Ich bin derzeit am Überlegen wie mein neues Nest aussehen soll, grundsätzlich würde ich ein Farmlayout bevorzugen - ob nun mit Grab-fähigem Inhalt oder anders.

Im Zuge dessen und einer Unterhaltung mit Erne kam auch die Überlegung auf, wie geht eigentlich die verbrauchte Luft aus den Farmen? (vor allem wenn die Zugänge im oberen Bereich sind)
Ameisen atmen passiv, aber sie Atmen, sprich verbrauchen Sauerstoff und es entsteht Kohlenstoffdioxid. Welches (nach meinem Kenntnisstand) ja schwerer ist als sauerstoffhaltige Luft und sich somit im unteren Teil der Farm ansammeln müsste. Sind diese also Luftdicht konzipiert, müssten die Ameisen über kurz oder lang doch ersticken. Erne hat dazu einige Beispiele gebracht in denen seine Völker (die in solchen Farmen gehalten wurden) schlagartig hohe Verluste zu verbuchen hatten, ohne das sich Haltungsparameter geändert haben - die Annahme hier: der CO² Gehalt hat den kritischen Punkt überschritten.
Mir fehlen, nach meiner kurzen Zeit der Ameisenhaltung, solche Erfahrungswerte.

Daher möchte ich hier gern eine Diskussion starten. Habt ihr schon Erfahrungen oder Beobachtungen gemacht, die bestätigen oder widerlegen das langfristige Haltung in luftundurchlässigen Nestern (speziell solchen aus Kunststoff oder Glas) Nachteile bringen?
Wie habt ihr die Belüftung von Nestern geregelt?

Gruß Kalinova

Ohne jetzt zu weit auszuholen: Ich halte meine Camponotus vagus-Kolonie ja in einer gläsernen Ameisenfarm mit Korkeinsatz (beides vom Antstore).

Die Kolonie gedeiht prächtig, die Farm ist aber auch noch nicht bis oben hin vollgequetscht. Die Ameisen haben hier und dort schon den Kork bearbeitet und kleine Gänge geschaffen. Besonders im unteren Bereich der Farm haben sie einige Holhräume geschaffen, siehe unten rechts:


In der Nahansicht:



Interessanterweise habe ich sie diese Gänge und Kammern im unteren Bereich aber noch nie nutzen sehen. Wäre es möglich, dass sie diese Hohlräume absichtlich geschaffen haben, damit eventuell vorhandene Gase sich dort unten ansammeln können und den bewohnten Kammern fernbleiben?

Betrachtungen aus anderer Sicht.
Wie andere Tiere auch, nehmen Ameisen Sauerstoff auf und geben CO² ab.
Das CO² schwerer ist als Luft, ebenfalls bekannt.
CO² behindert oder verhindert die Luftaufnahme und kann bei längerer Einwirkung selbst für Menschen tödlich sein.

In Farmen kann, wegen fehlender Lüftung im Bodenbereich, CO² nicht entweichen, ist nur eine Frage der Zeit, bis sich genug angesammelt hat.
Je größer die Anzahl von Ameisen und Brut, je schneller wird das kommen.
Auch der höhere Stoffwechsel einiger Arten wirkt da mit.
Etliche Ameisenarten kacken auch in ihre Nester, dazu kommen noch verwesende Beutetiere oder andere Futterreste.
Ohne guten Luftaustausch, den ich in Farmen nicht sehe, kann das nicht ohne Auswirkungen bleiben.

Die Frage die sich stellt, was an CO² wird von einem Ameisenvolk überhaupt abgegeben?

Ist es durchaus denkbar, dass wenige Ameisen in einer Farm, richtig lange leben können.
Ich würde sogar behaupten, länger als viele ihre Ameisen überhaupt halten.
Ausgenommen Blattschneider - Arten, wer die hält, wird sehr schnell sehen was aus einer fehlenden Bodenbelüftung und CO² Ansammlung wird.

Ist ein überaus interessantes Thema, wo ich bedenken habe, das es sich abklären lässt.
Gibt viele Parameter die selektiert gewertet werden müssen, abgleitet aus eigenen Beobachtungen der Halter, ohne Verallgemeinerungen.
Farmengroße, Farmensubstrat, Ameisenart, Ameisenanzahl, Haltungsparameter, Feuchtigkeit, Temperatur um ein paar zu nennen.

Wie reagieren Ameisen überhaupt auf CO“ Ansammlungen?
Falls sich was tut muss zudem auch erkannt werden, das nicht andere Ursachen wirken, verantwortlich sind.

In der heutigen, schnelllebigen Forenwelt wird es kaum Leute geben, die ihre Ameisen überhaupt lange genug, mit größerer Anzahl in Farmen halten.

Grüße Wolgang

Erne hat geschrieben:In der heutigen, schnelllebigen Forenwelt wird es kaum Leute geben, die ihre Ameisen überhaupt lange genug, mit größerer Anzahl in Farmen halten.

Ein Beispiel dafür ist Skia, der seit vielen Jahren Lasius niger in u.a. einer Farm hält:

https://www.ameisenforum.de/lasius-niger-seit-2008-der-ruckwirkende-bericht-t53451-32.html

Sehr ineteressantes Thema!
Ich kann mir auch durchaus vorstellen das bei solchen Glas-Farmen, welche ja unten mit Silikon verklebt sind, Probleme dieser Art entstehen können. Habe aber diesbezüglich auch noch keine Erfahrungen machen können. Erscheint mir jedoch physikalisch betrachtet äußerst logisch, dass sich das schwerere Gas in den unteren Kammern ansammelt und die Ameisen diese dann nicht mehr bewohnen können.

Bei Glas-Farmen wäre doch die einfachste Lösung des Problems, an der unteren Seite ein kleines Loch zu bohren und mit Edelstahl-Gaze wieder ausbruchssicher zu verschließen. Damit wäre eine dauerhafte Zirkulation gewährleistet.

Bei Kunststoff-Farmen/Nestern kommt denke ich durch die Platten, welche ja meistens verschraubt und nicht verklebt sind, genug Frischluft in das Nest bzw. genug CO2 aus dem Nest.
Schließlich kommt ja auch Wasser zwischen den Platten durch (Kapillar-Effekt).

gReeZz Neurotoxin

Moin moin,

also zuerst mal zu der Physikalischen Seite. Gasgemische mit unterschiedlicher Konzentration eines oder mehrerer Einzelgase streben immer einen Konzentrationsausgleich an. CO2 am Boden einer Farm wird dort also in keinem Fall für immer bleiben. Aus die Bewegung der Ameisen in den Gängen beschleunigt diesen Effekt.
Nehmen wir also mal an, eine Farm würde einen Gasaustausch von 10% am Tag haben, dann dürfte die Menge an CO2 die die Ameisen in 10 Tagen produzieren nicht den Höchstwert überschreiten, wo auch immer der nun genau liegen mag.
Bei kleinen Kolonien bzw. Kolonien die kleine oder sonst eher energiesparend funktioniert das alles noch super. Doch sobald der Futterumsatz in der Farm (und Futterumsatz ist hier gleichbedeutend mit Sauerstoffverbrauch und CO2 ausstoß) ein kritisches Maß übersteigt, kollabiert das Sytem.

Praktisch würde ich das Problem mit einem Eingang oben sowie unten lösen, den können die Ameisen dann so zurecht bauen wie sie es brauchen.

Beste Grüße, Daniel

Neurotoxin hat geschrieben:Bei Glas-Farmen wäre doch die einfachste Lösung des Problems, an der unteren Seite ein kleines Loch zu bohren und mit Edelstahl-Gaze wieder ausbruchssicher zu verschließen. Damit wäre eine dauerhafte Zirkulation gewährleistet.

Genau das, dachte ich mir auch und habe inzwischen eine entsprechende Bestellung getätigt. Werde die fertige Farm dann auch hier vorstellen.

supi004: Dein Beitrag ist wirklich sehr aufschlussreich, es gibt sicherlich auch Gase die sich besser oder schlechter mit der "normalen" Luft vermischen - ähnlich wie es bei manchen Flüssigkeiten der Fall ist (Schichtenbildung). Welches Gas da nun welche Eigenschaften genau hat - übersteigt mein Wissen. Dies ist ein Grund für dieses Thema, die Schwarmintelligenz nutzen - so gesehen.
Auch die Temperaturunterschiede innerhalb der Farm werden einen Teil dazu beitragen die Gase zu vermischen. Die Frage, ab wann der von dir genannte kritische Punkt erreicht wird lässt sich mit Sicherheit nicht genau benennen - hängt er doch von zu vielen Faktoren ab. Das es ihn aber gibt, davon bin ich überzeugt.

Maddio: Das Bild ist klasse - zeigt es doch das sie scheinbar Zielstrebig 2 Kammern verbunden haben. Nicht an der kürzesten Stelle - dennoch lässt es sogar erahnen das Ameisen eine Art räumliches Vorstellungsvermögen von ihrer Umgebung haben und wissen wo sie buddeln/knabbern müssen um 2 Punkte zu verbinden. Auch deine Überlegung zum Luftaustausch finde ich interessant. Gut Möglich, dass sie den Luftaustausch durch die Gänge verbessern wollen und nicht nur Gänge und Kammern anlegen um darin zu laufen oder zu wohnen.

Der Bericht von Skia ist mir geläufig, muss aber zugeben: hatte ihn nicht auf dem Schirm. Dort werden 3 Farmen genutzt - wie voll die einzelnen sind lässt sich kaum nachvollziehen und wäre durchaus interessant. Auch die Arenen sind ungewöhnlich designet - finde diese Art der Haltung wirklich sehr interessant, für jedoch mich nicht umsetzbar.

Freue mich auf weitere Beiträge. Ameisenhaltung wird bereits lange Zeit betrieben, jedoch gibt es oftmals mehr Fragen als Antworten. Vielleicht können wir aber gemeinsam zumindest diese genauer beleuchten. Klare Antworten bringt zwar nur die Wissenschaft - jedoch dauert es bis es zu Ergebnissen kommt und es muss auch erst ein Wissenschaftler dies genauer Betrachten wollen/können. Im Sinne unserer Lieblinge finde ich es aber wichtig auch solche Themen anzusprechen.

Gruß Kalinova

Ich möchte zu der Frage auch eine Bemerkung machen.

Ich pflichte supi004's Ansicht bei.

Ich kann zwar mit keinen experimentellen Versuchen aufwarten, vermute aber, daß keine Gefahr für die Ameisen besteht zu ersticken.

Gasmoleküle haben bei Raumtemperatur mittlere Geschwindigkeiten von einigen hundert Metern pro Sekunde. Der Einfluß der Schwerkraft erscheint mir also als viel zu gering, im Vergleich zu den anderen Kräften und Prozessen, die in einer Gasmischung wirksam sind, um eine Trennung des Gasgemisches zu bewirken. Dies sogar dann, wenn das Ameisennest komplett geschlossen wäre. Aufgrund von Diffusion und Entropie mag ich nicht an eine Gefahr durch CO2- Anreicherung im unteren Bereich im Nest glauben. Ferner schätze ich die CO2-Produktion von Ameisen, selbst wenn man andere Zersetzungsprozesse hinzunimmt, in einem offenen Behälter als zu gering ein, um die CO2-Konzentration darin stark zu erhöhen.