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Allgemein und speziell zu Camponotus ligniperda/herculeanus

Vogel
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#1 Allgemein und speziell zu Camponotus ligniperda/herculeanus

Beitrag von Vogel » 11. Juli 2017, 13:46

Hallo zusammen und vielen Dank schonmal für dieses wunderbare, ausführliche Forum! Nachdem ich mich jetzt einige Zeit lang informiert habe, habe ich beschlossen mir jeweils eine Königin der Arten Camponotus ligniperda und Camponotus herculeanus anzuschaffen. Diese sollten im Laufe der Woche eintreffen.

Meine dringendste Frage wäre:

Welche Temperaturen sind für diese Arten vertretbar/sinnvoll? Ich habe eine Teil-Kellerwohnung in der es immer recht kühl ist. Das gute, es wird niemals zu heiß werden, das schlechte, es hat im Schnitt nur etwa 20 Grad. Aktuell sind es etwa 22,5C° was denke ich kein Problem darstellen sollte, jedoch fürchte ich dass es wenn es unter 20C° (bis zu 18C°) fällt, zu negativen Auswirkungen kommen könnte. Sollte ich in solchen Fällen etwas nachhelfen bei der Temperatur? Wenn ja, sowohl beim Nest als auch bei der Arena? Gibt es umfangreichere Erfahungswerte, welche besagen dass 25C° besser sind als 20C°?

Nicht ganz so dringend:

Da ich vom Land bin, würde ich gerne so lange wie möglich mit wilden Insekten füttern(aufgrund der Gefräßigkeit dieser Arten nehme ich an dass ich früher oder später zukaufen/züchten muss). Worauf sollte ich bei der Auswahl achten, außer dass sie nicht giftig oder zu hart sein sollten? Sind Raupen, Regenwürmer, Käfer und evtl. sogar Schnecken grundsätzlich eine Option?

Hat noch Zeit:

Da diese Arten recht kräftig sind, wollte ich noch wissen ob Ytong-Kammern extra gesichert werden sollten, oder ob die Beschaffenheit dieser Steine ein Weitergraben verhindert.
Außerdem wollte ich noch fragen ob es vorteilhaft ist, winzige Löcher bzw ein größeres gesichertes Loch für eine passive Belüftung in den Ytong zu bohren.
Und wenn sich da jemand auskennt: Ich habe langfristig(wenn Kolonie ein paar Dutzend Arbeiterinnen erreicht hat) vor, Farm und Arena über einen recht langen Schlauch zu verbinden. Je nachdem vielleicht sogar über 10 Meter (so könnte die Farm in einem absolut ruhigen und Temperaturstabilen Bereich, und die Arena bei Tageslicht in einem hellen Bereich stehen). Wäre das Unsinn, egal oder vlt. sogar vorteilhaft?

Mir ist bewusst dass das viele Quer-Beet-Fragen sind, aber ich wollte nicht ein halbes Dutzend einzelne Threads aufmachen. Falls ich das doch aufsplitten soll, einfach bescheid geben. Wirklich wichtig ist vorerst mal die erste bzw. auch die zweite Frage.

Ich danke euch schon mal im Voraus vielmals!
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#2 Re: Allgemein und speziell zu Camponotus ligniperda/herculea

Beitrag von Evilkruemel » 11. Juli 2017, 14:37

Ist eigentlich alles gut, Hauptsache du hälst sie nicht zu warm, dann gehen sie sehr früh in die Winterruhe. Von Regenwürmern würde ich abraten, beste Erfahrungen hab ich bei dieser Arten mit Fliegen, Spinnen und Grashüpfern. Mit Yton kenne ich mich nicht sonderlich aus. Wie groß werden denn die Kolonien sein?
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Harry4ANT

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#3 Re: Allgemein und speziell zu Camponotus ligniperda/herculea

Beitrag von Harry4ANT » 11. Juli 2017, 14:38

Wenn die Temperatur unter 20 Grad geht ist das prinzipiell kein Problem - ist in der Natur ja oft genauso.
Das hat nur einen gewissen Einfluss auf die Brutentwicklung. Du könntest dir überlegen eine kleine, regelbare Heizmatte zuzulegen um einen kleinen Bereich innerhalb vom Nest dezent zu erwärmen auf ca. 25 Grad.

Diese hier verwende ich - günstig und mit Regler:

http://www.ebay.de/itm/Terrarium-Heizmatte-Heizung-Heizer-Bodenheizung-Heizfolie-Warmematte-K/132212878140?_trksid=p2045573.c100505.m3226&_trkparms=aid%3D555014%26algo%3DPL.DEFAULT%26ao%3D1%26asc%3D20161121134545%26meid%3D4bfc31503b584a9e95d14bdd60055d7e%26pid%3D100505%26rk%3D1%26rkt%3D1%26

Eventuell eine Zeitschaltuhr für Nachtabschaltung verwenden.

Die Arena muss nicht erwärmt werden - schon gar nicht bei einheimischen Arten.

Verfüttern kannst du Spinnen (sehr beliebt), Fliegen, Käfer, Motten, usw.
Was ich dir empfehlen kann wenn du mal in den Zooladen gehst wäre die nicht fliegenden Fruchtfliegen. So eine Dose kostet ca. 3 € und ist sehr ergiebig - kann man mehrmals komplett entleeren und die Fliegen einfrieren. Und die werden schön ins Nest eingetragen.

Ytong braucht keine extra Belüftung - ist durch die Poren recht gut belüftet.
Den Schlauch würde ich nicht zu lang machen, lieber später eine Erweiterung wenn die Kolonie größer wird.
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#4 Re: Allgemein und speziell zu Camponotus ligniperda/herculea

Beitrag von Maddio » 11. Juli 2017, 14:58

Hallo und herzlich willkommen im Ameisenforum!

Vogel hat geschrieben:Nachdem ich mich jetzt einige Zeit lang informiert habe, habe ich beschlossen mir jeweils eine Königin der Arten Camponotus ligniperda und Camponotus herculeanus anzuschaffen.


Da hast du dir schonmal zwei sehr schöne Arten für den Start ausgesucht. Die Gründung mit nur einer Königin wird dir einiges Geduld abverlangen, wenn du dir bewusst bist, ist alles gut.

Vogel hat geschrieben:Welche Temperaturen sind für diese Arten vertretbar/sinnvoll?


Besonders Camponotus ligniperda gehört zu den sehr wärmeliebenden Arten. Beide Arten haben aber auch die Besonderheit, dass sie einen sogenannten endogenen Rythmus haben. Das bedeutet der Übergang zur Winterruhe wird von einer Art "inneren Uhr" der Ameisen selbst bestimmt. Bei zu warmen Verhältnissen kann es also dazu kommen, dass die Kolonien früher als gewollt in Winterruhe gehen, z.B. schon Ende August. Der Vorteil an der endogenen Winterrruhe ist dafür, dass die Ameisen von alleine ihr Nest aufsuchen und man sie leicht einwintern kann, ohne vorher die Arena nach Arbeiterinnen zu durchkämmen.

Zusammengefasst ist die Wärmeeinwirkung bei diesen Arten also ein zweischneidiges Schwert, wenn man so will.

In deinem speziellen Fall, finde ich die Temperaturen für Camponotus ligniperdus (oder auch für Formica-Arten) auf Dauer zu gering und sie könnten die Entwicklung negativ beeinträchtigen.

Es gibt aber eine einfache Lösung. Stelle der Kolonie tagsüber für einige Stunden eine externe Wärmequelle zur Verfügung. Das kann eine kleine Heizmatte sein, oder ein wärmender Halogenstrahler. Erstere lässt sich gut am Nest anbringen, letzterer kann z.B. ein Holzstück in der Arena erwärmen.

So oder so, die Kolonie wird ihre Brut, insbesondere die Puppenkokons zur Wärmequelle bringen, damit sie sich schneller und besser entwickelt.

Bei C. herculeanus ist eine solche Wärmequelle nicht so dringend nötig, kann aber sicherlich auch gute Ergebnisse ermöglichen. Ich würde dann nur die Stundendauer der Wärmeleistung pro Tag ein wenig reduzieren.

Vogel hat geschrieben:Wenn ja, sowohl beim Nest als auch bei der Arena?


Zwei Möglichkeiten habe ich oben aufgeführt, dazu nur kurz die Anmerkung, die Ameisen müssen immer auch einen kühlen Rückzugsort haben und ganz wichtig die Sicherheitshinweise der Wärmequelle beachten, damit alles sicher betrieben werden kann!

Vogel hat geschrieben:Gibt es umfangreichere Erfahungswerte, welche besagen dass 25C° besser sind als 20C°?


Nein solche Erfahrungswerte gibt es in dem Sinne nicht. Die Temperatur kann im Sommer gerne 25 C° im Formikarium betragen bei C. ligniperdus. Im Frühling und Herbst kann sie auch 20 C° betragen, und es ist völlig in Ordnung. Ich glaube man sollte sich alles etwas dynamischer vorstellen, so wie eben das Wetter draußen auch. Die Ameisen können sich auf einen großen Temperaturbereich einstellen, nur müssen sie Zeit für den Übergang haben. Frost und Stauwärme können und sollten in der Haltung auf jedenfall vermieden werden.

Vogel hat geschrieben:Da ich vom Land bin, würde ich gerne so lange wie möglich mit wilden Insekten füttern(aufgrund der Gefräßigkeit dieser Arten nehme ich an dass ich früher oder später zukaufen/züchten muss). Worauf sollte ich bei der Auswahl achten, außer dass sie nicht giftig oder zu hart sein sollten? Sind Raupen, Regenwürmer, Käfer und evtl. sogar Schnecken grundsätzlich eine Option?


Schnecken und Regenwürmer würde ich nicht füttern, das ist zwar möglich, gibt aber eine ziemliche Sauerei. Von dem was man draußen so fangen kann empfehle ich aller Arten von Fliegen (z.B. Stubenfliegen, Goldfliegen, Schwebefliegen usw.) und die beiden häufigen Wespenarten (Gemeine Wespe und Deutsche Wespe - falls Insektenstichallergie vorhanden, dann besser nicht!). Diese Fluginsekten lassen sich alle gut und in großen Mengen mit einem Insektenkescher fangen. Um eine Übertragung von Milben auszuschließen die Futtertiere am besten einfrieren, so hat man auch immer einen Vorrat griffbereit.

Sonst sind auch Grashüpfer / Heupferde gut geeignet. Einfach durchs hohe Gras gehen und man sieht sie überall springen.

Ich ahbe fünf Jahre lang C. ligniperda gehalten, und sie haben so ziemlich alles an Futterinsekten angenommen, u.a. auch Motten und gekaufte Futtertiere wie Mehlkäferlarven, so dass man sich da keine Sorgen machen muss. Aber viel muss es sein ;).

Vogel hat geschrieben:Und wenn sich da jemand auskennt: Ich habe langfristig(wenn Kolonie ein paar Dutzend Arbeiterinnen erreicht hat) vor, Farm und Arena über einen recht langen Schlauch zu verbinden. Je nachdem vielleicht sogar über 10 Meter (so könnte die Farm in einem absolut ruhigen und Temperaturstabilen Bereich, und die Arena bei Tageslicht in einem hellen Bereich stehen). Wäre das Unsinn, egal oder vlt. sogar vorteilhaft?


Ja, das wird gut funktionieren. Die großen einheimischen Camponotus-Arten legen sehr große Strecken bei der Futtersuche zurück, und sie essen auch ganz gerne vor Ort. Ab ca. 100 Arbeiterinnen dürften 10 Meter gar kein Problem sein. Man muss nur gucken, dass die Steigungen im Schlauch nicht zu extrem sind, da sie sonst ins Rutschen kommen.
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#5 Re: Allgemein und speziell zu Camponotus ligniperda/herculea

Beitrag von Vogel » 11. Juli 2017, 16:03

Super, schon mal vielen Dank für die sehr Ausführlichen Antworten. Bei der Temperaturfrage ging es mir in erster Linie mal darum ob ich mir wenn überhaupt sofort eine Wärmequelle für die Königinnen anschaffen sollte oder ob das notfalls ein wenig Zeit hat. Ich nehme mal an dass ich mir eine kleine Heizquelle anschaffe, welche nicht direkt die Nester anstrahlt, sondern lediglich die Luft außenrum (vorerst kleiner "Schrank")etwas erhöht.

Tatsächlich sind die beiden heute schon angekommen, und ich bin jetzt etwas unsicher. Platz und Ruhe haben sie jetzt und ich würde sie jetzt einfach mal 2 Wochen vollständig in Ruhe lassen, jedoch wurde vor dem Versand jeweils ein Stück Küchenpapier mit in die Röhre gepackt. Klingt grundsätzlich logisch, damit die Tiere nicht ertrinken. Jedoch konnte ich dadurch keine Bestandsaufnahme der bereits vorhandenen Eier und Larven machen. Außerdem sind die Wassertanks jeweils sehr klein. Vielleicht einen Zentimeter, und zur Hälfte leer. Sollte ich einen Umzug die nächsten Wochen anstreben? Oder warten ob vor der Winterpause noch eine Arbeiterin schlüpft?

Achja, tatsächlich ist der Größenunterschied deutlich stärker als erwartet. Ich hätte sie gerne genauer in Augenschein genommen, wollte aber lieber erst mal für Ruhe sorgen...
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#6 Re: Allgemein und speziell zu Camponotus ligniperda/herculea

Beitrag von Harry4ANT » 11. Juli 2017, 17:24

Erste Arbeiterinnen sollte noch gut passen bis zur Winterruhe wenn alles gut klappt und die vorhandene Brut durchkommt.

Ich würde aktuell nach Möglichkeit überhaupt nicht stören, sprich gar nichts unternehmen.


Die Winterruhe kann dann im RG stattfinden - du kannst dann vorher schauen ob sie in ein neues RG umziehen oder Notfalls einfach 2 RGs miteinander verbinden.
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#7 Re: Allgemein und speziell zu Camponotus ligniperda/herculea

Beitrag von Kalinova » 11. Juli 2017, 17:57

Ist nicht unüblich für den Versand RGs mit kleinerem Wassertank zu nehmen, sollte sich dieser zu schnell leeren verfahre wie Harry es beschrieben hat und verbinde ein weiteres RG (mit größerem Wassertank) mit dem jetzigen. Die Königin wird dann die günstigste Stelle für die Brut aufsuchen, was mit der Zeit das neue RG werden wird.
Sollte der Wassertank noch bis zum Schlupf der Arbeiterinnen ausreichen kannst du das neue RG mit in die Arena legen, dann ziehen sie irgendwann um.

Da der Wassertank so klein ist, würde ich nach ca einer Woche mal schaun wie schnell er sich leert. Ist kein großer Unterschied erkennbar kannst du ihnen 2 Wochen oder länger Ruhe gönnen. :)

Ein interessanter Ansatz sich diese beiden Arten anzuschaffen, da gibt es bestimmt interessante Beobachtungen zu machen inwieweit sich sich unterscheiden oder eben auch nicht. :D
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Meine erste Ameise: Lasius niger -> weisellos abgegeben für Chthonolasius Gründungsversuch
Aktuelles Volk: Camponotus cosmicus

Links: Wissensteil, Regeln

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#8 Re: Allgemein und speziell zu Camponotus ligniperda/herculea

Beitrag von Vogel » 11. Juli 2017, 19:31

Ok, dann wird jetzt erst mal 2 Wochen absolute Ruhe verordnet bevor ich wieder reinschaue. Je nachdem wies vorangeht, gibts dann eine Arena mit 2tem Reagenzglas oder einen RG-Anbau :D
Mich ärgert nur dieser größere Papierstreifen. Ich hätte schon gerne die Anzahl der Eier/Puppen verfolgt...

Ich habe lange überlegt was ich nehme, und konnte mich schlussendlich nicht zwischen den beiden Arten entscheiden. Da ich den Platz und die Möglichkeiten habe, hab ich jetzt einfach beide genommen. Ich werde auf jeden Fall berichten wenn es was interessantes gibt oder sich viel getan hat.

Ich bin sehr positiv über die schnellen, ausführlichen und kompetenten Antworten überrascht. Normalerweise muss man bei den meisten Foren etwas warten, bzw bekommt man in der Zwischenzeit viele laienhafte oder unbefriedigende Antworten.
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