehr als 3 Stunden. Man beachte, daß fast alle dunklen Sandbrocken eine veränderte Lage haben. Sogar das Stückchen, daß vorher unter dem Nesteingang lag, wurde bewegt.
Der weiße Fleck am Nesteingang im Nachher-Bild ist nicht etwa ein Bildfehler, sondern eine Gipsschuppe vom Formikariumgrund, die die Pygmäe versucht hat in den Nesteingang zu ziehen. Das Gipsstück war natürlich viel zu groß, als daß auch nur die geringste Möglichkeit bestanden hatte, sie ins Nest zu bekommen.
Trotzdem hat sie das Teil, das mindestens 10 Mal so groß wie sie selber ist, aufgenommen und über den den schmalen Ast zum Eingang geschleppt, wo es stecken blieb und mich an Morgen begrüßte. Mein erster Gedanke bei diesem Anblick war, daß die
Gyne für ein paar Tage das Nest verlassen hat und die Pygmäe ihre Teenager-Freunde auf eine kleine Party eingeladen hatte, die sich zur besten des Jahres entwickelt hatte.
Futter scheint weiterhin ignoriert zu werden.
Ich habe mittlerweile die neue Idee zur Ameisenerkennung parallel zur alten Methode implementiert, sodass die Leistungsfähigkeiten besser verglichen werden kann.
Ich habe es schon mehrfach gesagt, und es ist ja auch allgemein bekannt, aber wenn man es sieht, so ist es immer wieder beeindruckend, wie kräftig Ameisen sind. Entweder das, oder die Pygmäe ist drogensüchtig auf Entzug und sucht ihr Depot, das sie irgendwo in der Arena vermutet.
Eine abschließende Warnung an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in den U.S. of A.: Wenn die Ameisen sich einmal dazu entscheiden sollten die Weltherrschaft zu übernehmen, werden wir Menschen keine Chance haben sie daran zu hindern!
Nachtrag für diese Woche: Das neue Verfahren zur Erkennung von Aktivität hat sich bisher gut bewährt: nun gibt es kaum mehr Aufnahmen, die tatsächlich keine Ameisenaktivtät zeigen. Durch den Vergleich mit der alten Methode kann ich auch recht sicher sein, daß kaum Aktivität unregistriert verloren geht. Ferner ist sie viel simpler als die ursprüngliche Idee.
Außerdem bin ich dazu übergegangen Videos aufzunehmen statt einer Bildfolge. Dies ist natürlich speicherintensiver, aber auch viel informativer.
Zum Beispiel: In der Nacht vom 19.5. auf den 20.5. war die Pygmäe nahezu durchgängig außenaktiv im Zeitraum von 23:06 Uhr bis etwa 00:05 Uhr.
Die Aktivität begann mit der Nahrungsaufnahme. Danach durchlief sie die Arena und trug Sachen ins Nest ein. Dabei zeigte sich, daß es Bereiche des Formikariums gibt, in denen sie bevorzugt nach ihren Sachen sucht. Diesen Suchbereichen bleibt sie über längere Zeit treu, bis sie sich einem anderen Bereich zuwendet. Wechselt sie, weil sie die Ressourcen an dieser Stelle aufgebraucht sind oder hat sich ihr Bedürfnis geändert hat?
Im Zeitraum von 00:05 Uhr bis 02:42 Uhr wurde keine Aktivität registriert. Danach war sie wieder fast durchgängig bis 06:54 Uhr außenaktiv. Am Ende dieser Aktivitätsphase kam es wieder Nahrungsaufnahme.
Durch meine Tölpelhaftigkeit ist die erwähnte Konstruktion zur Verschliessung des Nesteingangs auseinandergefallen. Das tat mir zwar Leid, war aber nur eine Frage der Zeit, bis das passieren mußte; meiner Ansicht nach hatte das zweifelhafte Konstrukt überhaupt nur deswegen so lange bestand, weil die Pygmäe das eine oder andere Naturgesetz übertreten hat - unter meinem Dach dulde ich solche Schummeleien nicht.
Schön ist, daß mir dafür eine paar beeindruckende Aufnahmen gelungen sind, die ihre Wiederaufbauversuche zeigen - wie sie die riesigen Gipsschuppen transportieren kann, ist mir unbegreiflich. Meiner Einschätzung nach eine sehr glückliche Aufnahme!
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Noch schöner ist, daß ich das erste Mal Zeuge der Nahrungsaufnahme geworden bin: sie hat vom Zuckerwasser genascht - eine Sorge weniger. Gemäß der bereits erwähnten mir eigenen Ungeschicklichkeit habe ich eine ziemliche Überschwemmung im Formicarium erzeugt, was zur Folge hatte, daß man sieht, wie das Zuckerwasser glitzerte, als die Pygmäe in die Pfütze watete - ein Sonnenuntergang in der Karibik kann keine schöneren Lichteffekte erzeugen.
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Schließlich kann ich berichten, daß sie scheinbar sämtliche Scheu verloren hat auch tagsüber ihre Arena zu verunsichern. Nur einmal ist sie in Furcht geraten, als ich auch am Formikarium zugange war und Futter ausgetauscht habe. Es hat zwar eine Weile gedauert, aber dann hat sich schnell versteckt, um dann später flink ins Nest zu flüchten.